| Titel: | Ueber ein neues, höchst einfaches Verfahren, eine Beimischung von Baumwolle in weißen leinenen Geweben nachzuweisen; von Prof. Böttger. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. LVI., S. 223 | 
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                        LVI.
                        Ueber ein neues, höchst einfaches Verfahren, eine
                           Beimischung von Baumwolle in weißen leinenen Geweben nachzuweisen; von Prof. Böttger.
                        Aus Böttger's
                              polytechnischem Notizblatt, 1865, Nr. 1.
                        Böttger's Verfahren, Baumwolle in weißen Leinengeweben
                           nachzuweisen.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich existiren eine Menge von Vorschriften, Leinwand auf eine Beimischung von
                              Baumwolle zu prüfen, die jedoch, mit wenigen Ausnahmen, besonders in der Hand des
                              Laien, sich bei ihrer Ausführung theils als zu complicirt, theils in ihren
                              Endergebnissen ungenügend erweisen. Ich möchte selbst das eigene von mir früherhin
                              mitgetheilte Verfahren,Polytechn. Journal Bd. XC S. 362 und Bd. CV S. 194. sowie das von Hrn. Apotheker G. C. Kindt
                              empfohlenePolytechn. Journal Bd. CII S. 334; man vergl. auch Bd. CV S. 189. hiervon nicht gänzlich ausschließen. Was das letztere anbetrifft, das sich
                              bekanntlich auf ein ungleiches Verhalten der concentrirten Schwefelsäure zur Leinen-
                              und Baumwollfaser gründet, und im Ganzen genommen immer noch die besten Resultate
                              gibt, so läßt dasselbe doch den in chemischen Arbeiten weniger Geübten, besonders
                              bei der Untersuchung von mit dick versponnenen
                                 Baumwollfäden untermischten Leinwandproben nicht selten insofern im Stiche,
                              als nach der vorgeschriebenen, eine Minute langen, Einwirkung der Säure auf den gehörig
                              entschlichteten und theilweise ausgefaserten Leinwandstreifen in diesem immer noch
                              einzelne von der Säure wenig angegriffene Baumwollfäden zurückbleiben können. Ja
                              selbst das mikroskopische Prüfungsverfahren, abgesehen
                              davon, daß dasselbe in der Hand völlig erfahrener Experimentatoren ganz
                              unzweifelhafte Resultate gibt, ist nicht ganz frei von Mängeln. Hat man es z.B. mit
                              einer Leinwand zu thun, deren Einschlagfäden nicht ganz aus Baumwolle, sondern
                              theilweise aus Baumwollfäden theilweise aus Leinenfäden bestehen, so nimmt die
                              mikroskopische Untersuchung derselben eine ganz ungewöhnlich lange Zeit in Anspruch,
                              indem man genöthigt ist, eine Menge einzelner Fäden nach
                                 einander zu untersuchen; dasselbe ist daher für die gewöhnliche Praxis
                              gleichfalls nicht besonders zu empfehlen.
                           Das von mir nun jüngst ermittelte Verfahren zeigt sich frei von diesen Mängeln,
                              dasselbe ist von Jedermann leicht und in wenig Minuten in Ausführung zu bringen, und
                              gibt überdieß zu keiner Täuschung irgend einer Art Veranlassung, indem es auf eine
                              so auffallende Farbenreaction basirt ist, daß an ein Zweifeln oder an eine
                              Ungewißheit über den endlichen Befund einer darnach angestellten Untersuchung gar
                              nicht zu denken ist. Zu dem Ende schneide man von der zu prüfenden Leinwand einen
                              circa 3 bis 4 Zoll langen und 1 1/2 Zoll breiten
                              Streifen ab, fasere ihn auf seinen 3 Seitenkanten (d.h. auf der Ketten- und
                              Einschlagseite) bis auf 4 Linien aus, tauche ihn. hierauf zur Hälfte, seiner Länge
                              nach, in eine verdünnte alkoholische Lösung von Anilinroth, sogenanntem Fuchsin (bestehend aus 10 Gran krystallisirtem Fuchsin und 4 Loth gewöhnlichem Brennspiritus), ziehe ihn
                              sofort wieder aus dieser Farbflotte heraus, überschütte ihn sodann so lange mit
                              gewöhnlichem Brunnenwasser, bis dieses ungefärbt davon abläuft, und lege ihn
                              schließlich, in diesem noch feuchten Zustande, 1 bis höchstens
                                 3 Minuten in ein mit gewöhnlichem Salmiakgeist (Ammoniakflüssigkeit)
                              angefülltes Porzellanschälchen. Hier sieht man nun in wenig Augenblicken an den ausgezupften Stellen des Streifens den Farbstoff
                              allmählich von den Baumwollfäden verschwinden, während die Leinenfäden gefärbt
                              bleiben. Die einzelnen Baumwollfäden erscheinen mithin in
                              kurzer Zeit weiß, (in welcher Anzahl und wo sich
                              dieselben auch in dem Streifen vorfinden mögen), die Leinenfäden dagegen schön rosaroth.
                           Will man einen Streifen mit einem solchen auffallenden Farbencontraste vielleicht
                              längere Zeit aufbewahren, so thut man gut, ihn nicht
                              austrocknen zu lassen, sondern nach oberflächlichem Abwaschen mit Wasser in eine
                              ganz verdünnte Lösung von Soda (auf 1/2 Pfund Wasser 
                              circa 1 Loth Soda) einzulegen. Bei diesem meinem
                              Verfahren ist es ganz gleichgültig, ob man den zu prüfenden Leinwandstreifen zuvor
                              durch Auswaschen mit Seifenwasser entschlichtet oder nicht.