| Titel: | Ueber einen neuen, in England in den Casernen und Spitälern angewendeten Kamin; Bericht von General Morin. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. CXIII., S. 440 | 
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                        CXIII.
                        Ueber einen neuen, in England in den Casernen und
                           Spitälern angewendeten Kamin; Bericht von General Morin.
                        Aus den Annales du
                                 Génie civil, Januar 1865, S. 49.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Morin, über einen neuen Kamin besonders für Casernen und
                           Spitäler.
                        
                     
                        
                           In den Annales du Conservatoire des arts et
                                 métiers vom October 1864, tome V p. 180, beschreibt General Morin die Versuche, welche in jener Anstalt mit dem von Douglas Galton, großbrittanischem Militär-Ingenieur, erfundenen
                              Kamin angestellt wurden. Wir entnehmen jener Arbeit Nachstehendes über die mit
                              diesem Heizapparat bezüglich der Fortschaffung der verdorbenen und der Zuführung von
                              frischer Luft erhaltenen Resultate.
                           
                              „Um mir, sagt General Morin, ein eigenes
                                 Urtheil über den Werth dieser Kamine bilden zu können, womit ein bedeutender
                                 Fortschritt in der Construction von Heizapparaten gemacht seyn dürfte, ließ ich
                                 mir einen solchen von dem einfachen, für die Soldatenstuben bestimmten Modell
                                 kommen und im Conservatorium in einem Zimmer von mittlerer Größe, nämlich von
                                 5,14 Meter Länge bei 3,94 Meter Breite und 4,46 Meter Höhe, folglich von 90,33
                                 Kubikmeter Rauminhalt, aufstellen.
                              
                           
                              Diese gußeisernen Kamine bestehen aus einem mit Steinkohlen oder Kohks zu
                                 heizenden, an seinen inneren Wänden mit feuerfesten Backsteinen ausgefütterten
                                 Feuerraume oder Herde; diese Steine halten die Hitze in einem für die
                                 Unterhaltung und die Erneuerung des Feuers hinlänglichen Grade zusammen. An
                                 seinem hinteren Theile hat dieser Herd ebene Ansätze, durch welche die Fläche
                                 für die Ausstrahlung der Wärme vergrößert wird. Die Rostfläche beträgt nur etwa
                                 ein Drittel von der Fläche des ganzen Herdes, wodurch die Lebhaftigkeit des
                                 Feuers gemäßigt und somit auch der Brennmaterialverbrauch beschränkt wird.
                              
                           
                              Dieser sehr einfach eingerichtete Kamin – man s. Fig. 35 u. 36 auf
                                 Tab. VI – muß von der Mauer, in welcher der Schornstein oder die Esse
                                 angebracht ist, ganz getrennt seyn, so daß zwischen dem hinteren Theile seines Herdes oder
                                 Feuerraumes und dieser Mauer ein freier, aber geschlossener Zwischenraum bleibt,
                                 der als Luftkammer E, E dient, in welcher, durch
                                 eine in der Nähe des Bodens in der Mauer angebrachte Oeffnung F die äußere Luft eintreten und sich in Berührung
                                 mit dem Feuerraume, seinen gußeisernen Ansätzen und dem Rauchabzugsrohr, welches
                                 in der ganzen Höhe des Zimmers von den Mauern möglichst vollständig isolirt seyn
                                 muß, erhitzen kann.
                              
                           
                              Die Luftkammer reicht bis zur Decke des Zimmers und an ihrem vorderen Theile oder
                                 an einer der Seitenflächen wird eine Oeffnung G
                                 gespart, an welche ein gußeiserner mit jalousieähnlichem Verschluß versehener
                                 Beschlag angepaßt wird; die einzelnen Scheider dieses Verschlusses oder dieser
                                 Thür haben eine solche Neigung, daß sie die einströmende Luft nach der Decke zu
                                 leiten, damit die Geschwindigkeit derselben genügend gemäßigt wird, bevor sie
                                 mit dem unteren durch den Zug des Kamins erzeugten Luftstrome sich
                                 vereinigt.
                              
                           
                              Der Apparat besteht aus drei Stücken; nämlich aus dem eigentlichen Herde oder
                                 Feuerraum A, dem Rauchableitungsrohre und dem Mantel
                                 H.
                              
                           
                              Der Herd ruht auf dem Fußboden oder auf einer Unterlage von Ziegelsteinen, welche
                                 für seine Aufnahme eingerichtet und mit einer gußeisernen Einfassung versehen
                                 ist. Mit ihm ist das Rauchrohr durch Bolzen verbunden; die dem Apparate
                                 beigegebene Anweisung empfiehlt zur Vermeidung des Rauchens, die Fugen zwischen
                                 beiden sorgfältig mit Mennigkitt zu dichten. Dieses Rohr steckt in dem
                                 eigentlichen Schornsteine des Kamins, welcher, wie schon bemerkt worden,
                                 möglichst von den Mauern getrennt seyn muß.
                              
                           
                              Der Mantel H befindet sich am Vordertheile des
                                 Herdes, und ist am letzteren mit Schrauben befestigt, so daß er sich
                                 losschrauben und abnehmen läßt, wenn die Luftkammer gereinigt, oder wenn die
                                 Esse gefegt werden soll, in welchem letzteren Falle der Herd weggenommen werden
                                 muß.
                              
                           
                              Empfehlenswerth ist es, die Einströmungsöffnung für die äußere Luft mit einem
                                 recht großmaschigen Metallgewebe zu versehen, und in Privatwohnungen eine Thür
                                 oder ein Register an ihr anzubringen, mit der sie verschlossen werden kann. In
                                 Casernen darf aber dieser Verschluß nicht zur Verfügung der Soldaten stehen,
                                 denn diese würden ihn stets geschlossen halten.
                              
                           
                              Das feuerfeste Herdfutter muß etwas vom Boden des Herdes abstehen und hat
                                 zwischen den zwei oberen Backsteinen eine Oeffnung. Diese Einrichtung bezweckt
                                 die Erzeugung eines schwachen Luftstroms, welcher durch den Aschenfall
                                 eintritt und oberhalb des Brennmaterials ausströmt, um eine theilweise
                                 Verbrennung des Rauches zu bewirken. Es ist jedoch mindestens zweifelhaft, ob
                                 dieser Zweck erreicht wird, und wenn der Luftstrom kräftig ist, so wird dadurch
                                 dem zur Erhitzung der zuzuführenden Luft bestimmten Boden des Herdes unnützer
                                 Weise Wärme entzogen.
                              
                           
                              Der Rauchableitungscanal hat 550 Quadratcentimeter Querschnitt, und da das Volum
                                 der abziehenden Luft, wie wir sehen werden, per
                                 Stunde durchschnittlich 513 Kubikmeter, in der Minute also 0,142 Kubikmeter
                                 beträgt, so ist die Ausströmungsgeschwindigkeit per
                                 Secunde 2,60 Met., was für die Stabilität des Zuges ungeachtet der Einwirkung
                                 des Windes hinreicht.
                              
                           
                              Das Verhältniß jenes Querschnittes kann man daher nach dem Volum der
                                 abzuführenden Luft, unter Zugrundelegung der Bedingung bestimmen, daß die
                                 mittlere Geschwindigkeit per Secunde 2,50 bis 3,00
                                 Meter beträgt.
                              
                           
                              Die Oeffnung für den Eintritt der Luft in die Luftkammer muß an Fläche dem
                                 Querschnitte des Kamins wenigstens gleich seyn, und wenn sie, anstatt wie bei
                                 meinen Versuchen sich direct nach außen zu öffnen, am Ende eines mehrere Meter
                                 langen, unter dem Fußboden oder in der Dicke der Mauern hinlaufenden Canals
                                 angebracht ist, so dürfte es sich empfehlen, ihr einen etwas größeren
                                 Querschnitt zu geben.
                              
                           
                              Bei meinen Versuchen hatte diese Oeffnung 634 Quadratcentimeter, was mehr als
                                 genügend war.
                              
                           
                              Die Gesammtfläche des Rostes beträgt beinahe 0,40 des Querschnittes vom Kamine,
                                 und die freie Fläche für den Zutritt der Luft das Zehntel derselben, so daß der
                                 Brennmaterialverbrauch gemäßigt ist, während diese Fläche für die Unterhaltung
                                 des Feuers genügt.
                              
                           
                              Aus der im Vorstehenden gegebenen kurzen Beschreibung lassen sich die Wirkungen
                                 dieses Apparates leicht begreifen. Sobald das Feuer im Herde angezündet ist,
                                 entsteht dadurch, wie bei den gewöhnlichen Kaminen, ein Zug, und die innere Luft
                                 des Zimmers zieht ab, während ein bestimmtes Volum frischer Luft wieder
                                 eintritt, welches sich beim Durchströmen durch die Luftkammer erhitzt. Das
                                 gegenseitige Verhältniß dieser beiden Luftvolume wird von den Dimensionen der
                                 Oeffnungen, von der größeren oder geringeren Lebhaftigkeit des Feuers, von der
                                 Anzahl der im Zimmer vorhandenen Thüren und Fenster, und von dem mehr oder
                                 minder vollkommenen Schlusse derselben bedingt; unter gewöhnlichen Umständen
                                 indessen kann das Volum der auf diese Weise zugeführten erhitzten Luft auf 0,80
                                 und darüber vom Volum der ausgeführten Luft steigen.
                              
                           
                           
                              Der Apparat besitzt demnach den Vorzug, daß der oft so störende Zug durch die
                                 Fugen der Fenster und Thüren bedeutend beschränkt und daß anstatt kalter Luft
                                 warme Luft in die Zimmer geführt wird. Die Temperatur dieser zuströmenden Luft
                                 ist um so mäßiger, je größer ihr Volum ist; bei den Versuchen, von deren
                                 Resultaten hier die Rede ist, betrug sie zwischen 30° und höchstens
                                 36° C. Da übrigens die Schnelligkeit der in der Richtung gegen die Decke
                                 einströmenden Luft, wie schon bemerkt, durch ihre Circulation vollständig
                                 aufgehoben wird, so ist ihr Einfluß durchaus nicht bemerkbar.
                              
                           
                              Der im Conservatorium probirte Kamin war von dem kleinsten, für die Casernen
                                 bestimmten Modelle, und die Umstände machten es erforderlich, daß er in einem
                                 Winkel des zu heizenden Zimmers aufgestellt wurde; dessen ungeachtet that er
                                 seine Dienste in völlig genügender Weise, wie sich dieß ganz unzweideutig aus
                                 den mitgetheilten Resultaten ergibt.“
                              
                           Wir bedauern, Hrn. Morin nicht in die Details seiner
                              Arbeit folgen zu können. Wir müssen uns auf die Bemerkung beschränken, daß bei den
                              drei abgeführten Proben das Brennmaterial sich mit der größten Leichtigkeit
                              entzündete und sofort ein genügender Zug entstand. Die Temperatur der einströmenden
                              Luft schwankte zwischen 30° und 36° C., übertraf demnach die der
                              äußeren Luft um 17° bis 20°, was selbst bei sehr kalter Witterung
                              genügend seyn würde. – Die Temperatur des Zimmers ließ sich, ohne das Feuer
                              verstärken zu müssen, leicht auf 19° bis 20°, also um 6° wärmer
                              als die äußere Luft erhalten, obgleich die zur Bestimmung des Volums der evacuirten
                              Luft getroffenen Einrichtungen die Emission der strahlenden Wärme des Feuerraums
                              (welcher in dieser Beziehung sehr günstig eingerichtet ist) zum großen Theil
                              verhinderten.
                           Sehr genaue Berechnungen beweisen, daß die Anordnung des neuen englischen Kamins für
                              die Erhitzung der eingeströmten Luft eine Ersparniß von 456 Wärmeeinheiten gewährt;
                              und sie hat besonders den Vortheil, das Einziehen äußerer Luft durch die Fenster
                              etc., welches bei den gewöhnlichen Kaminen oft so lästig ist, in bedeutendem Grade
                              zu vermindern.
                           Die durch den beschriebenen neuen Kamin direct hervorgebrachte Speisung mit äußerer
                              Luft gewährt außerdem den Vortheil, daß die Fenster und die Thüren der Zimmer mit
                              Wülsten beschlagen werden können, ohne daß dadurch der Zug im Kamin gehemmt wird und
                              in Folge dessen die Zimmer sich mit Rauch füllen.
                           Endlich kann auch bei dieser Einrichtung die zwei aneinander stoßende Zimmer
                              verbindende Thür offen stehen bleiben, ohne daß der Zug in den Kaminen dieser Zimmer
                              gestört wird, natürlich vorausgesetzt, daß ihre Canäle die erforderliche Höhe und
                              die geeigneten Verhältnisse haben.
                           Aus Morin's Berechnungen ergibt sich, daß der neue
                              englische Kamin nur 0,40 von der Brennmaterialmenge verbraucht, welche ein
                              gewöhnlicher Kamin erfordert. Allerdings wird durch den letztern ein mehr als
                              doppelt so großes Luftvolum evacuirt, als durch jenen, jedoch ohne reellen Nutzen
                              für die Ventilation des Locals, da die Evacuation durch den neuen Kamin sich als
                              mehr denn genügend herausstellte.
                           Die Versuche, deren Hauptresultate wir so eben näher betrachteten, indem wir die
                              Vorzüge der Einrichtung dieser für Casernen bestimmten Kamine nachwiesen,
                              veranlaßten Morin zu einigen Abänderungen, durch welche sich auch bei Anwendung gewöhnlicher Kamine weit
                                 günstigere Resultate erzielen lassen. Wir theilen hier die von ihm
                              gemachten Vorschläge vollständig mit.
                           
                              „Die in England angenommenen Anordnungen für die Casernenkamine beruhen
                                 auf einem allgemeinen Princip, welches sich auch bei anderen Kaminformen ganz
                                 gut anwenden läßt, sofern die gehörigen Verhältnisse im Auge behalten
                                 werden.
                              
                           
                              Der Grundgedanke ist, den Herd von dem Mauerwerke, an dem er rückwärts anstößt,
                                 zu trennen, und zwischen diesem Herde und der Mauer einen freien Raum zu lassen,
                                 in welchen äußere Luft eindringen kann, die sich in Berührung mit dem hinteren
                                 Theile des Herdes und der Rauchableitungsröhre erwärmt, in Folge dessen in die
                                 Höhe steigt, sich an der Decke ausbreitet, und so die innere Luft, welche durch
                                 den Kamin evacuirt wird, ganz oder theilweise ersetzt.
                              
                           
                              Damit aber die Aufgabe genügend gelöst wird und die Evacuirung, sowie der Ersatz
                                 der evacuirten durch frische Luft regelmäßig von Statten geht, muß der Herd
                                 nicht allein im Stande seyn, die nöthige Wärme zu liefern, sondern er muß auch
                                 eine solche Einrichtung haben, daß er in Folge der Schwankungen in der
                                 Lebhaftigkeit des Feuers nicht zu rasch erkalten oder sich zu plötzlich erhitzen
                                 kann. Demnach müssen die gußeisernen Wände des Herdes oder Feuerraums mit
                                 Backsteinen oder anderem feuerfesten Material gefüttert seyn, welche die ihnen
                                 mitgetheilte Wärme längere Zeit zusammenzuhalten vermögen.
                              
                           
                              Die dem Evacuations-Kamine zu ertheilenden Verhältnisse müssen nach den oben
                                 angegebenen Regeln bestimmt werden. Wenn demnach das Volum der per Stunde zu evacuirenden Luft nach der Anzahl der
                                 Personen, welche in den zu heizenden Localen wohnen sollen, bestimmt worden, so
                                 muß der lichte Querschnitt des Kamins und der zur Einführung der kalten Luft in
                                 die Luftkammer sowie der zur Ableitung der warmen Luft in das Zimmer dienenden Oeffnung nach
                                 dem Grundsatz berechnet werden, daß die Geschwindigkeit im Rauchrohre und beim
                                 Eintritte in die Luftkammer 2,50 bis 3,00 Meter, und die Geschwindigkeit der an
                                 die Decke ausströmenden Luft höchstens 1 Meter per
                                 Secunde betrage.
                              
                           
                              Der Rauchcanal muß in der ganzen Höhe der Luftkammer von den Mauern vollständig
                                 getrennt seyn; er wird für solche Locale, welche fortwährend geheizt und
                                 ventilirt werden müssen, aus gebrannten Thonröhren, für solche aber, in denen
                                 nur am Tage geheizt wird, aus gußeisernen Röhren construirt.
                              
                           
                              Die Luftkammer muß bis zur Decke reichen.
                              
                           
                              Kamine von dieser Einrichtung können, mit unbedeutenden Abänderungen, im Winter
                                 zur Heizung und Ventilation, im Sommer zur Ventilation allein benutzt
                                 werden.
                              
                           
                              Für diesen Zweck wird es z.B. im Sommer genügen, den vorderen Theil des Kamins
                                 durch einen aus schlecht wärmeleitendem Material construirten Mantel
                                 abzuschließen oder zu maskiren, und die innere Luft seitlich, durch mit
                                 Registern versehene Oeffnungen – welche zu diesem Behufe geöffnet werden
                                 müssen – einströmen zu lassen. In dieser Weise würde im Sommer die ganze
                                 durch das verbrannte Heizmaterial erzeugte Wärme dazu verwendet werden, rechts
                                 und links am Kamine das Einsaugen der verdorbenen Luft zu bewirken.
                              
                           
                              Die für das Einströmen der Luft in die Luftkammer bestimmte Oeffnung müßte für
                                 den Winter geschlossen werden, und andere in den Mauern in der Nähe der Decke
                                 angebrachte Oeffnungen würden zur Speisung des Zimmers mit frischer Luft dienen.
                                 Dieses einfache Ventilationsverfahren würde sich in vielen Fällen anwenden
                                 lassen; besonders würden sich in Hospitalsälen mit nur wenigen Betten, in
                                 Ländern wo die Steinkohle billig ist, die Vortheile und Annehmlichkeiten der
                                 Kaminheizung dadurch erzielen lassen.“
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
