| Titel: | Theoretische und praktische Untersuchungen über die Entstehung der positiven photographischen Bilder; von Girard und Davanne. | 
| Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. LXXVI., S. 307 | 
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                        LXXVI.
                        Theoretische und praktische Untersuchungen über
                           die Entstehung der positiven photographischen Bilder; von Girard und Davanne.
                        Aus den Comptes rendus, t. LVIII p. 634 et
                              699.
                        Girard und Davanne, theoretische und praktische Untersuchungen über
                           die Entstehung der positiven Lichtbilder.
                        
                     
                        
                           Die photographischen Bilder, namentlich die sogenannten positiven Abzüge, sind das
                              Resultat interessanter Umwandlungen, welche man, ohne sie näher untersucht zu haben,
                              als Anomalien zu betrachten versucht seyn könnte. Bei jeder neuen Operation schwankt
                              der Farbenton, die Schärfe, die Intensität, die Haltbarkeit der Producte innerhalb
                              sehr weiter Grenzen, ohne daß die Ursachen dieser Schwankungen klar vorliegen.
                              Obgleich bisher unerklärt, müssen diese Umwandlungen doch in die Kategorie der
                              gewöhnlichen chemischen Reactionen gewiesen werden. Die Richtigkeit dieses Satzes
                              klar zu beweisen, ist der Zweck der langen Reihe von Untersuchungen, mit denen wir
                              uns seit bereits zehn Jahren beschäftigen und deren Resultate wir der
                              (französischen) Akademie hiermit in kurzer Uebersicht vorlegen.
                           Zur Erzeugung eines positiven Abzugs nimmt der Photograph ein mit Albumin, Gelatine
                              oder Stärkekleister überzogenes Papierblatt, tränkt dasselbe mit einem löslichen
                              Chlormetalle (Chlornatrium) und unterwirft es dann der empfindlich machenden
                              Einwirkung einer Silberlösung. Nun ist das Blatt zur Belichtung vorbereitet; unter
                              einen – negativen – Abzug gebracht, reproducirt es die zartesten
                              Details desselben im
                              umgekehrten Sinne. In diesem Momente hat das Bild einen schönen, starken Glanz,
                              allein dieser würde sehr bald vergehen, wenn ihn der Photograph nicht mit Hülfe von
                              Reagentien, welche die nicht belichteten Theile des angewendeten Silbersalzes
                              aufzulösen vermögen, fixirte, und sein Colorit würde sich auf die rothen Töne,
                              welche es in Berührung mit den Fixirungsmitteln annimmt, beschränken, wenn es nicht
                              schließlich der Einwirkung von färbenden Flüssigkeiten unterworfen würde, welche man
                              Tonungsmittel nennt.
                           Wir haben diese verschiedenen Operationen Schritt für Schritt verfolgt, und bei einer
                              jeden von ihnen neue Thatsachen beobachtet, von denen wir hier eine kurze Uebersicht
                              geben wollen.
                           Das Papier. – Es ist eine den Photographen
                              wohlbekannte Thatsache, daß Abzüge, welche unter ganz gleichen Bedingungen aber mit
                              Papier von verschiedenen Bezugsquellen dargestellt worden, gänzlich verschiedene
                              Töne annehmen. Wir haben die Ursache dieser Schwankungen in dem Einflusse des
                              Ueberzugs von organischer Substanz gefunden, welchen das photographische Papier bei
                              seiner Präparation erhält. Ein auf nicht präparirtem Papier dargestellter Abzug
                              erscheint beim Herausnehmen aus dem Entwickelungsbade grau und flach; zeigt hingegen
                              auf Papier, welches mit Gelatine, Albumin oder Stärke überzogen ist, stets rothe und
                              glänzende Farbentöne, deren Kräftigkeit mit der Dicke des Ueberzugs zunimmt. Es
                              entsteht nämlich in diesem Falle zwischen den organischen Bestandtheilen des
                              Ueberzugs und den Silberverbindungen eine wirkliche Verbindung, ein wahrer Farblack, dessen Einwirkung bis zur Vollendung des Abzugs
                              sich geltend macht. Die Richtigkeit dieser Behauptung läßt sich unmittelbar und ganz
                              leicht beweisen. Unterwirft man ein Gemenge von Chlorsilber und salpetersaurem
                              Silberoxyd längere Zeit der Einwirkung des Lichtes und behandelt es dann mit
                              unterschwefligsaurem Natron, so erhält man als Rückstand ein graues Metallpulver;
                              versetzt man hingegen das erwähnte Gemenge von Silbersalzen mit Gelatine, Albumin
                              oder Stärke, so erhält man bei gleicher Behandlung eine Substanz, welche nach und
                              nach zu einem rothen glänzenden Firnisse austrocknet, in welchem die Analyse die
                              Gegenwart von Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff nachweist. Dieser Lack,
                              welcher Silber und organische Stoffe enthält, spielt bei der Erzeugung des
                              photographischen Bildes eine bedeutende Rolle, auf deren Wichtigkeit zurückzukommen
                              wir weiter unten, bei näherer Erörterung der Ursachen, denen das Verderben der
                              Abzüge zuzuschreiben ist, Veranlassung haben werden.
                           Chemische Präparirung des Papiers. – Die erste
                              Operation, der das Papierblatt unterworfen werden muß, ist die Tränkung mit einem löslichen
                              Chlormetalle; gewöhnlich wendet man zu diesem Zwecke Chlornatrium an, jedoch sind
                              von den Photographen mehrere andere Chlormetalle, denen besondere Eigenschaften
                              zugeschrieben werden, empfohlen worden. Wir haben den Nachweis geliefert, daß die
                              Verschiedenheiten in der Wirkungsweise dieser Chlormetalle mehr scheinbar, als
                              wirklich begründet sind; sie werden nämlich einzig und allein durch den wandelbaren
                              Säureüberschuß bedingt, welchen diese Salze enthalten. Mit einem und demselben
                              Chlormetalle kann man sehr verschiedene Färbungen der Abzüge erhalten; dieselbe
                              Chlorverbindung gibt, je nachdem ihr überschüssige Säure oder überschüssiges Alkali
                              beigemischt ist, stets einen mehr in's Rothe fallenden Ton, als wenn sie in
                              neutralem Zustande angewendet wird. Dieses Resultat findet seine Erklärung ganz
                              ungezwungen in der normalen Wirkung der Säuren und Alkalien auf die zum Ueberziehen
                              des Papiers angewendeten organischen Substanzen.
                           Das Sensibilisiren oder Empfindlichmachen. –
                              Nachdem das Papier mit Chlornatrium getränkt und getrocknet worden ist, kommt es in
                              ein Bad von salpetersaurem Silberoxyd; nach der Entfernung aus diesem Bade besteht
                              die sensible Oberfläche des Papierblattes aus Chlorsilber, ferner aus einer
                              Verbindung von Gelatine, Albumin oder Stärke mit salpetersaurem Silberoxyd und
                              drittens aus nicht gebundenem, überschüssigem salpetersauren Silberoxyd. Zur
                              Darstellung eines schönen Abzugs ist die Gegenwart dieser drei Substanzen
                              unerläßlich; Chlorsilber allein gibt ein mattes, oberflächliches Bild, welches sich
                              freilich sehr rasch erzeugt; durch das überschüssige freie Silbernitrat erhält dieß
                              Bild die nöthige Tiefe, und der organische silberhaltige Lack gibt ihm die
                              charakteristische rothe Färbung. Das sensibilisirende Bad kann in seinem Gehalte
                              sehr variiren; in unserer ausführlichen Abhandlung haben wir die Wirkungen dieser
                              Schwankungen sorgfältig untersucht. Jenes Bad kann neutral, sauer oder alkalisch
                              seyn; in den beiden letzteren Fällen ist die Wirkung dieselbe wie wenn das
                              Chlorsilberbad mit Säure oder Alkali versetzt worden wäre.
                           Die Belichtung. – Die Bestimmung des auf der
                              sensibeln Fläche, von deren Zusammensetzung wir so eben sprachen, in Folge der
                              Einwirkung des Lichtes stattfindenden Vorganges ist vom theoretischen Gesichtspunkte
                              aus sicherlich der wichtigste Punkt der uns hier beschäftigenden Untersuchungen.
                              Allgemein wird angenommen, daß das Chlorsilber durch die Einwirkung der
                              Sonnenstrahlen eine Zersetzung erleidet und einen Theil seines Chlorgehalts abgibt;
                              allein in der Wirklichkeit ist die Frage weit verwickelter, als dieß beim ersten
                              Anblick der Fall zu seyn scheint, denn es ist zu untersuchen, sowohl was aus dem Chlorsilber, als auch
                              was aus der organischen Silberverbindung und aus dem freien Silbernitrat wird.
                           Beschäftigen wir uns zunächst mit dem Chlorsilber. Lange Zeit galt die Annahme, daß
                              diese Substanz durch das Licht zu Silberchlorür (Subchlorid), Ag²Cl, reducirt
                              werde; wir haben indessen nachgewiesen, daß dieß nicht der Fall ist, und wir nehmen
                              an, daß die zersetzten Theile des Chlorids vollständig in Chlor und Silber zerlegt
                              wurden. Wir haben diesen Cardinalpunkt dadurch festgestellt, daß wir zunächst die
                              Löslichkeit des durch die Einwirkung des Lichtes auf das Silberchlorid entstandenen
                              Productes in heißer Salpetersäure nachwiesen, während die Unlöslichkeit des Chlorürs
                              Ag²Cl in diesem Reagens eine der wesentlichsten Eigenschaften des
                              letztgenannten Salzes ausmacht; dann aber bewiesen wir auch, daß jenes Product,
                              nachdem es mittelst unterschwefligsaurem Natrons von nicht reducirtem Silberchlorid
                              befreit worden, keine Spuren von Chlor mehr enthält.
                           Allerdings ist gegen den letztgenannten Beweis angeführt worden, daß das Chlorür,
                              Ag²Cl, durch das als Fixirungsmittel angewendete unterschwefligsaure Natron
                              möglicherweise in Chlorid, AgCl, welches sich dann im erwähnten Natronsalze löste,
                              und in metallisches Silber zersetzt werden könnte. Indessen ist der einzige zu
                              Gunsten dieser Hypothese angeführte Versuch von Belang die Veränderung im Colorite
                              des belichteten Abzuges, welche beim Contacte mit dem Fixirungsmittel stattfindet.
                              Nun werden wir aber den Beweis liefern, daß diese Veränderung von einer ganz anderen
                              Ursache, nämlich von einer Hydratisirung, einer Wasseraufnahme des organischen
                              Silberlacks bedingt wird und daß man dasselbe Resultat erhält, wenn man das Bild
                              bloß den Dämpfen von kochendem Wasser aussetzt. Das Silberchlorid wird demnach durch
                              die Einwirkung des Lichtes in Chlor und in metallisches Silber verwandelt.
                           Durch das in Folge dieser Zersetzung frei werdende Chlor wird dem freien
                              salpetersauren Silberoxyd die wichtige Rolle ertheilt, welche es in der positiven
                              Photographie spielt. Ein mit Silberchlorid allein dargestellter Abzug ist, wie schon
                              gesagt, stets flach und ohne Effect, bei Gegenwart von überschüssigem Nitrat
                              hingegen erhält er großen Glanz. Dieses Resultat läßt sich leicht erklären: die
                              Einwirkung des Lichtes auf eine gleichmäßige Fläche von Silberchlorid findet nämlich
                              sehr bald ihre Grenzen in der durch die oberflächliche Reduction der
                              Silberverbindung erzeugten undurchsichtigen Schicht; ist aber das Silberchlorid mit
                              freiem Silbernitrat gemengt, so bilden sich neben den Theilen die sich reduciren und
                              unter dem Einfluß des Chlors, welches diese entbinden, neue Antheile von
                              Silberchlorid, auf welche das Licht dann einwirken kann, weil diese Antheile vorher, im Zustande von
                              Nitrat, einen selbständigen Platz einnahmen und noch nicht von reducirtem Silber
                              bedeckt sind. Auf diese Weise erzeugen sich anstatt eines flachen Bildes
                              verschiedene über einander liegende Ebenen, welche dem Bilde die nöthige Tiefe
                              geben.
                           Gleichzeitig mit der Reduction des Silberchlorids zu metallischem Silber reducirt
                              sich auch die organische Silberverbindung und bildet eine Art von unlöslichem Lack,
                              welcher sich hernach beim Contacte mit den alkalischen Fixirungsmitteln hydratisirt
                              und dem Abzuge einen sehr deutlichen rothen Ton ertheilt.
                           Die Anwendung dieser Fixirungsmittel eröffnet die zweite Reihe der in der positiven
                              Photographie erforderlichen Manipulationen.
                           Die Fixirung. – Wir bewiesen im Vorstehenden, daß
                              das Bild, wie es aus dem Expositionsrahmen kommt, aus unveränderten, d.h. von den
                              Wirkungen des Lichts unberührt gebliebenen Silberverbindungen und aus metallischem
                              Silber besteht, dessen Gemenge mit dem organischen silberhaltigen Lacke den
                              gefärbten Partien einen reichen, violettrothen Ton gibt. Zweck der Fixirungsmittel
                              ist zunächst, die nicht reducirten Verbindungen zu lösen und zu entfernen, sie haben
                              aber auch noch eine andere Wirkung. Nachdem das Bild in das Fixirungsbad eingetaucht
                              worden, verliert es bald sein violettes Colorit und überzieht sich mit einer
                              deutlich ziegelrothen Schichte. Lange Zeit nahm man an, daß sich bei diesem Vorgange
                              das Silberchlorür Ag²Cl in Silberchlorid, AgCl, welches im Fixirungsmittel
                              löslich ist, und in metallisches Silber verwandle. Wir haben nachgewiesen, daß diese
                              Erscheinung in anderer Weise erklärt werden muß; dieselbe besteht in einer bloßen
                              Hydratisirung des organischen Silberlacks, welcher bei der Berührung mit dem stets alkalischen Fixirungsmittel anschwillt, wodurch
                              sich dessen ursprüngliche Färbung verändert. Diese Veränderung der Färbung läßt sich
                              auch in der That nicht bloß bei einem photographischen Abzuge, sondern auch bei dem
                              Lacke für sich allein hervorbringen, wenn man jenen oder diesen den Dämpfen von bis
                              auf 80° C., oder bis zum Kochen erhitztem Wasser aussetzt. Bei der Fixirung
                              von reinem, am Tageslichte reducirtem Silberchlorid findet etwas Aehnliches durchaus
                              nicht statt.
                           Das gebräuchlichste Fixirungsmittel ist unterschwefligsaures Natron. Die Anwendung
                              von Ammoniak und Cyankalium ist mit Nachtheilen verknüpft, welche wir in unserem
                              größeren Aufsatze ausführlich dargelegt haben. Das unterschwefligsaure Natron ist
                              hingegen frei von solchen, wenn es mit Sorgfalt angewendet wird; es löst die nicht
                              belichteten Silberverbindungen leicht auf, ohne auf die durch das Licht gefärbten
                              Stellen merklich einzuwirken; auch hinterläßt es in dem Abzuge keine Schwefelverbindung, welche
                              später das Verderben des Bildes veranlassen könnte. Die einzigen Vorsichtsmaßregeln,
                              welche bei Anwendung des Hyposulfits zu beobachten sind, bestehen darin: 1) das
                              Blatt durch wiederholtes Auswaschen in Wasser von dem in ihm noch enthaltenen
                              überschüssigen Silbernitrat sorgfältig zu befreien; 2) aus demselben auch die
                              Salpetersäure, womit es bei der Belichtung imprägnirt worden, zu entfernen, was
                              durch Zusatz von etwas doppelt-kohlensaurem Natron zum Waschwasser leicht zu
                              bewirken ist; 3) stets darauf zu sehen, daß die Lösung des unterschwefligsauren
                              Natrons niemals vollkommen mit Silbersalzen gesättigt ist.
                           Beim Fixiren werden alle auf der Platte befindlichen nicht belichteten Verbindungen
                              in unterschwefligsaures Silberoxyd, AgO, S²O², verwandelt. Dieses Salz
                              kann aber nur durch Vermittelung von mindestens 2 Aequivalenten unterschwefligsaurem
                              Natron gelöst bleiben; sind diese nicht vorhanden, so entsteht anstatt des löslichen
                              Doppelsalzes (AgO, S²O²) + 2(NaO, S²O²) die in Wasser
                              unlösliche Verbindung (AgO, S²O²) + (NaO, S²O²), welche
                              in dem Abzüge ein schwefelndes Element zurückläßt, das sich durch Auswaschen nicht
                              beseitigen läßt.
                           Vor Kurzem hat Meynier zu Marseille als neues
                              Fixirungsmittel das Schwefelcyanammonium (Rhodanammonium)
                              empfohlen. Dieses Salz scheint vor dem unterschwefligsauren Natron bedeutende
                              Vorzüge zu haben; allein sein noch ziemlich hoher Preis hat seine Verwendung in der
                              Praxis bisher verhindert.
                           Das Tonen. – Das Tonen ist, vom künstlerischen
                              Standpunkte aus, unter den Operationen, womit wir uns hier beschäftigen müssen, die
                              wichtigste; überdieß ist sie, vom wissenschaftlichen Gesichtspunkte aus, die
                              interessanteste. Die ziegelrothen Töne, welche die Abzüge im Fixirungsbade annehmen,
                              mißfallen dem Auge; dieselben durch angenehmere Färbungen zu ersetzen, ist der Zweck
                              des Tonens. Seitdem wir vor einigen Jahren nachgewiesen haben, von welchem
                              nachtheiligen Einfluß bezüglich des Verderbens der Lichtbilder die bis dahin übliche
                              Anwendung alter oder angesäuerter Bäder von Hyposulfit zum Tonen ist, werden hierzu
                              fast ausschließlich die Goldsalze, namentlich das Chlorgold, angewendet.
                           Das Tonen mit Goldsalzen, gleichviel ob es vor oder nach dem Fixiren geschieht,
                              erfolgt dadurch, daß sich Gold dem Silber substituirt. Vielfache, unter den
                              mannichfaltigsten Bedingungen und Verhältnissen ausgeführte Versuche haben uns
                              gezeigt, daß das Gold, sowohl das metallische Silber, als das einen Bestandtheil des
                              organischen Lacks bildende Silber ersetzt. Im Allgemeinen findet man auf einem getonten Abzuge 4 Theile
                              Silber, welche durch 1 Theil Gold vergoldet sind; so lange man das Bild auch im
                              Tonbade lassen mag, so verschwindet das Silber doch niemals vollständig; selbst nach
                              dreißigstündigem Contacte mit häufig erneuerten Goldlösungen enthält der Abzug noch
                              eine Quantität Silber, welche etwa den vierten Theil vom Gesammtgewichte der
                              Metalle, aus denen er besteht, ausmacht.
                           Der Vorschriften zur Bereitung des Goldbades gibt es unzählige; wir haben dieselben
                              in drei, scharf charakterisirte Classen gebracht. Es sind dieß:
                           1) Die sauren Präparate, in denen das käufliche saure Goldchlorid, eine Verbindung von Goldchlorid mit
                              Chlorwasserstoffsäure (AuCl³, HCl), welcher man oft noch
                              Chlorwasserstoffsäure hinzusetzt, figurirt. In diesen Bädern verliert das Bild 3
                              Aequiv. Silber, welche sich in Chlorid umwandeln, und nimmt dagegen 1 Aequiv. Gold
                              auf. In Folge dieses quantitativen Mißverhältnisses zwischen entzogenem Silber und
                              aufgenommenem Golde, sowie auch in Folge des sauren Zustandes der Lösung,
                              verschwinden die lichten Partien des Bildes häufig.
                           2) Die neutralen Präparate, bei deren Anwendung man sehr
                              merkwürdige Resultate erhält. Man stellt sie mittelst Kaliumgoldchlorid (KCl,
                              AuCl³ + 5 HO) dar, indem man die etwa vorhandenen geringen Mengen von freier
                              Säure mit Kreide genau sättigt. Sich selbst überlassen, entfärben sich die auf diese
                              Weise bereiteten und im passenden Grade verdünnten Bäder im Verlauf von vier und
                              zwanzig Stunden; das Goldchlorid, AuCl³, scheint sich in Goldchlorür, AuCl,
                              umgewandelt und das dabei frei gewordene Chlor auf die vorhandenen Verbindungen so
                              reagirt zu haben, daß sie sich oxydirten und zweifelsohne das Chlorkalium in
                              chlorsaures Kali umgesetzt wurde. Die Wirkung der neutralen Bäder ist eine sehr
                              regelmäßige; in ihnen findet das Tonen binnen wenigen Minuten statt, und da hierbei
                              gegen 1 Aequivalent sich ablagernden Goldes dem Bilde nur 1 Aequiv. Silber entzogen
                              wird, so gewinnt der Ton des Bildes an Kraft und wird reicher. Ueberdieß sind
                              derartige Bäder fortwährend zum Arbeiten brauchbar; man hat ihnen nur nach jeder
                              neuen Reihe von Abzügen eine der durch die früheren Operationen entzogenen gleiche
                              Menge Goldsalz wieder zuzusetzen.
                           3) Die alkalischen Präparate. Bei diesen wird der eben
                              besprochene Neutralisationspunkt durch Zusatz eines Ueberschusses von einem
                              alkalischen Salze, von kohlensaurem, essigsaurem, phosphorsaurem etc. Natron
                              überschritten. Auch bei Bädern dieser Art scheint sich das Goldchlorid zu Chlorür zu
                              reduciren; letzteres erlangt aber in Gegenwart des Alkaliüberschusses eine
                              eigenthümliche Stabilität; schon nach wenigen Tagen ist das Bad zum Tonen ganz unbrauchbar, obgleich es
                              dann wenigstens noch zwei Drittheile von dem angewendeten Golde enthält. Solche
                              Bäder geben nur in der verhältnißmäßig kurzen Periode, während welcher die Reduction
                              des Goldchlorids zu Goldchlorür vor sich geht, gute Resultate.
                           Das Verderben oder Verbleichen der Lichtbilder und die
                                 Wiederbelebung derselben. – Seit 1855 haben wir nachgewiesen, daß
                              das Verbleichen der photographischen Abzüge, d.h. ihr
                              Gelbwerden, durch eine Schwefelung derselben veranlaßt wird. Diese Theorie haben
                              unsere neueren Untersuchungen bestätigt. Alle verblichenen Bilder enthalten
                              Schwefel, dessen Menge oft der Menge des in ihnen enthaltenen Silbers entspricht;
                              ebenso verdirbt jedes der gleichzeitigen Einwirkung von schwefelnden Verbindungen
                              und Wasser ausgesetzte Lichtbild und wird gelb.
                           Eine genügende Erklärung der gelben Färbung der geschwefelten Bilder erschien stets
                              schwierig, da bekanntlich fein zertheiltes Schwefelsilber violettschwarz ist. Es
                              gelang uns, die Erklärung dieser Thatsache in der Wirkung der zum Ueberzuge des
                              Papiers angewendeten organischen Substanzen zu finden. Wenn man Schwefelsilber in
                              Gegenwart von Albumin, von Gelatine oder von Stärke niederschlägt, so erhält man
                              anstatt der eben erwähnten schwarzen Verbindung einen gelben, Schwefelsilber und
                              organische Substanz enthaltenden Körper. Dieses Product bildet sich auch auf dem
                              Abzüge und die gelbe Färbung, welche letzterer in diesem Falle annimmt, ist nur die
                              Folge der Schwefelung des organischen Silberlacks.
                           Drei Quellen schwefelnder Verbindungen können das Verbleichen der Bilder veranlassen;
                              diese sind: 1) die alten, gesättigten oder sauren Hyposulfitbäder; 2) das in Folge
                              ungenügenden Auswaschens im Papier zurückgebliebene unterschwefligsaure Silberoxyd;
                              3) ein Schwefelwasserstoffgehalt der Atmosphäre. – Die beiden erstgenannten
                              Ursachen der Schwefelung lassen sich leicht vermeiden, wenn man beim Fixiren und
                              Tonen die Methoden befolgt, deren praktische Bedingungen wir angegeben haben; die
                              dritte jener Ursachen ist von nur geringer Bedeutung, und wenn der Abzug durch das
                              Tonen stark vergoldet wurde, so wird ihr Einfluß beinahe gleich Null. Jedenfalls ist
                              derselbe weit geringer, als die Einwirkung schwefelwasserstoffhaltiger Ausdünstungen
                              auf Oel- und Pastellgemälde.
                           Es geht demnach aus unseren Untersuchungen hervor, daß das Verderben oder Verbleichen
                              keineswegs das normale Loos der positiven photographischen Abzüge, daß es vielmehr
                              sehr leicht ist, mittelst der Silberverbindungen Bilder von beinahe absoluter
                              Haltbarkeit herzustellen. Wenn übrigens ein Lichtbild in Folge der Anwendung von
                              schlechten Präparaten gelb wird, so kann man sein gänzliches Verderben verhüten und
                              seinen ursprünglichen Glanz wenigstens theilweise dadurch wieder herstellen, daß man
                              es in einer concentrirten Lösung von neutralem Kaliumgoldchlorid neuerdings
                              tont.
                           Behandlung der Rückstände. – Die außerordentliche
                              Ausdehnung, welche die Photographie binnen verhältnißmäßig kurzer Zeit gewonnen, hat
                              diese Frage zu einer sehr wichtigen gemacht; die von diesem Kunstzweige consumirte
                              Silbermenge ist enorm und erreicht in Paris allein jährlich die Summe von mehreren
                              Millionen Franken. Unseren Analysen zufolge bleiben nur 3 Procent von der in Arbeit
                              genommenen Silbermenge in gefärbtem Zustande auf dem Bilde und 97 Procent würden
                              unwiederbringlich verloren seyn, wenn man dem Photographen nicht ein leicht und
                              schnell ausführbares Mittel zur Behandlung seiner Rückstände an die Hand geben
                              würde. Zu diesem Zwecke sind zahlreiche Verfahrungsweisen vorgeschlagen worden; wir
                              haben dieselben sämmtlich probirt und ebenso auch neue Methoden aufgesucht; das
                              Verfahren, welches, wir als das geeignetste anrathen können, besteht in der
                              Anwendung von metallischem Kupfer, welches, in Form von Blechstreifen in die
                              silberhaltigen Lösungen gebracht, selbst wenn dieselben viel Hyposulfit enthalten,
                              binnen zwei bis vier Tagen das Silber als Metallschwamm ausfällt.