| Titel: | Ueber den Einfluß des in den Herdraum einer Feuerung eingeleiteten Wasserdampfes auf den Heizeffect; von E. J. Noeggerath, Director der Provinzial-Gewerbeschule zu Brieg a. d. O. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. LXVI., S. 276 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXVI.
                        Ueber den Einfluß des in den Herdraum einer
                           Feuerung eingeleiteten Wasserdampfes auf den Heizeffect; von E. J. Noeggerath, Director der Provinzial-Gewerbeschule zu Brieg a. d.
                           O.
                        Noeggerath, über den Einfluß des Wasserdampfes auf den Heizeffect
                           einer Feuerung.
                        
                     
                        
                           Es ist in der neueren Zeit vielfältig angenommen worden, daß Wasserdampf, den man
                              durch den Rost einer mit Kohks oder Steinkohlen beschickten Feuerung eintreten läßt,
                              vortheilhaft auf den Heizeffect einwirke. Man nimmt dabei an, daß durch die
                              glühenden Kohlen eine Zersetzung des Wasserdampfes in seine Elementarbestandtheile
                              und demnächst eine vortheilhaftere Verbrennung auf dem Herde und in dem vorderen
                              Theile des Feuerzugs herbeigeführt werde. Der Verf. theilte diese Ansicht nicht.
                              Nichtsdestoweniger war er gern bereit, durch eingehendere Versuche den Sachverhalt
                              zu erhellen. Er wurde um so mehr hierzu bestimmt, als nach den Mittheilungen
                              erfahrungsreicher Techniker durch Einführung von Wasserdampf die Flamme im Herdraume
                              beträchtlich verstärkt
                              wird. Auf dem Hüttenwerk der HHrn. Karcher und Westermann in Ars an der Mosel, bei Metz, wurde durch
                              Einführung eines Dampfstrahls in einen Puddelofen eine ganz außerordentliche
                              Verstärkung der Flamme erzielt. Indessen hat man die betreffende Einrichtung wieder
                              beseitigen müssen, da die hinteren Partien des Ofens auf Kosten der vorderen zu
                              stark erhitzt wurden. Der als Techniker rühmlichst bekannte Director der de Wendel'schen Kohksanlage bei Sulzbach, Hr. Rexroth, theilte dem Verf. mit, daß er durch ein mit
                              Wasser gefülltes Gefäß, welches er unter den Rost einer mit Kohks beschickten
                              Feuerung stellen ließ, sehr gute Resultate erzielt habe. Hr. Rexroth hatte die Freundlichkeit, dem Verf. ein solches Gefäß zu seinen
                              Versuchen zur Verfügung zu stellen. Dasselbe war von Gußeisen und hatte, an den
                              oberen Kanten gemessen, 37 Centim. Breite und 70 Centim. Länge, bot also, ganz mit
                              Wasser gefüllt, eine Wasserfläche von 0,259 Quadratmeter dar. Es war 30 Centim.
                              hoch. Bei den Versuchen wurde es in den Aschenfall der Feuerungsanlage gestellt, so
                              daß sämmtliche durch die Oeffnungen des Rostes durchfallende Asche und glühende
                              Kohksstückchen in dasselbe fallen, dadurch das in demselben befindliche Wasser
                              erwärmen und Dampf erzeugen mußten, welcher durch den Luftzug nach dem Roste geführt
                              wurde.
                           Die unmittelbare Beobachtung ergab zunächst bei allen Versuchen, bei denen dieses
                              Wassergefäß zur Anwendung kam, daß die Roststäbe niemals, wie dieß sonst wohl
                              bisweilen der Fall war, glühend wurden, und daß die Flamme auf dem Herde und in dem
                              Feuerzuge besonders lebhaft und viel länger war, als bei den Versuchen, welche ohne
                              Wassergefäß vorgenommen wurden.
                           Die Versuche, welche in unserer Quelle ausführlich mitgetheilt sind, fanden theils an
                              Feuerungen mit, theils an solchen ohne Feuerbrücke statt.
                           In beiden Fällen, mit und ohne Feuerbrücke, ward der Effect durch Anwendung des
                              Wassergefäßes beträchtlich herabgezogen, und namentlich vermindert er sich
                              gleichmäßig von vorn nach hinten.
                           Die Effectdifferenz der Versuche mit Anwendung der Feuerbrücke ist beträchtlich
                              größer, als ohne dieselbe. Durch Anwendung des Wasserdampfes fällt hier der Effect
                              von 435 auf 346 Wärmeeinheiten, also um 89 Wärmeeinheiten oder nahezu 20 Proc.,
                              während er ohne Feuerbrücke nur von 514 auf 449 Wärmeeinheiten, also um 65
                              Wärmeeinheiten oder nahezu 12,6 Proc. fällt.
                           Diese Ergebnisse legen mit größter Klarheit dar, daß die Anwendung des Wasserdampfes
                              eine Vermehrung des Heizeffectes nicht herbeiführt. Der durch die Roststäbe zwischen
                              die glühenden Kohlen gelangende Dampf wird nach aller Wahrscheinlichkeit keineswegs
                              vollständig zersetzt, sondern zum größeren Theil nur stark erhitzt, und deßhalb eine
                              Quelle der Wärmeconsumtion, statt eine solche der Production. Auf dem ganzen Wege
                              des Feuerzuges entzieht derselbe den mit ihm gemischten Gasen Wärme, so lange seine
                              Temperatur unter der dieser Gase ist. Da aber diese Gastemperatur noch in den
                              letzten Theilen der Feuerzüge sehr bedeutend und die Wärmecapacität des
                              Wasserdampfes größer als die der Heizgase ist, so muß ersichtlich die Temperatur
                              dieser und dadurch der Heizeffect beträchtlich herabgezogen werden.
                           Daß theilweise eine Zersetzung des Wasserdampfes und nachfolgende Verbrennung seiner
                              Bestandtheile im Herdraume eintritt, wird allerdings durch das lebhaftere Brennen
                              und die längere Flamme dargelegt. Allein hiermit ist noch keineswegs eine Vermehrung
                              des Heizeffectes verbunden. Einmal möchte die bei Zersetzung des Wasserdampfes
                              aufgewendete Wärme derjenigen äquivalent seyn, welche bei der Verbrennung seiner
                              Bestandtheile erzeugt wird, ein anderesmal aber auch bei dieser Verbrennung wieder
                              Wasserdampf erzeugt werden, der alsdann eine für die Temperaturverhältnisse der
                              Heizgase nachtheilige Wirkung in ähnlicher Weise hervorrufen möchte, wie in dem
                              Falle, wo er mit denselben unmittelbar in den Heizcanal eintritt.
                           Der Umstand, daß bei Anwendung der Feuerbrücke der Effectverlust im Ganzen,
                              vorzugsweise aber in dem vorderen Theile der Feuerung, viel beträchtlicher ist, als
                              ohne Anwendung derselben, deutet indessen darauf hin, daß, wie schon angegeben, die
                              Hauptquelle des Wärmeverlustes der von vorn herein unzersetzt bleibende Wasserdampf
                              ist. Dadurch, daß derselbe über der Feuerbrücke durch die enge Oeffnung unter die
                              Pfanne treten muß, wird er sich unter stärkerem Drucke viel inniger mit den Gasen
                              mischen und diesen mehr Wärme entziehen, als in dem Falle, wo er, ohne aufgehalten
                              zu seyn, mit denselben durch den weiten Feuerzug nach dem Schornstein entweicht.
                           Im Uebrigen mag noch erwähnt werden, daß die Praxis selbst Belege dafür darbietet,
                              daß durch den Rost eingeführter Wasserdampf nicht eine Vermehrung, sondern nur eine
                              Vertheilung des Heizeffectes im Innern der Feuerungen herbeiführt. In Gasanstalten,
                              deren Retorten mit Kohks geheizt werden, pflegt man stets in dem Aschenfall
                              Wassergefäße aufzustellen, um die Roststäbe und die Wandungen des Feuerraums vor dem
                              Ausbrennen zu schützen und eine längere Flamme zu erzielen, welche die oberen
                              Retorten noch zu umspülen vermag. Dieser Zweck wird in den meisten Fällen
                              vollständig erreicht. Daß dieß der Fall ist, verificirt die Resultate der
                              angestellten Versuche und erklärt zugleich, warum von Praktikern, vorzugsweise von
                              Gastechnikern, die Behauptung aufgestellt wird, daß die Einführung des Wasserdampfes
                              nicht allein den Rost und die Ofenwandungen sichere, sondern auch den Effect erhöhe.
                              Diese Vermehrung des Wärmeeffectes ist zwar nicht vorhanden, aber durch die erzielte
                              längere Flamme werden die oberen Retorten besser erhitzt, und durch diese dem Zwecke
                              entsprechende Vertheilung der Wärme im Ganzen günstigere Resultate herbeigeführt.
                              (Civilingenieur, 1864, Bd. X S. 449.)