| Titel: | Verfahren zur Stärkezuckerfabrication, von A. Manbré in London. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. LXXVIII., S. 309 | 
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                        LXXVIII.
                        Verfahren zur Stärkezuckerfabrication, von A. Manbré in London.
                        Aus dem Mechanics'
                                 Magazine, November 1864, S. 377.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. V.
                        Manbré's Stärkezucker-Fabrication.
                        
                     
                        
                           Stärke- oder Traubenzucker stellt man jetzt meistentheils dar, indem man Stärkemehl
                              in verdünnter Schwefelsäure kocht. Man wendet dabei offene oder doch mit offenem
                              Dampfabzugsrohr versehene Blei- und Holzgefäße an, und erhitzt die Flüssigkeit nur
                              wenige Grade über 100° Celsius. Dabei wird indessen eine zwischen 30 und 50
                              Proc. betragende Menge Gummi erzeugt, welche den Werth des Zuckers verringert, wenn
                              dieser zur Darstellung von Alkohol, Branntwein oder Essig benutzt werden soll;
                              andererseits bleiben die flüchtigen und empyreumatischen Oele etc., welche während
                              der Zuckerbildung gelöst wurden, mit dem Stärkezucker verbunden und theilen
                              demselben, sowie dem daraus durch Gährung erzeugten Producte ihren Geschmack
                              mit.
                           Nach Manbré's patentirtem Verfahren wird dagegen
                              reiner gummifreier Stärkezucker ohne allen empyreumatischen Geschmack erzielt, indem
                              man die Stärke mit verdünnter Schwefelsäure bei einer hohen Temperatur, nämlich
                              nicht unter 135° C., am besten aber bei 160° C. behandelt. Dadurch
                              wird die Einwirkung beschleunigt, die Verwandlung allen Gummis in Zucker erreicht
                              und überdieß werden die wesentlichen und empyreumatischen Oele abdestillirt und
                              verjagt.
                           Man wendet zu diesem Verfahren am besten einen Dampfkessel von der Form eines
                              Hochdruckkessels an. Derselbe wird aus starkem Eisenblech gemacht, so daß er einen
                              Druck von 90 Pfd. per Quadratzoll (sechs Atmosphären)
                              aushalten kann; inwendig ist er mit Blei gefüttert und auswendig mit einem Mantel
                              versehen; der Zwischenraum zwischen Kessel und Mantel wird mit einer die Wärme nicht
                              leitenden Substanz ausgefüllt.
                           
                           Im Kessel liegt ein durchlöchertes bleiernes Dampfzuleitungsrohr. Zum Einfüllen der
                              mit Wasser angerührten Stärke dient ein Rohr mit Hahn und außerdem ist der Kessel
                              mit Sicherheitsventilen, Probehähnen, Thermometer u.s.w. versehen. Der
                              Hochdruckdampf geht nebst den empyreumatischen und wesentlichen Oelen durch ein
                              Schlangenrohr ab.
                           Die Substanzen werden in folgendem Verhältniß angewandt:
                           2240 Pfd. Stärke,
                           1120 Gallons1 Gallon = 10 Pfd. Wasser. Wasser (das fünffache Gewicht der Stärke),
                           112 Pfd. Schwefelsäure (5 Proc. des Gewichts der Stärke),
                           168 Pfd. gereinigter kohlensaurer Kalk (7 1/2 Proc. des
                              Gewichts der Stärke).
                           Der Gang der Operation ist folgender:
                           In den Kessel bringt man 56 Pfd. Schwefelsäure von 66° Baumé, verdünnt
                              mit 560 Gallons Wasser. Während diese Mischung im Kessel auf 100° C. erhitzt
                              wird, verdünnt man in einem offenen mit Rührwerk versehenen Holzgefäß die übrigen 56
                              Pfd. Schwefelsäure mit 560 Gallons Wasser und erhitzt sie darin mittelst Dampf auf
                              30° C.; alsdann bringt man in letztere Flüssigkeit die 2240 Pfd. Stärke,
                              rührt wohl um und erhitzt unter fortwährendem Umrühren auf 38° C. Die so
                              erhaltene verdünnte Stärke von 38° C. gießt man nun nach und nach in den (die
                              kochende verdünnte Schwefelsäure enthaltenden) Kessel, und erhält darin die Mischung
                              durch einströmenden Dampf auf 100° C. Ist alle Stärke im Kessel, so wird der
                              Zuleitungshahn geschlossen und Dampf einströmen gelassen bis eine Temperatur von
                              160° C. oder ein Druck von 6 Atm. (90 Pfd. per
                              Quadratzoll) erreicht ist. Hierauf wird der Hahn des Schlangenrohrs für den
                              abzuleitenden Dampf geöffnet und die Temperatur der Flüssigkeit auf 160°
                              erhalten. Es findet hierbei die gänzliche Umwandlung des Gummis in Zucker, sowie die
                              Verflüchtigung der Oele statt. Man setzt die Erhitzung auf 160° C. so lange
                              fort, bis Jod anzeigt, daß alle Stärke umgewandelt ist und bis essigsaures Bleioxyd
                              kein Dextrin mehr anzeigt. Diese Proben werden folgendermaßen angestellt: Man nimmt
                              eine Probe der Mischung, neutralisirt die Schwefelsäure, filtrirt durch ein kleines
                              Kohlenfilter und setzt dem Filtrat nach dem Abkühlen die genannten Reagentien zu.
                              Der Proceß der Umwandlung in Zucker dauert 2–4 Stunden, je nach der Reinheit
                              der angewandten Stärke. Nach vollständiger Beendigung desselben zieht man das Ganze
                              behufs der Neutralisation der Säure in ein offenes hölzernes Gefäß ab, welches mit einem Rührwerk und
                              Abzugshahn versehen ist. Man setzt allmählich die 168 Pfd. gereinigten kohlensauren
                              Kalk, mit 50 Gallons Wasser angerührt zu, und läßt nach dem durch Umrühren
                              erleichterten Entweichen der Kohlensäure 2–4 Stunden lang den gebildeten
                              schwefelsauren Kalk absetzen. Man filtrirt dann die Zuckerlösung durch Beutelfilter,
                              dampft sie auf 20° Baumé ein, klärt sie mit Blut und Kohle, und
                              filtrirt sie über Beutel- und endlich über Kohlenfilter u.s.w.
                           Der so dargestellte Stärkezucker ist vollkommen rein und frei von jedem bitteren oder
                              empyreumatischen Geschmack.
                           In Figur 25
                              stellt A den mit Blei gefütterten starken
                              schmiedeeisernen Zuckerbildungskessel dar. B ist der
                              schmiedeeiserne Mantel desselben; der 4'' weite Zwischenraum zwischen beiden ist mit
                              Sand oder dgl. angefüllt. C, C sind Mannlöcher; D, D Sicherheitsventile; E
                              ist ein Abzugsrohr für die Destillationsproducte, F für
                              den Dampf. G ist das Einfüllrohr für die
                              Stärkeflüssigkeit, H das Manometer, I das Thermometer, J das
                              Flüssigkeitsstandrohr, L das Dampfeinströmungsrohr, M der Abzugshahn, N ein Rohr
                              zum Einlassen von Wasser, O das durchlöcherte bleierne
                              Dampfrohr.
                           
                        
                     
                  
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