| Titel: | Ueber die Herstellung von Papierzeug aus Holz im Königreiche Hannover; von Prof. Rühlmann. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XXVIII., S. 102 | 
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                        XXVIII.
                        Ueber die Herstellung von Papierzeug aus Holz im
                           Königreiche Hannover; von Prof. Rühlmann.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen
                                 Gewerbevereins, 1864 S. 226.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Rühlmann, über die Herstellung von Papierzug aus Holz im
                           Königreiche Hannover.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich ist es zuerst den Papierfabrikanten Heinrich Völter's Sohne zu Heidenheim im Königreiche Württemberg gelungen,
                              (vorzugsweise) aus dem Holze der Fichte und Zitterpappel, Fasern (nicht Holzmehl) zu
                              gewinnen, welche ein Surrogat für den Haderfaserstoff liefern, wovon man nunmehr
                              nach 10jähriger ErfahrungZur allgemeinen deutschen Industrie-Ausstellung in München (1854) hatten Völter's Söhne bereits ihre neuen Fabricate
                                    eingesandt. behaupten kann, daß es das vorzüglichste Aushülfsmittel ist, welches in
                              Verbindung mit Haderstoff zu Papier verarbeitet werden kann, indem es in seiner
                              Eigenschaft der letzteren Substanz sehr nahe kommt, und sich durch leichte
                              massenhafte und wohlfeile Beschaffung vor anderen Surrogaten, wie Stroh und
                              Maisfaser, Jute etc. etc. vortheilhaft auszeichnet.
                           Das Völter'sche, auch im Königreiche Hannover patentirte
                              Verfahren zur Erzeugung dieses Holzstoffes, wurde bereits im Jahrgange 1857 der
                              Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins (daraus im polytechn. Journal Bd.
                                 CXLIV S. 362) ausführlich beschrieben, kam jedoch erst später in unserem Lande zur
                              Ausführung, und wird jetzt mit den von Scriba-Hartmann
                              angebrachten Verbesserungen zur Bereitung der Papier-Holzfaser mehrfach
                              benutzt.In England sind die Völter'schen Apparate auf den
                                    Namen Newton patentirt (m. s. die
                                    Patentbeschreibung im Jahrgang 1861 des polytechn. Journals Bd. CLXIV S.
                                       270). Ueber die Scriba-Hartmann'sche Verbesserung
                                    soll in einem der nächsten Hefte Auskunft ertheilt werden.
                              
                           In jüngster Zeit haben sich aber auch andere Männer mit Vervollkommnung der zur
                              Fabrication erforderlichen Apparate und namentlich der zum Abschleifen der Holzfaser
                              nothwendigen Maschinen beschäftigt, worunter zunächst der Civilingenieur G. A. Siebrecht in Cassel (Hessen-Cassel) genannt zu werden
                              verdient.
                           Siebrecht's Holzschleif-Apparat unterscheidet sich
                              bekanntlich von dem der oben genannten Herren dadurch, daß er zum Anpressen der
                              Holzklötze gegen den sich drehenden Sandstein (Mühlstein) weder Schrauben noch Gewichte,
                              sondern lediglich Wasserdruck benutzt und dabei von den
                              Armstrong'schen Accumulatoren nützliche Anwendung
                              macht. Für diese Constructionsweise hat sich Siebrecht
                              Patente im Königreiche Hannover und anderen Staaten erworben, und sind die
                              betreffenden Maschinen bereits im Jahrgange 1863 des Kunst- und Gewerbe-Blattes für
                              Bayern, S. 699 beschrieben und abgebildet.
                           In diesen Patentbeschreibungen wird besonders die Völter'sche Steinaufstellung, d.h. die verticale, wobei die Drehachse
                              horizontal liegt, in's Auge gefaßt, der horizontalen Aufstellung, mit verticaler
                              Drehachse, aber nur beiläufig gedacht, während sich jetzt zeigt, daß die letztere
                              vor der ersteren mancherlei Vorzüge hat. Außerdem bezieht sich Siebrecht's Patent besonders auf Maschinen, wobei der abzuschleifende
                              Holzkörper mit dem Stein zugleich (und zwar in entgegengesetzter Richtung zu
                              letzterem) rotirt, eine Anordnung, die gewiß manche Vortheile, aber gewiß auch den Nachtheil bietet,
                              daß die ganze Construction sehr complicirt wird.
                           Neuerdings liefert Hr. Siebrecht wieder Maschinen mit
                              nicht rotirenden Holzklötzen, wobei zugleich der ganze Bau ein völlig anderes und
                              vortheilhafteres Ansehen erhalten hat. Mit Vergnügen benutzen wir daher eine uns von
                              Hrn. Siebrecht selbst zugestellte Photographie als
                              Original Zur Abbildung seiner neuesten Maschine. Dabei stellt Fig. 1 die Schleifmaschine
                              nebst Accumulator und Injections-Pumpwerk im Verticaldurchschnitte dar und Fig. 2 den
                              Grundriß, letzterer so genommen, wie es das Verständniß wünschenswerth macht.
                              Gleiche Theile sind in beiden Figuren mit denselben Buchstaben bezeichnet.
                           Auf einem entsprechend hergerichteten Quaderfundamente A
                              liegt eine schwere gußeiserne Platte B, auf welcher man
                              vier vertical stehende Säulen C befestigt hat, die oben
                              mit dem Gebäudebalken D gehörig verbunden sind.
                           Zur Aufnahme des oberen Lagers für die stehende Welle E
                              sind die vier Säulen C, C durch eine Traverse F mit einander vereinigt, während die Welle E selbst mit dem Steine G
                              durch große eiserne Scheiben und durchgehende Schraubenbolzen fest und überhaupt so
                              verbunden ist, wie es Fig. 1 ohne Weiteres
                              erkennen läßt. Durch die vier quadratischen Oeffnungen a, a,
                                 a, a in der unteren Hälfte des Grundrisses sind im inneren Ringe vier der
                              Holzklötze angedeutet, wovon überhaupt 8 ohne zu rotiren um den Stein rings herum
                              symmetrisch vertheilt sind. Da man beim Arbeiten mit der Maschine immer gleichzeitig
                              zwei diametral gegenüberliegende Holzklötze in radialer Richtung anpreßt, wird jeder
                              nachtheilige Seitendruck auf die Drehachse E des Steines
                              vermieden. Außer den Vortheilen vor den verticalen, um eine horizontale Achse
                              laufenden Steinen wird hierbei noch erreicht, daß der vom ersten Klotze abgerissene
                              Stoff immer einige Zeit gewinnt, durch sein Gewicht (vermöge der Schwerkraftwirkung)
                              und durch aus kleinen Schlitzen eingesprengtes Wasser in den Kasten H zu fallen, während bei vertical laufenden Steinen der
                              abgeschliffene Stoff von einem Klotze zum anderen mit fortgerissen, weiter zerkleint
                              und dadurch so verfeinert wird, daß er oft ganz mit dem Waschwasser fortgehen
                              soll.
                           Die Kolben b, b, welche im eisernen Ringe k, k angebracht sind, drücken die in den Kästen c, c befindlichen Holzklötze a gegen den sich umdrehenden horizontalen Stein G. Erzeugt wird der erforderliche Druck dadurch, daß eine wie bei
                              hydraulischen Pressen übliche Injectionspumpe L Wasser
                              durch ein Rohr Q in einen Accumulator M treibt (d.h. in eine hydraulische Presse drückt, deren
                              Kopfplatte N mit besonders aufgebrachten Gewichten P belastet ist), von welchem aus mittelst eines zweiten
                              Rohres S die Cylinder b der
                              acht Arbeitskolben gespeist werden können.
                           Jeder einzelne Kolben b ist durch einen Hahn vom
                              Accumulator abzusperren, welcher Hahn gleichzeitig so angeordnet ist, daß der Vor-
                              und Rückgang der Kolben b veranlaßt werden kann.
                           Die beim Schleifen entstehenden Vibrationen haben keine andere Abnutzung zur Folge,
                              als daß von Zeit zu Zeit die Kolbenliederungen erneuert werden müssen; außerdem ist
                              es möglich, den Druck bis auf einige Loth per
                              Quadratzoll zu reduciren oder beliebig zu erhöhen.
                           Zur Zeit wurden dem Referenten im Königreiche Hannover bereits zwölf Etablissements zur Herstellung von Holzstoff zur Papierfabrication
                              genannt,Noch eine andere Holzstoff-Fabrik soll sich in oder bei Alfeld im Entstehen
                                    begriffen finden. die theils vollendet, theils im Baue begriffen sind. Davon befindet sich
                              eine in Speele bei Münden, Hrn. C. A. Köther gehörig, die
                              übrigen am Harze und zwar an nachbenannten Orten, denen wir, ohne jedoch völlige
                              Richtigkeit zu verbürgen, Namen der Firma und sonstige uns mitgetheilte Angaben
                              beifügen:
                           
                              
                                   1) Marienthal bei
                                    Oker,  2) Louisenthal bei
                                    Bodenhausen,
                                 
                                    
                                    
                                 Hrn. v. Scriba gehörig, Betrieb durch
                                    Wasserkraft, 70–80Pferdestärken mächtig. Verbessertes System Völker.
                                 
                              
                           3) Osterode. Firma: Thiele und
                              Comp. (Hostmann und Uhde). Turbine von 140 Pferdekräften. System Hartmann.
                           4) Herzberg. Firma: Levin.
                              Turbine (?) von 50 Pferdestärken. System Hartmann.
                           5) Oker. Firma: Kiel, System
                              Seiffert (in Ilsenburg), modificirtes Völter'sches System.
                           6) Goslar. Firma: Schuber.
                              Dampfmaschine (?) von 10 Pferdestärken. System Mehner
                              (Voigtländer in Schladen). Hier sollen Holzklotz und
                              Stein zugleich rotiren.
                           7) Eisenhütte bei Goslar. Firma: Ammelburg und Alberti. Betriebskraft
                              10–20 Pferdestärken. System unbekannt.
                           8) Okerthal. Firma: Steinmann.
                              Betriebskraft 60–100 Pferdestärken. System Hartmann.
                           9) Okerthal. Firma: Budenberg.
                              Betriebskraft 40 Pferdestärken. System unbekannt.
                           10) Selkethal. Firma: Keferstein. System Völter.
                           11) Andreasberg. Firma: G. Bokelberg und Comp. Partialturbine mit innerer Beaufschlagung (nach Nagel
                              jun.) von circa 100
                              Pferdestärken. System Siebrecht, Holzklötze ohne
                              rotirende Bewegung, radial durch Wasserdruck gegen den horizontalliegenden Stein
                              gepreßt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
