| Titel: | Hydraulische Presse zum Schnellschmieden (System Haswell). | 
| Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. CIX., S. 413 | 
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                        CIX.
                        Hydraulische Presse zum Schnellschmieden (System
                           Haswell).
                        Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher
                                 Ingenieure, Bd. VII S. 287.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Hydraulische Presse zum Schnellschmieden.
                        
                     
                        
                           Wir entnehmen den „Mittheilungen über die zur Londoner Ausstellung im Jahre
                                 1862 von der k. k. priv. österr. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft
                                 gesendeten Gegenstände“ auszüglich die folgenden, leider den
                              Gegenstand nicht ausreichend klar erläuternden Notizen über eine eigenthümlich
                              construirte Dampfschmiedepresse, deren Zeichnung auf der
                              Londoner Ausstellung zu sehen war. Die Maschinenfabrik der k. k. priv. österr.
                              Staats-Eisenbahn-Gesellschaft in Wien, in welcher diese Presse gebaut
                              wurde, ist seit 1840 im Betriebe und hat bereits außer stationären Dampfmaschinen
                              und den Neben-Erzeugnissen der Maschinen-Industrie circa 608 Locomotiven und 5640 Wagen geliefert. Die
                              jährliche Erzeugung ist jetzt auf 75 Locomotiven und 1200 Wagen gebracht.
                           Das Schweißen, welches gewöhnlich in den Hütten mittelst Walzwerken und Dampfhämmern
                              bewerkstelligt wird, kann durch Druck auf andere Weise erzielt werden, und bietet
                              die Verwendung der hydraulischen Presse zu diesem Zwecke
                              den Vortheil großer Kraftentwickelung und der stufenweisen Wirkung, welche das
                              vollständige Ausfüllen der Matrizen mit dem eindringenden Eisen sehr begünstigt.
                           Die hydraulische Presse nach dem System des Hrn. Haswell,
                              Directors der Wiener Maschinenfabrik, wurde auf Bestellung des Hrn. Mayr, Hüttenbesitzers in Leoben, gebaut, welcher dieselbe
                              dazu bestimmt hatte, Kolben für Dampfmaschinen, Kurbeln und Maschinentheile aus
                              Stahl mit Matrizen zu erzeugen.
                           Der Gang des Apparates wird durch nachstehende Beschreibung der Abbildungen, Fig.
                                 1–4, erläutert.
                           a horizontaler Dampfcylinder.
                           K Regulator für den großen Schieber des Cylinders a.
                           c, c Kolbenstangen des Cylinders a, welche Mönchkolben in den beiden Saug- und Druckpumpen p, p bilden.
                           
                           t, t Saugröhren der Pumpen p,
                                 p.
                           r, r Luftrecipienten zur Regulirung der Arbeit der
                              Pumpen p, p.
                           t', t' Zuleitungsröhren für das in den Körper der Presse
                              P ausgestoßene Wasser.
                           P Körper der Presse aus Gußeisen, bestehend aus zwei
                              über einander gestellten Cylindern. Im unteren Cylinder bewegt sich der Kolben G, welcher eigentlich schmiedet, im oberen der
                              Gegenkolben C, welcher zur Hebung des Kolbens G dient.
                           f, f Bleuelstangen zur Verbindung der beiden Kolben G und C.
                           Q Chabotte des Amboses, welche den Körper der Presse
                              mittelst 4 eiserner Säulen trägt.
                           d, d Röhren aus Gußeisen, in einem Stücke mit dem Körper
                              der Presse P gegossen; dieselben leiten das Wasser von
                              den Pumpen p, p zu den Preßcylindern und von den
                              Preßcylindern zum Reservoir l.
                           s, s Stangenventile, welche die Communication zwischen
                              den Pumpen p, p und der Presse, ferner zwischen der
                              Presse und dem Reservoir öffnen und schließen.
                           i, h Hebel zur Handhabung der Stangen obiger
                              Ventile.
                           K', K', Fig. 1, kleine
                              Dampfcylinder, welche vermittelst Bleuelstangen auf die äußersten Enden der Hebel
                              i und h wirken.
                           l Reservoir, welches das Wasser der Presse aufnimmt,
                              wenn der Schmiedekolben hinaufsteigt. Indem man den Dampf unter einen Kolben,
                              welcher sich im Reservoir l befindet, wirken läßt, kann
                              man das Wasser in den Preßcylinder treiben und so den Kolben bis auf den zu
                              schmiedenden Gegenstand hinabsteigen lassen. Durch die Wirkung der Pumpen p, p wird der Druck vollendet.
                           m Reservoir, welches das Speisewasser der Pumpen p, p liefert und zugleich das überschüssige Wasser des
                              Apparates l aufnimmt.
                           Nehmen wir an, daß der Schmiedekolben G am höchsten
                              Punkte seines Hubes angelangt ist, und daß sich das zu schmiedende Stück mit den
                              Matrizen oder Gesenken, welche ihm die Form geben sollen, auf seinem Platze am Ambos
                              befindet, so stellt man die Ventile s, s so, daß daß sie
                              die Communication zwischen dem Reservoir l und dem
                              Cylinder der Presse oder des Schmiedekolbens G öffnen;
                              dann läßt man den Dampf auf den Kolben des Reservoirs l
                              wirken. Das durch diesen Kolben hinausgetriebene Wasser macht den Schmiedekolben G rasch hinabgehen, bis er die Matrizen oder das zu
                              schmiedende Stück berührt, welches auf diese Weise einen Druck erleidet, der der
                              aufgewendeten Arbeit entspricht. Nun wird die Stellung der Ventile s, s verändert, um den Preßcylinder mit den Pumpen p, p in Communication zu setzen. Der Kolben des Reservoirs l hört zu arbeiten auf, und man läßt den Dampf in den
                              großen Cylinder a ein, um die Pumpen der hydraulischen
                              Presse auf den Schmiedecylinder G bis zum Maximum des
                              Druckes, den man erreichen kann oder will, wirken zu lassen.
                           Nun stehen die Apparate so, daß die Pumpen auf den Gegenkolben C allein wirken, und daß der Preßcylinder mit dem Reservoir l communicirt. Nun ist der Schmiedekolben G in seine ursprüngliche Stellung zurückgeführt und wird
                              in dieser Stellung durch das unter dem Gegenkolben zurückbehaltene Wasser oder
                              nöthigenfalls durch Verkeilung erhalten.
                           Durch die Handgriffe, mittelst welcher man den Schmiedekolben herabgehen macht,
                              entleert man auch zugleich den Cylinder des Gegenkolbens.
                           In dieser Maschine kann der Druck, welcher dem Wasser in der Presse ertheilt wird,
                              392 Atmosphären (d. i. 4998 Wiener Pfund per Wiener
                              Quadratzoll) erreichen, und da der Kolben der Presse einen Durchmesser von 1 Fuß 7
                              Zoll 7 Linien hat, so beträgt der durch das Wasser auf die obere Fläche dieses
                              Kolbens ausgeübte Druck 1364 Wiener Pfund.
                           Diese Presse hat mit dem besten Erfolge in der Wiener Maschinenfabrik vom Monat Juli
                              1861 bis zu Ende desselben Jahres gearbeitet, wo dieselbe probeweise zur Anfertigung
                              von Dampfmaschinenkolben, schmiedeeisernen Radbestandtheilen, Kolbenstangen-
                              und Bleuelstangen-Köpfen und verschiedenen anderen Bestandtheilen für
                              Locomotiven und Waggons, deren Schmieden auf gewöhnlichem Wege sehr schwierig und in
                              manchen Fällen unmöglich gewesen wäre, benutzt wurde.
                           Da die erste Maschine, wie bereits oben gesagt wurde, für das Leobener Eisenwerk des
                              Hrn. Mayr bestimmt ist, hat sich die Wiener
                              Maschinenfabrik durch diesen vollständigen Erfolg veranlaßt gesehen, eine zweite
                              Maschine nach diesem Muster für ihren eigenen Bedarf auszuführen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
