| Titel: | Skizze einer unlängst erbauten, direct wirkenden Dampf-Sägemühle; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in Berlin. | 
| Autor: | Robert Schmidt | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. CIII., S. 409 | 
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                        CIII.
                        Skizze einer unlängst erbauten, direct wirkenden
                           Dampf-Sägemühle; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in
                           Berlin.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Schmidt, Beschreibung einer unlängst erbauten, direct wirkenden
                           Dampf-Sägemühle.
                        
                     
                        
                           In den letzten Monaten des verflossenen Sommers nahm ich mehrtägigen Aufenthalt in
                              dem hübsch gelegenen Dorfe Falkenberg, zwischen Neustadt-Eberswalde und Freienwalde,
                              unweit der alten Oder gelegen. Durch die ungestörte Lage dieses Flusses und die
                              durch den Finow-Canal hergestellte Verbindung desselben mit anderen, großen Städten
                              angehörenden Flüssen eignen sich die Ufer der alten Oder ganz besonders zur Anlage
                              von Schneidmühlen, so daß in der Umgegend von Falkenberg zur Zeit deren vier sich befinden. Ich benutzte gern die Gelegenheit,
                              die neueste dieser Anlagen, welche 1/2 Stunde von Falkenberg liegt, näher zu
                              besichtigen, und zwar um so mehr: als einerseits der Besitzer dieses Etablissements,
                              Herr Zimmermeister Niesing, wohl zu den intelligentesten
                              Schneidmühlen-Besitzern gehören möchte, welcher außerdem vor Erbauung dieses
                              Etablissements bereits vielfältige Erfahrungen in diesem Fache gemacht hat;
                              anderseits diese Anlage von der renommirten Hoppe'schen
                              Maschinenfabrik nach Angabe des Herrn Niesing erbaut
                              wurde; endlich weil dieselbe durch die erwähnten Umstände und nach den gestellten
                              Anforderungen manches Neue und Interessante enthält. Aus letzterem Grunde erlaube
                              ich mir das Bemerkenswerthe dieses Etablissements hier mitzutheilen.
                           Zuvor sey noch erwähnt, daß die in Rede stehende Schneidmühle, wie die meisten in der
                              Umgegend, für Holzhändler in größeren Städten, besonders Berlin, geflößte Hölzer
                              schneidet, wozu einerseits die Lage an schiffbarem Wasser nothwendig, und anderseits
                              ein größerer Lagerraum für geschnittene und ungeschnittene Hölzer wünschenswerth
                              war. Die eigentliche Schneidvorrichtung besteht in einem Doppelgatter, um auch mit
                              Vortheil Kanthölzer schneiden zu können.
                           
                        
                           I. Hauptanordnung des
                                 Schneidmühlen-Etablissements.
                           Dieselbe ergibt sich aus Fig. 1. Darin ist AB das rechtseitige Ufer der alten Oder, ABCD ein Theil des Grundstücks, welches 260 Ruthen
                              lang und
                              durchschnittlich 7 1/3 Ruthen breit ist. Etwa in der Mitte dieses Grundstückes
                              befindet sich das Schneidmühlen-Etablissement, von dessen wesentlichen Theilen wir
                              die Fundamentmauern skizzirt haben. I ist das Kesselhaus, nebst zwei daran stoßenden
                              Räumen II und III für Utensilien und Werkstatt. IV ist der Schornstein. V ist der
                              Schneidraum. VI ist der Raum, in dem eine besondere kleine Dampfmaschine arbeitet,
                              die zum Betriebe der hier ebenfalls befindlichen Pumpen aufgestellt ist, da der
                              Betriebscylinder für das Gatter mit Kondensation arbeitet. VII ist eine offene Halle
                              zur Vorbereitung des Holzes. Bei VIII endlich befindet sich noch eine Kreissäge zum
                              Trennen von Halbhölzern und Säumen von Bretern und Bohlen. Ein Wohnhaus für einige
                              Arbeiter und das Comptoir befinden sich links von der Schneidmühle in einer
                              Entfernung von etwa 16 Ruthen. Links von der Schneidmühle und in passender
                              Entfernung von derselben ist, behufs des Aufziehens der geflößten Hölzer, in dem
                              schief ansteigenden Ufer ein Bassin von der Länge der Hölzer hergestellt, von
                              welchem aus eine schiefe, ansteigende Ebene führt. Auf dieser werden die Hölzer
                              mittelst einer Dampfwinde heraufgezogen und zunächst auf ein Plateau gelagert. Von
                              diesem Plateau aus werden die Hölzer entweder nach passenden Lagerstätten, oder nach
                              der Vorbereitungshalle VII, oder endlich sofort zur Schneidmühle transportirt. Diese
                              Transportirung geschieht auf kleinen vierräderigen Wagen und wird dadurch wesentlich
                              erleichtert, daß das ganze Etablissement mit passend angeordneten Schienensträngen
                              versehen ist. In der Richtung EF befindet sich
                              übrigens auch noch eine Schiebebühne, mittelst welcher Hölzer, die bereits zum
                              Schneiden gehörig vorgerichtet sind, sofort von dem Plateau aus nach der
                              Schneidvorrichtung gebracht werden können. Auch beim Schneiden ruhen nämlich die
                              Hölzer auf kleinen vierräderigen Wagen, und bewegen sich auf Schienensträngen a, b und c, d, welche in
                              Fig. 1
                              ebenfalls angegeben sind.
                           Ein Zurückführen der geschnittenen Hölzer ist – wie wir dieß später bei der
                              Beschreibung der Schneidmaschine sehen werden – nicht erforderlich, so daß
                              dieselben sofort auf der rechts gelegenen Hälfte des Etablissements gelagert und von
                              hier aus verladen werden können.
                           
                        
                           II. Dampfkessel.
                           Derselbe zeichnet sich besonders durch die Einrichtung seiner Feuerung aus. Da
                              nämlich von dem Bauherrn jede mögliche Rücksicht in Bezug auf Oekonomie beobachtet
                              wurde, so war für die Dampfkesselfeuerung die Aufgabe gestellt, daß man darin die Sägespäne des Etablissements in vollkommener
                                 Weise verbrennen könne.
                           
                           Wir haben den Kessel, dessen Dämpfe nach dem bereits Erwähnten das Doppelgatter und
                              eine 4–6pferdige Dampfmaschine zu treiben haben, in drei Ansichten
                              dargestellt, und zwar ist: Fig. 2 ein
                              Längendurchschnitt desselben, Fig. 3 ein
                              Querdurchschnitt durch den hinteren und Fig. 4 ein eben solcher
                              durch den vorderen Theil. Nach diesen Ansichten besteht der Kessel im Allgemeinen
                              aus einem Hauptkessel A und zwei engeren Rohren B, B', von welchen jedes durch drei Rohre mit dem
                              Hauptkessel verbunden ist. Diese Rohre B, B' dienen aber
                              nicht als Siederohre, wie früher üblich, sondern als Vorwärmrohre. Es bestreicht
                              nämlich die Feuerluft zunächst den unteren Theil des Hauptkessels, geht dann links
                              (Fig. 3)
                              abwärts nach dem Canal des Rohres B, dann weiter durch
                              die Oeffnung C nach dem Canal des Rohres B' und von diesem durch den Canal D nach dem Schornstein.
                           Die Einrichtung des Feuerraums, welche wir hier besonders an's Licht ziehen wollten,
                              ergibt sich deutlich aus Fig. 2 und 4. Ueber dem Roste sind
                              nämlich aus feuerfesten Steinen zwei kleine Gewölbe geschlagen, durch welche der
                              eigentliche Feuerraum, ähnlich wie bei der Stephan'schen
                              Feuerung, in zwei Theile getheilt wird und welche nicht gleichzeitig zu beschicken
                              sind. Diese Gewölbe enthalten Oeffnungen n, durch welche
                              die Feuerluft nach dem Kessel schlägt. Außer diesen Oeffnungen sind noch in jedem
                              Theile der Feuerung seitlich Oeffnungen v angebracht,
                              zum Zulassen von Luft; es münden diese nämlich in Canäle r, welche nach außen münden und hier rechtzeitig geöffnet und geschlossen
                              werden können.
                           Nach der Versicherung des Herrn Niesing hat sich diese
                              Construction zur Verbrennung der Sägespäne durchaus bewährt; gegen die bisherigen
                              Einrichtungen für denselben Zweck empfiehlt sie sich besonders dadurch, daß sie bei
                              jeder schon bestehenden Kesselanlage ohne große Kosten in Anwendung gebracht werden
                              kann.
                           
                        
                           III. Dampf-Schneidmaschine.
                           Dieselbe ist, wie bereits erwähnt, eine direct wirkende, und wollen wir die
                              wesentlichen Eigenthümlichkeiten derselben mit Zuhülfenahme der zwei in Fig. 5 u. 6 gegebenen
                              Ansichten im Nachfolgenden erwähnen:
                           Der Cylinder
                              A, welchen man sonst über dem Gatter gelagert findet,
                              befindet sich unter demselben. Um für den Betrieb die möglichste
                              Brennmaterialersparniß erzielen zu können, steht das Dampfabflußrohr mit einem
                              Condensator in Verbindung, dessen Pumpen von der bereits erwähnten kleinen
                              Dampfmaschine getrieben werden. Auch ist, außer dem Vertheilungsschieber, ein
                              Expansionsschieber in Thätigkeit. Die hier angeordnete Lage des Cylinders hat
                              besonders den Zweck, daß die Sägen beim Schneiden, beim Abwärtsgang derselben, nicht geschoben,
                              sondern gezogen werden, was auf das Spannungsverhältniß derselben einen sehr
                              günstigen Einfluß übt.
                           Das Doppelgatter
                              B, etwa 64 Zoll breit und 6 Fuß 2 Zoll hoch, ist mit der
                              Kolbenstange des Cylinders gekuppelt. Jeder Träger desselben ist aus zwei
                              gußstählernen Schienen gebildet, und sind die zwei Träger in der Mitte und an beiden
                              Enden durch Holzstiele verbunden. Seine Führung erhält das Gatter an zwei
                              gußeisernen fundamentirten Ständern.
                           Die Schwungradwelle
                              C, zur Regulirung der Bewegung, ist unter dem Cylinder
                              A gelagert, und trägt an jedem Ende ein Schwungrad.
                              Dieselbe setzt einerseits, mittelst Excenter, die zwei erwähnten Schieber des
                              Cylinders, anderseits die Regulatorwelle in Bewegung; endlich aber vermittelt sie
                              den Vorschub der zu schneidenden Hölzer. Die
                              Schwungradwelle wird durch zwei Bleuelstangen a von dem
                              Doppelgatter bewegt, welche den Schwungrädern angeschlossen sind.
                           Der Vorschubmechanismus, welcher im Vergleich zu den
                              bisherigen, demselben Zweck dienenden Anordnungen, von neuer Construction ist,
                              besteht aus mehreren Organen, die wir gesondert betrachten müssen.
                           Die Unterlage der Hölzer an der Arbeitsstelle wird durch zwei, quer durchgehende und
                              zu beiden Seiten der Sägen befindliche cannelirte Walzen
                              b gebildet. Diese Walzen werden bei der
                              Abwärtsbewegung der Sägen, beim Schneiden, in entsprechende Umdrehung versetzt,
                              welche die Vorwärtsbewegung der Hölzer vermittelt. Diese Bewegung geht von einem der
                              Schwungräder aus, indem eine, mit demselben verbundene Lenkstange c mittelst zweier Frictions-Klinkräder eine Scheibe und
                              diese wieder durch Zahnräderverbindung die zwei cannelirten Walzen bewegt.
                           Um die zu schneidenden Hölzer gegen die erwähnten Walzen zu drücken, befindet sich
                              über jedem Holzblock noch eine Pressionsvorrichtung. Solche besteht, der Hauptsache
                              nach, aus zwei ebenfalls und zwar in der Richtung der Sägen cannelirten Walzen d, welche sich über den Unterlagswalzen befinden. Die
                              Achsenlager jeder der Pressionswalzen stehen mit Federn in Verbindung, welche
                              dieselben abwärts drücken, während jene Lager sich in Gehäusen befinden, welche
                              durch ein Handrad, das mit Kegelrädern und Schrauben in Verbindung steht, auf und
                              nieder bewegt werden kann, wie die Höhe des Holzblocks es verlangt. Für jeden zu
                              schneidenden Holzblock gehören also zwei Pressionswalzen, von welchen jede für sich
                              dirigirt werden kann, und die hier in Rede stehende Maschine mit Doppelgatter hat
                              deren vier.
                           Nach dem Bisherigen wird ein Holzblock, welcher zwischen zwei Unterlagswalzen und
                              zwei Pressionswalzen sich befindet, wenn beide im wirksamen Zustande sind, den Block
                              beim Abwärtsgang der Sägen vorwärts bewegen, indem derselbe in der Richtung seines
                              verticalen Durchmessers angegriffen wird. Zur Unterstützung des hinteren Blockendes
                              dient nun noch ein vierräderiger Wagen D, welcher auf am
                              Boden befindlichen Schienen bewegbar ist. Auf diesem Wagen befindet sich zum Halten
                              des Holzes eine Art Zange, die den Block in der Richtung des horizontalen
                              Durchmessers erfaßt und die Einrichtung hat, daß sie sich sowohl in verticaler
                              Richtung drehen kann, wie auch in horizontaler Richtung verstellbar ist. Zum
                              Aufbringen der Hölzer dient außerdem noch ein kleiner vierräderiger Wagen E, welcher dabei in die Nähe der Sägen gebracht wird.
                              Das bereits geschnittene vordere Ende des Holzes wird ebenfalls durch einen Wagen
                              wie der erwähnte unterstützt, und wenn das hintere Ende des Holzes bereits ein
                              Walzenpaar verlassen hat, wird zur Vollendung des Schnitts auch noch an: vorderen
                              Ende des Holzes ein Wagen mit Zangenvorrichtung in Verbindung gebracht.
                           Wie man ersieht, wird es durch die beschriebene Vorrichtung möglich, unausgesetzt zu
                              schneiden, die Zeit und Kraft also für den sonst nöthigen Rückgang des Schlittens
                              nutzbar zu machen. Nach Versicherung des Hrn. Niesing hat
                              sich übrigens die beschriebene Schneidvorrichtung vollkommen bewährt, und rechnet er
                              bei Anwendung derselben gegen die ältere Einrichtung eine Productionsvermehrung von
                              45 Procent.
                           Schließlich bleibt noch zu erwähnen, daß die Maschine auch mit einer Vorrichtung F versehen ist, durch welche die Sägespäne durch ein
                              Tuch ohne Ende nach dem Kesselhause geschafft werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
