| Titel: | Ueber die Gewinnung von Schwefelantimon und Regulus bei Schleiz; von Prof. Dr. E. Reichardt in Jena. | 
| Autor: | Eduard Reichardt [GND] | 
| Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. LXXIII., S. 282 | 
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                        LXXIII.
                        Ueber die Gewinnung von Schwefelantimon und
                           Regulus bei Schleiz; von Prof. Dr. E. Reichardt in
                           Jena.
                        Reichardt, über die Gewinnung von Schwefelantimon und Regulus bei
                           Schleiz.
                        
                     
                        
                           Bei dem nicht sehr häufigen Vorkommen von Antimonerzen und besonders von reinen,
                              sowie dem bedeutenden Bedarf der Technik an Antimon mag es wohl gestattet seyn, das
                              Antimonvorkommen bei Schleiz etwas genauer zu erörtern. Die bezüglichen
                              mineralogischen und praktischen Notizen verdanke ich den gütigen Mittheilungen des
                              Hrn. Schichtmeisters Hartung auf der halben Mondfundgrube
                              bei Schleiz.
                           Die Antimonerze finden sich bei Schleiz in blaugefärbtem Grauwackenschiefer, bis
                              jetzt noch ohne Versteinerung befunden, welcher in verschiedenen Richtungen von
                              Thonporphyr oder festem Felsitporphyr durchsetzt wird. Die Antimonerze folgen so
                              ziemlich der Richtung des Thonporphyrs und bilden hierbei sowohl Lager als Quergänge
                              im Thonschiefer; die Ausfüllung der Gänge besteht entweder aus der Masse des
                              Nebengesteines oder aus Quarz, in welchem das Antimonerz in größerer oder geringerer
                              Menge sich vorfindet. In den Klüften des Nebengesteines findet sich etwas Pyrophyllit
                              und Sideroplesit [Breithaupt, 2 (FeO, CO²) + MgO,
                              CO²] als Zersetzungsproduct das Antimongelb. Arsenkies kommt hier mit den
                              Antimonerzen nicht zusammen vor, was die große Reinheit des Materials wohl erklären
                              dürfte; findet sich derselbe dennoch isolirt, so liegt er porphyrartig eingewachsen
                              im Thonporphyr. Früher kam in einer seit Jahren verlassenen Grube Zinkblende vor,
                              welche die Gewinnung von reinem, zinkfreiem Antimon erschwerte.
                           Die Mächtigkeit der Antimonerze auf den Gängen ist zwischen 1 Zoll bis 7 Fuß und oft
                              in einer Ausdehnung von 10–200 Fuß im Streichen und Fallen; je mächtiger der
                              Gang, um so reiner und grobstrahliger die Erze. Freistehende Krystalle sind bis
                              jetzt nur selten, auf dolomitischen Kalkspath aufsetzend, gefunden worden. Die
                              ärmeren Erze werden versaigert, die reinen, strahligen oder dichten, direct als
                              Spießglanz verkauft oder beide auch zu Regulus verschmolzen, von welchem in diesem
                              Jahre gegen 500 Ctr. gefertigt werden. Ohne die armen Erze werden circa 500 Ctr. reines, strahliges Grauspießglanzerz
                              gefördert und circa 700 Ctr. körniges. Das Saigern und
                              Reguliren geschieht in einem Flammenofen, während zum Raffiniren des Metalles ein
                              Tiegelofen in Betrieb ist.
                           Die zwei Proben Grauspießglanzerz, welche ich bei einem Besuche in Schleiz erhielt,
                              zeichnen sich durch Reinheit vortheilhaft aus, das eine Stück ist schön strahlig
                              krystallisirt, das andere mehr dicht oder körnig.
                           Um Weitläufigkeiten zu umgehen, verweise ich hinsichtlich der Methode der chemischen
                              Untersuchung dieser Erze auf meine früher veröffentlichte Arbeit im Archiv der
                              Pharmacie, 1857, Bd. XCI S. 136, wo namentlich auch die Bestimmung des Arsens in
                              größeren Mengen von Antimonerzen ausführlich mitgetheilt ist.
                           Das Antimon wurde in den Grauspießglanzerzen als SbS³ bestimmt und führte die
                              Untersuchungen mein zweiter Assistent, Hr. Horäus,
                              aus.
                           
                        
                           Strahliges
                                 Grauspießglanzerz.
                           1,543 Grm. des Erzes gaben 1,530 Grm. SbS³ und 0,016
                              Grm. Fe²O³.
                           0,306 Grm. des Erzes gaben mit Chlorsalpetersäure oxydirt
                              0,282 Grm.
                           BaO, SO³ und 0,048 Grm. abgeschiedenen reinen Schwefel, in
                              Summa = 0,087 Grm. Schwefel.
                           Dieß ergibt in Procenten:
                           
                              
                                 
                                 gefunden
                                 berechnet
                                 
                              
                                 Antimon
                                 70,77
                                 Sb = 71,42
                                 
                              
                                 Eisen
                                   0,71
                                 
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 28,43
                                 S³ = 28,57
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 99,91
                                         99,99
                                 
                              
                           
                           Außer dieser äußerst geringen Menge von Eisen und dem sofort zu besprechenden
                              Arsengehalt konnten weiter keine Verunreinigungen nachgewiesen werden; die
                              Uebereinstimmung der Analyse ist zugleich ein Beweis der Reinheit des Erzes. Da auch
                              bei dem körnigen Erze qualitativ kein Unterschied gefunden wurde, unterblieb die
                              quantitative Bestimmung der obigen drei Bestandtheile.
                           
                        
                           Arsengehalt.
                           30 Grm. des strahligen Erzes werden nach der erwähnten Methode behandelt und das
                              erhaltene AsS³ in AsO⁵ verwandelt, um als Talkerdeverbindung bestimmt
                              zu werden. Man erhielt
                           0,071 Grm. 2 MgO, H⁴NO, PO⁵ + HO = 0,0274 As =
                              0,093 Proc. As
                           oder 0,152 Proc. AsS³.
                           30 Grm. des dichten körnigen Grauspießglanzerzes gaben auf gleiche Weise behandelt
                              0,012 Grm. AsS³ = 0,0398 Proc. AsS³.
                           Frühere Untersuchungen anderer Antimonerze auf den Arsengehalt von WackenroderArchiv der Pharmacie, 1852, Bd. LXXI S. 257.
                                  und von mir ausgeführt, ergaben:
                           
                              
                                 I.
                                 Sogen, arsenfreies Schwefelantimon aus Spanien
                                 0,063 Proc. AsS³
                                 
                              
                                 II.
                                 deßgleichen aus unbekannter Quelle
                                 0,213    „      
                                    „
                                 
                              
                                 III.
                                 Schwefelantimon
                                 von Rosenau
                                 0,150    „      
                                    „
                                 
                              
                                 IV.
                                 „
                                   „   Schleiz
                                 0,648    „      
                                    „
                                 
                              
                                 V.
                                 „
                                   „   Harzgerode
                                 0,235    „      
                                    „
                                 
                              
                                 VI.
                                 „
                                 aus Ostindien
                                 0,490    „      
                                    „
                                 
                              
                                 VII.
                                 „
                                 von Brandholz
                                 0,185    „      
                                    „
                                 
                              
                                 VIII.
                                 „
                                   „   Schleiz, strahlig
                                 0,152    „      
                                    „
                                 
                              
                                 IX.
                                 „
                                   „        „      
                                    körnig
                                 0,040    „      
                                    „
                                 
                              
                           Die Untersuchungen I–V sind von H. Wackenroder
                              veröffentlicht, VI–IX von mir; das unter IV angegebene Schwefelantimon von
                              Schleiz stammt aus der früher in Betrieb gewesenen Grube, in welcher sich überhaupt
                              mehr Arsenkies vorfand.
                           Die große Reinheit der Antimonerze von Schleiz empfiehlt dieselben augenscheinlich zu
                              technischem, wie auch zu medicinischem Gebrauche; Blei ist in denselben gar nicht zugegen, überhaupt nur
                              die oben angegebene Spur von Eisen, wie sie wohl überall vorkommen dürfte.
                           Bei dem Ausschmelzen u.s.w. dieser Schleizer Erze hat sich in der Esse ein Ansatz
                              angelagert von weißgrauer Farbe, mattem und rauhem Ansehen. Derselbe wurde von
                              Säuren nur äußerst wenig angegriffen, weder concentrirte Chlorwasserstoffsäure, noch selbst
                              Königswasser wirkten erheblich, auch in längerer Zeit, darauf ein, dagegen erhält
                              man beim Schmelzen mit Soda sehr leicht und rein Antimonmetall.
                           Mehrere Analysen des Materials auf den Gehalt an Antimonmetall, durch Cyankalium
                              ausgeschmolzen, ergaben verschiedene Resultate, welche zwischen 75,2–78 Proc.
                              schwankten. Versuche, welche in der Hütte durch Ausschmelzen des Metalles in
                              größerer Menge angestellt wurden, lieferten bis 79,7 Proc. reines Metall. Das
                              Antimonoxyd, SbO³, enthält (Sb = 120,3 – H = 1) 83,4 Proc. Metall, die
                              Antimonsäure, SbO⁵, 75,0 Proc., die antimonige Säure, SbO⁴, 79,0 Proc.
                              Sb. Die Resultate weisen demnach auf SbO⁵–SbO⁴ hin und
                              besonders die Ausbeute, im Großen erhalten, auf SbO⁴. Die Bildung des
                              Productes in höherer Wärme erklärt wohl genügend die Dichtigkeit und den Widerstand
                              gegen Lösungsmittel, und dürften wir diesen Esseansatz als antimonige Säure, mit bekanntem wechselnden Gehalt von SbO³ und
                              SbO⁵, ansehen.
                           Jena, im August 1863.