| Titel: | Ueber die Darstellung des Lackmus; von V. de Luynes. | 
| Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. XXII., S. 61 | 
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                        XXII.
                        Ueber die Darstellung des Lackmus; von V. de Luynes.
                        Aus den Comptes rendus, t. LIX p. 49, Juli
                              1864.
                        de Luynes, über die Darstellung des Lackmus
                        
                     
                        
                           Unter der Bezeichnung LackmusLackmns begreift man zwei verschiedene Substanzen, nämlich einmal die blauen
                              Schminkläppchen (blauer Tournesol, tournesol en drapeaux,
                                 Bezetta caerulea) und dann den eigentlichen Lackmus (t. en pains, succus Tornae, Lacca mucorum). Der letztere wird als Reagens
                              angewendet; mit Wasser und Alkohol gibt er eine violettblaue Flüssigkeit, welche
                              durch Säuren roth gefärbt wird.
                           Die Einzelheiten der Gewinnung des Lackmus sind nur unvollständig bekannt. Indessen
                              weicht das heutzutage gebräuchliche Verfahren zur Darstellung dieser Substanz aller
                              Wahrscheinlichkeit nach nur wenig von dem schon in alten chemischen Büchern
                              beschriebenen ab; dasselbe besteht im Wesentlichen darin, die Orseilleflechten durch
                              Einwirkung von Luft und Ammoniak in Gegenwart eines großen Ueberschusses von
                              kohlensaurem Alkali zu färben. Gélis hat die
                              Richtigkeit dieser Angaben bestätigt und durch Behandlung der mit ihrer halben
                              Gewichtsmenge an kohlensaurem Kali versetzten Orseilleflechten mittelst Ammoniak
                              Lackmus von sehr schöner Qualität erhalten. Welches Verfahren nun auch angewendet
                              werden mag, stets wird dem Lackmusteige kohlensaure oder schwefelsaure Kalkerde
                              zugesetzt, um den ersteren zu trocknen, ihm mehr Körper zu geben und den
                              eigentlichen Farbstoff, welcher nur einen sehr geringen Bruchtheil des Ganzen
                              ausmacht, zu conserviren.
                           Wie Dumas nachwies, entsteht, sobald sich das Orcin in Folge der Einwirkung von Luft und Ammoniak
                              färbt, nur ein einziger Farbstoff, das Orcëin.
                              Indem ich die Verhältnisse und Umstände, unter denen die Färbung des Orcins vor sich
                              geht, einigen Modificationen unterwarf, gelang es mit, ein in seinen Eigenschaften
                              dem Lackmus identisches Product zu erhalten. Da mittelst Orcin bisher noch kein
                              Lackmus dargestellt worden ist, da sogar mehrere Chemiker allem Auschein nach daran
                              zweifeln, daß letzterer vom Orcin wirklich herstammt, so will ich den von mit bei
                              der Darstellüng der Substanz befolgten Weg kurz beschreiben.
                           In Kolben, welche nur unvollkommen verschlossen wurden, mengte ich Orcin mit der
                              25fachen Gewichtsmenge krystallisirter Soda und dem 5fachen Gewichte Wasser, welches
                              letztere mit einer der des angewendeten Orcins höchstens gleichkommenden
                              Gewichtsmenge flüssigen Aetzammoniaks versetzt worden war. Das Ganze wurde unter
                              wiederholtem Umrühren vier bis fünf Tage lang im Wasserbade bei einer Temperatur von
                              60° bis 80° C. erhitzt. Die dunkel blauviolette Flüssigkeit wurde mit
                              Wasser verdünnt und mit einem geringen Ueberschusse von Salzsäure versetzt, wodurch
                              der Farbstoff gefällt wurde. Der letztere gibt nach dem Auswaschen und Trocknen den
                              reinen Lackmus.
                           Auf diese Weise dargestellt, bildet der Lackmus kleine unregelmäßige Massen, von
                              jenem irisirenden, fast metallischen Schimmer, den die meisten Farbstoffe zeigen. In
                              kaltem Wasser ist die Substanz nur in sehr geringer Menge löslich: sie ertheilt demselben eine
                              rothweinartige, auf den Zusatz von Säure zwiebelschalenroth, durch Alkalien dagegen
                              violettblau werdende Färbung. In Alkohol ist sie mit rother, in Aether mit gelber
                              Farbe leicht löslich; im Benzin, Terpenthinöl und Schwefelkohlenstoff löst sie sich
                              gar nicht. Von concentrirter Schwefelsäure wird sie zu einer violettblauen, sehr
                              reich gefärbten Flüssigkeit gelöst, welche auf Zusatz von viel Wasser Hellroth
                              wird.
                           Die mit Wasser verdünnte alkoholische Lösung gibt ein äußerst empfindliches Reagens
                              zur Erkennung der geringsten Spuren von alkalisch sich verhaltenden Substanzen.
                              Versetzt man sie mit einer sehr geringen Menge Kali, so erhält man eine blaue
                              Flüssigkeit, welche sich gegen Säuren, Schwefelwasserstoff und andere Verbindungen
                              ebenso verhält, wie die gewöhnliche Lackmustinctur.
                           Glasartige und opake arsenige Säure und Borsäure wirken auf dieses Product ganz wie
                              gewöhnliche Säuren.
                           Beim Erhitzen im Glasrohre gibt trockener Lackmus unter Entwickelung von Ammoniak
                              viel Kohle. Wird seine ätherische Lösung mit einer Lösung von Aetzammoniak in Aether
                              versetzt, so entsteht ein Niederschlag, welcher eine Verbindung von Lackmus und
                              Ammoniak zu seyn scheint, in Wasser leicht löslich ist und sich ohne Ammoniak
                              abzugeben, bei 60° bis 80° C. trocknen läßt.
                           Bekanntlich erfordert die Bereitung der gewöhnlichen Lackmustinctur einige Zeit;
                              diese Tinctur läßt sich, ohne Zersetzung zu erleiden, nicht lange aufbewahren, und
                              das in ihr überschüssig enthaltene Alkali muß gesättigt werden, wenn sie die
                              erforderliche Empfindlichkeit erhalten soll. Das Product hingegen, welches ich der
                              Akademie vorzulegen die Ehre habe, ist in trockenem Zustande unveränderlich; es löst
                              sich selbst bei gewöhnlicher Temperatur sehr rasch und die so erhaltene Tinctur kann
                              zu den alkalimetrischen Proben und allen Titrirversuchen sofort verwendet
                              werden.Man s. Dr. August Vogel's Verfahren zur Darstellung eines haltbaren
                                    Lackmus-Präparates für Titrirversuche, im polytechn. Journal Bd. CLXVI S. 399.A. d. Red.