| Titel: | Zur Bestimmung des Kalkes als Aetzkalk; von Franz Stolba in Prag. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. XCV., S. 381 | 
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                        XCV.
                        Zur Bestimmung des Kalkes als Aetzkalk; von Franz
                              Stolba in Prag.
                        Stolba, über Bestimmung des Kalkes als Aetzkalk.
                        
                     
                        
                           Die Mittheilungen des Hrn. J. Fritzsche über die
                              Bestimmung des Kalkes als Aetzkalk in Fresenius'
                              Zeitschrift für analytische Chemie, 1864 zweites Heft, sowie in Erdmann's Journal für praktische Chemie von 1864, Bd.
                              XCIII S. 335, veranlassen mich, meine Erfahrungen über diesen Gegenstand hiermit
                              ebenfalls zu veröffentlichen, da ich mich mit demselben vielfach beschäftigt
                              habe.
                           Während sich Hr. J. Fritzsche zu seinen Versuchen einer
                              Gaslampe bediente, welche aus sechs in einem Kreise von 112 Millim. Durchmesser
                              stehenden Bunsen'schen Brennern bestand, wende ich zu
                              demselben Zwecke eine gewöhnliche einfache Bunsen'sche
                              Gaslampe an, da dieselbe bei Beobachtung gewisser Vorsichten, von denen gleich
                              Erwähnung geschehen wird, zu demselben Zwecke vollkommen ausreicht. Zunächst kommt
                              es darauf an, die Hitze der Gasflamme gehörig zusammenzuhalten, und dieß geschieht,
                              wenn man die Flamme durch einen eisernen oder thönernen Schornstein leitet, auf
                              welchen der Platintiegel im Platintriangel aufgesetzt wird, was schon von Erdmann und Anderen empfohlen wurde. Will man eine
                              Quantität kohlensauren Kalkes ätzend brennen, welche 1 Grm. nicht übersteigt, so
                              erhitzt man den Platintiegel 10–15 Minuten lang im vollen Gasstrome und kehrt
                              hierauf mittelst eines Platindrähtchens, welches am Ende passend gebogen ist, den
                              lose zusammenhängenden Kuchen der Art um, daß die Theile, welche früher oben waren,
                              nun auf den Boden zu liegen kommen. Man glüht abermals 10 bis 15 Minuten, läßt
                              erkalten und wägt. Meine Versuche ergaben mir, daß bei den erwähnten Quantitäten der
                              Kalk vollkommen ätzend gebrannt war; denn wurde abermals geglüht, so wurde das
                              Gewicht constant gefunden, und beim Auflösen in Salzsäure entwickelte sich keine
                              Spur von Kohlensäure.
                           Es versteht sich übrigens von selbst, daß der Versuch nicht früher als vollendet
                              angesehen werden kann, als bis nach nochmaligem Glühen das Gewicht constant befunden
                              wird.
                           Bei Quantitäten von 1–2 Grm. kohlensauren Kalkes, wird, wenn man auf
                              angegebene Art verfährt, derselbe nicht leicht vollständig ätzend gebrannt, weil er
                              eine zu hohe Schicht bildet, durch welche wegen ihrer schlechten
                              Wärmeleitungsfähigkeit die Hitze einer einfachen Bunsen'schen Lampe
                              nicht hinreichend kräftig wirkt. In diesem Falle hilft man sich jedoch leicht, wenn
                              man den kohlensauren Kalk gleichförmig am Boden und an den
                                 Seiten des Platintiegels vertheilt, so daß er sich bis auf einige Linien
                              dem Rande des Platintiegels nähert. Es geschieht dieß am besten mittelst eines
                              glatten, unten abgerundeten Glasstäbchens, mittelst dessen man vorsichtig und unter
                              Vermeidung jeglichen Verlustes den kohlensauren Kalk an den Wänden des Platintiegels
                              anhäuft und durch sanftes Drücken vor dem Zusammenfallen bewahrt.
                           Die am Glasstäbchen befindlichen Theilchen können mittelst eines Platindrähtchens
                              abgelöst, oder an einem etwa 1/4 Quadratzoll großen Streifen von schwedischem
                              Filtrirpapier durch sanftes Drehen des Glasstäbchens abgelöst werden, worauf man den
                              Streifen am Deckel verbrennt.
                           Der Tiegel wird mit seinem Deckel bedeckt und anfänglich vorsichtig angewärmt, um
                              jedes Stäuben zu verhüten. Hierauf wird 15–20 Minuten möglichst stark
                              geglüht, erkalten gelassen und der Tiegel gewogen, worauf man nochmals etwa 10
                              Minuten lang glüht und dann wägt. Bei meinen Versuchen reichte die angegebene Zeit
                              zum Aetzendbrennen vollkommen aus.
                           Um Quantitäten, welche über 2 Grm. betragen, ätzend zu brennen, würde ich das
                              Gasgebläse anwenden, denn in diesem Falle würde die Operation mit der einfachen Bunsen'schen Gaslampe nicht allein langwierig, sondern
                              auch, da man bei größeren Quantitäten gezwungen ist, den Tiegelinhalt einigemal gleichförmig zu mengen und eben so oft
                              aufzuhäufen, sehr leicht ungenau werden.
                           Uebrigens hat man bei den meisten Analysen nur Quantitäten unter 2 Grm. kohlensauren
                              Kalkes zu bestimmen, so daß das angegebene Verfahren fast in allen Fällen
                              ausreicht.
                           Eine andere Frage ist freilich die, ob bei dieser Bestimmung des Kalkes als Aetzkalk,
                              mag sie nun mittelst der gewöhnlichen Gaslampe oder mittelst des Gasgebläses
                              ausgeführt werden, die Anwendung des Gases nicht zu einer Fehlerquelle werde.
                           Da fast alles Leuchtgas bei seiner Verbrennung mehr oder weniger schweflige Säure
                              entwickelt, die durch Gasdiffusion mit dem Tiegelinhalte in Berührung kommt, so ist
                              es wahrscheinlich, daß sich hierbei schwefligsaurer Kalk oder durch Oxydation
                              desselben schwefelsaurer Kalk, oder durch Reduction desselben Schwefelcalcium bilden
                              können, wodurch eine derartige Bestimmung, statt genauer wie die gewöhnliche als
                              kohlensaurer Kalk, nur ungenauer werden würde. Wiewohl ich bei meinen Versuchen, zu
                              welchen das Prager Leuchtgas diente und wobei die Glühungen längstens 40 Minuten
                              dauerten, eine Bildung derartiger Producte nicht wahrnehmen konnte, so muß ich
                              hier doch nachdrücklich darauf aufmerksam machen, daß man vor Anwendung dieser
                              Methode sich durch besondere Versuche überzeuge, ob sich beim längeren Glühen reinen
                              kohlensauren Kalkes derartige Producte nicht bilden, was gewiß bei manchem
                              Leuchtgase der Fall seyn, so daß eine derartige Bestimmung nicht mehr so genau seyn
                              wird.
                           Früher, ehe ich mich zu derartigen Bestimmungen der mittelst eines Schornsteines
                              verstärkten Hitze der Bunsen'schen Lampe bediente,
                              pflegte ich die Austreibung der Kohlensäure in folgender Art zu erleichtern:
                           Der Tiegelinhalt wurde 10–15 Minuten lang möglichst stark geglüht und hierauf
                              erkalten gelassen. Nach vollständigem Erkalten wurde der Tiegel schief gestellt und
                              mittelst eines Glasstäbchens so viel Wasser in Form
                              feiner Tropfen einfallen gelassen, daß der Tiegelinhalt gleichförmig befeuchtet wurde. Der durch das Brennen gebildete Aetzkalk
                              verband sich mit dem Wasser zu Kalkhydrat, wodurch sich die Masse bedeutend
                              erhitzte.
                           Mehr Wasser als angegeben anzuwenden, erwies sich als zweckwidrig.
                           Der Tiegel wurde nun mit seinem Deckel bedeckt, und in eine gleiche Höhe mit der
                              möglichst kleinen Flamme des Bunsen'schen Brenners
                              gebracht und mittelst derselben der übergreifende Theil des Deckels erhitzt, so daß
                              sich der Tiegel von oben nach unten erwärmte, das Austrocknen so allmählich von
                              Statten gieng und jeder Verlust vollständig vermieden wurde.
                           Der trockene Inhalt wurde hernach eben so lange heftig geglüht.
                           Da das Kalkhydrat sein Wasser nur in der Rothgluth vollständig abgibt und Wasserdampf
                              erfahrungsgemäß die Austreibung der Kohlensäure ungemein erleichtert, so wurde in
                              dieser Art der gewünschte Zweck auch bei etwas niederer Temperatur erreicht.
                           Dieses Verfahren gibt bei kleineren Quantitäten sehr genaue Resultate, und man kann
                              bei Anwendung der beschriebenen Vorsicht mehrmals befeuchten, glühen und wägen, und
                              wird das Gewicht constant finden.
                           Bei größeren Quantitäten jedoch findet eine so bedeutende Erhitzung statt, daß die
                              entweichenden Dämpfe leicht Kalktheilchen mit sich reißen, wodurch die Bestimmung
                              ungenau wird.
                           Gegenwärtig wende ich, wie erwähnt, dieses Verfahren nicht mehr an, da man bei
                              Benutzung eines Mantels das lästige und zeitraubende Eintrocknen ganz erspart, und
                              auch bei größeren Quantitäten genauere Resultate erhält.
                           Wohl aber läßt sich die Methode zur Darstellung mehrerer Gramme völlig reinen Aetzkalkes
                              anwenden, wenn man in angegebener Art verfährt und vor dem jedesmaligen Glühen den
                              Tiegelinhalt durch Verreiben in einer Achatreibschale gleichförmig vermengt, damit
                              alle Theile nach und nach mit den heißesten Stellen in Berührung kommen. Das Glühen
                              wird fortgesetzt, bis eine Probe, mit Wasser gelöscht und in Salzsäure eingetragen,
                              nicht mehr braust.
                           Prag, den 20. Februar 1865.