| Titel: | Ueber den Grund, warum die Hahnen an Wasser- und Dampfleitungsröhren, an Dampfkesseln etc. so häufig undicht sind, und einfaches, fast kostenloses Mittel, diesem Uebelstande abzuhelfen; von Prof. C. Walther. | 
| Autor: | C. Walther | 
| Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. XXXVII., S. 161 | 
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                        XXXVII.
                        Ueber den Grund, warum die Hahnen an
                           Wasser- und Dampfleitungsröhren, an Dampfkesseln etc. so häufig undicht sind, und
                           einfaches, fast kostenloses Mittel, diesem Uebelstande abzuhelfen; von Prof. C. Walther.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Walther, über Beseitigung der Undichtheit der Hahnen an
                           Wasser- und Dampfleitungsröhren etc.
                        
                     
                        
                           Fast in jeder Fabrik, in welcher Wasser- oder Dampfleitungsröhren, Dampfkessel
                              und Pumpen etc. vorkommen, begegnet man Hahnen, welche undicht sind und tropfen, und
                              es ist eine ganz gewöhnliche Klage der Fabrikeigenthümer, wenn dieselben sich nicht
                              schon in ihr Schicksal ergeben haben und tropfende Hahnen als einen unvermeidlichen Uebelstand betrachten, daß sie keine
                              Hahnen aufzutreiben im Stande sind, welche dicht halten. Selbst bei neuen
                              Dampfkesseln, wenn dieselben einem hohen Druck unterworfen werden, sind die
                              Ablaßhahnen, Probirhahnen etc. das erste, was undicht ist. An diesem Undichtseyn ist
                              viel seltener der Arbeiter, das heißt die mangelhafte Ausführung Schuld, als die
                              gedankenlose Gleichgültigkeit, mit welcher die Hahnen entworfen und gezeichnet
                              werden. Die Werkstattzeichnungen werden nach dem alten Schlendrian ausgeführt, und
                              es wird nicht der Mühe werth gehalten, über ein so einfaches Ding, als ein Hahn ist,
                              nachzudenken und zu überlegen, welche Folgen dieß oder jenes haben wird, während man
                              sich doch täglich durch das Undichtseyn überzeugen muß, daß die Hahnen nicht
                              fehlerfrei und noch lange nicht unverbesserlich sind. Der Fehler wird dann auf
                              Gerathewohl dem Arbeiter wegen seiner mangelhaften Ausführung des Hahnen
                              zugeschrieben, ohne zu bedenken, daß er auch irgendwo anders, und gerade bei
                              demjenigen liegen kann, welcher sich und seine Hahnenzeichnung für unfehlbar
                              hält.
                           Die Hahnen, wie sie nicht nur von Gelbgießern, sondern auch von Maschinen- und
                              anderen Fabrikanten, denen man mehr Intelligenz zutrauen sollte, gewöhnlich
                              geliefert werden, haben die in Fig. 11 dargestellte
                              Form. Es ist nicht nur die Hahnenhülse durchaus conisch ausgedreht oder ausgerieben,
                              sondern es ist auch der Hahnenkern oder Zapfen seiner ganzen Länge nach conisch abgedreht. Diese
                              verfehlte Form ist der Grund, warum nicht einmal neue, und noch viel weniger solche
                              Hahnen, welche längere Zeit im Gebrauche sind, dicht halten und dicht halten können,
                              was sogleich nachgewiesen werden soll.
                           Sind die zwei Haupttheile, welche den Hahnen bilden, auf der Drehbank vollendet
                              worden, so wird der Hahn mit feinem Schmirgel, Bimsstein oder auch wohl nur Sand
                              eingeschliffen. Das Schleifmittel bildet zwischen Hahnenhülse und Hahnenkern eine
                              Schichte, welche nicht gestattet, daß der Hahn während des Schleifens so tief in die
                              Hülse eindringt, als er es nach Beseitigung des Schleifmittels thun wird. Es bleibt
                              demnach ein Theil des Conus, welcher nach Beseitigung des Schleifmittels die Hülse
                              auszufüllen hat, vom Schleifmaterial unangegriffen, also in der Stärke oder Dicke,
                              wie er sie von der Drehbank her hatte, während der Theil des Conus, welcher während
                              des Schleifens sich in der Hülse befand, durch das Schleifen etwas dünner wurde. An
                              der Hahnenhülse findet dasselbe statt. Sie wird nur so weit vom Schleifmittel
                              angegriffen und durch dasselbe erweitert, als der Hahnenkern in dieselbe
                              hineinreichte. Durch das Einschleifen bildet sich also sowohl oben am Hahnenkern,
                              als auch unten in der Hahnenhülse ein wenig bemerkbarer Absatz, welcher der
                              Deutlichkeit wegen in Fig. 12 größer gezeichnet
                              wurde als er wohl vorkommen wird. Dieser Absatz wird um so größer, je länger man
                              schleift, und um so viel weniger beträchtlich, je kürzere Zeit man auf das Schleifen
                              verwenden mußte, um eine gleichfarbige, matte Oberfläche zu bekommen. Wird nun der
                              Hahn ausgewaschen, um das Schleifmaterial zu entfernen, und werden dann die beiden
                              Hahnentheile in einander gesteckt, so tritt der Hahnenkern tiefer in die Hülse ein,
                              als dieß während des Einschleifens der Fall war, und es legt sich nun nur ein Theil
                              des beim Schleifen unangegriffen gebliebenen vorstehenden Stückes des Hahnenkernes
                              in dem oberen Theile der Hahnenhülse an. Das Gleiche findet unten, am engeren Theile
                              der Hahnenhülse statt, der Hahnenkern berührt nur eine schmale Zone des
                              unausgeschliffen gebliebenen Stückes der Hahnenhülse, und die matt geschliffenen
                              Flächen, welche den dichten Verschluß bewirken sollen, berühren sich gar nicht,
                              sondern stehen, wie dieß aus Fig. 13 deutlich
                              ersichtlich ist, halb so weit von einander ab, als diejenige Metallschichte dick
                              war, welche vom Hahnenkerne und von der Hahnenhülse durch das Schleifen entfernt
                              wurde.Es würde kein Hahn der gewöhnlichen Form dicht
                                    gemacht werden können, wenn nicht glücklicherweise die Elasticität des
                                    Metalles hier hülfreich aufträte.
                              
                           Es muß demnach derjenige Hahn, von welchem am wenigsten abgeschliffen wurde, in Folge der größeren
                              Annäherung der matten Flächen am dichtesten seyn, und dieß beweist auch die
                              Erfahrung, indem diejenigen Hahnen, zu deren Einschleifen die kürzeste Zeit
                              erforderlich war, die besten sind, während solche, an denen man lange geschliffen
                              hat, bei denen also mehr Material weggenommen wurde, die schlechteren sind.
                           Versucht man nun einen solchen Hahnen durch wiederholtes Einschleifen dicht zu
                              machen, so macht man das Uebel ärger, und es heißt dann gewöhnlich, der Hahn ist
                              verschliffen, während er, wenn er die richtige Form gehabt hätte, nicht hätte
                              verschliffen werden können. Da nun durch das lange Schleifen der Absatz am
                              Hahnenkerne und der Hülse sichtbar und fühlbar wurde, so dreht man den Hahnen nach,
                              und beseitigt dadurch sowohl in der Hülse als auch am Kerne den Absatz, bedenkt aber
                              dabei nicht, daß man nachträglich nur Metall entfernt, welches nie zu etwas genützt
                              hat, und nie etwas nützen konnte, sondern immer nur hindernd auftrat und auftreten
                              wird. Warum soll man nun dieses überflüssige und hindernde Metall nicht gleich bei
                              der ersten Anfertigung entfernen, und dadurch Sorge tragen, daß die beschriebenen
                              Uebelstände nicht eintreten können?
                           Macht man, wie in Fig. 14, den Theil a des Hahnenkernes,
                              welcher oben aus der Hülse hervorragt, cylindrisch, und
                              gibt man diesem Cylinder einen etwas kleineren
                              Durchmesser als ihn der größte Kreis oben in der Hahnenhülse hat, dreht man dann
                              noch die Zone b unten in der Hahnenhülse ebenfalls cylindrisch aus, und zwar nach einem etwas größeren Durchmesser als ihn die kleine Basis des
                              Hahnenkernes hat, so ist der gewöhnlichste Grund des Undichtseyns eines Hahnen
                              vollständig und für alle Zukunft beseitigt. Der Hahn kann dann beliebig tief in die
                              Hülse eingeschliffen werden, ohne daß sich ein Absatz bildet, nach Beseitigung des
                              Schleifmittels berühren sich nur die von demselben
                              angegriffenen Flächen, und der Hahn wird sehr leicht dicht schließen, wenn nur
                              Hahnenkern und Hülse gehörig rund gedreht waren. Was hier
                              in Betreff der durch das Einschleifen hervorgerufenen Abnützung gesagt wurde, gilt
                              natürlich auch für die Abnützung, welche Folge des Gebrauches eines Hahnen ist. Es
                              treten nämlich ganz genau dieselben Formveränderungen mit den gleichen Wirkungen
                              ein. Ein anfänglich guter Hahn tropft nach und nach. Durch stärkeres Anziehen der
                              Hahnenmutter sucht man gewöhnlich dem Uebelstande abzuhelfen, und steigert dieses
                              Anziehen oft so, daß der Hahn kaum mehr zu drehen ist. Der Druck auf die schmalen,
                              sich berührenden Zonen ist dann so groß, daß die Metalle sich angreifen oder
                              anfressen, wodurch Unebenheiten entstehen, welche verursachen, daß der Hahn auch
                              noch in der Richtung seiner Hülse undicht wird. Gibt man einem neuen Hahnen gleich
                              die in Fig.
                                 14 abgebildete Form, so wird derselbe nicht nur bei mäßigem Anziehen der
                              Hahnenmutter dicht seyn, sondern er wird auch nach stattgefundener Abnützung
                              nachrücken können, und das spätere Nachziehen der Mutter wird immer von demselben
                              guten Erfolge begleitet seyn.
                           Sorgt man nun noch durch zeitweiliges Abputzen und Einfetten des Hahnenkernes dafür,
                              daß sich an demselben kein Wasserstein (bei geschlossenem Zustande des Hahnen)
                              ansetzt, welcher beim Drehen desselben concentrische Riefen oder Rinnen in die Hülse
                              einreiben könnte, so wird man nie über Undichtheit eines Hahnen zu klagen haben.
                           Zum Einfetten dient am besten eine Salbe, welche aus 1 Theil Wachs, 1/2 Theil Talg
                              und 1/2 Theil reinem Oliven- oder Mandelöl besteht. Das Nachschleifen eines
                              Hahnen wird, wenn nöthig, beliebig oft und jedesmal mit Erfolg vorgenommen werden
                              können, ohne daß man den Uebelständen begegnet, welche bei der bisherigen Hahnenform
                              unvermeidlich sind.
                           Möchten die vorstehenden Bemerkungen von recht Vielen zu ihrem Vortheile beachtet
                              werden, insbesondere auch von denjenigen, welche conische Frictionskuppelungen
                              ausführen oder mit conischen Ventilen zu schaffen haben, denn auch auf diese
                              Gegenstände beziehen sich die obigen Bemerkungen vollständig.
                           Augsburg, im Juni 1863.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
