| Titel: | Das Pyropapier als Material der Ernst- und Lustfeuerwerkerei. – Holzzeug als gelbes Schießpulver. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. CXVI., S. 452 | 
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                        CXVI.
                        Das Pyropapier als Material der Ernst- und
                           Lustfeuerwerkerei. – Holzzeug als gelbes Schießpulver.
                        Ueber Pyropapier als Material der Feuerwerkerei.
                        
                     
                        
                           Nitrificirt man ungeleimtes Papier durch genügend langes Eintauchen desselben in eine
                              der Papiermasse entsprechend gewählte Mischung von concentrirter Salpetersäure und
                              concentrirter Schwefelsäure, so erhält man durch nachheriges Entfernen der Säurenreste und darauf
                              erfolgendes Trocknen das sogenannte Pyropapier, welches sowohl in der Ernst- als
                              auch in der Lustfeuerwerkerei mit Nutzen verwendet werden kann.
                           In ersterer Beziehung ist beispielsweise schon eine Anwendung der in Papierform
                              dargestellten Nitro-Cellulose zur Anfertigung von solchen Zündspiegeln zu
                              Manöver-Patronen des Zündnadelgewehrs, welche, weil sie rasch verbrennen, nicht als
                              Projectile schädlich wirken können, gegeben, und in der Lustfeuerwerkerei treten
                              Conduits und farbige Lichter als sehr naheliegende Verwendungsmöglichkeiten dieses
                              Materials auf, – welches sich im Kleinen sehr leicht dadurch herstellen läßt,
                              daß man ungeleimtes, sogenanntes Pflanzenpapier, zwei Minuten lang in ein aus
                              gleichen Volumtheilen concentrirter Schwefelsäure und dergleichen Salpetersäure
                              bestehendes Gemisch eintaucht, dann ein Abwaschen der so behandelten Papierstreifen
                              zuerst in reinem, hernach in ammoniakalischem und endlich wieder in reinem Wasser,
                              und hierauf das Trocknen der so gebildeten und von Säureresten befreiten
                              Nitro-Cellulose in freier Luft folgen läßt. – Im Großen würde eine derartige
                              Fabrication aber wohl etwa so zu leiten seyn, daß man ungeleimtes Maschinenpapier,
                              über Rollen, zunächst in einen Bottich führt, welcher mit einem der jedesmaligen
                              Papiersorte entsprechend zubereiteten Gemische der beiden obengenannten Säuren
                              angefüllt ist und dann, vermittelst der die zugehörigen Zeitintervallen einhaltenden
                              Maschine, dieses Papier auch noch durch drei nebeneinander stehende weitere
                              Bottiche, welche der Reihe nach reines, mit Ammoniak versetztes und wieder reines
                              Wasser enthalten, hindurchleitet, wornach endlich das so behandelte Papier in der
                              Art wie gefärbte Zeuge etc. in langen Streifen zum Trocknen in freier Luft
                              aufgehängt werden kann.
                           Zur Darstellung der Manöver-Zündnadelgewehr-Spiegel wird das in Streifen von
                              entsprechender Form geschnittene Papier nach seiner Nitrification dann ohne
                              Leimzwischenlagen bis zur erforderlichen Stärke aufgerollt, hierauf, mit starkem
                              Hanfzwirn umschnürt, in die zur Aufnahme des Zündsatzes erforderliche Form gepreßt,
                              und der so gebildete Spiegel endlich ganz wie gewöhnlich mit seiner aus gleichen
                              Theilen chlorsaurem Kali und Schwefelantimon bestehenden Zündpille versehen.
                           Zu Conduits zusammengerollt, läßt sich dem Pyropapier ferner durch Bestreichung
                              seiner äußeren Schicht mit Schwefeläther dort eine der atmosphärischen Feuchtigkeit
                              widerstehende pergamentähnliche Collodiumbeschaffenheit geben, und farbige Lichter
                              endlich lassen sich schon durch bloßes Eintauchen solcher Pyropapier-Rollen in
                              alkoholische oder wässerige Lösungen der farbige Flammen gebenden Salze von
                              Strontian, Natron, Baryt
                              etc. und nachheriges Trocknen sehr leicht darstellen, wobei zu demonstrativen
                              Versuchen, des rascheren Trocknens wegen, die alkoholischen Lösungen der Salze und
                              für den vorliegenden Fall überhaupt die chlorsauren Salze jener Basen den
                              salpetersauren Salzen derselben vorzuziehen sind.
                           Nitrificirt man endlich auch noch die Holzfaser in der Form wie sie unter dem Namen
                              „Holzzeug“ als Material zur Papierfabrication im Großen
                              dargestellt wird und durch den Handel bezogen werden kann – nachdem dieser
                              Stoff vorher gemahlen und gekörnt worden ist – auf eine der oben angegebenen
                              Bereitung des Pyropapiers analoge Weise, so erhält man ein – gelbes Schießpulver, welches billig zu liefern,
                              ungefährlich in seiner Fabrication, kohlensäurekräftig wirkend beim Schießgebrauche,
                              und frei von den, das fortgesetzte Laden der Feuerwaffen unter Umständen so sehr
                              erschwerenden, festen Rückständen des gewöhnlichen schwarzen Schießpulvers ist.
                              Hiermit soll jedoch nur ganz im Allgemeinen auf das Princip der betreffenden
                              Pulverfabrication hingewiesen werden; die Mittheilung der Details bleibt
                              vorbehalten.
                           Dy.,          Artillerie-Hauptmann.
                           Cassel, am 7. März 1865.