| Titel: | Ueber die Darstellung des Jods und anderer Producte aus Kelp in Schottland; von Dr. Lunge. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XXXVI., S. 148 | 
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                        XXXVI.
                        Ueber die Darstellung des Jods und anderer
                           Producte aus Kelp in Schottland; von Dr. Lunge.
                        Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, 1864, Nr.
                              25.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Lunge, über Darstellung des Jods und anderer Producte aus Kelp in
                           Schottland.
                        
                     
                        
                           Es wurde mir in Glasgow durch die Güte des Besitzers Gelegenheit geboten, die
                              bedeutendste der dortigen Jodfabriken auf das Genaueste zu besichtigen und jede
                              gewünschte Auskunft über die Art und Weise der Fabrication zu erhalten. Ich
                              überzeugte mich, daß in dieser Fabrik, welche allein mehr Jod als alle übrigen
                              schottischen Fabriken zusammengenommen erzeugt, ein theilweise ganz anderes
                              Verfahren befolgt wird, als man es noch in den neuesten Lehrbüchern beschrieben
                              findet; die Verfasser der letzteren scheinen eine der anderen, kleineren Fabriken
                              vor Augen gehabt zu haben. Eine Beschreibung jener Fabrik dürfte also hier am Orte
                              seyn; ich will derselben jedoch zunächst einige allgemeine Angaben über das
                              Rohmaterial dazu vorausschicken, welche ich dem Hofmann'schen Berichte der Ausstellungs-Jury von 1862 auszüglich entnehme.
                           Bekanntlich verarbeiten die Jodfabriken Kelp oder Varec, d.h. die Asche gewisser
                              Seetange, welche in ungeheuren Mengen, namentlich an den Küsten von Schottland,
                              Irland und Frankreich gesammelt und verbrannt werden. Diese Seetange (Algen) sind
                              aber nicht alle von derselben Art, und namentlich besteht ein sehr bedeutender
                              Unterschied zwischen „Treibalgen“
                              Ich erlaube nur diese Wortbildung nach Analogie von Treibholz. (engl. drift weed, franz. varec venant und „Schnittalgen“ (engl. cut weed, franz. varec
                                 scié. Die ersteren treiben dem Lande auf den Wellen zur Fluthzeit
                              zu, oder werden auf offener See von den Bootsleuten aufgefischt; die letzteren
                              sitzen an den Felsen fest und müssen abgeschnitten, also wirklich geerntet werden.
                              Letztere, die Schnittalgen, gehören zu den botanischen Arten Fucus serratus welche schwarz ist, und Fucus
                                 nodosus, von gelber Farbe. Die erstere ist um die Hälfte reicher, sowohl an
                              Kalisalzen, als an Jod, als die letztere.
                           Die Treibalgen bestehen aus der Art Laminaria digitata;
                              sie enthalten 25 Procent mehr Kalisalze und 300 Proc. mehr Jod, als die
                              Schnittalgen; außerdem ist das Verhältniß der Kali- zu den Natronsalzen günstiger und endlich enthalten
                              sie von ersteren meist Chlorkalium, während in den Schnittalgen schwefelsaures Kali
                              vorwiegt, dessen Handelswerth geringer als der des Chlorkaliums ist. In jeder
                              Beziehung also haben die Treibalgen den Vorzug vor den Schnittalgen, und daraus
                              erklärt es sich, daß der Kelp der westlichen Provinzen Großbritanniens und Irlands
                              besser ist, als der der östlichen; den ersteren führt nämlich der atlantische Ocean
                              und die dort viel heftigeren Winde eine große Menge Treibalgen zu, während die
                              letzteren meist auf Schnittalgen angewiesen sind. Der Unterschied im Werthe ist sehr
                              groß; so kostet z.B. Rathlin Kelp in Glasgow 7 Pfd. St. 10 Sh. bis 10 Pfd. St. 10
                              Sh. per Kelptonne von 22 1/2 Centner, während Galway
                              Kelp nur 2 bis 3 Pfd. St. bringt.
                           In welch unrationeller Weise der Kelp dargestellt wird, und welche enorme Quantität
                              namentlich von Jod, bei der Verbrennung der Algen durch Verflüchtigung verloren
                              geht, ist allgemein bekannt und in dem Hofmann'schen
                              Berichte speciell besprochen, wo auch einige der vielen Verbesserungsvorschläge
                              entwickelt und zugleich die Ursachen angeführt sind, welche eine durchgreifende
                              Abhülfe sehr erschweren, wenn nicht unmöglich machen. Es würde mich zu weit führen,
                              hier darauf einzugehen, und will ich nur einen dieser Uebelstände erwähnen, nämlich
                              den, daß bei der Verbrennung die Schwefelsäureverbindungen zu Schwefelverbindungen
                              reducirt werden, und nachher wieder aus den letzteren durch Zusatz von Schwefelsäure
                              regenerirt werden müssen, was die Hälfte der Kosten der ganzen Kelpverarbeitung
                              ausmacht. 22 Tonnen (à 20 Ctr.) nasser Tang geben
                              durchschnittlich eine Tonne drift kelp, aus welcher
                              neben Jod und gemischten Natronsalzen 5 bis 6 Ctr. Chlorkalium (des Handels) und 3
                              Ctr. rohes schwefelsaures Kali erhalten werden. Die ganze Behandlung des Kelp kostet
                              zwischen 25 und 28 Sh. per Tonne, wovon allein 13 Sh.
                              auf Schwefelsäure kommen.
                           Die von mir besuchte Fabrik von Wm. Paterson in Glasgow
                              verarbeitet 10,000 bis 12,000 Tonnen irischen Kelp im Jahre. Die Qualität desselben
                              ist sehr verschieden, und der Gehalt an löslichen Bestandtheilen schwankt zwischen
                              30 und 60 Procent. Die löslichen Salze werden gewonnen durch Auslaugen des Kelps in
                              gußeisernen, viereckigen Gefäßen (keeves) von 8 Fuß
                              Länge, 5 Fuß Breite, 4 Fuß Höhe und 5/8 Zoll Eisenstärke. Sie bestehen aus einzelnen
                              Platten mit rechtwinklig abstehenden Rändern, welche durch Schraubenbolzen vereinigt
                              sind; die Langseite ist aus zwei solchen Platten zusammengesetzt. Oben sind sie
                              offen, haben aber einen 3 Zoll breiten, nach innen gehenden Rand, welcher dem
                              Herausspritzen von Flüssigkeit vorbeugen soll. Mit Doppelboden sind sie nicht versehen, sondern
                              haben nur gerade über der Oeffnung im Boden für den Ablaßhahn ein grobes Filter,
                              bestehend aus Kieselsteinen, darüber ausgelaugtem Kelp und zuoberst einem Stücke
                              grober Leinwand. Ein solcher gußeiserner Bottich mit allem Zubehör kostet 30 Pfd.
                              St.
                           Je 20 solcher Bottiche sind zu einem Systeme verbunden. Es führen nämlich von ihren
                              Ablaßhähnen Rinnen oder Röhren zu einem gemeinschaftlichen Sumpfe, welcher den
                              Inhalt eines Bottiches faßt; in ihm steht eine gußeiserne Druckpumpe, deren
                              Druckrohr wiederum Abzweigungen über alle Bottiche aussendet. Man läßt also die
                              Flüssigkeit aus einem der Bottiche in den Sumpf laufen, und pumpt sie von da, wenn
                              sie siedewürdig ist, nach einem Sammelgefäße, wenn aber nicht, in einen anderen
                              Bottich, dessen Flüssigkeit früher entleert worden ist. Selbstverständlich geschieht
                              dieß in systematischer Reihenfolge, welche um so nothwendiger ist, als der Kelp 20
                              oder mehr Wässer bekommen muß, bevor er erschöpft ist. Die Laugen sind alle kalt,
                              und nur zum letzten Auslaugen wird warmes Wasser aus einem Dampfkessel genommen;
                              Dampfröhren für jeden einzelnen Bottich sind nicht vorhanden. Wie man sieht, ist das
                              ganze Verfahren sehr verbesserungsfähig; jeder Bottich muß einzeln in den Sumpf
                              entleert und die Flüssigkeit wieder aus diesem herausgepumpt werden, während bei dem
                              jetzt allgemein in den Sodafabriken angewendeten Verfahren von Shanks das Füllen eines Bottichs mit frischem Wasser die selbstthätige
                              Wanderung der Laugen durch alle Bottiche veranlaßt. Zwar muß man sich dabei auf die
                              Combination von wenigen Bottichen beschränken (gewöhnlich werden nur bis zu sechs
                              davon angewendet); diese würden aber wohl auch für den Kelp ausreichen, wenn man die
                              Art der Filtration verbesserte, und in den Bottichen doppelte falsche Böden, wie in
                              den Sodafabriken, anbrächte.
                           Wenn der Kelp völlig ausgelaugt ist, so wird der Rückstand auf Haufen geworfen und
                              der Austrocknung an der Luft überlassen; er wird von den Verfertigern von
                              Flaschenglas angekauft, für welche er vermuthlich wegen seines Gehaltes an
                              kieselsaurem Kalke Werth hat. Andererseits wird die Lauge, wenn sie völlig gesättigt
                              ist, in einen großen schmiedeeisernen Behälter gepumpt, welcher höher als die
                              Siedepfannen angebracht ist, und die letzteren speist. Von Siedepfannen sind 6 Stück
                              vorhanden, welche jede durch ein besonderes Feuer geheizt werden; sie sind von
                              Gußeisen, haben 8 Fuß Durchmesser und 5 Fuß Tiefe; die Eisenstärke ist am Boden 2
                              Zoll, nimmt aber nach dem Rande hin allmählich ab, so daß eine solche Pfanne nicht
                              mehr als 35 Centner wiegt. Der Rost hat 3 Fuß Länge und Breite, und ist so
                              angebracht, daß der Boden der Pfanne sich noch im Mauerwerke befindet, und nur die Seiten vom Feuer
                              bestrichen werden; dieß geschieht, um das Springen zu verhüten, welches sonst sehr
                              leicht erfolgen könnte, weil sich immer eine Menge Salze am Boden festsetzen. (Hier
                              muß ich wieder die Bemerkung machen, daß man wohl weit zweckmäßiger die sogenannten
                              bootförmigen Pfannen anwenden würde, welche sich bei der Fabrication von caustischer
                              Soda so ausgezeichnet zweckentsprechend für einen ähnlichen Proceß bewährt haben,
                              und deßhalb in England allgemein eingeführt sind.) Das Feuer also, welches sehr
                              stark unterhalten wird, geht um die Seiten des Kessels herum, und dann zwischen je
                              zwei Pfannen hindurch nach einem gemeinschaftlichen Zugcanale, welcher nach dem
                              Hauptschornstein führt, nachdem er vorher noch unter dem Laugenreservoir hingegangen
                              ist und dieses erwärmt hat. Das Register zur Regulirung des Zuges befindet sich in
                              sehr bequemer Weise dicht neben der Feuerthür. Die Pfannen liegen so hoch, daß man
                              die Lauge aus ihnen durch Rinnen in alle Krystallisirgefäße laufen lassen kann; man
                              muß die Lauge aus ihnen in die Rinnen ausschöpfen, da sie keine Ablaßöffnung
                              haben.
                           Die Kelplauge wird zunächst so weit eingedampft, daß beim Erkalten alles
                              schwefelsaure Kali herauskrystallisirt. Eine bestimmte Grädigkeit kann man dafür
                              nicht angeben, da das Verhältniß der verschiedenen Salze zu einander ungemein
                              wechselnd ist; die Arbeiter haben dafür praktische Anzeichen, z.B. die Bildung eines
                              Salzhäutchens im Sieden. Bei dem richtigen Punkte also zieht man das Feuer aus und
                              läßt die Lauge zum Erkalten in die Krystallisirgefäße laufen. Diese sind sämmtlich
                              von Gußeisen, theils halbkugelige Schalen von 6 Fuß Durchmesser, theils Cylinder von
                              4 1/2 Fuß Durchmesser und 4 Fuß Höhe, die Eisenstärke beider ist 5/8 Zoll. Die
                              Cylinder sollen sich zweckmäßiger als die Schalen zeigen, wahrscheinlich weil wegen
                              der größeren Oberfläche das Erkalten rascher stattfindet. Man läßt mehrere Male
                              hintereinander in demselben Gefäße krystallisiren, bis die Krystallkruste eine Dicke
                              von mindestens 2 Zoll erreicht hat.
                           Bei der ersten Krystallisation scheidet sich also rohes schwefelsaures Kali aus,
                              welches man nur durch Ablaufenlassen von der Mutterlauge trennt und feucht als plate sulfate in den Handel bringt. Es enthält 50
                              Procent schwefelsaures Kali, 30 Procent schwefelsaures Natron und Kochsalz nebst
                              etwas von den übrigen Kelpsalzen, und 20 Proc. Wasser; sein Preis ist etwa 7 Pfd.
                              St. per Tonne (2 1/3 Thlr. per Centner).
                           Die Mutterlauge, welche davon bleibt, wird in den oben beschriebenen Pfannen weiter
                              eingedampft, bis trotz des Ausschöpfens der fortwährend herausfallenden Natronsalze
                              auch Kalisalze als Haut an der Oberfläche zu krystallisiren anfangen; man schöpft dann
                              wieder aus und erhält jetzt beim Erkalten eine Ernte von Chlorkalium. Die davon
                              fallende Mutterlange wird wieder weiter eingedampft, unter Ausschöpfung der sich
                              während des Siedens ausscheidenden Natronsalze; beim Krystallisiren erhält man eine
                              zweite Ernte von Chlorkalium. Auf ganz dieselbe Weise erfolgt noch eine dritte, oft
                              noch eine vierte Krystallisation von Chlorkalium. Dieses Salz läßt man zunächst in
                              eisernen Ständern nach Art der Auslaugebottiche abtropfen und wäscht es mehrere Male
                              mit kaltem Wasser ab, weil die Mutterlaugen durch ihren zunehmenden Jodgehalt immer
                              werthvoller werden. Dann läßt man es noch auf einer schiefen hölzernen Ebene 24
                              Stunden lang in dünner Schicht ausgebreitet ablaufen, und trocknet es zuletzt auf
                              einem von feuerfesten Platten gebildeten Raume von 15 Fuß Länge und 8 Fuß Breite,
                              welcher durch zwei darunter angebrachte Feuerungen geheizt wird. Das käufliche Salz
                              enthält 92–93 Procent Chlorkalium, 2 Proc. Wasser und 5–6 Proc. fremde
                              Salze, besonders Chlornatrium (diese Angabe wurde mir in völlig verläßlicher Weise
                              bei Paterson gemacht; Hofmann
                              gibt 80 Proc. Chlorkalium und 8–9 Proc. Wasser an). Der Handelspreis war nach
                              Hofmann im Jahre 1862 20 Pfd. St. per Tonne (= 6 2/3 Thlr. per
                              Centner), dürfte aber seit der gesteigerten Ausbeute des Staßfurter Lagers bedeutend
                              gefallen seyn.
                           Die Natronsalze (kelp salt), welche sich in enormer Menge
                              während des Eindampfens ausscheiden und mit durchlöcherten Schaumlöffeln ausgesoggt
                              werden, bestehen zum größten Theile aus Kochsalz, nächstdem aus schwefelsaurem und
                              kohlensaurem Natron; außerdem enthalten sie immer etwas Kalisalze beigemengt. Das
                              Salz wird feucht auf Lager gebracht und in dem Feuchtigkeitszustande, den es gerade
                              hat, verkauft; trotzdem bringt es 18 Sh. per Tonne,
                              während ganz reines Kochsalz in Glasgow nur mit 13 Sh. bezahlt wird. Dieß kommt
                              daher, daß es die Sodafabrikanten wegen seines Gehaltes an Soda gern kaufen und zur
                              Beimischung für geringere Sodasorten benutzen. Beiläufig gesagt, kostet in Liverpool
                              trockenes, schneeweißes, völlig reines Kochsalz von Nord-Wales 6 Sh. per Tonne oder 3 Sgr. per
                              Centner, was freilich den dortigen Fabrikanten eine Concurrenz mit denen anderer
                              Orte sehr leicht macht.
                           Die jährliche Ausbeute an gemischten Natronsalzen ist in dieser Fabrik 5000 Tonnen
                              (à 20 Centner), an Chlorkalium 2500 Tonnen,
                              welche sämmtlich nach Salpeterfabriken gehen, und an schwefelsaurem Kali 1500
                              Tonnen.
                           Die Mutterlauge, welche nach der letzten Krystallisation von Chlorkalium bleibt, wird
                              nun auf Jod verarbeitet. Sie enthält neben Jodkalium und Jodnatrium Verbindungen der
                              Alkalien mit Schwefelwasserstoff, schwefliger Säure und unterschwefliger Säure. Sie
                              wird in große Behälter gepumpt, welche durch hölzerne Deckel dicht verschlossen
                              sind; ein weites thönernes Ableitungsrohr für Gase ist in dem Deckel angebracht und
                              mündet in einen Zugcanal, welcher in den 175 Fuß hohen Hauptschornstein führt. In
                              diesen Gefäßen wird die Mutterlauge mit so viel Schwefelsäure versetzt, bis alle
                              flüchtigen Schwefelverbindungen ausgetrieben sind und noch ein bestimmter Ueberschuß
                              von Schwefelsäure vorhanden ist, welcher alkalimetrisch ermittelt wird. Die
                              Schwefelsäure (von 1,70 spec. Gew.) fließt aus den Ballons, welche auf dem Deckel
                              stehen, durch einen dünnen Heber von Gutta-percha in feinem Strahle allmählich zu.
                              Zuerst zersetzen sich hauptsächlich die Schwefelalkalien, dann mehr die
                              schwefligsauren und unterschwefligsauren Alkalien; daher herrscht zuerst der Geruch
                              nach Schwefelwasserstoff, dann der nach schwefliger Säure vor. Die Gase gehen
                              sämmtlich unbenutzt nach dem Schornstein. Natürlich scheidet sich auch eine Menge
                              Schwefel als solcher ab, theils entstanden durch das Zerfallen der unterschwefligen
                              Säure, theils durch die gegenseitige Wirkung des Schwefelwasserstoffs und der
                              schwefligen Säure; er zeigt sich als eine Art Schaum in häufig fußdicker Lage an der
                              Oberfläche der Flüssigkeit, wird von dieser abgenommen und lufttrocken an
                              Schwefelsäurefabrikanten abgegeben. Die jährliche Ausbeute ist 100 Tonnen = 2000
                              Centner, mit 75 Procent Gehalt an reinem Schwefel. Der Verbrauch an Schwefelsäure
                              ist sehr wechselnd und manchmal das 3- bis 4fache von der Menge, welche man bei
                              einer guten Kelpsorte braucht. Dieß scheint sich mir ganz einfach daraus zu
                              erklären, daß bei einer besseren, d.h. an krystallisirbaren Kalisalzen reicheren
                              Kelpsorte weniger schwefelsaures Kali bei der Verbrennung der Algen reducirt worden
                              ist.
                           Wenn die mit Schwefelsäure versetzte Flüssigkeit 24 Stunden gestanden und jede
                              Gasentwickelung aufgehört hat, wird sie, natürlich nach Abschäumung des Schwefels,
                              in die Sublimirgefäße gebracht, welche 5 an der Zahl, unmittelbar davor stehen. S.
                              Fig. 9 und
                              10.
                           Jedes von diesen besteht aus einem gußeisernen Kessel von 5 Fuß Durchmesser und einem
                              darauf gekitteten, aus Blei dick gegossenen Helme, welcher ziemlich halbkugelig
                              gewölbt ist und in der Mitte eine kreisrunde Oeffnung von 1 1/2 Fuß Durchmesser hat.
                              Ein Gerüst von eisernen, mit Blei überzogenen Stäben in seinem Innern schützt ihn
                              vor dem Zusammenfallen. Ein solcher Helm dauert nur wenige Monate, und auch der
                              gußeiserne Untertheil nützt sich rasch ab, besonders einige Zoll unter dem Rande,
                              nämlich über dem Niveau der Flüssigkeit. Als Kitt für die bleibende Verbindung
                              zwischen dem eisernen Untertheil und dem Bleihelme nimmt man Romancement, während
                              alle übrigen, temporären Lutirungen mit nassem Thon gemacht werden. Die kreisrunde
                              Oeffnung in der Mitte des Helmes wird mit einer dreifach durchlöcherten Thonplatte
                              bedeckt. Das eine dieser Löcher hat einen Zoll im Durchmesser und ist mit einem
                              thönernen Pfropfen verschlossen; es dient zum Einbringen von Braunstein. Die beiden
                              anderen Löcher haben 3 Zoll im Durchmesser; in sie werden die thönernen
                              Ableitungsröhren für den Joddampf eingekittet. Diese letzteren sind knieförmig
                              gebogen, haben gleichfalls eine Oeffnung mit Thonpfropf und eine Handhabe. Sie
                              stehen wieder in Verbindung mit den Recipienten, flaschenförmigen Gefäßen von
                              Thonmasse, etwa 2 1/2 Fuß lang und 1 Fuß im Bauche dick. Sie liegen waagrecht und
                              zwar immer sechs hintereinander, indem immer der Hals der nächsten in den Boden der
                              ferneren reicht; zu einem Apparate gehören also im Ganzen zwölf Vorlagen. Sie haben
                              gar keinen festen Boden, weil man sonst die Kuchen des sublimirten Jods nicht gut
                              herausnehmen könnte; der Zwischenraum zwischen dem engen Halse der einen Flasche und
                              dem viel weiteren Bodenrande der anderen ist durch einen Ring von gebranntem Thon
                              ausgefüllt, welcher mit Falzen in beide eingreift und durch nassen Thon mit ihnen
                              verkittet wird. Jede Flasche hat an der unteren Seite eine kleine Oeffnung, welche
                              stets offen bleibt, damit das bei der Sublimation mit übergehende und sich
                              condensirende Wasser abtropfen kann. Die letzte Flasche ist verschlossen; übrigens
                              entweicht, auch wenn sie geöffnet wird, nur eine höchst unbedeutende Menge Joddampf
                              daraus. In dieser Vorlage findet sich häufig Jodcyan in weißen Nadeln mit dem Jod
                              angeschossen.
                           Die mit Schwefelsäure versetzte Mutterlauge wird also in den Apparat gebracht, dann
                              die Thonplatte und in diese die Ableitungsröhren eingekittet, und die Verbindungen
                              der Flaschen mit denselben und untereinander hergestellt. Darauf wird ein schwaches
                              Feuer unter der Blase angezündet und durch das kleine Loch im Deckel Braunstein in
                              kleinen Portionen nach und nach zugegeben; im Ganzen braucht man einen Centner davon
                              für jeden Apparat. Nach 10 Stunden ist alles Jod ausgetrieben, soweit möglich, und
                              die Sublimation beendet; alle 24 Stunden wird eine solche Operation gemacht. Das
                              Feuer bestreicht nur den Boden des Kessels, welcher letztere jedoch zur Verringerung
                              der Abkühlung ganz eingemauert ist. Das während der Sublimation mit übergehende und
                              aus den Vorlagen abtropfende Wasser enthält etwas Jod und wahrscheinlich alles Brom;
                              es wird immer wieder in die Kessel zurückgegossen. Bis jetzt wird in Schottland noch
                              kein Brom für sich abgeschieden; es dürfte sich dieses auch schwerlich lohnen, da nicht nur
                              seine Trennung vom Jod sehr schwierig, sondern auch die im Kelp vorkommende Menge
                              sehr unbedeutend ist.
                           Wichtiger vielleicht wäre es, ein Mittel zu finden, um den so bedeutenden Verbrauch
                              an Schwefelsäure zu verringern. Man hat z.B. vorgeschlagen, die Säure ganz verdünnt
                              einfließen zu lassen, wo sich dann zuerst fast nur die Schwefelalkalien zersetzen;
                              man solle mit dem Zusatze von Säure aufhören, wenn statt des Schwefelwasserstoffes
                              schweflige Säure zu entweichen anfängt. Dann solle man die Flüssigkeit mit Schwefel
                              kochen, um alles schwefligsaure Salz in unterschwefligsaures überzuführen, welches
                              letztere bekanntlich weit weniger löslich ist. Beim Erkalten würde es also
                              größtentheils herauskrystallisiren. Bei diesem Verfahren würde man somit erstens
                              alle Schwefelsäure ersparen, welche zur Zersetzung der schwefligsauren und
                              unterschwefligsauren Alkalien erforderlich ist, und zweitens eine bedeutende
                              Quantität der letzteren gewinnen. Die Mutterlauge würde dann mit so viel
                              Schwefelsäure zu versetzen seyn, um den Braunstein zu zersetzen, und käme zu
                              derselben Verarbeitung wie eine gewöhnliche Mutterlauge. Ob dieses Verfahren,
                              welches mir bei Hrn. Paterson als Vorschlag mitgetheilt
                              wurde, in der Praxis irgendwo ausgeführt wird, ist mir nicht bekannt geworden; in
                              jener Fabrik selbst wird es nicht angewendet, sondern ebenso verfahren, wie es
                              beschrieben worden ist. Man hat somit in dem Rückstande aus den Sublimirgefäßen eine
                              viel freie Säure enthaltende Lösung von schwefelsauren Alkalien, welche an einen
                              Düngerfabrikanten abgegeben wird.
                           Die jährliche Ausbeute an Jod beträgt 35 Tonnen oder 78,400 Pfund engl. Der
                              Handelspreis desselben ist ungemein schwankend; er beträgt jetzt ungefähr 8 Sh. per Pfund, war aber schon über 30 Sh., und andererseits
                              wenig über 4 Sh. Das englische Jod wird erheblich theurer, als das französische
                              bezahlt, obwohl das letztere in seinen krystallinischen Blättern schöner, als das
                              erstere aussieht; es ist aber weniger rein und enthält namentlich mehr Wasser, da es
                              bekanntlich durch nasse Fällung dargestellt wird.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
