| Titel: | Neue Verfahrungsarten zur Darstellung von Lichtbildern auf Papier; von Poitevin. | 
| Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. LXXI., S. 276 | 
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                        LXXI.
                        Neue Verfahrungsarten zur Darstellung von
                           Lichtbildern auf Papier; von Poitevin.
                        Aus dem Répertoire
                                 de Chimie appliquée, April 1863, S. 114.
                        Poitevin's neue Verfahrungsarten zur Darstellung von Lichtbildern
                           auf Papier.
                        
                     
                        
                           Die Methode, welche ich gegenwärtig zur Darstellung von Kohlebildern direct auf Papier anwende, beruht auf der bekannten
                              Thatsache, daß Gummi, Albumin, Gelatine etc. durch die Eisenoxydsalze und analoge
                              Salze, z.B. das Eisenchlorid, unlöslich gemacht wird, und zweitens auf einer von mir
                              beobachteten neuen Thatsache, daß die coagulirte und unlöslich gemachte Substanz unter dem Einfluß des Lichtes wieder löslich wird, wenn
                              Weinsteinsäure zugegen ist, die das Eisensalz reducirt und den organischen Stoff in
                              seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Mit der Gelatine habe ich am besten
                              operirt; ich löse 5 bis 6 Gramme derselben in 100 Grm. Wasser und setze eine
                              hinreichende Menge Schwärze hinzu, um die nöthige Tiefe des Tons zu erhalten; die
                              Lösung gieße ich in eine Schale und halte sie ziemlich warm, damit die Gelatine
                              nicht erstarrt. Jedes Blatt Papier wird nur mit einer Seite auf die Lösung
                              gelegt und erhält so einen gleichmäßigen Ueberzug; man läßt das Blatt horizontal
                              gelegt langsam trocknen. Zum Empfindlichmachen tauche ich die Blätter in eine Lösung
                              von
                           
                              
                                   10 Grammen
                                 Eisenchlorid,
                                 
                              
                                     3      „
                                 Weinsteinsäure,
                                 
                              
                                 100      „
                                 Wasser.
                                 
                              
                           Ich lasse die hiermit präparirten Blätter im Dunkeln trocknen; die Gelatineschicht
                              ist dann ganz unlöslich geworden, selbst im kochenden Wasser. Die Belichtung
                              geschieht durch ein Positiv auf Glas oder Papier; wo das Licht wirkt, wird der
                              Ueberzug wieder löslich. Diese Löslichkeit geht, wohl verstanden, von der Oberfläche
                              aus. Nach einer Belichtung von einigen Minuten in der Sonne, unter einem nicht zu
                              kräftigen Positiv tauche ich das Papier in warmes Wasser; es lösen sich dann alle
                              durch das Licht modificirten Stellen auf. An den Stellen, die den Lichtern des
                              Positivs entsprechen, löst sich der schwarze Ueberzug vollständig ab, und läßt das
                              weiße Papier zurück; in den Halbtönen löst sich nur ein verhältnißmäßiger Theil ab;
                              die ganz schwarzen Partien werden durch die Dichte der ursprünglichen Schicht
                              wiedergegeben. Das Bild wird nun zwischen Saugpapier gelegt, mit Wasser behandelt,
                              welches sehr wenig Salzsäure enthält, um die durch das Eisensalz entstandene Färbung
                              fortzuschaffen; man wascht das Bild gut aus und läßt es trocknen. Um es noch
                              haltbarer zu machen, kann man die Gelatine durch Alaun, Quecksilberchlorid etc.
                              gerben.
                           In dem Verfahren, welches ich mir im J. 1855 patentiren ließMitgetheilt im polytechn. Journal Bd. CLXII S. 302., wurde die Gelatine durch das Licht unlöslich gemacht, und zwar in den
                              Halbtönen an ihrer Oberfläche; da sich aber darunter doch noch eine lösliche Schicht
                              befand, so trennte sich die nur zur Hälfte unlöslich gewordene Schicht vom Papier
                              und die Halbtöne gingen dadurch verloren. In der oben vorgeschlagenen Methode fällt
                              dieser Uebelstand fort, da die Schicht von oben her löslich gemacht wird und der
                              untere Theil in den Halbtönen unlöslich bleibt. Es handelt sich nur um ein Passendes
                              Papier mit glatter Oberfläche und einer Schicht von gleichmäßiger Dichte.
                           Ein zweites Verfahren beruht auf der bekannten Thatsache, daß ein organischer Stoff
                              in Lösung durch eine vegetabilische Säure oder ein Eisensalz coagulirt wird. Papier,
                              welches mit Auflösung von Eisenchlorid und Weinsteinsäure getränkt und darauf
                              belichtet wurde, besitzt die Eigenschaft, an allen nicht belichteten Stellen das
                              Casein aus seiner Lösung niederzuschlagen (z.B. aus der Milch). Ich mische also Pulverfarbe mit
                              einer Auflösung von Caseïn, Thonerde etc., und tauche das belichtete Papier
                              hinein. Es bildet sich sofort ein Niederschlag auf den nicht belichteten Stellen,
                              der in seiner Stärke der mehr oder weniger langen Lichtwirkung entspricht. Ersetzt
                              man das Caseïn durch Gelatine, so schlägt diese sich auf den belichteten
                              Stellen nieder; in beiden Fällen nimmt der organische Stoff eine gewisse Menge Farbe
                              mit sich und bildet so die Zeichnung.