| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 174, Jahrgang 1864, Nr. , S. 79 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Der atlantische Telegraph.
                           Es wird gegenwärtig ein neuer Versuch zur Legung eines Kabels zwischen Neufundland
                              und Irland vorbereitet. Bekanntlich hatte sich die Gesellschaft des alten
                              atlantischen Telegraphen nach der Zerstörung des Kabels im J. 1858 nicht aufgelöst,
                              vielmehr ihre Absicht kund gegeben, das Unternehmen bei gelegener Zeit wieder
                              aufzunehmen. Nachdem die Ursachen des früheren Fehlschlages durch die seitdem
                              ausgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen einigermaßen festgestellt erschienen
                              und in Folge der genaueren Untersuchungen der Meerestiefen die Hoffnung auf
                              Auffindung einer günstigeren Route ziemlich geschwunden war, hat die Direction der
                              gedachten Gesellschaft sich an das wissenschaftliche Comité gewendet, welches
                              vom Board of trade (Handelsministerium) im Jahre 1859
                              zur Untersuchung der Frage der unterseeischen Telegraphie niedergesetzt worden, und
                              dessen Ansicht über die Ausführbarkeit einer directen Linie nach Neufundland
                              erbeten. Der unterm 13. Juli 1863 ertheilte Bescheid war ermuthigend; er lautete
                              dahin, daß wenn die Construction des Kabels passend gewählt und bei der Fabrication,
                              Prüfung und Legung desselben die erforderliche Sorgfalt und Umsicht angewendet
                              würde, alle Aussicht vorhanden sey, daß ein solches Kabel nicht nur in der ersten
                              Zeit nach glücklich vollbrachter Legung, sondern eine Reihe von Jahren hindurch in
                              betriebsfähigem Zustande seyn würde. Es wurde demnächst eine Subscription auf neue
                              Actien eröffnet und sodann eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für die
                              Construction des Kabels nebst Musterproben erlassen. Die eingegangenen Vorschläge
                              und Proben wurden einem wissenschaftlichen Comité, bestehend aus den Herren:
                              Capitän Douglas Galton, William Fairbairn, Charles 
                              Wheatstone, William Thomson
                              und Joseph Whitworth, zur Prüfung und Auswahl vorgelegt.
                              Das Comité entschied sich einstimmig für die von Glaß,
                                 Elliot und Comp. eingereichte Kabelprobe Nr. 46.
                              Die Construction dieser Probe, die in dem unten abgedruckten Circular näher
                              angegeben ist, wurde adoptirt; ebenso hat die Gesellschaft auf Anrathen des
                              Comité die Lieferungsofferten der HHrn. Glaß,
                                 Elliot und Comp. angenommen, welche dahin gehen,
                              daß die genannte Firma die Lieferung, Anfertigung (unter steter Aufsicht der
                              Ingenieure der Gesellschaft) und Legung des Kabels gegen eine feste Summe von
                              700,000 Pfd. Sterl. und eine nur im Falle des dauernd günstigen Erfolges zu
                              gewährende Prämie von 137,000 Pfd. Sterl. in Antheilscheinen der Gesellschaft des
                              alten Kabels auf ihre eigene Gefahr und unter Zahlungsbedingungen, die für die
                              Gesellschaft sehr vortheilhaft sind, übernimmt.
                           Die HHrn. Prof. Thomson und Cromwell Fleetwood Varley, deren Kräfte für das Unternehmen ebenfalls
                              gewonnen worden, haben ferner in Bezug auf die Zahl der Worte, welche bei
                              verschiedenen Kabelconstructionen auf der in Frage stehenden Linie in der Minute
                              werden befördert werden können, nach ihren Versuchen und Berechnungen die folgende
                              Tafel vorgelegt. Die wirkliche Länge des zwischen Irland und Neufundland zu legenden
                              Kabels ist darin mit Rücksicht auf die Unebenheiten des Meerbodens, Verlust beim
                              Legen etc. auf 1880 Seemeilen angenommen.
                           
                              
                                 
                                    Gewicht pro
                                       Seemeile
                                    
                                 Worte
                                 
                              
                                 derKupferdrahtseele.
                                 derIsolirschicht.
                                 dergesammtenKabelkernes.
                                 per Minute bei1880
                                    Seemeil.Länge.
                                 
                              
                                 Pfund.
                                 Pfund.
                                 Pfund.
                                 
                                 
                              
                                 107
                                   261
                                   368
                                    3,5
                                 
                              
                                 143
                                   224
                                   367
                                 4
                                 
                              
                                 225
                                   275
                                   500
                                    5,8
                                 
                              
                                 275
                                   325
                                   600
                                 7
                                 
                              
                                 214
                                   522
                                   736
                                 7
                                 
                              
                                 286
                                   448
                                   734
                                 8
                                 
                              
                                 300
                                   400
                                   700
                                 8
                                 
                              
                                 325
                                   375
                                   700
                                      8,25
                                 
                              
                                 350
                                   350
                                   700
                                    8,4
                                 
                              
                                 400
                                   400
                                   800
                                    9,5
                                 
                              
                                 400
                                   425
                                   825
                                    9,8
                                 
                              
                                 400
                                   450
                                   850
                                    10,03
                                 
                              
                                 321
                                   783
                                 1104
                                  10,5
                                 
                              
                                 450
                                   450
                                   900
                                  10,7
                                 
                              
                                 400
                                   475
                                   875
                                    10,25
                                 
                              
                                 400
                                   500
                                   900
                                    10,44
                                 
                              
                                 429
                                   672
                                 1101
                                           12
                                 
                              
                                 428
                                 1044
                                 1472
                                           14
                                 
                              
                                 572
                                   896
                                 1468
                                           16
                                 
                              
                           Prof. Thomson meint sogar, daß bei Wahl geeigneter
                              Apparate noch eine weit größere Geschwindigkeit sich erzielen lassen würde.
                           Das Kabel ist jetzt in den Werken der Unternehmer in voller Ausführung begriffen und
                              schon ziemlich weit vorgeschritten. Die Legung soll mittelst des zu dem Ende
                              angekauften bekannten Riesendampfschiffes
                              „Great-Eastern“ geschehen, und zwar im Sommer
                              1865.
                           Die Directoren der Atlantic Telegraph-Company
                              haben ein, auch die Beschreibung der Kabel enthaltendes, gedrucktes Programm des
                              neuen Unternehmens verbreitet, von dem Hr. C. F. Varley
                              unter gütiger Vermittelung des Hrn. C. Frischen uns ein
                              Exemplar zugestellt hat; wir lassen seine Uebersetzung hier folgen:
                           
                           Stand des Capitals, wenn das Kabel in
                                 erfolgreicher Thätigkeit ist:
                           
                              
                                 Alte Actien
                                 Pfd. Sterl.
                                 600000
                                 
                              
                                 8procentige Vorzugsactien
                                    (Stamm-Prioritätsactien)
                                 „
                                 600000
                                 
                              
                                 In zwei Jahren zahlbare Obligationen mit 5 Proc.
                                    Zinsen      
                                 „
                                 100000
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 1,300000
                                 
                              
                           
                              Calculationen, welche die Einkünfte zeigen, die aus dem Kabel
                                 gezogen werden können, zu dem man sich nun entschlossen, bei folgenden
                                 Arbeits- und Tarif-Raten:
                              
                           Hr. C. F. Varley, Elektriker bei der Electric and
                                 International-Telegraphen-Gesellschaft und Professor Will. Thomson in Glasgow, haben nach einer langen Reihe von
                              Versuchen festgestellt, daß das Kabel, zu dem man sich jetzt entschlossen hat, durch
                              den atlantischen Ocean zwischen Irland und Neufundland, mit einer Geschwindigkeit
                              von wenigstens 8 Worten per Minute arbeiten wird;
                              reduciren wir jedoch diese Schätzung um 25 Proc., sagen also nur 6 Worte per Minute und rechnen die tägliche Arbeitsdauer zu 24
                              Stunden, was in Betracht des beträchtlichen Umfangs des Verkehrs nothwendig seyn
                              wird, so ergibt sich folgendes Resultat:
                           
                              
                                 Minuten
                                 
                                 60
                                 
                                 
                              
                                 Worte per Minute
                                 
                                 6
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                              
                                 Worte per Stunde
                                 
                                 360
                                 
                                 
                              
                                 Stunden per Tag
                                 
                                 24
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                              
                                 Worte per Tag von 24
                                    Stunden
                                 
                                 8640
                                 
                                 
                              
                                 Tage pro Jahr
                                 
                                 300
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                              
                                 Worte per Jahr von 300
                                    Tagen
                                 
                                 2,592000
                                 
                                 
                              
                                 Getheilt durch Anzahl der Worte einer Depesche
                                 
                                 20
                                 
                                 
                              
                                 Depeschen per Jahr (oder 432 per Tag)
                                 
                                 129600
                                 
                                 
                              
                                 Preis der Depesche
                                 Pfd. Sterl
                                 5
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                              
                                 per Jahr zu 300 Tagen
                                 
                                 648000
                                 
                                 
                              
                                 Abzug von 1/3 für Zufälligkeiten
                                 
                                 216000
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                                 
                              
                                 Einnahme pro Jahr nur zu 300
                                    Arbeitstage gerechnet
                                 
                                 
                                 Pfd. Sterl. 432000
                                 
                              
                           Ausgaben.
                           
                              
                                 Arbeitende Kräfte auf den Stationen in
                                    Irland    u. Neufundland u. Bureaukosten in
                                    London, etwa
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                   Pfd. Sterl.  
                                 15000
                                 
                                 
                                 
                              
                                 8 Proc. Dividende auf Vorzugs-Actien
                                 
                                 48000
                                 
                                 
                                 
                              
                                 5 Proc. Zinsen auf Obligationen
                                 
                                 5000
                                 
                                 
                                 
                              
                                 4 Proc. Zinsen auf alte Actien
                                 
                                 24000
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 92000
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Läßt einen Ueberschuß von
                                 
                                 
                                 Pfd. Sterl
                                 340000
                                 
                              
                           was eine Ueber-Dividende von mehr als 24 Proc. auf's
                              ganze Capital gibt, altes und neues, die Dividende auf Vorzugsactien erhöhend auf 33
                              Proc. und auf alte Actien auf 29 Proc. und für Zufälligkeiten noch ein Surplus von
                              40000 Pfd. Sterl. läßt, neben den Subsidien der englischen Regierung von jährlich
                              20000 Pfd. Sterl. und der Regierung der Vereinigten Staaten von jährlich 70000 Doll.
                              (14000 Pfd. Sterl.) auf 25 Jahre jedes, und dem Rabatt, der von anderen
                              Telegraphen-Gesellschaften für alle Geschäfte, die durch ihre Leitungen zu
                              und von dem Kabel kommen, bewilligt ist.
                           Die Reducirungen in obigen Berechnungen entsprechen einer Reducirung der von den
                              Herren Varley und Thomson als
                              Minimum des zu erreichenden Maaßes festgesetzten Geschwindigkeit von 8 Worten per Minute, um 50 Proc.
                           
                              
                              Vergleichende Beschreibungen,
                                    beziehentlich des zwischen Irland und Neufundland von der atlantischen
                                    Telegraphen-Gesellschaft im Jahre 1858 eingesenkten Kabels und des
                                    Kabels, das nun für dieselbe Gesellschaft von Glaß, Elliot und Comp. zu
                                    Morden-Wharf, East-Greenwich, angefertigt wird.
                              Altes atlantisches Kabel 1858.
                              Leitung. Ein Kupferstrang bestehend aus 7 Drähten (6
                                 um einen herum gelegt) und 107 Pfd. wiegend auf die Seemeile.
                              Isolation. Gutta-percha in drei Lagen und 261
                                 Pfund per Knoten wiegend.
                              Aeußerer Schutz. 18 Stränge von
                                 Holzkohlen-Eisendraht, jeder bestehend aus 7 Drähten (6 um einen herum
                                 gelegt) spiralförmig um den Kern gelegt, welch' letzterer fürsorglich mit einer
                                 Bekleidung von in Theermischung getränktem Hanf gepolstert war. Die einzelnen
                                 Drähte waren jeder Nr. 22 1/2 des Drahtmaaßes, der vollständige Strang Nr. 14
                                 der Drahtlehre.
                              Gewicht in der Luft. 20 Ctr. pro Seemeile.
                              Gewicht im Wasser. 13,4 Ctr. pro Seemeile.
                              Zerreißungs-Festigkeit. 3 Tonnen 5 Ctr., oder
                                 4,85mal so viel als sein Gewicht im Wasser per
                                 Knoten beträgt, d.h. es würde auf etwas weniger als 5 Meilen Wassertiefe frei
                                 hängend sein eigenes Gewicht tragen.
                              Größte vorkommende Wassertiefe. 2400 Fäden (à 6 Fuß) oder weniger als 2 1/2 Seemeile
                                 Tiefe.
                              Die contractlich festgesetzte Bruchfestigkeit betrug
                                 das 4,85fache seines Gewichtes per Seemeile im
                                 Wasser, also, ein Knoten zu 1014 Fäden gerechnet,
                              (1014 × 4,85)/2400 = 49179/2400 = 2,05 mal
                              so groß als die für die größte vorkommende Wassertiefe erforderliche Stärke.
                              Neues atlantisches Kabel 1864.
                              Leitung. Ein Kupferstrang bestehend aus 7 Drähten (6
                                 um einen herum gelegt) und 300 Pfd. per Seemeile
                                 wiegend, der Dauerbarkeit wegen in Chatterton'sche
                                 Masse gehüllt. Maaß des einzelnen Drahtes 0,48 = Nr. 18 des gewöhnlichen
                                 Drahtmaaßes. Maaß des Stranges 1,44 = Nr. 10 der gewöhnlichen Drahtlehre.
                              Isolation. Gutta-percha, von der vier Lagen
                                 abwechselnd mit vier dünnen Lagen Chatterton'scher
                                 Masse angelegt sind. Das Gewicht der ganzen Isolation 400 Pfd. per Seemeile. Durchmesser des Kerns 0,464, Umfang
                                 desselben 1,392.
                              Aeußerer Schutz. Zehn solide Drähte von 0,095 Maaß
                                 (Nr. 13 der Lehre) aus Webster's und Horsfall's homogenem Eisen gezogen, jeder Draht
                                 einzeln mit 5 Strängen von mit einer conservirenden Masse gesättigtem
                                 Manilla-Garn umgeben und das Ganze spiralförmig um den Kern gelegt,
                                 welch' letzterer mit gewöhnlichem Hanf, mit conservirender Masse getränkt,
                                 umwickelt ist.
                              Gewicht in der Luft 35 3/4 Ctr. pro Seemeile.
                              Gewicht im Wasser 14 Ctr. pro Seemeile.
                              Zerreißungs-Festigkeit. 7 Tonnen 15 Ctr., oder
                                 das 11fache seines Gewichts im Wasser per Knoten, d.h. es wird bei 11 Meilen
                                 Wassertiefe sein eigenes Gewicht tragen.
                              Größte vorkommende Wassertiefe. 2400 Fäden oder
                                 weniger als 2 1/2 Seemeilen Tiefe.
                              Die contractlich festgesetzte Bruchfestigkeit beträgt
                                 das 11fache seines Gewichtes per Seemeile im Wasser,
                                 also, ein Knoten zu 1014 Fäden gerechnet,
                              1,014 × 11 = 11154/2400 = 4,64 mal
                              so groß als die für die größte vorkommende Wassertiefe erforderliche Stärke.
                              Die Geschwindigkeit der Arbeit durch das neue Kabel mit den gegenwärtigen
                                 verbesserten Instrumenten soll nach Versicherung der Herren Thomson und 35 Varley
                                 nicht weniger als 8 Worte per Minute betragen.
                              
                              Capitän Douglas Galton, William Fairbairn, Charles Wheatstone, William Thomson und Joseph Whitworth, welche das von den Direktoren der atlantischen
                                 Telegraphen-Gesellschaft zur Prüfung aller der Gesellschaft eingereichten
                                 Proben und Anerbieten eingesetzte wissenschaftliche Comité bildeten,
                                 empfahlen einstimmig die Constructionsprobe der Herren Glaß, Elliot u. Comp. zu adoptiren und das
                                 Anerbieten derselben bezüglich der Anfertigung und Legung des Kabels anzunehmen.
                                 (Zeitschrift des deutsch-österreichischen Telegraphenvereins, 1864 S.
                                 71.)
                              
                           
                        
                           Brittische Stahlfabrication.
                           Der Sitz der englischen Stahlfabrication und Stahlverarbeitung ist Sheffield. Man
                              verarbeitet daselbst jährlich an 304,800 Zollcentner aus englischem Kohksroheisen
                              gewonnenes Stahleisen auf Wagenfedern und geringere Stahlwaaren, so wie zu den
                              besseren Stahlwaaren an 700,000 Ctr. importirtes schwedisches Stabeisen nach
                              vorheriger Cementation. Daneben werden große Mengen Bessemerstahl und Homogenstahl
                              verarbeitet. Der aus englischem Roheisen erzeugte Bessemerstahl besitzt wenig Elasticität, ist keiner brauchbaren Härtung
                              fähig, eignet sich weder zu Federn, noch zu Schneidewaaren, wird deßhalb wohl nur
                              Bessemermetall genannt und dient als ein etwas
                              kohlenstoffreiches, daher hartes und sehr festes Schmiedeeisen statt eines solchen,
                              z.B. zu Eisenbahnschienen, Tyres, Dampfkesselblech etc. Er zeigt nicht diejenigen
                              Fehler des gewöhnlichen Stabeisens, welche dadurch entstehen, daß letzteres am Ende
                              des Frischens nicht, wie das Bessemermetall, flüssig geworden. Soll das englische
                              Bessemermetall zu Schneidewaaren verarbeitet werden, so bedarf es eines Umschmelzens
                              desselben in Tiegeln mit Braunstein und Holzkohle. Der schwedische Bessemerstahl ist
                              von besserer Qualität, härtungsfähig und direct als Werkzeugstahl zu verwenden.
                              – Der Homogenstahl (homogeneous steel), durch Schmelzen von englischem Stabeisen mit gewissen,
                              geheim gehaltenen Zusätzen, zuweilen nur Kohle bereitet, gleicht in seiner
                              Constitution dem Bessemermetall, ist ein hartes Stabeisen, läßt sich ebenfalls nicht
                              härten und wird z.B. zu Dampfkesselblechen verarbeitet. (Amtlicher Bericht über die
                              Londoner Industrie-Ausstellung von 1862.)
                           
                        
                           Fabrication emaillirter Tafeln aus Eisenblech mit Hausnummern,
                              Straßennamen und Inschriften aller Art, von Gebrüder
                                 Schultheiß in St. Georgen (badischer Schwarzwald).
                           Nicht bloß in Frankreich, wie man nach einer Notiz „über Bezeichnung der
                                 Straßen“ in diesem Journal Bd.
                                 CLXIII S. 155 glauben könnte, werden emaillirte Tafeln aus Eisenblech mit
                              Hausnummern, Straßennamen etc. fabricirt, sondern auch seit sieben Jahren innerhalb
                              des deutschen Zollvereins durch Gebr. Schultheiß in St.
                              Georgen auf dem badischen Schwarzwald. Die emaillirten Tafeln dieser Fabrikanten
                              sind, wie die aus Frankreich bezogenen, mit weißer Schrift oder Ziffern auf dem
                              blauen Grunde versehen und wenigstens eben so schön und dauerhaft wie jene, dabei
                              etwas billiger (2 1/3 Frauken die Hausnummern, 10 Franken die Straßennamen).
                           Unseres Wissens hat sich in Deutschland noch keine Stadt mit emaillirten Straßennamen
                              und Hausnummern geschmückt; in der Schweiz sind aber bereits zahlreiche Städte mit
                              solchen (aus Frankreich bezogenen) versehen.
                           Von den genannten Fabrikanten werden auch weiß emaillirte Eisenblechtafeln (und zwar
                              eben so schön wie bisher von Anderen emaillirtes Kupferblech) von jeder Größe bis zu
                              10 Quadratfuß mit schwarzen, glänzend eingeschmolzenen Zahlen und Inschriften aller
                              Art angefertigt.
                           Diese emaillirten Tafeln sind von unzerstörbarer Dauer; sie lassen sich wie Porzellan
                              und Glas leicht rein halten und im Freien reinigt sie der Regen von selbst.
                           Ohne Zahlen und Schrift lassen sie sich daher auch sehr zweckmäßig für Thürschonung,
                              Kamin-Einfassung, Waschtische, Einlagen in Meubles etc. verwenden.
                           
                           Emaillirte Zifferblätter für Uhren jeder Art und Größe,
                              sowie Scalen für Gasometer, Barometer etc., sowohl aus Eisen- als aus
                              Kupferblech, werden von dem genannten Hause schon seit 25 Jahren fabricirt.
                           Dasselbe liefert jetzt auch Abrauchschalen, deren bleifreies Email kochenden Säuren
                              widersteht.
                           Für die Güte der Producte der Gebr. Schultheiß bürgen die
                              Preismedaillen, welche diese Fabrikanten bei der Industrie-Ausstellung des
                              Schwarzwaldes zu Villingen i. J. 1858, bei derjenigen zu Besançon i. J. 1859,
                              bei der badischen Industrie-Ausstellung zu Carlsruhe i. J. 1861, endlich bei
                              der Londoner allgemeinen Industrie-Ausstellung i. J. 1862 erhalten haben.
                           
                              D.
                              
                           
                        
                           Ueber eine neue Verzierung von Glasscheiben; von Professor Böttger.
                           Ein sowohl in wissenschaftlicher wie in industrieller Hinsicht recht interessantes,
                              dabei außerordentlich leicht in Ausführung zu bringendes Verfahren, Glasgefäße aller
                              Art, insbesondere Glasscheiben mit einem festhaftenden krystallinischen Ueberzuge zu versehen,
                              ward mit jüngst von Hrn. F. Kuhlmann
                              jun. in allgemeinen Umrissen mitgetheilt und hiernach
                              von mit weiter experimentell verfolgt. Ich habe dabei die überraschendsten Resultate
                              erlangt, die nicht mehr zweifelhaft lassen, daß das erwähnte Verfahren in Kurzem
                              schon bei der Decoration z.B. von Pavillon- und Vorplatz-Fenstern u.
                              dergl. werde eine praktische Anwendung finden.
                           Man löse zu dem Ende in möglichst concentrirten wässerigen Salzsolutionen, z.B.
                              schwefelsaurem Zinkoxyd, schwefelsaurer Magnesia u.s.w. eine entsprechende Menge Dextrin (weniger gut eignet sich arabisches Gummi und
                              Traganth) auf, filtrire das Gemisch durch weißes Fließpapier, bestreiche mit dem
                              klaren Filtrate (unter Mitanwendung eines feinen breiten Pinsels) Glasscheiben
                              gleichförmig dünn, und lasse dieselben dann bei gewöhnlicher mittlerer Temperatur etwa eine Viertelstunde
                              lang ruhig in waagrechter Lage liegen. Bei der langsam erfolgenden Verdunstung des
                              Wassers sieht man nun innerhalb dieser kurzen Zeit, nach gehöriger Ausführung,
                              allmählich auf den Glastafeln wundervoll schöne Krystallgruppen (den Eisblumen auf
                              gefrorenen Fensterscheiben frappant ähnlich) sich bilden, die dem Glase so fest
                              anhaften, daß sie eine starke Reibung vertragen, übrigens aber auch durch
                              nachträgliches Bestreichen mit einer alkoholischen Schellacklösung dauernd fixirt
                              werden können. Einen besonders schönen Effect geben bei durchfallendem Lichte farbige Glasscheiben, weßhalb solche in vielen Fällen
                              auch zur Ausschmückung z.B. von Corridoren u. dergl. eine recht nützliche Anwendung
                              finden dürften.
                           Für wissenschaftliche Zwecke, z.B. um Krystalle auf ihr optisches Verhalten, unter
                              anderen auf ihr Verhalten zu polarisirtem Lichte zu prüfen, genügt es, die erwähnten
                              mit krystallinischen Gebilden versehenen Glasscheiben mit einer Auflösung von
                              Collodium zu überschütten und das trockene Collodiumhäutchen dann vorsichtig davon
                              abzuheben. Verfährt man behutsam dabei, dann gelingt es leicht, die ganze
                              Krystallgruppe von der Glastafel abzuziehen und sie dem glashellen dünnen
                              Collodiumhäutchen einzuverleiben. (Böttger's
                              polytechnisches Notizblatt, 1864, Nr. 19.)
                           
                        
                           Ueber Dr. Bothe's neues Verfahren der Glasversilberung; von Prof. Böttger.
                           Das Neue und Eigenthümliche dieser (bereits in diesem Journal Bd. CLXXIII S. 292 mitgetheilten)
                              interessanten Methode besteht in der Benutzung eines merkwürdigen Reductionsmittels,
                              nämlich eines von Dr. Bothe
                              in Saarbrücken entdeckten Silbersalzes mit einer neuen
                              organischen Säure, welche er Oxyweinsäure genannt. Dieses Reductionsmittel erhält
                              man, wenn man gewöhnliches frisch gefälltes weinsaures Silberoxyd in einer
                              hinreichenden Menge destillirten Wassers in der Siedhitze
                              anhaltend behandelt, respective löst. Die erkaltete Lösung enthält dann das neue
                              Silbersalz mit der erwähnten stark reducirenden Eigenschaft.
                           
                           Nach einer von uns ermittelten, etwas vereinfachten Weise, läßt sich das Bothe'sche neue Versilberungsverfahren des Glases
                              folgendermaßen in Ausführung bringen: Die Reductionsflüssigkeit erhält man hiernach,
                              indem man 1 Drachme (Quentchen) salpetersaures Silberoxyd (sogenannten Höllenstein)
                              in circa 1 Unze destillirtem Wasser löst und diese
                              Lösung in eine in's heftigste Sieden gebrachte Auflösung von weinsaurem
                              Kali-Natron, sogenannten Seignettesalz, (bestehend aus 48 Gran dieses Salzes und 48 Unzen destillirten Wassers) nach und nach einschüttet, das Ganze circa 5 bis 10 Minuten im Sieden erhält, dann erkalten
                              läßt und durch weißes Fließpapier filtrirt. Als Versilberungsflüssigkeit dient das
                              salpetersaure Silberoxyd-Ammoniak, in welcher man jedoch kein Ammoniak
                              vorwalten lassen darf. Man erhält dieselbe, indem man 1 Drachme Höllenstein in circa 1 Unze destillirtem Wasser löst, dazu so lange
                              Aetzammoniakflüssigkeit tropfenweise hinzufügt, bis die hierdurch entstehende
                              Trübung oder der Niederschlag eben wieder zu verschwinden beginnt, dann schließlich
                              noch 12 Unzen destillirtes Wasser zusetzt und gleichfalls filtrirt. Will man nun ein
                              Plan- oder Hohlglas versilbern, so vermischt man von dieser
                              Versilberungsflüssigkeit und der erwähnten Reductionsflüssigkeit gleiche Raumtheile, überschüttet oder füllt in circa 1/2 Zoll dicker Schicht mit diesem vollkommen
                              klaren ungefärbten Gemisch die Gläser, und hat dann die Freude, schon nach Verlauf
                              von 19 Minuten (nicht, wie nach Dr. Bothe's Angabe, in 3 bis 4 Stunden) die
                              Gläser mit einer spiegelglänzenden, festhaftenden Schicht Silbers bekleidet zu
                              sehen. Wiederholt man diesen Proceß noch ein einziges Mal, so erlangt die
                              Silberschicht eine solche Stärke, daß sie völlig undurchsichtig erscheint und nun
                              die Rückseite derselben (insbesondere die der Planspiegel) zum Schutz mit einem aus
                              in Benzol gelöstem Asphalt bestehenden Firniß überzogen werden kann. (Böttger's polytechnisches Notizblatt, 1864, Nr. 19.)
                           
                        
                           Nobel'sches Sprengpulver.
                           Mehrfach ist in diesem Journal das neue Sprengpulver (Nitro-Glycerin)
                              besprochen worden, welches in Stockholm von dem Ingenieur Nobel angefertigt wird. Berichten aus Stockholm zufolge ist am 3.
                              September d. J. die Nitro-Glycerin-Fabrik des genannten Ingenieurs in
                              die Luft geflogen. Es verlautet darüber Folgendes: Der jüngste Sohn des Ingenieurs
                              Emil Nobel, war mit einem Technologen Hertzman mit Experimenten beschäftigt gewesen, die zum
                              Zwecke hatten, eine einfachere Bereitungsweise des Nitro-Glycerins
                              herzustellen, welche es zugleich leichter explodiren mache. Durch eine
                              Unvorsichtigkeit entstand eine Explosion, welche sich dem übrigen in offenen
                              Behältern verwahrten Nitro-Glycerin mittheilte. Letzterer Stoff entzündet
                              sich bekanntlich nur bei einer Hitze von 180° C. oder durch die Explosion
                              eines Gegenstandes an seiner Oberfläche. E. Nobel und der
                              Technolog nebst einem jüngeren Knaben und einem 19jährigen Mädchen, welche
                              hilfreiche Hand beim Experimentiren leisteten, wurden total verbrannt an
                              verschiedene Stellen geworfen. In der Fabrik waren ungefähr 200 Pfd.
                              Nitro-Glycerin, welche an Kraft einer Pulvermenge von 1200 Pfd. entsprechen,
                              außerdem einige 100 Pfd. Salpeter und Schwefelsäure. (Berggeist, 1864, Nr. 74.)
                           
                        
                           Vorrichtung zum Gasometer-Verschluß von Dr. Christomanos.
                           In der Beschreibung dieser Vorrichtung im 2. Septemberheft (Bd. CLXXIII S.
                              434–436) lese man Seite 436 Zeile 11 von Oben „öffnet man auch den
                                 Hahn 2“ statt „schließt man.“
                              
                           Die Redaction.
                           
                        
                           Zerfallen des Salmiaks in kochendem Wasser.
                           Die Beobachtung, daß H. Rose's Methode der Scheidung der
                              Thonerde von Kalk und Magnesia bisweilen, wenn zu lange gekocht wird, nicht gelingt,
                              indem die von Ammoniak
                              völlig frei gekochte Lösung wieder sauer wird und Thonerde löst, brachte R. Fittig auf den Gedanken, daß der Salmiak schon bei
                              Kochhitze im Wasser sich zerlege und diese Muthmaßung ist durch specielle Versuche
                              völlig bestätigt worden (Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXXVIII S. 189).
                           Es wurde völlig reiner, selbst dargestellter Salmiak mit allen erdenklichen
                              Vorsichtsmaßregeln in reinem Wasser gelöst, mit Salzsäure angesäuert und nun einer
                              Destillation unterworfen, bei welcher die Producte verdichtet und in bestimmten
                              Intervallen untersucht wurden. Es wurde das Destillat mit gerötheter Lackmustinctur
                              versetzt, die sich sogleich blau färbte, und mit titrirter Salzsäure neutralisirt;
                              andererseits prüfte man den Retorteninhalt mit einer titrirten Natronlösung.
                           Es zeigte sich, daß, wenn man 10 Grm. Salmiak in 400 Kub. Cent. Wasser successiv bis
                              auf 50 Kub. Cent. Rückstand abdestillirt hatte, sich so viel Ammoniak verflüchtigte,
                              daß es 1/2 Proc. von dem im Salmiak enthaltenen ausmachte; daß ferner die größte
                              Quantität desselben im Anfang der Operation fortgieng und daß nachher (nach den
                              zweiten 30 Kub. Cent.) eine gewisse Constanz eintrat.
                           Diese Versuche beweisen noch schlagender als diejenigen von Pebal (polytechn. Journal Bd. CLXVIII S.
                                 237) ein Zerfallen des Salmiaks in höherer Temperatur, da hier keine
                              Diffusion durch Diaphragmen als Ursache des Zerfallens eingewendet werden kann.
                              (Journal für praktische Chemie, Bd. XCII S. 379.)
                           
                        
                           Untersuchung von Farbstofflösungen im Sonnenspectrum; von Dr. Julius Haerlin.
                           Aus der deutschen Industriezeitung gieng in mehrere technische ZeitschriftenPolytechn. Journal Bd. CLXXI S.
                                       398. ein Aufsatz über, betreffend eine neue Methode, die Intensität von
                              Farbstofflösungen auf spectralanalytischem Wege zu untersuchen. Als Entdecker wurde
                              Hr. Dr. Hugo Schiff genannt,
                              welche Angabe jedoch zu berichtigen ist.
                           Das eigenthümliche Verhalten von Farbstofflösungen zum Sonnenspectrum ist längst
                              bekannt, und stellte hierüber zuerst Brewster, dann J.
                              Müller (Poggendorff's
                              Annalen der Physik und Chemie, Bd. LXXII S. 76), später Hoppe-Seyler (Virchow's Archiv, Bd. XXVIII) Untersuchungen an; erstere behandelten rein
                              physikalische Fragen, letzterer dagegen machte schon auf den praktischen Nutzen der
                              Untersuchung der Farbstofflösungen mittelst des Sonnenspectrums aufmerksam, was mich
                              hauptsächlich veranlaßte, eine Reihe von Farbstofflösungen in ihren verschiedenen
                              Concentrationen zu untersuchen. Die Resultate dieser Untersuchungen veröffentlichte
                              ich im August 1862 (Poggendorff's Annalen Bd. CXVIII S.
                              70). Das Verhältniß der Absorption der Lichtstrahlen zur Concentration stellte ich
                              graphisch dar, und finden sich ebendaselbst die Absorptionscurven der Lösungen von:
                              Rosein, Anilinblau, Anilinviolett, Blauholz, Fernambuk, Persio, Cochenille
                              (alkalischer Auszug), Sandelholz, Indigo, Berlinerblau und Pikrinsäure.
                           Als die merkwürdigsten Resultate dieser Arbeit führe ich an:
                           1) Farbstoffe, welche in ihrer Mischfarbe in gewissen Concentrationen im weißen
                              Lichte nicht wohl zu unterscheiden sind, können total verschiedene Einwirkung auf
                              einzelne Theile des Spectrums haben;
                           2) nirgends zeigen sich so häufig kräftige Unterschiede in der Absorptionsintensität
                              für benachbarte Spectraltheile als im Gelb und Gelbgrün;
                           3) besonders gute Erkennung gibt die Spectraluntersuchung für folgende Farbstoffe:
                              rothe, violette und blaue Anilinfarbstoffe, Blauholz, Fernambuk, Persio, Lackmus,
                              Cochenille, Murexid, Limarothholz, Alizarin, Sandelholz, Indigo, Berlinerblau,
                              Drachenblut, Safran, Orlean, Pikrinsäure, Curcuma.
                           Waldau bei Heilbronn, im September 1864.
                           
                        
                           
                           Reinigung des Alkohols aus Kartoffeln und
                              Runkelrübenmelasse.
                           Menn auch der Weingeist aus Kartoffeln durch fractionirte Destillation, so wie durch
                              Behandeln mit Kohle leicht und vollständig entfuselt werden kann, so erzielt man mit
                              demselben Verfahren beim Spiritus aus der Runkelrübenmelasse nur sehr unvollkommene
                              Resultate. Dieser Spiritus hält selbst nach vielfachen Depurationsmanipulationen
                              einen Geruch bei, der ihn für die meisten Fälle der Anwendung unbrauchbar macht. Da
                              specielle Reinigungsmethoden nicht bekannt worden sind, so mag folgende im Kleinen
                              versuchte hier einen Platz finden, da sie nicht nur das beste Resultat, sondern auch
                              einen Runkelrübenspiritus lieferte, welcher dem gereinigten Kartoffelspiritus des
                              Handels nicht im geringsten nachstand. In sofern die Methode im Uebrigen unter
                              gewissen Vorbedingungen nicht kostspielig ist, so dürfte sie sich vielleicht
                              verbessert und modificirt in die Praxis einführen.
                           Der durch eine Schicht an der Luft zerfallenen gebrannten Kalkes filtrirte und
                              hierauf rectificirte Runkelrübenspiritus wird mit einer Lösung des übermangansauren
                              Kalis schwach tingirt. Sobald die bekannte rothe Farbe verschwunden ist, wird
                              nochmals tingirt. In den meisten Fällen dürfte nach der zweiten Tinction die
                              Zersetzung und Veränderung der vorhandenen Fermentole erreicht seyn. Nach einem
                              speciellen Versuche waren zu dem vorliegenden Zwecke annähernd 1/3 Procent von der
                              Menge des Spiritus krystallisirtes übermangansaures Kali erforderlich. Bei der
                              Arbeit im Großen würde sich die völlige Zersetzung der Fermentole durch einen
                              Destillationsversuch herausstellen. Nachdem man einen Tag hat absetzen lassen,
                              filtrirt man den Spiritus zuerst für sich, um den Manganoxydabsatz zu sammeln,
                              mischt ihn mit etwas kohlensaurer Kalkerde und filtrirt durch Knochenkohle. Das
                              Filtrat wird aus dem Dampfbade bei 90° Cels. rectificirt.
                           Der fuselhaltige, durch an der Luft zerfallenen Aetzkalk filtrirte Kartoffelspiritus
                              wird rectificirt, um ihn so weit als damit möglich vom Fuselöl zu befreien, dann in
                              derselben Art, wie oben angegeben ist, zweimal mit der Lösung des Uebermangansauren
                              Salzes schwach tingirt, nach erfolgter Entfärbung filtrirt, mit Kreide geschüttelt,
                              durch Knochenkohle filtrirt und rectificirt. Das so erhaltene Product zeichnete sich
                              durch Reinheit des Geruches und Geschmackes aus.
                           Wie aus den angestellten Versuchen hervorgeht, scheint die zersetzende Einwirkung des
                              übermangansauren Kalis auf die Fermentole, welche ihrer Constitution nach meist der
                              Alkoholreihe angehören, eher stattzufinden als auf den Aethylalkohol. (Hager's pharmaceutische Centralhalle, 1864 S. 243.)
                           
                        
                           Glycerinpflaster.
                           100–150 Gran Stärkemehl, mit einer Unze Glycerin gekocht, geben nach Dilt eine Mischung, die keinen Geruch hat, nicht ranzig
                              wird, und obgleich sie sehr fest an der Haut anklebt, doch abgenommen und wieder
                              angelegt werden kann. Dilt benutzt dieses
                              Glycerinpflaster als Corpus für andere Pflaster. So nimmt er statt
                              Belladonnapftaster eine Unze Glycerinkleister und vermischt damit 3 Gran
                              schwefelsaures Atropin, das zuvor mit einigen Tropfen Glycerin abgerieben wurde. Zum
                              Aufstreichen dient Gutta-percha-Leinwand oder undurchdringliches Zeug.
                              Morphin und andere Alkaloide werden in derselben Weise verordnet. (Burger, kurze Berichte, Bd. II S. 31.)
                           
                        
                           Chlorsaures Kali als Mittel gegen Zahnschmerz.
                           Wir haben eine Menge Reizmittel, welche gegen den Schmerz cariöser Zähne Anwendung
                              finden; viele derselben haben aber den Nachtheil, daß sie mit der Abstumpfung des
                              Zahnnerven auch corrodirend auf die Umgebung des Zahns wirken. Dr. E. Neumann in Königsberg
                              hat nach einem Bericht im Archiv für klinische Chirurgie die Erfahrung gemacht, daß
                              das chlorsaure Kali, längst bekannt als ein unübertroffenes Heilmittel bei Leiden
                              der Mundhöhle, auch speciell eine schnelle Heilwirkung beim Schmerz cariöser Zähne ausübt.
                              Wenn sich dieß bestätigt, so könnte wahrlich kein milderes und leichter
                              applicirbares Mittel gefunden seyn. Ist der hohle Zahn im Unterkiefer, so legt man
                              kleine Krystalle des genannten Salzes hinein, doch ist es vielleicht rathsamer, eine
                              Auflösung von 1 Theil des Salzes in 20 Theilen Wasser als Mundwasser zu gebrauchen.
                              Wenn der Zahnschmerz in einer Knochenhautentzündung der Zahnwurzel beruht, ist das
                              Mittel natürlich ohne Erfolg. (Hager's pharmaceutische
                              Centralhalle, 1864 S. 235.)
                           
                        
                           Verfahren zur Erzeugung von Mustern auf glatten Geweben durch
                              Aufdrücken von Formen.
                           Ein Verfahren hierzu ließ sich der Fabrikant Vanillon, der
                              Erfinder des gefilzten Schafwollgarns, kürzlich in Frankreich patentiren; es ist
                              nach Armengaud's
                              Génie industriel folgendes:
                           Ein Tisch, der mindestens die Breite des Stoffes hat, ist mit Filz oder einem anderen
                              schwammigen oder elastischen und dem Drucke leicht nachgebenden Material überzogen;
                              zu beiden Seiten desselben liegen Walzen, die mit Kratzen- oder Stachelband
                              überzogen sind und die Sahlenden der Stoffe erfassen und regelmäßig fortführen,
                              indem sie dieselben zugleich verhindern, sich zu fälteln. Der Stoff befindet sich in
                              einem Kasten an dem einen Ende des Tisches; aus diesem läßt man ihn heraustreten und
                              verbindet ihn auf beiden Seiten mit den Kratzen- oder Stachelbändern. Beim
                              Austreten aus dem Kasten durchnäßt man den Stoff schwach, aber gleichmäßig durch
                              einen nebelartigen feinen Wasserregen mittelst einer hohlen und mit sehr feinen
                              Löchern versehenen Bürstenwalze. Hierauf folgt das Aufdrücken der Formen mittelst
                              eines Metallrahmens von der Breite des Stoffes, der das Muster erhaben trägt, um es
                              vertieft auf den Stoff aufzutragen. Hat der Stoff die passende Lage erhalten, so
                              legt man den Rahmen auf und läßt auf diesen eine Metallbüchse auffallen, in die man
                              Dampf einführt, um die Erhabenheiten der Form zu erhitzen. Das Niederdrücken der
                              Fasern erfolgt also durch den Druck oder den Stoß der Reliefs bei hinreichender
                              Temperatur, um die Fasern zu verhindern, sich wieder zu erheben. (Deutsche
                              Musterzeitung, 1864, Nr. 9.)
                           
                        
                           Strohhut-Imitationen,
                           die den feinsten Strohhüten täuschend ähnlich, leicht
                              gewaschen werden können und höchst elastisch sind, bestehen nach den Mittheilungen
                              des nieder-österreichischen Gewerbevereins aus einem gefärbten
                              Baumwollgewebe, welches nach einer Zinkblechform ausgeschnitten, über ein Gypsmodell
                              aufgezogen und auf beiden Seiten mit einer Mischung von Chromgelb, einer Auflösung
                              von Traganthgummi in heißem Wasser und Alkohol, und dann mit einem Gemische von
                              Collodium, Chromgelb und Traganthgummi überstrichen wird. Um das den echten
                              Strohhüten eigenthümliche Geflecht darzustellen, wird von einem feinen Strohhute
                              galvanisch eine Matrize angefertigt und durch Metallguß verstärkt, der Hut in diese
                              Hutform gebracht und in seine Hohlung ein vulcanisirter, der innern Form sich
                              anschließender Gummischlauch gelegt. Dieser Schlauch wird mit Wasser gefüllt und so
                              mittelst einer hydraulischen Presse auf die Wände des Hutes ein Druck von
                              18–21 Atmosphären ausgeübt, wodurch man einen außerordentlich scharfen
                              Abdruck erhält. Der Hut kommt dann in eine zweite Presse, welche eine mit Filz
                              ausgefütterte Form hat, wahrscheinlich um die zu starken Stellen des Abdruckes etwas
                              zu mildern. Ein solcher Hut kostet im Detailverkauf nur 5 Francs, während der echte
                              feine Florentinerhut zu 40 Frcs. verkauft wird. Die Fabrik von Simonnett in Paris liefert mittelst 3 hydraulischer Pressen in 10
                              Arbeitsstunden täglich 400 Damenhüte.