| Titel: | Urtheile und Versuche über die gebräuchlichen Methoden der Gewinnung fetter Säuren; von Prof. J. S. Stas in Brüssel. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XXIII., S. 69 | 
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                        XXIII.
                        Urtheile und Versuche über die gebräuchlichen
                           Methoden der Gewinnung fetter Säuren; von Prof. J. S. Stas in
                           Brüssel.
                        Auszug des Berichts der belgischen Experten bei
                           der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung von 1862. – Aus der
                           schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1864, Bd. IX S. 138.
                        Stas, über die gebräuchlichen Methoden der Gewinnung fetter Säuren
                           zur Kerzenfabrication.
                        
                     
                        
                           1. Fettsäuredarstellung durch die
                                 gewöhnliche Kalkverseifung.
                           Auf 100 Aussteller von Kerzen hatten 61 noch die gewöhnliche Kalkverseifung im
                              Gebrauch. Sie ist noch allgemein in Gebrauch in Frankreich, Oesterreich und Italien.
                              In England, Belgien, Holland und Schweden ist sie fast gänzlich verlassen. Es trat keine
                              wesentliche Modification der Kalkverseifung zu Tage, Vortheile und Nachtheile
                              derselben sind vollkommen constatirt; das Verfahren ist sicher, leicht ausführbar,
                              gibt treffliche Producte, aber es erfordert theures Material, ist kostspielig und
                              verhältnißmäßig wenig rentabel. Der Verfasser ist der Meinung, daß die Fabriken, die
                              dasselbe noch festhalten, in nächster Zeit der Concurrenz des billigeren Verfahrens
                              der Schwefelsäureverseifung weichen müssen.
                           
                        
                           2. Kalkverseifung mit vermindertem
                                 Kalkzusatze und Anwendung hoher Temperatur.
                           Dieser Proceß, von Milly herrührend, gewahrt insofern
                              große Vortheile, als 75 Proc. Schwefelsäure zur Zersetzung der Kalkseife erspart
                              werden. Aber es haften an ihm die Gebrechen der Kalkverseifung, daß theure
                              Rohmaterialien angewendet werden müssen und daß die Ausbeute geringer ist als bei
                              der Behandlung mit Schwefelsäure nach neuerer Methode, oder wie sie schon lange
                              gebräuchlich ist. Anfangs brauchte Milly 1000 Kilogr.
                              Fett auf 300 Liter Wasser und 40 Kilogr. gebrannten, möglichst reinen Kalk. Die
                              Masse wurde in einen Papinianischen Topf gebracht und darin durch einen Dampfstrom
                              auf 150–155°C. erwärmt und 8–10 Stunden lang auf dieser
                              Temperatur erhalten. Später hat Milly die Kalkmenge auf
                              33 und selbst 25 Proc. vermindert, aber die Temperatur auf 170–180 C.
                              erhöht.Buff (Inauguraldissertation, Göttingen; im
                                    polytechn. Journal Bd. CLXXIII S. 56) behauptet, daß reiner Kalk, Talg und
                                    Wasser, und zwar 50 Grm. Talg, 25 Wasser (also mehr als Milly nahm) und 2 gebrannter Kalk bei
                                    achtstündiger Einwirkung in 160°C. Temperatur keine Zerlegung
                                    hervorbrachte. Er hält die Gegenwart von wenig Alkali für nöthig: er erhielt
                                    bei Substitution von 1/4 obiger Kalkmenge durch Natron ein ganz günstiges
                                    Resultat und schließt, es müsse bei Milly und dem bekannten Versuche von Pelouze, daß neutrale Kalkseife größere
                                    Fettmengen verseifen könne, etwas Alkali neben dem Kalke im Spiele gewesen
                                    seyn. Eine Frage ist aber, ob bei Buff's Versuch
                                    mit 25 Grm. Wasser nicht die Wassermenge zu klein war, da die Verhältnisse
                                    bei Versuchen im Kleinen doch entschieden ungünstiger sind.Bolley.
                              
                           
                        
                           3. Wässerige Verseifung bei hohem Druck
                                 und Temperatur.
                           Richard Tilgbman hat zuerst ein Verfahren beschrieben, um
                              Fett oder Palmöl nur durch Wasser und Hitze zu
                              verseifen, es soll aber keinem anderen Fabrikanten, der nach dessen Patent arbeitet,
                              gelungen seyn, günstige Resultate zu erhalten. Dagegen finden sich in Oesterreich
                              (Fabrik von Sarg zu Liesing bei Wien) mehrere
                              Papinianische Töpfe von Wright und Fouché im Gebrauch, worin man auf einmal 10 Centner Fett mit Wasser und bei
                              200°C. verseifen (d.h. in fette Säuren und Glycerin spalten) soll.
                           In der Apollo-Kerzenfabrik bei Wien sollen ebenfalls Autoclaven arbeiten, worin bei
                              180–190°C. mit Wasser allein oder unter Zusatz von 1–1 1/2
                              Proc. Kalk das Fett verseift wird.
                           Der Apparat von Wright und Fouché besteht aus zwei starken cylindrischen, am oberen und
                              unteren Ende halbkugelig geschlossenen, 2 Meter hohen und 8/10 Meter weiten Kesseln.
                              Sie stehen senkrecht über einander, 2 Meter der obere vom unteren entfernt und sind
                              durch weite Röhren in der Weise mit einander verbunden, daß die beiden oberen und
                              die beiden unteren Theile unter einander communiciren. Es finden sich ferner daran:
                              Sicherheitsventil, Manometer, Speiseapparat und Vorrichtung zum Entleeren.
                           Der untere ist in einen Herd eingemauert und wird direct geheizt; die Temperatur
                              gleicht sich in beiden aus durch die Circulation mittelst der Röhren. Man heizt
                              während etwa 10 Stunden auf 180–190°C.
                           Ein ähnlicher Apparat nach der Construction Melsens' hat
                              1856 in der Fabrik von Roubaix und Oudenkoven in Antwerpen gedient, wurde aber nach einem Jahre wegen der
                              Schwierigkeit, die Temperatur richtig zu führen und Verluste zu vermeiden,
                              aufgegeben. Die darin gewonnenen fetten Säuren waren in jeder Beziehung tadellos, um
                              sie aber auf solch gute Qualität zu bringen, war man genöthigt 1–2 Proc.
                              Schwefelsäure anzuwenden. Ohne diese Zuthat hatten sie nicht das krystallinische
                              Ansehen und den trockenen, der Fettsäure eigenthümlichen Griff. (Fettsäuren, die
                              nicht krystallinisches Aussehen haben, erhalten es durch Kochen mit Wasser, das
                              10–15 Proc. Schwefelsäure enthält, und lassen sich dann leicht abpressen).
                              Melsens hatte schon 1854 beobachtet, daß ganz geringe
                              Mengen von Säure die Fettspaltung leicht zu Stande bringen. Aber auch nur so viel
                              Schwefelsäure erfordert bleigefütterte Kessel, bei welchen man bemerkt hat, daß das
                              Blei sich leicht wirft, selbst reißt, was für die äußere Metallhülle die größten
                              Gefahren bringen kann.
                           Das verbesserte Verfahren von Milly, dessen oben Erwähnung
                              geschah, ist im Grunde auch nur eine wässerige Verseifung unter der Gegenwart von 1
                              1/2 bis 3 Proc. Kalk. Es bildet sich dabei etwas Kalkseife, es wird zu deren
                              Zerlegung etwas Säure gefordert, was freilich alles Nachtheile sind; diese
                              Nachtheile sind aber gering gegenüber der Entbehrlichkeit einer Bleifütterung der
                              Kessel. So lange man die Schwierigkeit der Angreifbarkeit der Kesselwände durch
                              Säure nicht überwunden haben wird, muß das Verfahren von Milly für geeigneter
                              in der Praxis angesehen werden, als das von Melsens.
                           
                        
                           4. Fettsäuredarstellung durch
                                 Schwefelsäure und nachherige Destillation.
                           Bei der Ausstellung von 1855 in Paris war auf 61 Aussteller fetter Säuren ein
                              Einziger (Price's
                              Patent Candle Comp.), der ausschließlich die
                              „saure Verseifung“ und Destillation brauchte; 16 Aussteller
                              bedienten sich derselben, aber gleichzeitig der Kalkverseifung. Bei der Ausstellung
                              von 1862 in London waren auf 100 Aussteller 40, die ihre Fettsäure ausschließlich
                              mit Schwefelsäure machten, und 7 nur bedienten sich daneben der Kalkverseifung.
                              Eingeführt wurde dieses Verfahren von Gwynne, Wilson und
                              Colley Jones. Anfangs goß man in das geschmolzene
                              Fett allmählich 37 Proc. Schwefelsäure von 66° Baumé, erhöhte langsam
                              die Temperatur des Gemisches auf 86–92°C. und erhielt diese 24 bis
                              selbst 36 Stunden lang. Die Wärme und die große Menge Schwefelsäure hatten die
                              Zerstörung von 1/5 des Fettes zur Folge, namentlich wurde das Glycerin zerstört, 12
                              bis 15 Proc. Oleinsäure giengen verloren und selbst etwas von den festen Fettsäuren
                              litt. Der größere Theil dieses zerstörten Fettes schied sich als schwarzer Theer ab,
                              den man zuerst ganz wegwarf.
                           Aus diesen Gründen verminderte man später die Schwefelsäuremenge, jedoch mit
                              Rücksicht auf die Natur der Fette, die sich verschieden gegen die Säure
                              verhalten.
                           Man wandte z.B. an bei Moinier und Jaillon 1853 in Paris für ein Gemenge von Talg und Palmöl 15 Proc., bei
                              Milly in la Chapelle bei Paris für Palmöl 10 Proc.,
                              bei Motard in Berlin für ein Gemenge von Palmöl und Talg
                              7,5 Proc.
                           Bei Price (Patent Candle Comp.
                              in Battersea bei London) benutzte man für ein Gemisch von Talg und Palmöl oder für
                              letzteres allein 5,5 Proc. Schwefelsäure.
                           In dem Verhältniß der Säureverminderung wurde die Temperatur erhöht; man stieg auf
                              100°, 105°, 110°, endlich auf 115°C. Das theerartige
                              Product minderte sich zwar, aber nicht im Verhältniß zur Schwefelsäureverminderung
                              oder destillirter fester Fettsäure.
                           Man findet übrigens nicht die wünschenswerthe Uebereinstimmung unter den Fabrikanten,
                              weder über das Verhältniß der Abfälle noch über die Ausbeute an roher Fettsäure.
                           Bei Verarbeitung eines Gemenges von Talg und Palmöl geben die einen an 13–14
                              Proc., die anderen bis 18 Proc. Theer erhalten zu haben. Die einen wollen 85 Proc. rohe Fettsäure, die
                              anderen 88 Proc. solcher erhalten haben, die 77–82 Proc. destillirter
                              Fettsäure von 100 Rohmaterial entsprechen. Um Licht in diese Fragen zu bringen, hat
                              Stas selbst in einer Fabrik Versuche mit großer
                              Sorgfalt anstellen lassen.
                           1500 Kilogr. reiner, trockener Talg von 32°C. Schmelzpunkt wurden in einen
                              Kupferkessel gebracht, auf 105°C. durch einen Dampfstrom erhitzt, dann 240
                              Kilog. Schwefelsäure von 42° Baumé (was 8 Proc. 66grädiger Säure
                              entspricht) zugesetzt. Das durch einen mechanischen Rührer fortwährend in Bewegung
                              erhaltene Gemisch blieb 10 Stunden lang in einer zwischen 105 und 110°C.
                              schwankenden Temperatur. Während der ganzen Zeit fand kaum Färbung des Gemisches und
                              Entwickelung schwefliger Säure statt. Später wurde während 16 Stunden auf
                              115–118°C. erwärmt; das Fett wurde nun bräunlich, es zeigte sich der
                              Geruch nach schwefliger Säure und Acrolëin, was von der Concentration der
                              Schwefelsäure herrührte; denn nicht nur verlor sie Wasser durch Verdunstung, sondern
                              ein Theil desselben mußte in die fette Säure und zur Glycerinbildung eintreten.
                           Die der Ruhe überlassene Masse wurde nach dem Absetzen des Theers in der Hälfte ihres
                              Volums kochenden Wassers aufgenommen und drei Stunden lang auf 100°C.
                              erhalten, wobei sich wieder Geruch nach schwefliger Säure und verbranntem Fette
                              zeigte.
                           Einige Zeit sich selbst überlassen, schied sich aus dem Gemische das saure Wasser mit
                              noch ziemlich viel Theersubstanz ab. Die durch Decantiren davon getrennten fetten
                              Säuren waren schwarz, aber durchscheinend. Sie wurden aufs Neue mit Wasser und Dampf
                              behandelt, bis die Waschwässer kaum mehr sauer reagirten. Nach dem Erwärmen auf
                              150°C., zum Behufe vollkommenen Trocknens, wogen sie 1305 Kilgr. = 87 Proc.
                              vom gebrauchten Fett.
                           Aller bei dieser Operation abgeschiedene Theer wurde gesammelt, getrocknet und im
                              Kessel mit seinem vierfachen Gewicht Sägespäne gemengt. Das Gemenge wurde in einen
                              bleiernen Deplacirungsapparat gebracht und durch reine Naphta von allem Löslichen
                              befreit. Was nach dem Wiederverdampfen der Naphta übrig blieb, wog 37,5 Kilogr., war
                              eine schwarze Masse, bei 46,5°C. schmelzbar, so daß durch Zurechnung ihres
                              Gewichtes zu den fetten Säuren diese 1342,5 Kilogr. oder 89,5 Proc. betrugen.
                           Die schwarzen fetten Säuren hatten einen Schmelzpunkt von 42,8° bis
                              43°C. Bei einer Temperatur von 225 bis 240° durch einen Dampfstrom der
                              Destillation unterworfen, lieferten sie 1264,5 Kilog. krystallinischer Fettsäure von einem Schmelzpunkt
                              von 42–42,5°C. Während der ganzen Dauer der Destillation wurde das
                              Volum des Wassers zu dem des Fettes auf 6,55 : 1 erhalten. In den
                              Stearinsäurefabriken ist es in der Regel = 2 : 1, oder 3 : 2, oder selbst 1 : 1,
                              weil in den meisten dieser Etablissements die Temperatur auf 290–325°
                              erhalten wird. Im beschriebenen Versuch hatte man absichtlich bei niedriger
                              Temperatur destillirt, um sicher zu seyn, daß das Product nicht geschädigt
                              werde.
                           Die obigen 1264,5 Kilog. repräsentiren also eine Ausbeute von 94 Proc. gegenüber den
                              undestillirten Fettsäuren und von 81,3 Proc. gegenüber dem Rohproduct. Es gehen
                              daher durch Destillation 6 Proc. verloren, und weil man in der Industrie nicht mit
                              gleicher Genauigkeit wie bei dem beschriebenen Versuch arbeiten kann, ist zu
                              erwarten, daß der Verlust noch größer sey als 6 Proc. und daß die Ausbeute von 81,3
                              Proc. als das Maximum angesehen werden müsse.
                           Da aber bekannt ist, daß 95,8–96 Proc. fetter Säuren durch Kalkverseifung oder
                              wässerige Verseifung gewonnen werden, so ergibt sich nach Obigem immerhin ein
                              Verlust von 12,3 Proc. Dieser 1/8 betragende Verlust steigt bis zu 1/6, selbst zu
                              1/5 in verschiedenen Fabriken, und ist der Einwirkung der Schwefelsäure auf die
                              fetten Säuren, namentlich auf die Olëinsäure, zuzuschreiben. Diese
                              Erfahrungen führten zu der neuen Art der
                              „Schwefelsäureverseifung.“
                              
                           
                        
                           5. Schwefelsäure in nur augenblicklicher
                                 Einwirkung auf das Fett zur Erzeugung der fetten Säuren.
                           Braconnot, Chevreul und Fremy
                              hatten constatirt, daß die Fette durch bloße Berührung mit Schwefelsäure zerlegt
                              werden können; Knab war der erste, der hiervon
                              industriellen Vortheil zu ziehen suchte. Schon 1855 arbeitete man in einigen
                              Werkstätten nach seinem Princip, indem man in einem Kippkessel 60–80 Kilogr.
                              Fett mit 50 Proc. concentrirter Schwefelsäure, beide vorher auf 90°C.
                              erhitzt, mischte und nach vierminutlicher Einwirkung das Ganze in kochendes Wasser
                              goß.
                           Das Verhältniß der Schwefelsäure wurde nach und nach vermindert von 50 Proc. auf 30
                              Proc. (Petit und Lemouet in
                              Paris), 15 Proc. (Willy für Palmöl), 10–12 Proc.
                              (Roubaix und Oudenkoven in
                              Antwerpen), ja bis auf 3,75 Proc. und 4 Proc. (Roubaix-Jenar und Janssens zu Cureghem bei
                              Brüssel).
                           Bei Anwendung von 30 Proc. Schwefelsäure soll die Temperatur nicht über 80°C.
                              steigen und die Dauer der Einwirkung nicht länger seyn, als zur innigen Mischung
                              beider Körper unumgänglich nöthig ist.
                           
                           Bei 10 Proc. Schwefelsäure kann die Einwirkungsdauer um 1 1/2 bis 2 Minuten
                              verlängert und die Temperatur muß mindestens auf 100°C. gesteigert
                              werden.
                           Man erhält auf diesem Wege 94 Proc. rohe und 89 Proc. destillirte Säuren.
                           Bei Roubaix, Jenar und Janssens
                              verfährt man wie folgt: Die 3,75–4 Proc. Schwefelsäure werden zuerst auf
                              100°C. erwärmt, dann langsam in ein Gemenge von gleichen Theilen Talg und
                              Palmöl, das 110–115°C. warm gemacht ist, gegossen und 10–12
                              Minuten damit umgerührt. Nachdem dieß geschehen ist, wird dieß Gemisch, von welchem
                              1,75–2 Proc. einer dicklichen Masse, die aus Schwefelsäure und fetten Säuren
                              besteht, sich abgeschieden hat, sogleich in 2/3 ihres Volums kochendes Wasser
                              geschüttet und damit 2 Stunden gekocht, um die Fettzersetzung, wenn sie nicht
                              vollständig stattgefunden haben sollte, zu beendigen.
                           Die fetten Säuren werden sodann mit heißem Wasser ausgewaschen. Der Ruhe überlassen,
                              setzen sie noch eine kleine Menge Theer ab. Sie sind dunkel bernsteingelb, wenig
                              in's Schwarze ziehend. Die von den Fabrikanten angegebene Ausbeute ist 90–91,
                              ja selbst 92 Proc. destillirte Säuren von 100 Proc. Rohmaterial, wozu aber die im
                              Theer steckende Menge derselben nach dem Ausziehen mit Schwefelkohlenstoff gerechnet
                              ist.
                           Diese Resultate wurden von mehreren Industriellen, namentlich von Milly und Motard bestritten;
                              diese nehmen an, die Verseifung durch Schwefelsäure sey mit weniger als 7,5–7
                              Proc. Schwefelsäure von 66° Baumé nicht möglich. Stas hat deßhalb alle einschlägigen Fragen untersucht. Er fand, daß
                              Neutralfette, wie z.B. Ochsen- und Hammeltalg, Pferdefett, Palmöl, durch bloßen
                              Contact mit Schwefelsäure, die auf 90–100°C. erwärmt worden, nicht in
                              fette Säuren umgewandelt werden können. Selbst bei 26 Proc. Schwefelsäure entzog
                              sich 1/3 und wenigstens 1/6 des Fettes der Einwirkung. Aber durch Kochen der
                              unvollkommen verseiften Masse mit Wasser und Säure während 5–6 Stunden wird
                              eine neue Menge Fett verseift, und man kann auf diesem Wege ohne Schwierigkeit
                              95/100 von dem Rohmaterial an fetten Säuren erhalten.
                           Palmöl verseift am leichtesten, Talg am schwersten, und ersteres dem letzteren
                              zugesetzt befördert dessen Verseifung. Ohne Verlust an Fett ist die Verseifung durch
                              Schwefelsäure nicht ausführbar, und er ist um so größer, je größer die Säuremenge
                              und je höher die Temperatur ist. Wenn diese 80°C. nicht übersteigt, so bleibt
                              die zerstörte Masse in
                              den fetten Säuren gelöst: es ist ein weicher elastischer Körper, der keine Fettsäure
                              durch alkalische Verseifung abgibt. Wird über 100°C. erhitzt, so scheidet
                              sich diese Substanz in Form von Theer mehr oder weniger hart ab und enthält fette
                              Säuren, die durch Naphta oder Schwefelkohlenstoff entzogen werden können. Das
                              Pferdefett unterliegt am schnellsten dieser zerstörenden Wirkung der
                              Schwefelsäure.
                           In der Absicht, die Grenze der möglichen Ausbeute durch Einwirkung der Schwefelsäure
                              zu bestimmen, versuchte Stas die Verseifung durch
                              verdünnte Säure.
                           Er fand, daß Schwefelsäure von 1,38, d. i. 40° Baumé, wenn man
                              verhindert, daß sie durch Verdampfung Wasser verliert, noch im Stande ist, bei
                              110°C. und in kurzer Zeit und mit wenig Verlust die Verseifung zu
                              bewirken.
                           Bei Anwendung von 12,5–10 Proc. solcherweise verdünnter Säure, was
                              6–4,8 Proc. 66 grädiger gleichkommt, und bei einer Dauer des Processes von
                              6–8 Stunden und einer Temperatur von 110–115° findet die
                              Verseifung von 7/8 der Fettsubstanz unter Erzeugung eines Niederschlags statt, der
                              3,5 Proc. beträgt, dem aber nach dem Auskochen mit heißem Wasser durch Naphta 1/4
                              seines Gewichts an fetten Säuren entzogen werden kann.
                           In der Fabrik wurden folgende zwei Versuche angestellt. 1000 Kilogr. reines Fett, bei
                              31,8°C. schmelzbar, und 1000 Kilogr. Palmöl, bei 34°C. schmelzbar,
                              wurden innig gemengt. Zur einen Hälfte des Gemenges wurden 12,5 Proc. Schwefelsäure
                              von 40° Baumé ( = 6 Proc. 66 grädiger), zur anderen Hälfte 10 Proc. 40
                              grädiger ( = 4,8 Proc. 66 grädiger) Säure zugesetzt.
                           Das erstere Gemenge wurde 6 Stunden lang auf 110°, das andere 8 Stunden lang
                              auf 115° erwärmt.
                           Die stark gebräunten Fettsäuren wurden mit 1/3 ihres Volums kochenden Wassers
                              zusammengebracht und das Gemisch 2 Stunden lang im Kochen erhalten. Die fetten
                              Säuren wurden darauf vollkommen ausgewaschen.
                           Das erstere Gemenge gab 17, das andere 18,5 Kilogr. Theer, dem nach dem Waschen durch
                              Naphta noch 3 Kilogr. schwärzlicher Fettsäure entzogen werden konnten, welche man
                              dem übrigen Producte zufügte.
                           Dieses war nach dem Erkalten schwärzlich und schön krystallinisch im Bruch. Bei der
                              Destillation in einer Temperatur von 225–250°C. ergab die erste Hälfte
                              900, die andere 917 Kilogr. Fettsäuren, wovon 4/5 ganz weiß, 1/5 schwach gelblich
                              gefärbt war. Das Verhältniß zwischen dem condensirten Wasser und Fett war 6,5 :
                              1.
                           
                           Da dasselbe Fettgemisch durch alkalische Verseifung 95,6 Proc. fetter Säuren liefert,
                              darf man sagen, es lasse sich die Schwefelsäure-Verseifung, gefolgt von der
                              Destillation, ausführen, ohne einen Verlust, der höher als 5 Proc. ist, zu
                              verursachen.
                           Roubaix und Oudenkoven in Antwerpen fanden, daß 10 Proc. 60 grädiger Säure, was 7,7
                              Proc. 66 grädiger gleichkommt, eine halbe Stunde lang mit dem Fett in Berührung
                              gelassen, hinreichen, um die Verseifung zu bewirken, namentlich, wenn darauf 10
                              Stunden lang das Gemisch mit Wasser im Kochen erhalten werde. Sie erhielten 94 Proc.
                              rohe Fettsäuren.
                           Welcher Ursache muß der constante Verlust von 5 Proc. zugeschrieben werden, der
                              Verseifung oder der Destillation, oder beiden zusammen?
                           Um dieß zu entscheiden, hat Stas fertige Fettsäuren unter
                              Beachtung aller Vorsichtsmaßregeln der Destillation unterworfen:
                           1) Fettsäuren durch alkalische Verseifung erhalten,
                              Schmelzpunkt des Fettes 32°, der Säuren 41°C. – 1000 Kilogr.
                              fette Säuren gaben 946 Kilogr. destillirter Säuren vom Schmelzpunkt 42,5°C.
                              – Verlust 5,4 Proc.
                           Ferner betrug der Verlust durch Destillation bei jedesmal 1000 Kilgr. Product, die in
                              Arbeit genommen wurden:
                           2) Oleinsäure aus alkalischer Verseifung – 5,8 Proc.
                              Verlust durch Destillation.
                           3) Fette Säuren aus alkalischer Verseifung von Colzaöl.
                              – 4,6 Proc. Verlust durch Destillation.
                           4) Fette Säuren aus alkalischer Verseifung von Palmöl. –
                              Verlust 4,2 Proc. (Schmelzpunkt des Palmöls 34°, nach der Verseifung
                              43,5–44°, nach der Destillation 44–45°C.)
                           5) Gepreßte Säuren aus Schwefelsäure-Verseifung und
                              Destillation. Schmelpunkt 51,5°. – Verlust 6,8 Proc. (Schmelzpunkt des
                              Destillates 51,3°C.)
                           6) Destillirte Oelsäure (Oleinsäure). – Verlust 1,1
                              Proc.
                           Mit Ausnahme der schon einmal destillirten Säuren, die fast nichts verlieren, was der
                              gewöhnlichen Annahme widerspricht, hat man also überall durchschnittlich 5 Proc.
                              Verlust durch Destillation.
                           Ferner zeigen sich kleine Veränderungen in den Eigenschaften des Productes durch die
                              Destillation, denn das letzte Fünftel ist stets gelblich gefärbt, und um so mehr, je
                              größer die Menge flüssiger Fettsäuren in dem der Destillation zu unterwerfenden
                              Product ist.
                           
                        
                           
                           6. Ueber die zweckmäßigste Temperatur
                                 für Destillation der Fettsäuren.
                           Stas meint, man solle diese niedriger nehmen, als in der
                              Regel geschieht. In einem Dampfstrom destilliren die Margarin- und Palmitinsäure bei
                              170–180°C. über. Die Oleinsäure fordert 200°C., die
                              Stearinsäure 230°C., und das Verhältniß von Wasser zu Fettsäure ist = 7 :
                              1.
                           Je höher die Temperatur ist, die man anwendet, um so flüchtiger sind die Säuren; bei
                              230–260°C. verhält sich das Wasser zur Fettsäure = 3 oder 4 : 1, bei
                              290°C. = 2 : 1 und bei 325 – 350°C. = 1 : 1.
                           So lange die Temperatur sich zwischen 220 und 240° bewegt, sind 4/5 des
                              Destillates stets ungefärbt; steigt sie über 260°, so beginnt dieses
                              Destillat sich etwas zu färben, bei 290° ist die Färbung merklich und bei
                              320–335° ist sie schon gelbbraun.
                           Ferner erleiden die Fettsäuren, und namentlich die Oleinsäure und Stearinsäure bei
                              etwa 300°C. eine Zersetzung. Es bilden sich aus der Oelsäure namentlich
                              Kohlenwasserstoffe und gefärbte Materien, die den Destillaten den bekannten
                              Dichroismus und den üblen Geruch ertheilen. Um ihnen den Geruch zu nehmen, muß man
                              sie erstens längere Zeit mit Wasserdampf behandeln, der unter einer Gewichtsabnahme
                              von 5–10 Proc. die Kohlenwasserstoffe entzieht, und zweitens nochmals
                              destilliren.
                           Was ist wohl die Ursache, daß die Industriellen sich zu so hohen
                              Destillationstemperaturen genöthigt sehen? Beinahe ausnahmslos die Unvollkommenheit
                              der Verseifung, die 25–30 Proc. Neutralfett in dem Product zurückläßt.
                           Dubrunfaut und Wilson haben
                              gezeigt, daß Palmöl erst bei 290°C. ungefähr und Talg bei
                              315–320°C. sich verseifen und destilliren; bei diesen Temperaturen
                              aber werden sowohl Oelsäure als Glycerin schon zersetzt in Kohlenwasserstoff und
                              Acrolein.
                           Will man diesen Uebelständen begegnen, so muß man entweder das System der Verseifung
                              ändern oder die Destillation unterbrechen, sobald Acrolein auftritt, und den
                              Rückstand nochmals verseifen.
                           Stas ist der Meinung, die Oelsäure und wahrscheinlich
                              auch die Stearinsäure seyen nicht ohne tiefergehende Zersetzung destillirbar; er
                              glaubt nicht an ihre gänzliche Flüchtigkeit. Weiß man doch z.B., daß die destillirte
                              Oelsäure keine Elaidinsäure mehr liefert, weder durch salpetrige Säure noch durch
                              Quecksilbernitrat, das salpetrige Säure enthält, noch durch schweflige Säure.
                              Dieselbe soll aber nach Roubaix und Oudenkoven
                               feste Fettsäuren
                              hervorzubringen im Stande seyn, wenn man sie mit concentrirter Schwefelsäure
                              behandelt.
                           Wirklich findet man in der destillirten Oelsäure feste Fettsäuren, die vor ihrer
                              Destillation nicht darin existirten. Andererseits findet man in den
                              Destillationsproducten nach der schwefelsauren Verseifung durch Ausziehen der
                              Bleifalze mit Aether feste Fettsäuren, deren Schmelzpunkt 28–30° ist.
                              In festen Fetten aber finden sich nicht fette Säuren von solch niedrigem
                              Schmelzpunkt, und die Sache verdiente wirklich eine genauere Untersuchung.
                           
                        
                           7. Die rohen Fettsäuren aus der
                                 schwefelsauren Verseifung hervorgehend.
                           Diese Säuren sind gewöhnlich schwarz, aber krystallinisch-blätterig, so daß sie sich
                              zur Behandlung unter der Presse sehr gut eignen. Stas
                              schlägt vor, man solle das schwarze Säuregemisch durch Pressung so vollständig als
                              möglich in Festes und Flüssiges trennen und dann jedes gesondert der Destillation
                              unterwerfen, namentlich wenn es sich darum handle, Fettsäuren von recht hohem
                              Schmelzpunkte für Kerzen erster Qualität zu erzielen, und wenn man für die festen
                              Fettsäuren von niedrigem Schmelzpunkte Verwendung für geringere Kerzen findet.
                           Wilson in Battersea läßt
                              gewisse schwarze Säuregemische durch starke Pressung gehen und destillirt feste und
                              flüssige Producte gesondert. Die festen Destillationsproducte werden nach kurzem
                              Waschen mit schwach gesäuertem Wasser zum Kerzengießen gebraucht. Oft dienen sie für
                              die in England sehr gebräuchlichen „Compositkerzen“ mit Zusatz
                              von gepreßtem Cocosöl oder gebleichtem Palmöl. Es scheint, daß die festen Fettsäuren
                              von niedrigem Schmelzpunkte, die sich in den Destillaten nach der Behandlung mit
                              Schwefelsäure finden, aus der Oelsäure entstehen, und zwar gleichzeitig mit den
                              übrigen Zersetzungen, die sie beim Destilliren erleidet.
                           
                        
                           8. Fabrication fetter Säuren durch
                                 wässerige Verseifung combinirt mit Destillation. – Glycerin.
                           Dieses von Wilson erfundene Verfahren kann nur auf Palmöl angewendet werden, und sein
                              Gebrauch wird auf Erzeugung von Palmitinsäure und Glycerin eingeschränkt bleiben. Es
                              besteht darin, daß die Fettsubstanz in einem Destillirapparate auf
                              290–315° erwärmt und durch dieselbe ein Dampfstrom geführt wird, der
                              überhitzten Dampf von 315°C. enthält. Unter 290°C. findet Verseifung
                              und Destillation nur langsam statt, über 315° geht sie rasch vor sich, aber
                              das Glycerin erleidet Zersetzung in Acrolein.
                           
                           Alles Glycerin, mit Ausnahme von 2 Mustern, die in London 1862 ausgestellt waren,
                              enthält Unreinigkeiten: Kalksalze, Chlorüre, Spuren von Blei und Kupfer, und
                              färbende sowie riechende Substanzen. So lange es nicht zu medicinischem Gebrauche
                              diente, waren diese Körper ohne Bedeutung; aber sobald man anfieng, es vielfach,
                              auch innerlich zu geben, war es Aufgabe, dasselbe billig und ganz rein darzustellen,
                              und diese Aufgabe hat Wilson in recht sinnreicher Weise
                              gelöst. Das verdünnte, aus der wässerigen Verseifung hervorgegangene Glycerin
                              concentrirt er an offener Luft durch einen Dampfstrom von 5 Atmosphären mittelst
                              einer Metallspirale in offenen Gefäßen. Sobald sich Glycerindämpfe zeigen, wird die
                              Flüssigkeit in einen Destillirapparat gegossen, der durch ein Dampfbad auf
                              280–290° geheizt wird, und man verflüchtigt dasselbe in einem ebenso
                              hoch erhitzten Dampfstrom. Unter diesen Bedingungen wird es ohne Zersetzung
                              flüchtig. In der Fabrik zu Battersea werden die Dämpfe zuerst durch eine
                              8–10fach gewundene, 8–15 Centimeter weite Metallspirale, deren unteres
                              Ende durch ein Kühlfaß, geht, hindurchgeführt, um condensirt zu werden. Die Achse
                              der Spirale liegt horizontal, die Windungen haben an ihrem unteren Ende Heber, aus
                              welchen die Flüssigkeiten, die sich darin verdichtet haben, in untergestellte Gefäße
                              abfließen. Da das Glycerin leichter condensirbar ist als Wasser, ist es begreiflich,
                              daß die verticalen Windungen im Verhältniß der Entfernung vom Destillirapparate
                              weniger warm sind, und daß darum aus jedem entfernten Heber mehr Wasser mit
                              ausfließt und weniger Glycerin. Aus den beiden ersten Windungen wird Glycerin von
                              hinreichender Concentration erhalten, die anderen verdichteten Mischungen von
                              Glycerin und Wasser werden auf's Neue condensirt und der Destillation mit Dampf
                              nochmals unterworfen.
                           Zehn bis zwölf Procent Wasser abgerechnet, ist das auf diese Weise erhaltene Glycerin
                              rein. Man kann begreiflich jedes Glycerin, das im unreinen Zustande durch die
                              verschiedenen Verseifungsmethoden gewonnen wird, auf diese Weise reinigen.
                           
                        
                           9. Ausbeute an fetten Säuren aus
                                 Neutralfetten.
                           Gereinigter Talg liefert 95,5–96 Proc. fette Säuren; das frische Palmöl
                              93,5–94 Proc. und das gelagerte, theilweise in Säuren schon umgewandelte,
                              gewaschene und bei 150°C. getrocknete Palmöl 97–97,5 Procent fette
                              Säuren.
                           Im Fabrikbetrieb liefert die Kalkverseifung des Talges nicht mehr als 93,5–94
                              Proc. rohe Fettsäuren, die gepreßt im Mittel 45 Proc. feste Säuren geben, welche zur
                              Kerzenfabrication unmittelbar verwendbar sind. Ausnahmsweise werden aus recht gutem Fett 47 Proc.
                              Stearinsäure erhalten. Es bleiben daher 46–48 Proc. flüssige Säuren, wenn man
                              in Betracht zieht, daß 0,5–1 Procent Verlust sich beim Pressen ergibt.
                           Nach Motard soll bester Talg, der durch den
                              Kalkverseifungsproceß 47 Proc. feste Fettsäuren liefert, durch die ältere Methode
                              der Behandlung mit Schwefelsäure und Destillation 60–64 Proc. feste Säuren
                              liefern, deren Schmelzpunkt im Mittel um 3°C. niedriger ist, als derjenige
                              der festen Fettsäuren durch Kalkverseifung. Was man über die Ausbeute an festen
                              Säuren durch die augenblickliche Schwefelsäureverseifung berichtet, stimmt nicht
                              überein.
                           Ein Gemisch aus Talg und Palmöl soll nach den Einen 55, nach den Anderen 56–58
                              Proc., nach Roubaix, Jenar und Janssens bis zu 61 und 62 Proc. fester Säuren liefern. Folgendes ist das
                              Ergebniß zweier in der Fabrik angestellter Versuche:
                           a) 1500 Kilogr. Talg, bei 32° schmelzbar,
                              lieferten durch die Behandlung mit Schwefelsäure 1342,5 Kilogr. schwarzer Säuren vom
                              Schmelzpunkt 42,8° und 1264,5 Kilogr. destillirter Säuren von
                              42°–42,5, das ist 84,3 Proc. Fettsäuren. Diese 1264,5 Kilogr. wurden
                              in einer Temperatur von 13–14°C. einer langsamen, aber möglichst
                              kräftigen Pressung unterworfen. Die Preßtücher wurden noch der warmen Presse
                              ausgesetzt. Das Abgelaufene von der warmen Presse wurde einen Tag und zwei Nächte
                              zum Erkalten stehen gelassen und nochmals unter kalte und warme Presse gebracht.
                              Durch häufigere Wiederholung dieses Verfahrens erhielt man:
                           
                              
                                 580 Kilogr.245    
                                    „  90    
                                    „
                                    ––––––––915
                                    Kilogr.
                                 feste„„
                                 Fettsäure„„
                                 bei„„
                                 52°  C.50°  C.47,7
                                    C.
                                 
                                    
                                    
                                 = 55 Procent bei 51° C.=  
                                    6      
                                    „      
                                    „  47,7° C.
                                    ––––––––––––––––––––=
                                    61 Procent bei 50,6° C.
                                 
                                    
                                    
                                    
                                 schmelzbar,schmelzbar.
                                 
                              
                           b) 1000 Kilogr. Palmöl in Talg gemischt, lieferten 917
                              Kilogr. destillirter Fettsäuren, welche ergaben:
                           
                              
                                 378 Kilogr.152    
                                    „  86    
                                    „
                                    ––––––––616
                                    Kilogr.
                                 feste„„
                                 Fettsäure„„
                                 bei„„
                                 51,8° C.50,3° C.43,5° C.
                                 
                                    
                                    
                                 = 53   Procent bei 51,3°
                                    C.=  
                                    8,6      „      
                                    „   43,5° C.
                                    –––––––––––––––––––––
                                    = 61,6 Procent bei 50,1° C.
                                 
                                    
                                    
                                    
                                 schmelzbar,schmelzbar.
                                 
                              
                           Die flüssigen, bei 13–14° von der Presse abgelaufenen Fettsäuren wurden
                              bei längerem Stehen in einer Temperatur von 10°C. fest, sie enthielten daher
                              noch viel Festes, aber nicht von hohem Schmelzpunkte.
                           Da diese Versuche mit ausnahmsweise reinem Rohmaterial gemacht wurden, darf man
                              annehmen, daß die Industriellen, welche 58 Procent feste Fettsäuren bei
                              50,5–51° schmelzbar erhalten, gut arbeiten, und daß 59–60 Proc.
                              schon eine seltene Ausbeute ist. Von diesen Erfahrungen ausgehend, kann man auf
                              wenigstens 13 Proc. und höchstens 15 Proc. die Mehrausbeute an festen Säuren durch die Behandlung mit Schwefelsäure, gegenüber derjenigen
                              mit Kalk, anschlagen.
                           Die auf das Gewicht des Rohstoffs bezogenen 13–14 Proc. Mehrausbeute betragen
                              30 Procent, wenn man sie auf die Fettsäurenmenge bezieht, die zur Kerzenfabrication
                              dienen kann. Dieser enorme Vortheil ist nur um weniges durch nachfolgende
                              Unannehmlichkeiten geschmälert.
                           Der Schmelzpunkt der durch Schwefelsäuren erzeugten Fettsäuren aus Talg oder Palmöl,
                              liegt um 3° niedriger als derjenige der aus der Kalkverseifung
                              hervorgegangenen festen Fettsäuren. Die Kerzen haben daher in wärmeren Klimaten mehr
                              Neigung zum Ablaufen, was aber in gemäßigten und kälteren Klimaten nicht der Fall
                              ist; sie brennen sogar etwas weißer. Die aus der Kalkverseifung hervorgegangene
                              Oelsäure kostet im Handel etwa 10 Proc. mehr als die destillirte, weil die
                              Sodaseife, aus letzterer gemacht, nicht so viel Wasser zurückzuhalten im Stande ist,
                              als die aus der ersteren dargestellte, weßhalb die Seifenfabrikanten erstere
                              vorziehen.
                           Auch für's Einfetten der Wolle hat vielleicht die destillirte Oelsäure etwas
                              geringeren Werth.
                           Wenn das Destillationsverfahren nur 29–30 Procent flüssiger Säure liefert, so
                              ist doch die Preisverminderung der Producte darum unbedeutend, weil die vermehrte
                              Ausbeute an den doppelt so theuren festen Fettsäuren den Verlust mehr als
                              aufwiegt.
                           Stas schließt sein Referat mit dem Ausspruch der
                              Ueberzeugung, „daß die Schwefelsäureverseifung die
                                    Kalkverseifung überall verdrängen werde. Mögen die französischen,
                                    österreichischen und italienischen Fabrikanten, die noch nicht das neuere
                                    Verfahren kennen, bei Zeiten daran denken, es anzunehmen!“