| Titel: | Das chromsaure Kali-Ammoniak und seine Anwendung in der Photographie. | 
| Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. LXXVII., S. 314 | 
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                        LXXVII.
                        Das chromsaure Kali-Ammoniak und seine
                           Anwendung in der Photographie.
                        Nach dem Bulletin de la Société française de
                                 photographie. – Aus den Mittheilungen des photographischen Vereins zu
                                 Berlin, 1864, Nr. 8.
                        Ueber das chromsaure Kali-Ammoniak und seine Anwendung in
                           der Photographie.
                        
                     
                        
                           Ueber die Darstellung und Anwendung dieses Doppelsalzes sind der französischen
                              photographischen Gesellschaft von E. Kopp Mittheilungen
                              gemacht worden, denen wir mit Rücksicht darauf, daß dasselbe in dem jetzt eifrigst
                              cultivirten KohledruckverfahrenVon J. W. Swan, s. polytechn. Journal Bd. CLXXIII S. 45 u. 102. eine große Rolle spielt, folgende Hauptsachen entnehmen:
                           
                           Die Darstellung des Doppelsalzes geschieht am besten mit reinem
                              doppelt-chromsauren Kali. Man gibt eine bestimmte Menge dieses Salzes in
                              einen Kolben, und gießt unter starkem Umschütteln so lange reines flüssiges Ammoniak
                              darauf, bis sich ein deutlicher Geruch davon bemerklich macht.
                           Der Kolben wird jetzt durch einen Kork gut verschlossen und im Wasserbade erhitzt,
                              bis Alles vollständig gelöst ist. Beim Erkalten krystallisirt das Doppelsalz in
                              vollkommener Reinheit. Nachdem die Mutterlauge abgegossen, wird das Salz unter einer
                              Glocke über ungelöschtem Kalk getrocknet.
                           Dieses chromsaure Kali-Ammoniak ist sowohl für sich, als verbunden mit einem
                              Ammoniaksalz, dessen Säure je nach der beabsichtigten Wirkung veränderlich seyn
                              kann, ein ausgezeichnetes photographisches Mittel, da das unzersetzte Salz die
                              Cellulose nicht angreift. Hauptsächlich ist es zu Copien nach gewöhnlichen Negativen
                              anwendbar.
                           Das Papier wird mit einer concentrirten Lösung des Salzes geschwängert und im Dunklen
                              getrocknet. Die gelbe Farbe desselben geht durch längeres Liegen in Gelborange über,
                              wobei das Papier jedoch an Empfindlichkeit nicht verliert. Wird dasselbe aber dem
                              Tages- oder directen Sonnenlicht ausgesetzt, so verwandelt sich die Farbe in
                              ein immer tieferes Braun. Zur Herstellung einer Copie unter einem geölten
                              Kupferstich oder einem gewöhnlichen Collodiumnegativ genügen 2 bis 3 Minuten
                              Exposition im directen Sonnenlicht.
                           Wird nun das Papier in einem, mit einem oder zwei Tropfen Säure leicht angesäuerten
                              Wasser gewaschen, so löst sich das unveränderte chromsaure Salz auf, wodurch das
                              Bild fixirt wird. Man darf jedoch, um den schönen braunen Ton zu bewahren, nicht zu
                              lang waschen, auch keine sonstigen Operationen vornehmen.
                           Darnach scheint es wahrscheinlich, daß das chromsaure Kali- oder
                              Natron-Ammoniak mit Vortheil das doppelt-chromsaure Kali in allen den
                              photographischen Processen, in welchen letzteres gebraucht wurde, ersetzen kann, wie
                              z.B. bei den Gelatine- und Kohlebildern.
                           Der chemische Vorgang bei der Belichtung ist folgender: Unter dem Einfluß des Lichtes
                              wird in dem chromsauren Doppelsalz Ammoniak frei, das Salz dadurch ein saures, und
                              die Chromsäure wirkt auf die Cellulose, wobei ein Theil des Salzes selbst sich
                              zersetzt und braunes Chromsuperoxyd = CrO² gebildet wird. Letzteres läßt sich
                              ansehen als ein chromsaures Chromoxyd (da 3 CrO² = Cr³O⁶ =
                              CrO³, Cr²O³ gesetzt werden kann) und diese leicht zersetzbare
                              Verbindung wird durch längeres Waschen des Papiers mit etwas alkali-, oder
                              auch nur kalkhaltigem Wasser zerlegt, so daß das zu lange gewaschene Bild nur noch die helle
                              grünliche Farbe des Chromoxydhydrates behält.
                           Diese leichte Zersetzbarkeit des Chromsuperoxyds ist ein Uebelstand, der sich aber
                              leicht dadurch vortheilhaft beseitigen läßt, daß man einen der Bestandtheile
                              desselben, Chromsäure und Chromoxyd, durch einen anderen ähnlichen Körper
                              ersetzt.
                           Um also die Chromsäure zu fixiren, unterwirft man das gewaschene Papier der
                              Einwirkung von Metallsalzen, die mit jener Säure ein unlösliches und gefärbtes Salz
                              bilden. So erhält man mit Quecksilber braunrothe, mit Blei und Wismuth gelbe und mit
                              Silber kirschroth gefärbte Bilder. Ist nun aus diesen durch sorgfältiges Waschen
                              jede Spur des angewendeten löslichen Salzes von den weißen Stellen entfernt, so gibt
                              eine Einwirkung von Schwefelwasserstoff für sämmtliche angewendeten Metallsalze mehr
                              oder weniger tiefschwarze Bilder.
                           Das Chromsuperoxyd hat dabei also nur den Zweck, die färbenden Metallsalze in den
                              Schattentönen in entsprechender Menge niederzuschlagen. Die Anzahl der zu Gebote
                              stehenden Metalle und der durch dieselben zu erreichenden Farbentöne ist ziemlich
                              bedeutend, und kann die Praxis leicht die für sie passendsten herauswählen.
                           Eben so gut kann auch das Chromoxyd festgehalten und zur Bildung von haltbaren und
                              gesuchten Farbentönen benutzt werden. Die schon vorher erwähnte Auflösung der
                              Chromsäure aus dem Bilde durch längeres Waschen in gewöhnlichem Wasser, kann noch
                              beschleunigt werden durch Anwendung einer verdünnten warmen Lösung von kohlensaurem
                              Natron, Ammoniak oder einem anderen alkalischen Salz. Zuletzt ist noch eine Waschung
                              mit reinem Wasser erforderlich. Das dabei übrig bleibende Chromoxyd dient aber als
                              Beize für eine große Anzahl von Farbstoffen, wie Alizarin, Purpurin,
                              Fernambuk- und Brasilienholz, Campeche- und Gelbholz u.a.m., von denen
                              das Campecheholz sich besonders geeignet zeigt. Zur Färbung bringt man das Bild (aus
                              welchem nur jede Spur von dem ersten chromsauren Salz entfernt werden muß, während
                              ein geringer Antheil Chromsäure nicht schadet, vielmehr auf den Ton der
                              Campecheholzfärbung etwas modificirend einwirkt), einige Zeit in eine frisch
                              bereitete warme Campecheholzbrühe, in welcher dasselbe bald einen tief
                              bläulich-schwarzen Ton annehmen wird, selbst in den weißen Stellen, die aber,
                              nachdem das Papier ausgewaschen, durch Eintauchen in eine sehr verdünnte warme
                              Auflösung von Chlorkalk leicht wieder gebleicht werden können. Das Bild wird
                              gewaschen und getrocknet.Hr. W. Grüne hat bereits Mittheilungen über
                                    ähnliche Processe gemacht, s. polytechn. Journal Bd. CLXXIII S. 100.
                              
                           
                           Die Verwendung von gewöhnlichem Papier zu derartigen Bildern führt aber verschiedene
                              Uebelstände mit sich. Einmal werden durch das viele Waschen, besonders im warmen
                              Wasser, die Papierfasern aufgelockert und geben der Zeichnung ein unreinliches
                              Ansehen, dann enthält dasselbe öfter unorganische Stoffe, wie Alaun oder Kreide,
                              welche ebenfalls als Beize auf die Farbstoffe wirken.
                           Diese sind zu vermeiden durch Anwendung von Pergamentpapier oder feiner Gewebe, und
                              hat in Folge des letzteren Falles das Verfahren hauptsächlich eine Wichtigkeit für
                              die Herstellung von photographischen Bildern auf Wollen-, Baumwollen-
                              oder Seidenzeug.
                           Das auf dem Papier oder gewebten Stoff befindliche Chromsuperoxyd läßt aber noch
                              andere Reactionen zu, welche sich nützlich verwerthen lassen. Diese beruhen auf der
                              Eigenschaft der Superoxyde, einen Theil ihres Sauerstoffs abzugeben und dadurch
                              andere Körper, mit welchen sie in Berührung kommen, zu oxydiren.
                           Gibt ein solcher Körper nach der Oxydation eine unlösliche Verbindung, so wird sich
                              diese an allen Stellen, wo Chromsuperoxyd vorhanden war, in entsprechender Menge
                              niederschlagen.
                           Unter den organischen Stoffen dieser Art, welche sich auch in mehr oder weniger
                              dunklen Tönen färben, sind z.B. einige durch Erhitzung entstandene Säuren,
                              zusammenziehende Substanzen und mehrere Combinationen der Naphtalin- und
                              Anilinreihe. Im Mineralreich sind es hauptsächlich die Eisensalze mit ihrem
                              braunrothen Niederschlag von Eisenoxyd, welcher entweder für verschiedene Farbstoffe
                              als Beize dienen oder zur Herstellung von charakteristisch gefärbten
                              Eisenverbindungen, wie Berlinerblau, benutzt werden kann.
                           Auch schon durch Zusatz anderer leicht zersetzbarer Verbindungen zu dem chromsauren
                              Kali-Ammoniak, wie z.B. des gelben und rothen Blutlaugensalzes, kann man
                              Bilder mit mannichfachen Färbungen erhalten, welche aber auch wieder weitere
                              Reactionen zulassen. Wird z.B. zum Imprägniren des Papiers eine Mischung von gelbem
                              Blutlaugensalz, Salmiak und chromsaurem Kali-Ammoniak angewendet, so erhält
                              man nach dem Belichten und Waschen ein braungelbliches Bild, welches durch
                              Behandlung mit einer neutralen und verdünnten Eisenlösung einen sehr angenehmen Ton
                              erhält, aber noch weiterer Veränderungen fähig ist.