| Titel: | Ueber Béliard's neuen Apparat zum Aufblasen der Schlachtthiere behufs des Abhäutens derselben; Bericht von Duchesne. | 
| Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. LXI., S. 240 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXI.
                        Ueber Béliard's neuen Apparat zum Aufblasen der
                           Schlachtthiere behufs des Abhäutens derselben; Bericht von Duchesne.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Juni 1864, S. 341.
                        Béliard's Apparat zum Aufblasen der Schlachtthiere behufs
                           des Abhäutens.
                        
                     
                        
                           Damit die Häute der Schafe, der Kälber und Rinder ihren ganzen Werth behalten, müssen
                              sie unbeschädigt und möglichst ohne Fehler seyn.
                           Das Abhäuten der frisch geschlachteten Thiere wird meist in den Schlachthäusern von
                              Fleischern vorgenommen, welche in dieser Arbeit geübt sind. Obgleich dieselbe
                              gewöhnlich nur jungen und kräftigen Individuen anvertraut wird, so gilt sie doch
                              allgemein für außerordentlich angreifend, da sie möglichst rasch ausgeführt werden
                              muß, so lange das Thier noch warm ist, und damit die Consumenten das Fleisch bald
                              erhalten. Um ein rascheres, für den Metzger weniger kostspieliges, für den Arbeiter weniger
                              anstrengendes Abhäuten zu erzielen, kam Béliard in
                              Paris (rue Saint-Maur-Popincourt) 14) auf
                              den Gedanken, dasselbe durch comprimirte Luft, mittelst einer Maschine zum Aufblasen des Schlachtviehes zu bewirken, bei welcher der
                              schwere Blasebalg der Fleischergesellen durch ein einfaches Kautschukrohr mit Hahn
                              ersetzt wird.
                           Nachdem das Thier geschlachtet und abgestochen ist, schreitet man zum Aufblasen,
                              indem das Ende eines Blasebalgs unter die Bauchhaut eingestoßen und nun Luft
                              eingeblasen wird, welche zwischen die Maschen des Zellgewebes tritt und dadurch die
                              Haut vom Fleische lostrennt, so daß sich dann erstere mittelst des Messers ganz
                              leicht abziehen läßt.
                           Dieses Aufblasen ist für die Fleischergesellen sehr angreifend, denn sie müssen sich
                              auf den Griff des Blasebalgs setzen, um mit ihrem ganzen Körpergewicht darauf zu
                              drücken, dann wieder aufstehen und so fort, bis sie die Haut für hinlänglich
                              losgelöst halten.
                           Zum Aufblasen eines Hammels braucht ein Mann vier Minuten, bei einem Kalbe fünf
                              Minuten; um einen Ochsen aufzublasen oder aufzupusten,
                              ist die ununterbrochene Arbeit zweier oder dreier Fleischergesellen fünfundzwanzig
                              Minuten lang nothwendig und dabei mußten sie die Haut vorher durchstochen oder gespickt, d.h. mühsam und mit großer Anstrengung eine
                              große eiserne Nadel unter die Haut des Thieres eingestochen haben, damit die von
                              einem oder zwei Blasebälgen gelieferte. Luft leichter eindringen kann. Bei diesem
                              Verfahren wird das Abhäuten auch dadurch erleichtert, daß die Arbeiter die Haut mit
                              einem hölzernen Schlägel rasch durchklopfen, wodurch die Luft genöthigt wird sich
                              zwischen Fleisch und Haut nach allen Richtungen hin zu verbreiten. Durch dieses
                              Schlagen muß natürlich die Zersetzung des Fleisches im Sommer und bei großer Wärme
                              sehr bedeutend befördert werden.
                           Um Béliard's provisorischen Apparat in Thätigkeit
                              zu sehen, begaben wir uns in das Schlachthaus Popincourt.
                           Dieser auf dem Bodenraume eines der Gebäude aufgestellte Apparat besteht aus einer
                              durch Menschenkraft bewegten Druckpumpe, mittelst deren die auf drei bis vier
                              Atmosphären comprimirte Luft in drei Cylindern aus genietetem Eisenblech angesammelt
                              wird. Mit diesen Cylindern stehen mehrere Kautschukrohre in Verbindung, welche bis
                              in das Schlachthaus hinabreichen. Jedes dieser Rohre ist mit einem Hahnen versehen,
                              welchen der Arbeiter nach Belieben öffnen und schließen kann. Nachdem das Thier
                              geschlachtet ist, steckt der Fleischergeselle die Spitze des Kautschukrohres in eine
                              kleine, in die Bauchhaut geschnittene Oeffnung und öffnet den Hahn, worauf das
                              Aufblasen sofort deutlich wahrnehmbar beginnt und ohne weitere Mühe mit großer Schnelligkeit vor sich
                              geht.
                           
                              
                                 Bei einem Hammel ist
                                 an Zeit
                                 erforderlich
                                 1
                                 Minute
                                 statt
                                   4
                                 Minuten,
                                 
                              
                                 bei einem Kalbe
                                 „
                                 „
                                 2
                                 „
                                 „
                                   5
                                 „
                                 
                              
                                 bei einem Ochsen
                                 „
                                 „
                                 5
                                 „
                                 „
                                 25
                                 „
                                 
                              
                           und im letzteren Falle ist das Durchstechen oder Spicken auch
                              nicht mehr erforderlich.
                           Auf diese Weise wurden in unserer Gegenwart und vor den Augen der Leute der
                              Popincourt'schen Schlächterei hunderte von Thieren aufgeblasen und Alle, ohne
                              Ausnahme, fanden gleich uns, dieses Verfahren so einfach und wirksam, daß sie
                              sämmtlich verlangen dieser Apparat möge binnen möglichst kurzer Zeit ganz allgemein
                              und bleibend eingeführt werden. Ihrer Bemerkung nach wird durch dieses Mittel auch
                              das Zerlegen des Fleisches erleichtert und letzteres sieht schöner und appetitlicher
                              aus.
                           Ueberdieß ist die durch Anwendung des Apparates erzielte Ersparniß ziemlich
                              bedeutend. Denn einerseits muß man einen Theil der Zeit, welche den Gesellen fast
                              gänzlich dadurch verloren geht, daß sie mit der Arbeit warten müssen bis das Thier
                              vollständig aufgeblasen ist, andererseits die Zeit, während welcher die beiden
                              Arbeiter mit dem Aufblasen zu thun haben, in Anschlag bringen. Diese letztere Zeit
                              kann nicht unter 15 bis 20 Centimes gerechnet werden.
                           Berechnet man den Kubikmeter comprimirter Luft zu 15 Cent., so kostet die Behandlung
                              eines Ochsen, zu dessen Aufblasen bloß ein halber Kubikmeter Luft erforderlich ist,
                              nur 7 1/2 Cent. anstatt 15 Cent., wodurch demnach eine Ersparniß von 50 Procent
                              erzielt wird.
                           Nach Béliard's Berechnung würde eine Maschine,
                              welche für den Consum eines Schlachthauses 500 Kubikmeter comprimirte Luft liefert,
                              dem Unternehmer jeden Arbeitstag noch 55 Francs Nettogewinn geben.
                           Demnach bietet das neue Verfahren von Béliard durch
                              die Erfahrung bestätigte Vortheile und sicheren Gewinn dar.