| Titel: | Ueber das Lochen der Metallplatten; von H. v. Reiche, Werkführer des Lüneburger Eisenwerkes. | 
| Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. VII., S. 14 | 
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                        VII.
                        Ueber das Lochen der Metallplatten; von H. v. Reiche, Werkführer des
                           Lüneburger Eisenwerkes.
                        Aus dem Civilingenieur, 1864, Bd. X S.
                              235.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        v. Reiche, über das Lochen der Metallplatten.
                        
                     
                        
                           Eine oft beobachtete Erscheinung ist, daß die Scheiben, welche man vermittelst der
                              Lochmaschine aus Metallplatten stößt, ähnlich wie Fig. 19 zeigt,
                              treppenförmig abgesetzt erscheinen, und daß auch das dargestellte Loch nicht glatt
                              und cylindrisch, sondern ähnlich der Fig. 20 durch zwei
                              Rotationsflächen begrenzt ist.
                           Unter allen Umständen aber, sey es, daß die Darstellung des Loches die Hauptsache
                              ist, wie bei dem Lochen der Kesselbleche, sey es, daß die herausgestoßene Scheibe
                              das Arbeitsproduct ist, wie bei der Darstellung der Unterlegscheiben, – unter
                              allen Umständen, sage ich, ist diese Erscheinung unwillkommen, weil sie zur
                              Beseitigung der nicht zu duldenden Unebenheiten einen Mehraufwand an Nacharbeit
                              bedingt.
                           Nachdem ich die Ursache des Uebels erkannt zu haben glaubte, bemühte ich mich,
                              dieselbe zu beseitigen, was mit, nach der erzielten tadellosen Arbeit zu schließen,
                              auch sofort gelang.
                           Da ich über diesen Gegenstand nie etwas gehört oder gelesen habe, so halte ich ihn
                              auch für Andere interessant genug, um ihn zur Sprache zu bringen und das zu
                              bezeichnen, was ich für die Ursache des Uebelstandes halte, um das Mittel anzugeben,
                              durch welches ich ein fehlerfreies Product erziele.
                           Das Durchdrücken der Löcher ist weit verschieden von dem
                              eigentlichen Durchschneiden eines Stückes, und kaum ein
                              Name unpassender gewählt, als die Bezeichnung „Durchschnitt“
                              für die Lochmaschine.
                           Von einem Schneiden wird man allemal nur dann sprechen
                              können, wenn die Kante eines schneidenden Werkzeuges das Arbeitsstück in einer
                              Fläche trennt, welche diese Kante bei ihrer Bewegung beschreibt. – So z.B.
                              schneidet ein Messer, der Stahl einer Dreh- oder Hobelbank, oder ein Bohrer
                              etc.
                           Erfolgt dagegen die Trennung der Molecüle in einer Fläche, welche nicht durch eine Kante des trennenden Werkzeuges
                              beschrieben wird, so findet allemal ein Zerreißen der
                              Fasern statt. – So bei der Lochmaschine.
                           
                           Beim Niedergehen des Stempels S (Fig. 21 und 22) klemmt
                              dieser die Platte P zwischen sich und der Matrize M ein. – Die nächste Folge ist, daß die Kanten
                              A, A des Stempels und C,
                                 C der Matrize die unter resp. über ihnen befindlichen Theile der Platte
                              comprimiren, und dadurch, daß die übrigen Theile der Platte dieser Zusammenpressung
                              nicht direct unterworfen sind, eine Spannung erzeugen, welche bei zunehmender
                              Intensität schließlich zu Rissen führt, welche sowohl von der Kante A, A des
                              Stempels, als von der Kante C,
                                 C der Matrize ausgehen, und welche in einen einzigen
                                 zusammenfallen müssen, falls eine schiere Rißfläche entstehen soll.
                           Nun habe ich gefunden, daß durch die Operation des
                                 Durchdrückens in der Platte nur Risse entstehen, welche mit der
                                 Bewegungsrichtung des Stempels einen, von dem Material der Platte abhängigen,
                                 ganz bestimmten Winkel bilden (Fig. 23), und daß die Größe dieses Winkels für Schmiedeeisen
                              α = 7°, oder dessen
                                 trigonometrische Tangente = 1/8 ist.
                           Bezeichnet man daher den Durchmesser des Stempels mit Ds, den der Matrize mit Dm, und die Dicke der Platte mit d, so muß der
                              Gleichung
                           Dm = Ds + d/4 . . . . . (1)
                           Genüge geleistet werden, falls die entstehenden Risse
                              ineinanderfallen, die Rißflächen also rein und schier werden sollen.
                           Macht man den Durchmesser der Matrize größer, als Gleichung (1) angibt, so vereinigen
                              sich die Risse A H und C E
                              nicht mit einander (Fig. 22). – Die schließliche Trennung erfolgt dann im Riß A H, falls d/D groß ist, dagegen auch zuweilen im Riß
                              C E, falls d/D sehr klein ist, wie bei der
                              Herstellung der Unterlegscheiben. – In welchem Riß die Trennung aber auch
                              erfolgen möge, immer wird man den anderen Riß nach erfolgtem Durchdrücken in der
                              durchlochten Platte oder in der herausgedrückten Scheibe finden.
                           Macht man dagegen den Durchmesser der Matrize kleiner, als Gleichung (1) angibt, so
                              vereinigen sich abermals die Risse A H und C E nicht (Fig. 21). – Die
                              schließliche Trennung erfolgt dann allemal in einer Schnittfläche
                              I K, welche beide Risse mit einander verbindet, und
                              welche sich auf der herausgedrückten Scheibe sehr deutlich durch hohen Glanz, im
                              Gegensatz zu den matten Rißflächen kennzeichnet.
                           
                           Viel häufiger trifft man Matrizen, deren Durchmesser kleiner ist, als Gleichung (1)
                              angibt, als solche, deren Durchmesser größer ist, – und man findet daher in
                              den meisten Kesselschmieden, daß die herausgedrückten Scheiben, wie Fig. 19 darstellt, und
                              die Löcher, wie Fig. 20 zeigt, gestaltet sind.
                           Da in den meisten Fällen die Darstellung des Loches der eigentliche Zweck ist, so
                              hilft man sich, indem man die Wandung des Loches durch Aufräumen mittelst der
                              Reibahle verbessert.
                           Immerhin aber ist es rationeller, die Wandung des Loches gleich vermittelst des
                              Durchdrückens schier und glatt herzustellen, um so mehr, als dadurch ein wohlfeiles
                              Mittel geboten wird, die Dichte der Vernietung bei Kesselarbeiten um ein Erhebliches
                              zu erhöhen.
                           Es ist nämlich eine bekannte Thatsache, daß das erkaltete Niet (weil es sich beim
                              Erkalten zusammenzieht) ein cylindrisches Loch nicht mehr ausfüllt. – Bei
                              cylindrischen Nieten sind es also nur die Köpfe, welche
                              dichten, und aus diesem Grunde müssen dieselben bei Kesselarbeiten ringsum verstemmt
                              werden. – Versenkte Niete hingegen liegen, wenn
                              die Versenkung nur nicht allzugering ist, wie leicht einzusehen, auch nach dem
                              Erkalten mit einem bedeutenden Theil ihrer conischen Fläche dicht an, und gewähren
                              aus diesem Grunde viel größere Garantie der Dichte des Kessels als die
                              cylindrischen.
                           Dadurch aber, daß man der Gleichung (1) Genüge leistet, erhält man factisch versenkte Niete, also größere Garantie der Dichte.
                           Allerdings ist es nöthig, bei diesem Verfahren auf zwei Dinge streng zu halten, und
                              zwar erstens darauf, daß die Niete ihrer ganzen Länge nach hellweißwarm verwendet,
                              und zweitens darauf, daß die Platten mit der Stempelseite
                                 aneinander genietet werden (Fig. 24).
                           Gerade die letzte Bedingung wird von den Kesselschmieden nur zu gern unerfüllt
                              gelassen, weil es ihnen unbequem ist, die Platten theils auf der einen, theils auf
                              der anderen Seite vorzuzeichnen und zu körnen, was in den meisten Fällen, z.B. bei
                              Anwendung conischer Schüsse, oder bei Herstellung des
                              Kesselumfanges durch eine Platte nothwendig ist.
                           Auch beim Krummwalzen der Platten muß darauf geachtet werden, daß die richtige Seite
                              convex und die richtige concav wird; all diese Sorgfalt aber wird reichlich
                              aufgewogen durch factisch größere Dichte der Nietfugen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
