| Titel: | Neue hydraulische Presse von Desgoffe und Ollivier in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. CVII., S. 418 | 
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                        CVII.
                        Neue hydraulische Presse von Desgoffe und Ollivier in
                           Paris.
                        Aus der Zeitschrift des österreichischen
                                 Ingenieurvereins, 1864, Heft 10, S. 203.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Desgoffe's und Olivier's hydraulische Presse.
                        
                     
                        
                           Im August d. J. 1864 wurde im Conservatoires des arts et
                                 métiers zu Paris das erste Modell eines neuen, von Desgoffe und Ollivier
                              erfundenen Systems hydraulischer Pressen (von den Erfindern
                              „sterhydraulische Presse“ genannt) aufgestellt, bei welchen
                              das alte Princip des hydrostatischen Druckes in Verbindung mit einem neuen
                              einfacheren Mechanismus zur Anwendung kommt. Während nämlich bei den bisher
                              angewendeten Pressen ein Wasservolumen in den Cylinderraum gepumpt wird, welches,
                              selbst unzusammendrückbar, den Preßkolben in dem Maaße auswärts treibt, als es
                              selbst aus dem Pumpenraume vom Druckkolben verdrängt wird, ist bei der neuen
                              Construction der vermittelnde Wasserkörper dadurch umgangen, daß man den kleinen
                              Kolben, der hier durch eine starke Darmsaite ersetzt ist, unmittelbar in den
                              Arbeitscylinder oder eine Erweiterung desselben nicht drückt, sondern zieht. Dadurch
                              ist nun ein Verdrängen der inneren Flüssigkeit im Maaße des eingeführten
                              Saitenvolumens und dadurch ein Auswärtsgehen des Preßkolbens direct bewirkt, ohne
                              daß eine Pumpe mit ihren Ventilen, Röhren etc. und dem Wasserreservoir nöthig wäre.
                              Für England ist dieser Mechanismus auf den Namen Will. Clark patentirt worden und im Mechanics'
                                 Magazine 1864 S. 283, darnach in diesem Bande
                              des polytechn. Journals S. 8 erläutert und abgebildet.
                           Der Preßcylinder der neuen Presse, ebenso construirt wie bei gewöhnlichen
                              hydraulischen Pressen, geht an seiner der Mündung entgegengesetzten Seite in eine
                              cylindrische Erweiterung B, Fig. 7 über, in welcher
                              sich, durch eine Kurbel drehbar, die Welle C mit der
                              festverbundenen Trommel D befindet. Auf dieser Trommel
                              ist die Darmsaite e befestigt, welche durch die
                              Stopfbüchse f eintritt und von der mit der Trommel D gleich großen Trommel D'
                              abgewunden wird, wenn man die Kurbel in entsprechender Richtung dreht. Die durch
                              diese Drehung gezogene Saite wickelt sich auf D und der
                              Preßkolben j wird natürlich mehr und mehr auswärts
                              getrieben, als man eine größere und größere Saitenlänge einführt. Da nun der Zug,
                              den man auf den Saitenquerschnitt ausübt, mit dem Verhältniß von Kolben und
                              Saitenfläche multiplicirt, den Druck auf die Hinterseite des letztern gibt, so
                              erklärt sich bei der leicht herzustellenden Querschnittsdifferenz die große Wirksamkeit einer solchen
                              Anordnung. Das Zurückgehen des Kolbens bewerkstelligt man dadurch, daß man die
                              Kurbel an die Welle C' der Trommel D' ansteckt und die Saite zurückwindet; soll im Innern
                              kein Vacuum entstehen, so muß der Atmosphärendruck den Kolben einwärts schieben.
                           Diese Presse wird mit Oel statt mit Wasser gefüllt, was zur Erhaltung der Saite
                              nöthig ist; es wird mittelst einer mit einem Hahne sperrbaren Füllvase eingebracht,
                              und einmal im Innern, kommt dieses Oel mit der Atmosphäre nimmer in Berührung,
                              wodurch einem Verdicken und Verderben desselben möglichst vorgebeugt ist. Das durch
                              die Stopfbüchsen verloren gehende Oel kann von Zeit zu Zeit durch eben diese
                              Füllvase ersetzt werden, wenn der Kolben eben im Lauf begriffen ist. Bei den
                              sterhydraulischen Pressen im Conservatoire wurde
                              Ochsenklauenöl angewendet, bei einer anderen solchen Maschine Olivenöl.
                           Die Abbildungen Fig.
                                 7 und 8 stellen in 1/4 der natürlichen Größe eine Presse dar, welche jetzt in
                              der Fabrik von J. F. Cail u. Comp. in Paris erbaut wird und von der ursprünglichen Construction, wie
                              sie den HHrn. Desgoffe und Ollivier in Frankreich und England patentirt wurde, nur unwesentlich
                              abweicht, indem die Aufstellungsweise verändert, ein Sicherheitsventil und
                              Verbesserungen in den Stopfbüchsen des Apparates angebracht worden sind. Diese
                              Presse wurde für einen Normaldruck von 2000 Kilogr. bestimmt, obgleich dieser Druck
                              bedeutend erhöht werden könnte, ohne einerseits übermäßige Kraftanstrengung des
                              einen Mannes, der sie mit der Kurbel treibt, zu fordern, noch andererseits
                              gefährliche Spannungen hervorzurufen; dabei ist der Kolbendurchmesser 50 Millimeter
                              und jener der Saite 4 Millimeter.
                           Bei einem Drucke von 2000 Kilogr. auf die Hinterseite des Kolbens von 50 Millimeter
                              Durchmesser herrscht im Cylinder eine Spannung von 100 Atmosphären; damit dieser
                              Druck nicht überschritten wird, ist ein mit einer Spiralfeder niedergehaltenes
                              Ventil von 4 Millimeter, auf welches also ungefähr 13 Kilogr. wirken, angewendet,
                              welches, um dem Verluste des allenfalls ausgepreßten Oeles zu begegnen, in einem
                              geschlossenen Gehäuse sitzt (Fig. 9). Beim Rückgange
                              des Kolbens kann man dann im Falle eines vorausgegangenen Ventilspieles durch Lüften
                              desselben mit der Hand das ausgetretene Oel wieder einsaugen lassen; doch damit
                              nicht etwa Luft eintritt, muß man die Büchse früher mit überschüssigem Oele
                              versehen. Die Dicke des Federdrahtes ist 2 1/2 Millimeter, und die Einrichtung des
                              Ventils sammt der Spannvorrichtung ist, in 3/8 der Naturgröße gezeichnet, aus der
                              Abbildung klar ersichtlich. Um nicht für die innere Saitentrommel eine größere
                              Oeffnung im Cylinderkörper anbringen zu müssen, sind die Führungsränder derselben durch die
                              von oben eingeschraubten Stifte n, n hergestellt. i, i sind die Achsen von Schrauben, womit der ganze
                              Apparat auf einem Gerüst befestigt werden kann.
                           Was die Berechnung des Druckes anbelangt, den man mit. einer solchen Maschine
                              hervorbringen kann, so ist dieselbe genau wie bei der hydraulischen Presse
                              vorzunehmen, und der Druck P auf die Hinterseite des
                              Arbeitskolbens vom Durchmesser D ergibt sich, wenn d der Durchmesser der Saite, K die Kurbellänge, r der Trommelhalbmesser und
                              p der am Kurbelende geäußerte Druck von Seiten des
                              Arbeiters ist, aus der leicht abzuleitenden Formel:
                           P = p .
                              K/r . D²/d².
                           Die bei Cail construirte Maschine soll eine Pressung von
                              2000 Kilogr. hervorbringen, da bei ihr also:
                           P = 2000; D = 50 Millimtr.; d = 4 Millimtr.; K = 16 Millimtr. und r = 5
                              Millimtr.
                           für den ungünstigsten Fall bei vollgewickelter Trommel ist, so
                              ergibt sich, wenn wir von den allerdings bedeutenden Reibungshindernissen absehen,
                              eine theoretisch nothwendige Kraftäußerung am Kurbelende von:
                           = P . r/K . d²/D² = 2000 . 5/16 . 4,4/50,05
                              = 4 Kilgr.
                           Die vier eisernen Säulen haben jede einen kleinsten Durchmesser (der
                              Cylinderflantsche) von 20 Millimtr., daher eine Gesammtfläche von 1256
                              Quadratmillimtr. Bei 2000 Kilogr. Spannung wird daher ein Quadratmillimtr. des
                              Säulenquerschnittes mit 2000/1256 1,6 Kilogr. belastet. Ebenso leicht berechnet sich
                              die Beanspruchung der Quadratmillimeterfläche der 30 Millimeter dicken gußeisernen
                              Cylinderwand mit 1,3 Kilogr. (nach der Formel δ =
                              r.q/m) und der ganzen 4 Millimeter dicken Darmsaite mit 13
                              Kilogr., aus welchen Werthen man die hohe Sicherheit ersieht, auf welche die Presse
                              gebaut ist. Da die Trommel 10 Reihen Saite nebeneinander in 6 Schichten übereinander
                              aufzuwickeln im Stande ist, was einer Gesammtlänge von 12 1/2 Meter entspricht, so
                              ist das Verdrängungsvolumen, welches man in den Cylinderraum nach 60 Kurbeldrehungen
                              bringen kann, bei den Dimensionen der vorliegenden Maschine eben hinreichend, einen
                              Kolbenlauf von 77 Millimeter zu bewirken, was circa der
                              Hälfte des Zwischenraumes von Preßplatte und Preßkopf der Anfangsstellung
                              entspricht.
                           
                           Für continuirliche Arbeit eignet sich vorzüglich der gekuppelte Apparat, der aus zwei
                              derart neben einander stehenden einfachen Pressen besteht, daß beim Rücklauf des
                              Kolbens der einen ein Arbeiten des anderen stattfindet und umgekehrt. Die
                              gemeinschaftliche Saite wird nämlich abwechselnd aus dem Innern des einen in den
                              anderen Cylinder gewunden, wozu die Stopfbüchsen gegenüberliegend sind; dort wo sie
                              eintritt, steigt der Kolben, im anderen Theile des Apparates geht er zurück, und auf
                              diese Weise kann ein einzelner Arbeiter zwei Pressen in derselben Zeit bedienen wie
                              eine einzige ohne besondern Mehraufwand von Kraft.
                           Der geringe Druck, dessen man an der Kurbel bedarf, erlaubt natürlich eine große
                              Geschwindigkeit ihrer Bewegung zu verlangen, und wenn man auch des Vortheiles der
                              abnehmenden Pumpenkolbendurchmesser gewöhnlicher hydraulischer Pressen, die sich dem
                              zunehmenden Drucke anpassen, entbehrt, so ist doch der Vortheil größerer Einfachheit
                              und der unmittelbar benutzten Rotationsbewegung auf Seite der neuen Presse, und
                              insbesondere die gekuppelte Maschine, welche leicht durch einen Riementrieb mit
                              Umkehr stetig in Arbeitslauf erhalten werden kann, ist bei Berücksichtigung des
                              hohen Druckes, den sie liefert, für kleinere hydraulische Pressen sehr
                              anzuempfehlen. Für große Pressen ist wohl der Vortheil der verschiedenen
                              Pumpenkolben und des einfachen Cylindergusses, der trotz seiner Einfachheit zu
                              öfteren Störungen Veranlassung gibt, ein zu großer, als daß die neue Anordnung
                              Aussicht hätte, das bisherige System zu verdrängen, insbesondere wenn man bedenkt,
                              daß der Cylinder bei gleicher Wirksamkeit, wegen des Trommelraumes, von fast
                              doppelter Größe seyn muß als der alte, daher die Reinheit des so dicken Gusses
                              doppelt in Frage tritt; und wenn man berücksichtigt, daß die beiden neu
                              hinzukommenden Oeffnungen für den Wellen- und Saiteneintritt die Wände bedeutend
                              schwächen, und daß der Hub dieser Pressen ein streng begrenzter, durch die
                              Saitenlänge bedingter ist, der nicht um eines Haares Breite überschritten werden
                              kann, und daß endlich ein Reißen der Darmsaite, welche durch die Stopfbüchse
                              fortwährend leidet, ein Unfall wäre, dessen Ausgleich ein völliges Neumontiren der
                              Maschine verlangt. (Deutsche Industriezeitung, 1865, Nr. 7.)
                           
                        
                     
                  
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