| Titel: | Ueber Lefèvre's und Hermite's Vorrichtungen zum selbstthätigen Ausrücken der mechanischen Webstühle bei Kettenfadenbruch; Bericht von O. Zindel. | 
| Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. LIII., S. 182 | 
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                        LIII.
                        Ueber Lefèvre's und Hermite's Vorrichtungen zum selbstthätigen Ausrücken
                           der mechanischen Webstühle bei Kettenfadenbruch; Bericht von O. Zindel.
                        Nach dem Bulletin de la Société industrielle de
                                 Mulhouse, November 1863, S. 515; aus dem polytechnischen Centralblatt,
                              1864 S. 647.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Lefèvre's u. Hermite's Ausrückvorrichtungen bei
                           Kettenfadenbruch an mechanischen Webstühlen.
                        
                     
                        
                           Die Société industrielle zu Mülhausen hatte
                              eine goldene Medaille als Preis für die beste Ausrückvorrichtung bei
                              Kettenfadenbruch an mechanischen Webstühlen ausgesetzt. Diese Vorrichtung sollte
                              sich an jedem beliebigen System anbringen lassen, einfach, bequem in der Handhabung
                              und billig seyn, die Vorbereitungsarbeiten nicht erheblich vermehren, den Weber bei
                              seiner Arbeit nicht stören und den Stuhl sofort ausrücken, sobald ein Kettenfaden
                              reißt.
                           Bekanntlich veranlaßt der Bruch eines Kettenfadens gewöhnlich im Gewebe größere oder
                              kleinere Fehler, welche ein Zurückweben des Stoffes nöthig machen, damit der Fehler
                              beseitigt wird. Das Productionsquantum wird dabei aus doppeltem Grunde geschmälert,
                              einmal wegen des Zurückwebens und dann weil der Stuhl in seinen normalen Zustand
                              zurückgeführt werden muß. Uebrigens geht auf die zurückgewebte Länge der Schuß
                              verloren und die Kette wird unnöthig angestrengt. Eine gute Ausrückvorrichtung bei
                              Kettenfadenbruch würde demnach sowohl zur Vermehrung der Quantität als zur
                              Verbesserung der Qualität beitragen.
                           Um den vorgenannten Preis haben sich nun zwei Concurrenten beworben, nämlich A. Lefèvre zu Amiens, der seinen Apparat in der
                              Webschule zu Mülhausen aufgestellt hat, und Hermite zu
                              Nancy, dessen Apparat bei Dollfus-Mieg und Comp. in Dornach arbeitet.
                           Fig. 31 zeigt
                              die Vorrichtung von Lefèvre. Jeder Kettenfaden ist
                              durch das Auge einer Litze M gezogen, welche durch ein
                              Drahtgewicht von 8 bis 10 Centim. Länge und 2 Grm. Schwere belastet ist. Außerdem
                              liegt in diesen Litzen etwas unterhalb der Kettenfäden eine über die ganze Breite
                              der Kette sich erstreckende eiserne Stange, durch welche die bei Fadenbruch
                              niederfallenden Litzen aufgehalten werden. So lange kein Fäden reißt, liegen alle
                              unteren Gewichtsenden in gleichem Niveau und außer dem Bereich des Messers A, das von der Lade durch die Stangen B eine hin und her gehende Bewegung empfängt und bei
                              jedem Schuß einmal in den Schlitz C hinter den Gewichten
                              eintritt. Wenn dagegen ein Fäden reißt, so fällt das ihm zugehörende Gewicht nieder,
                              bis das Litzenauge von der Querstange gefangen wird, und verdeckt in dieser Lage den
                              Schlitz C. Somit wird der Bewegung des Messers A ein Hinderniß entgegengesetzt; dasselbe tritt nun
                              nicht in den Schlitz C ein, sondern übt einen Druck auf
                              den Theil aus welcher den Schlitz enthält. Dieser Theil wird zurückgedrückt und
                              setzt dabei durch den Draht F und den Hebel L die Ausrückstange in Bewegung.
                           Die ganze Vorrichtung ist an und für sich einfach und arbeitet ganz sicher; dabei ist
                              sie billig und bequem anzubringen. Dagegen erschwert sie das Einziehen der
                              Kettenfäden und vermindert die Beweglichkeit derselben. Der letztere Uebelstand
                              ließe sich vielleicht durch Anwendung eiserner oder messingener Maillons beseitigen.
                              Auch liegt ein Nachtheil darin, daß der gerissene Kettenfaden, durch die Belastung
                              seines Maillons niedergezogen, unter den übrigen Kettenfäden verschwindet und nur
                              mit Zeitverlust vom Arbeiter aufgefunden werden kann. Endlich ist zu befürchten, daß
                              die beständige Bewegung, welche die Gewichte unter den Schlägen der Lade erleiden,
                              die Maillons rasch abnutzt und die Kette zu stark anstrengt. Sind die bezeichneten
                              Uebelstände auch nicht von großer Bedeutung, so zeigen sie doch, daß die Vorrichtung
                              noch erheblich verbessert werden muß, wenn sie allgemein in Gebrauch genommen werden
                              soll.
                           Die bei Dollfus-Mieg und Comp. aufgestellte Ausrückvorrichtung von Hermite
                              Man vergl. polytechn. Journal Bd. CLXVIII
                                       S. 361., in Fig.
                                 32 dargestellt, hat ebenso viele kleine Platinen aus gehärtetem Stahl als
                              Kettenfäden vorhanden sind. Jede Platine hat in der Mitte einen Schlitz und zu beiden
                              Seiten kreisrunde Oeffnungen, durch welche letztere die benachbarten Kettenfäden
                              hindurch gelegt sind, der eine durch die vordere, der andere durch die hintere
                              Oeffnung. Durch den Schlitz in der Mitte geht ein eiserner Stab, welcher alle
                              Platinen in einer geraden Linie, rechtwinklig gegen die Kette, erhält und denselben
                              zugleich als Drehachse dient. Ein wenig unter den Platinen liegen zwei
                              schmiedeeiserne Klappen A, die über die ganze Breite der
                              Kette reichen und einen bestimmten Winkel mit einander einschließen; dieselben
                              schwingen um ihre gemeinschaftliche Achse, indem das Excentric B durch den Hebel C die an
                              den Klappen befestigten Stangen T, T in eine auf und
                              nieder gehende Bewegung versetzt.
                           Reißt ein Fäden, so wird die Platine, durch welche er gezogen war, nur noch auf der
                              einen Seite festgehalten; sie senkt sich also auf der anderen, indem sie um den
                              Querstab schwingt, legt sich zwischen die Klappen und hindert deren Bewegung. Der
                              Hebel C, der nun auch nicht mehr an der Bewegung des
                              Excentrics B theilnehmen kann, folgt der Einwirkung des
                              Gewichtes P, das durch Niederziehen der Stange D die Knagge E hebt;
                              letztere trifft gegen die Ausrückvorrichtung F und setzt
                              somit den Stuhl in Stillstand.
                           Am Stuhl selbst hat Hermite insofern eine Verbesserung
                              angebracht, als er denselben mit einem sogenannten Scheidering (baguette démêleuse) versieht, d. i. einem
                              flachen schmiedeeisernen Ring, über welchem die Fäden gekreuzt sind. Dieser Ring hat
                              eine schwingende Bewegung und öffnet bei jedem Ladenschlag die beiden
                              Kettenabtheilungen, damit nicht ein Fäden der einen an einem der anderen anhaften
                              kann.
                           Um das Anknüpfen gerissener Fäden zu erleichtern, liegt zwischen den Klappen und den
                              Platinen eine Stange G, welche durch Niederdrücken des
                              Handgriffs L gehoben wird und dem Arbeiter die in Folge
                              der ungleichmäßigen Spannung geneigt liegende Platine darbietet.
                           Diese sehr sinnreiche Vorrichtung arbeitet ganz sicher und führt dem Arbeiter sofort
                              den gerissenen Fäden vor Augen, den er ohne erheblichen Zeitverlust wieder anknüpfen
                              kann. Das Einziehen der Kette geht leichter von statten, als bei der Vorrichtung von
                              Lefèvre. Dagegen hat sie den Nachtheil, daß
                              der Stuhl auch dann ausgerückt wird, wenn ein Knötchen durch eine Platine geht,
                              wodurch ein unnöthiger Zeitverlust entsteht. Obschon dieß der einzige Nachtheil der
                              Hermite'schen Vorrichtung ist, der noch dazu leicht
                              zu beseitigen seyn dürfte, so ist ihr doch der Preis nicht zuerkannt worden, weil im
                              Programm als Bedingung aufgestellt war, daß die Vorrichtung mindestens ein halbes
                              Jahr lang in
                              Thätigkeit gewesen und an mindestens 100 Stühlen im Departement angebracht seyn
                              müßte.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
