| Titel: | Darstellung von Magnesium. | 
| Fundstelle: | Band 169, Jahrgang 1863, Nr. CXV., S. 442 | 
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                        CXV.
                        Darstellung von Magnesium.
                        Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, 1863, Nr.
                              17.
                        Ueber Darstellung von Magnesium.
                        
                     
                        
                           Von den zahlreichen metallischen Elementen, welche die Erde enthält, wurden in
                              früherer Zeit nur die benutzt, welche sich entweder, wie Silber, Gold, Quecksilber,
                              im metallischen Zustande schon vorfinden, oder sich, wie Eisen, Kupfer, Blei, Zinn,
                              Wismuth und Antimon leicht durch Rösten an der Luft und Reduction durch Kohle
                              gewinnen lassen. Einer späteren Zeit gehört schon die Gewinnung des metallischen
                              Arseniks und des Zinks durch Destillation an. Die Darstellung des Nickels aus der
                              Nickelspeise, des Platins aus dem Platinsande erfordert schon eine specielle
                              chemische Arbeit auf nassem Wege. Endlich in diesem Jahrhundert lernte man auch die
                              Metalle der Alkalien, der alkalischen Erden und der Thonerde darstellen, freilich
                              zuerst nur im beschränkten Laborations-Maaßstabe. Es ist das große Verdienst
                              des Franzosen St. Claire Deville, der mit den nöthigen
                              Mitteln durch den Kaiser Napoleon auf das liberalste
                              versehen wurde, die Darstellung der Alkalimetalle, Kalium und Natrium im Großen
                              eingeführt und mit Hülfe derselben aus der Thonerde das so interessante Metall
                              Aluminium ausgeschieden zu haben. Obwohl die sanguinischen Hoffnungen, die man
                              besonders an letzteres Metall geknüpft, nicht ganz in Erfüllung zu gehen scheinen,
                              indem es sich immer noch zu theuer stellt, um im praktischen Leben in größerer
                              Ausdehnung angewendet zu werden, so ist doch nicht zu läugnen, daß es sich für
                              gewisse Schmuckartikel, für Helme und Kürasse (wegen seiner großen Leichtigkeit),
                              endlich und besonders zur Darstellung einer besonders schönen, festen, schmiedbaren
                              Bronze von hohem Goldglanze einige technische Bedeutung erworben hat und
                              wahrscheinlich auch in Zukunft behalten wird. Könnte man freilich das Thonerdemetall
                              so leicht und billig herstellen wie das Zink, dem es in seinen praktischen
                              Eigenschaften am nächsten kommt, so würde man damit, bei dem unbeschränkten
                              Vorkommen der Thonerde, einen ungemein wichtigen Fortschritt in der Metallurgie
                              erreicht haben.
                           Der Preis des Aluminiums ist heutzutage, wo man im Kryolith
                              (Fluornatrium-Fluoraluminium), ein unmittelbar zur Reduction geeignetes,
                              billiges Aluminium-Rohmaterial gefunden hat, wesentlich abhängig von dem des
                              Natriums. Durch die Untersuchungen St. Claire Deville's
                              ist es gelungen den Handelspreis dieses Alkalimetalls vielleicht auf 1/20 zu
                              reduciren.
                           
                           Gewöhnliche krystallisirte Soda wird calcinirt und dadurch von Wasser befreit. Man
                              mischt sie dann mit Kreide und Steinkohlenklein, und destillirt das Gemisch bei
                              hoher Rothgluth in schmiedeeisernen Retorten. Der Kohlenstoff der Steinkohle
                              reducirt die Kohlensäure des kohlensauren Natrons zu Kohlenoxyd, das Natron zu
                              Natrium. Durch das so erhaltene Kohlenoxyd entsteht aber ein beträchtlicher Verlust,
                              indem sich das Natrium damit zu einer eigenthümlichen Verbindung vereinigt. Indem
                              man kohlensauren Kalk (Kreide) beimischt, erhält man das Gemisch nicht allein
                              lockerer, sondern erzielt auch eine Entwickelung von Kohlensäure, welche die
                              Natriumdämpfe rasch in die Condensationsgefäße führt, ehe es Zeit gewinnt, sich mit
                              dem Kohlenoxyd zu verbinden. Hier schlägt es sich metallisch nieder und wird von dem
                              in den Vorlagen enthaltenen Steinöl bedeckt und vor weiterer Oxydation geschützt.
                              Die Materialien sind so wohlfeil, daß hauptsächlich die Apparate, die Arbeitskosten
                              und das Brennmaterial eine Rolle spielen und man daher das Pfund Natrium zu 2 Thlr.
                              im Großen erhalten kann, während sonst das Loth so viel kostete.
                           Trotzdem kostet das Pfund Aluminium immer noch circa 13
                              Thlr.
                           Man hat auch vielfache Versuche gemacht, andere Erdmetalle im Großen herzustellen.
                              Besondere Aufmerksamkeit verdient hierbei das Magnesium,
                              das Metall, welches in der sehr verbreiteten Magnesia enthalten ist. Magnesia aber
                              findet sich in Verbindung mit Kohlensäure, als Magnesit (bei Frankenstein), mit
                              kohlensaurem Kalk gemischt als Dolomit, als schwefelsaure Magnesia oder Bittersalz,
                              endlich als Chlormagnesium im Meerwasser.
                           Obwohl das Meerwasser in 10 Ctrn. nur 1 Pfd. Magnesium in Verbindung mit Chlor
                              enthält, so ergibt doch eine rohe Berechnung, bei der man die Oberfläche des Oceans
                              doppelt so groß als die des festen Landes, und die durchschnittliche Tiefe nur zu
                              circa 13,500 Fuß annimmt, die Menge des darin
                              enthaltenen Magnesiums zu 1824 preuß. Kubikmeilen.
                           Gerade das Chlormagnesium ist nun das Material, aus dem man, sey es durch den
                              galvanischen Strom (nach Bunsen), sey es durch Natrium
                              das Magnesium darstellt. Leider ist eine Bedingung dabei, die sehr schwer zu
                              erfüllen ist, nämlich daß das Chlormagnesium geschmolzen und ganz wasserfrei sey,
                              daneben aber auch keine Säure verloren habe und keine freie Magnesia enthalte. Dem
                              stellen sich nun eigenthümliche Hindernisse in den Weg. Löst man z.B. Magnesia in
                              Salzsäure und dampft die Flüssigkeit ein, so entwickelt sich bei größerer
                              Concentration immer Salzsäure, und man kann durch wiederholtes Zusetzen von Wasser,
                              Abdampfen und Glühen einen sehr großen Theil der Salzsäure austreiben. Die
                              beigemischte Magnesia macht dann aber die Salzmasse schwer schmelzbar und ungeeignet zur Reduction.
                              Man half sich bis jetzt dadurch, daß man dem Chlormagnesium eine bedeutende Menge
                              von Salmiak zusetzte und dann glühte. Die Salzsäure, die in diesem Salze mit
                              Ammoniak verbunden ist, verhindert zum Theil wenigstens die Ausscheidung der
                              Magnesia. Es wird aber ein großer Theil des Chlormagnesiums mit dem Salmiak
                              verflüchtigt. Die Operation wird dadurch kostspielig und wegen der Massen von
                              Salmiakdämpfen sehr lästig. Gänzlich wird die Abscheidung von Magnesia doch nicht
                              verhindert; außerdem bleibt aber eine Spur Ammoniaksalz zurück, welche dem später
                              abgeschiedenen Magnesium einen Gehalt an Stickstoff mittheilt, wodurch es zu einem
                              raschen Anlaufen und Oxydiren an der Luft disponirt wird. Geschieht die Reduction
                              durch Natrium in einem gewöhnlichen Schmelztiegel, welcher wie alle Thontiegel
                              Kieselsäure im Ueberschusse enthält, so wird das Magnesium auch durch reducirtes
                              Silicium (Kiesel) verunreinigt. Platintiegel sind auch nicht anzuwenden, da sie von
                              metallischem Magnesium wie durch schmelzendes Blei durchlöchert werden. St. Claire
                              Deville, welcher sich auch mit der
                              Magnesium-Darstellung beschäftigt hat, will dasselbe durch Destillation
                              gereinigt haben. Er wendet dazu ein Rohr an, das aus dem Graphit der Gasretorten
                              geschnitten und ausgebohrt ist, und umgibt es mit einem weiteren Rohre von glasirtem
                              Porzellan. Außerdem leitet er durch das Rohr während der Destillation einen
                              continuirlichen Strom von Wasserstoffgas. Mit Mühe und Noth gelang es ihm 1 Loth
                              Magnesium auf diese Art zu destilliren. Außer dem Silicium und etwas Kohlenstoff,
                              der von dem Steinöl herrührt, welches dem reducirenden Natrium anhaftet, blieb noch
                              ein fremder Körper im Rückstande, dem St. Claire Deville
                              indessen keine nähere Aufmerksamkeit schenkte.
                           Ein Herr Sonstadt schlägt nunmehr folgende Verbesserungen
                              bei der Darstellung des Magnesiums vor. Er dampft die Lösung von Chlormagnesium im
                              Gemisch mit gewöhnlichem Kochsalz ein und schmilzt, wodurch man unter geringem
                              Verlust von Salzsäure und Chlormagnesium ein wasserfreies Doppelsalz erhält, welches
                              bei der Reduction reichliche Mengen Magnesium liefert. Es ist kein Ammoniaksalz
                              zugegen, das Magnesium kann auch keinen Stickstoff aufnehmen.In Staßfurth (Provinz Sachsen) kommt ein Mineral in dem dortigen
                                    Steinsalzlager vor, der sog. Tachhydrit, das fast aus reinem, wasserfreien
                                    Chlormagnesium besteht. Es zieht freilich aus der Luft äußerst rasch
                                    Wasserdampf an, daher der Name. Es ließe sich vielleicht sehr zweckmäßig zur
                                    Magnesium-Darstellung anwenden.
                              
                           Man kann auch reine kohlensaure Magnesia, entweder aus Bittersalz durch Soda gefällt,
                              sorgfältig ausgewaschen und getrocknet, oder einfachen natürlichen Magnesit in einem
                              Strome von trockenem Salzsäuregase glühen, um so unmittelbar wasserfreies
                              Chlormagnesium zu erhalten. Sonstadt schlägt vor,
                              dieselbe Operation mit concentrirter Chlormagnesium-Lösung vorzunehmen, und
                              so das Wasser ohne Verlust an Salzsäure zu entfernen. Der erstere Weg scheint der
                              einfachere.
                           Das erhaltene Chlormagnesium-Doppelsalz, wird nun in einem schmiedeeisernen Tiegel durch Natrium zersetzt. Hierdurch
                              lassen sich größere Mengen auf einmal behandeln, das Magnesium kann kein Silicium
                              aufnehmen und der Tiegel wird, wenigstens wenn die Hitze nicht zu hoch gesteigert
                              wird, durchaus nicht angegriffen und hält wohl hundert Operationen aus. Ueber die
                              Methode, das erhaltene Magnesium durch Destillation zu reinigen, ist nichts Näheres
                              angegeben, und es wird auf eine spätere Veröffentlichung hierüber verwiesen.
                           Sehr merkwürdig wäre es, wenn sich folgende Entdeckung, die Hr. Sonstadt bei der Destillation des Magnesiums gemacht haben will,
                              bestätigte.
                           Der Rückstand der Destillation soll nach ihm ein neues
                                 Metall, das er vorläufig x nennt, enthalten,
                              das in allen seinen Eigenschaften und Reactionen, bis auf eine
                                 einzige, mit dem Eisen identisch erscheint. Es gibt mit Schwefelcyankalium
                              eine blutrothe Färbung, gleich dem Eisenoxyde; sein Oxyd gibt mit gelbem
                              Blutlaugensalze, sein Oxydul mit rothem Blutlaugensalze einen blauen Niederschlag.
                              Eine einzige Reaction unterscheidet das Metall x vom
                              Eisen. Der blaue Niederschlag mit gelbem Blutlaugensalze wird durch Ammoniak, selbst
                              bei längerem Verweilen und im Ueberschusse angewendet, nicht entfärbt, während dieß bei Eisen sofort geschieht. Ist x mit Eisen gemischt, so wird der Niederschlag durch
                              Ammoniak purpurfarben, bei viel Eisen endlich wie gewöhnlich braun.
                           
                              H. S.