| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 175, Jahrgang 1865, Nr. , S. 402 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Große Hängebrücken.
                           Die Clifton-Hängebrücke bei Bristol, die mit einer Oeffnung in 210 Fuß Höhe den Avon
                              überspannen wird, schreitet jetzt, nachdem seit mehr als 10 Jahren die Pfeiler auf
                              den hohen malerischen Ufern verlassen standen, endlich ihrer Vollendung entgegen.
                              Die Hauptketten sind bereits überspannt und wird mit dem Anbringen der Hängestangen
                              und darauf der Fahrbahn begonnen werden. Der Bau soll früher wegen eines Unglücksfalles, während
                              provisorische Ketten oder Seile übergespannt waren, verlassen seyn. Die Brücke wird
                              hinsichtlich ihrer reizenden Lage wenigstens in England nicht ihres Gleichen haben.
                              In deutschen Geographie-Lehrbüchern findet sie sich seit Jahren als Merkwürdigkeit
                              verzeichnet, obgleich sie bisher bis auf die Pfeiler nicht vorhanden gewesen.
                           Die Ketten der von Brunel gebauten, jetzt abgebrochenen
                              und durch die Charing-Croß-Brücke ersetzten 630 Fuß weiten Hungerford-Brücke in
                              London finden hier wieder Verwendung.
                           Es wird vielleicht von einigem Interesse seyn, die Spannweiten einiger amerikanischen
                              Brücken hier nachzufügen, welche die größten Brücken Europa's um ein Bedeutendes
                              übertreffen. So hat die Niagara-Drahtbrücke eine Spannweite von 822 Fuß, die
                              Lewistown-Brücke von 1043 Fuß, die Kentucky-Brücke, die übrigens noch nicht eröffnet
                              ist, gar von 1224 Fuß. Erscheinen diese Zahlen geradezu als enorm, so werden sie
                              noch bei weitem übertroffen durch die kühnen Projecte, welche zur Ueberbrückung
                              verschiedener Meerbusen der neuen und der alten Welt gegenwärtig in Ueberlegung
                              genommen sind.
                           So beabsichtigt der Ingenieur Röbling, der die
                              Niagara-Brücke baute, zwischen New-York und Brocklyn eine Brücke zu bauen mit einer
                              größten Spannweite von 1800 Fuß. Ueber den Frith of
                                 Forth denkt man eine Brücke mit Oeffnungen von 2000 Fuß herzustellen. Barlow hat allen Ernstes zur Verbindung von Liverpool mit
                              Birkenhead die Erbauung einer Hängebrücke von 3000 Fuß Spannweite mit 300 Fuß Pfeil
                              und 450 Fuß hohen eisernen Landpfeilern vorgeschlagen (Observations on the Niagara Railway Suspension bridge by P. Barlow) und es soll bereits an die Ueberbrückung
                              der 3220 Fuß weiten Meerenge von Messina in einer einzigen Oeffnung gedacht werden.
                              Nun, die Grenze der Möglichkeit der Ausführung derartiger Constructionen, zumal mit
                              gezogenem Draht, ist damit noch nicht erreicht; es wird hauptsächlich darauf
                              ankommen, in welchem Verhältniß die Last der übrigen Theile der Brücke und der
                              Transportgegenstände zu dem Gewicht der Tragketten steht; ein gleich dicker
                              Eisendraht kann mit 1/10 Pfeil bei 10,000 Pfund pro
                              Quadratzoll Spannung, wenn er nur sich selbst zu tragen hat, schon bis 2450 Fuß weit
                              gespannt werden und geht man so weit wie bei der Niagara-Brücke, wo 18,000 Pfund
                              Spannung in den Drähten vorkommen, so erweitert sich in demselben Verhältniß die
                              Grenze der Spannweite. Bedenkt man aber, daß Stahldraht noch mehrfach größere
                              Spannungen wenigstens für einige Zeit ohne Schaden erträgt, so bleibt für Weiten von
                              2000 bis 3000 Fuß noch ein so günstiges Verhältniß zwischen dem Gewicht des Seiles
                              und dem zulässigen Gewicht der übrigen für die Fahrbahn und zur Absteifung nöthigen
                              Theile, so wie die zu transportirenden Lasten bestehen, daß man die wirkliche
                              Ausführung derartiger Constructionen, sobald die Nothwendigkeit dazu vorliegt, in
                              Zukunft höchst wahrscheinlich zu erwarten haben wird. (Nach dem Engineer vom 29. April 1864, durch die Zeitschrift des
                              hannoverschen Architekten- und Ingenieurvereins.)
                           
                        
                           Achard's elektrische
                              Eisenbahnbremse.
                           Schon mehrfach hat man die Anwendung des Elektromagnetismus beim Eisenbahnbetriebe in
                              Vorschlag gebracht, sey es, daß man durch Magnetisirung der Radreifen die Adhäsion
                              vermehren, sey es, daß man damit das Bremsen erleichtern, oder die einzelnen Wagen
                              mit einander in Communication setzen wollte. In neuester Zeit ist auf dem Pariser
                              Bahnhofe der Straßburger Bahn das Bremsungssystem des Ingenieurs Achard einer eingehenden Prüfung unterworfen worden und
                              hat sehr zufriedenstellende Resultate geliefert. Das Wesentliche dieses Systems
                              besteht darin, daß man Bremsvorrichtungen anwendet, die beständig in Function seyn
                              würden, wenn sie nicht durch Elektromagnete angezogen und dadurch von den Rädern
                              entfernt gehalten würden. Sobald daher der Strom, der den Magnetismus hervorruft, an
                              irgend einer Stelle unterbrochen wird, tritt eine kräftige Bremsung an allen Punkten
                              des Zuges sofort von selbst ein. Zwei Wagen, auf denen der elektrische Apparat
                              aufgestellt war, wurden zuerst von den Zuschauern und Arbeitern genau besichtigt, um
                              letztere besonders mit dem Spiele des Apparates vertraut zu machen. Es wurde dann
                              eine Locomotive mit
                              Tender herangefahren und die Wagen angehängt. Die elektrische Leitungsschnur, in
                              welcher sich zwei Drähte, für die eine und die andere Hälfte des Stromkreises
                              vereinigt befanden, natürlich gut von einander isolirt, wurden dann auf den Tender
                              geworfen, und der Unterbrechungsapparat mittelst einer einfachen Druckschraube in
                              wenigen Secunden an der Wand des Tenders befestigt. Wenn man sich denkt, daß auf
                              jedem mit der elektrischen Bremse versehenen Wagen ein oder zwei Elektromagnete und
                              rechts und links zwei Leitungsdraht-Enden sich befinden, so begreift man leicht, daß
                              man durch eine leicht zu bewirkende Verbindung der resp. Drahtenden eine Anzahl
                              solcher Bremswagen hinter einander, oder mit Einschaltung einer Leitungsschnur mit
                              zwei isolirten Drähten auch an verschiedenen Stellen des Zugs einschalten kann.
                              Nöthigenfalls genügte auch ein einfacher Leitungsdraht, indem die Rückleitung durch
                              die Schienen und die Erde bewirkt werden könnte. Der Unterbrecher, welcher am Tender
                              angeschraubt wurde, besteht einfach aus einer kleinen Handhabe, die von links nach
                              rechts umgelegt wird, und dann sofort den Strom unterbricht. In diesem Moment trat
                              volle Wirksamkeit der Bremsen ein. Die Räder der Wagen rollten nicht mehr, sondern
                              bewegten sich schlittenartig auf den Schienen fort. Der dadurch geleistete
                              Widerstand war so enorm, daß der Zugführer sich beeilen mußte, den Unterbrecher
                              umzulegen, und so den Strom wieder herzustellen. Sofort wurden die Bremsen wieder
                              angezogen, und der Zug erlangte allmählich die verlorene Geschwindigkeit zurück. Der
                              vielfach, sowohl beim Ziehen als beim Schieben der Locomotive wiederholte Versuch
                              ergab stets dasselbe günstige Resultat. Selbst bei hoch gesteigerter Schnelligkeit
                              vermochte man den Zug auf 250–300 Meter Länge zum Stehen zu bringen, wo er
                              sonst noch 12–1500 Meter gelaufen wäre. Derselbe elektrische Strom wird auch
                              dazu benutzt, um vom hintersten Waggon aus durch den dort placirten Conducteur dem
                              Locomotivführer und dem zugführenden Oberschaffner ein Warnungszeichen durch
                              Anschlagen einer Glocke zukommen zu lassen, welche Glocke ertönt, sobald an irgend
                              einer Stelle der Strom unterbrochen wird, indem ein bis dahin vom Elektromagneten
                              angezogener Hammer frei wird. In ganz derselben Art kann jeder einzelne Conducteur,
                              ja jeder Passagier, in den Stand gesetzt werden, das Warnungszeichen zu geben. Auf
                              gleiche Weise kann jeder Conducteur, sobald er ein drohendes Unheil bemerkt, die
                              Bremsen spielen lassen. Sollte der Zug aus den Schienen kommen, ein angehängter
                              Wagen sich losreißen, so wird der Strom ebenfalls unterbrochen; die Folge davon ist
                              wie immer die sofortige Bremsung. Jedenfalls verdient der Achard'sche Apparat die Aufmerksamkeit unserer, Eisenbahnverwaltungen.
                              (Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr. 4.)
                           
                        
                           Ueber ein neues Mittel zur kräftigen Wetterführung auf Stollen
                              und Strecken.
                           Die durch die Explosion der schlagenden Wetter in Steinkohlengruben verursachten,
                              leider so häufigen Unfälle nehmen unablässig die Aufmerksamkeit der tüchtigsten
                              Bergingenieure in Anspruch. Die jetzt angewendeten Sicherungsmittel sind noch
                              keineswegs vollkommen; viele derselben sind zu sehr von der unbegreiflichen
                              Fahrlässigkeit der Arbeiter abhängig, obgleich die letzteren immer als die
                              unmittelbarsten Opfer der Explosion fallen. Gegenwärtig sind die englischen
                              Bergingenieure mit Untersuchungen über die Mittel beschäftigt, in den Stollen und
                              Strecken einen bleibenden Druck hervorzubringen, welcher stärker ist als der Druck
                              der äußeren Luft. Versuche in diesem Sinne erscheinen dadurch gerechtfertigt, daß
                              nach zahlreichen Beobachtungen die Explosionen der schlagenden Wetter fast stets in
                              dem Augenblicke eintreten, in welchem das Barometer sank, woraus sich schließen
                              läßt, daß die Entwickelung des explosiven Gasgemisches durch eine Verminderung des
                              atmosphärischen Drucks befördert wird.
                           Mittelst kräftiger Gebläse würde sich in die Strecken eine genügende Menge frischer
                              Luft injiciren und ein überschüssiger Druck erhalten lassen, welcher zur
                              Verhinderung von Gasentwickelungen aus dem Kohl hinreichen würde, ohne die
                              Gesundheit der in diesem Medium beschäftigten Arbeiter in nachtheiliger Weise zu
                              beeinflussen.
                           In dieser Beziehung wird jetzt die sich stets wiederholende Geschichte jener
                              Erfinder, deren Ideen der Praxis sich zu früh oder zu spät darboten, um ein neues Beispiel vermehrt. Deroux, der Redacteur des „Journal des
                                    Mines“ ließ sich vor sechs Jahren die Erfindung des
                              Verfahrens patentiren, welches englische Bergingenieure jetzt anzuwenden suchen.
                              „Wenn wir“, bemerkt Deroux,
                              „die Taufe von Seiten des Auslandes abwarten mußten, so wollen wir
                                 deßhalb doch nicht unterlassen, die Vaterschaft für die erste, ursprüngliche
                                 Idee dieser Erfindung in Anspruch zu nehmen.“ (Annales du Génie civil Januar 1865, S. 60.)
                           
                        
                           Zugutemachung von Eisenfrischschlacken durch Erzeugung von
                              Schlackenkohks.
                           Die Schlacken vom Eisenfrischen, Puddeln, Schweißen u.s.w. mit 40–70 Proc.
                              Eisen lassen sich bekanntlich mit anderen Eisenerzen im Hohofen nur in gewissen
                              Verhältnissen verschmelzen, weil sie sonst ein kohlenstoffarmes weißes, silicium-
                              und phosphorreiches Roheisen von minderer Qualität geben. Dieß liegt darin, daß die
                              der Eisenstein-Beschickung beigemengten Schlacken schon bei 500° C. zu
                              schmelzen beginnen und dann die Reductions- und Kohlungszone so rasch im flüssigen
                              Zustande durcheilen, daß sie im geschmolzenen Zustande in's Gestell gelangen. Etwas
                              über der Form vereinigt sich dann ein Theil der Schlacke mit der Normalschlacke,
                              macht diese eisenreich und zur Entkohlung des Roheisens sehr geneigt. Ein anderer
                              Theil der Schlacke wird in Berührung mit dem glühenden Kohlenstoff bei der hohen
                              Temperatur zu Silicium- und Phosphoreisen reducirt und dieses verunreinigt dann das
                              Roheisen. Minary und Soudry
                              haben nun durch Versuche nachgewiesen, daß
                                 Eisenfrischschlacken, längere Zeit bei nicht zu hoher Temperatur reducirenden
                                 Agentien ausgesetzt, metallisches Eisen geben, ohne daß sich die Kieselsäure
                                 reducirt, und darauf nachstehende Zugutemachungs methode basirt. Die sehr fein gepochten Schlacken werden mit gepulverten,
                              etwas fetten Steinkohlen in Verkohkungsöfen erhitzt, wobei durch die Verkohkungsgase
                              das Eisenoxydul reducirt und das Eisen durch die Kohlenwasserstoffgase theilweise
                              gekohlt wird. Kieselsäure bleibt unzersetzt und muß demnächst durch entsprechende
                              Vermehrung des Kalkzuschlags beim Beschicken verschlackt werden. Phosphor und
                              Schwefel entweichen zum größten Theile im Zustande von Phosphor- und
                              Schwefelwasserstoff. Durch überzeugende Experimente haben die Genannten dargethan,
                              daß diese Reactionen wirklich stattfinden. Damit hinreichend zusammenhängende Kohks
                              entstehen, darf man den Schlackenzusatz zu den Steinkohlen nicht über eine gewisse
                              Grenze steigern. Sehr gute Resultate erhielt man zu Givors bei V. Picard, Kohksfabrikanten, bei einem Verhältniß von 40
                              Proc. Schlacken und 60 Proc. mittelfetten Steinkohlen, wo dann die Kohks 20 bis 25
                              Proc. gekohltes Eisen enthalten. Bei einem Verhältniß von 62 : 38 würden die
                              Verkohkungsgase zur Reduction der Schlacke noch hinreichen. Werden solche
                              Schlackenkohks wie gewöhnliche Kohks in Eisenhohöfen angewandt, so schmilzt das
                              gekohlte Eisen früher aus, als die beigemengte Kieselsäure sich reduciren kann. Bei
                              Anwesenheit einer hinreichenden Kalkmenge wird dieselbe vor der Reduction
                              verschlackt. Man erhält unter diesen Umständen ein gutes graues Roheisen und spart
                              gegen die Anwendung der rohen Schlacken im Hohofen bedeutend an Brennmaterial.
                              Während im ersteren Falle auf 100 Roheisen 130–140 Kohks gehen, braucht man
                              in letzterem nur unbedeutend davon. Auch hat die Erfahrung gezeigt, daß sich bei
                              Anfertigung von Schlackenkohks das Ausbringen beim Verkohlen vermehrt hat, indem der
                              bei der Verkohkung entstehende Wasserstoff sich mit dem Sauerstoff des oxydirten
                              Eisens und nicht mit Kohlenstoff verbindet. Es können solche Schlackenkohks auch
                              vortheilhaft beim Bleierzschmelzen angewandt werden, wo dann, wie z.B. auf der Bleihütte von Piellat zu Vienne, das Eisen den Bleiglanz zerlegt. (Auszugsweise aus der Revue universelle des mines, 1864, t. XVI p. 582, in der berg-
                              und hüttenmännischen Zeitung.)
                           
                        
                           Zusammengesetzte Natur des Wolframs.
                           J. Persoz und Jules Persoz ist
                              es bei ihren Untersuchungen über das Wolfram gelungen, eine Methode zur Trennung
                              desselben in mehrere Körper aufzufinden.
                           
                           Die große Verschiedenheit der Chlorüre, welche das Wolfram liefert, die Anomalien,
                              welche gewisse wolframsaure Salze zeigen und endlich die so widersprechenden Angaben
                              verschiedener Chemiker über die Eigenschaften der Wolframsäure, sowie über die Menge
                              des darin enthaltenen Sauerstoffs, alle diese Umstände beweisen zur Genüge die
                              zusammengesetzte Natur des Wolframs.
                           Die genannten Chemiker theilen vorläufig nur mit, daß sie im Wolfram mehrere Elemente
                              gefunden haben, welche Säuren liefern, von denen die eine vollkommen weiß ist, und
                              welche sehr verschiedene Mengen Sauerstoff enthalten. Eins dieser Elemente bildet
                              mit Sauerstoff aber zwei Verbindungen mit basischem Charakter und gibt Salze, welche
                              im Minimum der Oxydationsstufe farblos, im Maximum gelb, ähnlich dem Chlorgold sind.
                              (Comptes rendus, t. LVIII p. 1196.)
                           
                        
                           Anwendung der Anilinfarben zum Aquarelliren und Coloriren von
                              Photographien; von Dr. E. Jacobsen in Berlin.
                           Ich halte es für nöthig, noch einmal (vergl. polytechn. Journal Bd. CLXXIV S. 405)
                              auf die von mir zu Aquarellfarben präparirten Anilinfarben, welche sehr rasch eine
                              ausgebreitete Verwendung gefunden haben, zurückzukommen und diejenigen Beobachtungen
                              nachzutragen, die mittlerweile von Anderen und von mir selbst bei ihrer Anwendung
                              gemacht worden sind. Die Anilinfarben bieten gegenüber den bisherigen Aquarellfarben
                              manche Eigenthümlichkeiten dar, so daß ihre Anwendung zum Theil eine eigene, wenn
                              gleich leicht zu überwindende Technik erfordert, die zum wenigsten der Technik der
                              gewöhnlichen Aquarellmalerei näher steht als der letztern die Technik der
                              Oelmalerei. Die bisher ausschließlich in Anwendung gekommenen Aquarellfarben haben
                              größtentheils viel Körper und liegen dann locker auf dem Papiere, so daß sie durch
                              Abwaschen mit dem nassen Pinsel wieder entfernt werden können; die von mir
                              präparirten Anilinfarben dagegen sind sämmtlich gelöste (mit Ausnahme des
                              Neutralbraun), transparente Farben und lassen sich nicht alle wieder vom Papier
                              durch Wasser entfernen. Dies schließt nicht aus, daß sich die Anilinfarben überhaupt
                              in deckende (Körper-) Farben verwandeln lassen, und ich gedenke später je nach
                              Bedürfniß einzelne oder alle derselben auch in diese Form zu bringen, was indeß
                              weniger für das Coloriren von Photographien als für die eigentliche Aquarellmalerei
                              von Wichtigkeit seyn dürfte. Bei den gelösten Anilinfarben tritt zu dem Umstande,
                              daß manche derselben nicht mehr durch Abwaschen zu entfernen sind, noch hinzu, daß
                              diese jede noch nicht zur homogenen Papiermasse gewordene Faser des Papieres (d.h.
                              so weit die Faser als solche noch mit dem bloßen Auge erkennbar geblieben) für sich
                              färben, woraus folgt, daß namentlich beim Malen auf gewöhnlichem Papier letzteres in
                              seiner Masse möglichst gleichmäßig, seine Fasern möglichst kurz seyn müssen. Auf
                              Albuminpapier ist die Wirkung der gewöhnlichen und der Anilinfarben noch weiter
                              verschieden. Die glatte Oberfläche des ersteren (gewöhnlich durch Satinirung noch
                              glatter gemacht) verlangt für gewöhnliche Wasserfarben ganz besondere Haft- oder
                              Bindemittel, z.B. Galle, Gummi, Zucker etc. Anders bei den zu Aquarellfarben
                              präparirten Anilinfarben; diese haften hier sofort, nicht nur weil sie mit
                              geeigneten Haft- und Verdickungsmitteln versehen sind, sondern weil die Farben
                              selbst sich chemisch mit dem Albumin verbinden; wenn sie trotzdem nicht auf jeder
                              Albuminphotographie haften, so liegt dieß, wie ich schon früher bemerkt, entweder
                              daran, daß die Photographie zu stark satinirt, oder mit den immer etwas fettigen
                              Fingern befaßt war, oder daß an den sehr dunkeln Stellen der Photographie zu viel
                              der im photographischen Proceß abgelagerten Metalle auf und in dem Eiweiß liegt.
                              Hier hilft, wie ich schon bemerkt habe, ein leichtes Abreiben des Bildes mit einer
                              geringen Menge Glycerin ab. Zu stark darf man nicht
                                 reiben, um die vom Leime des Papieres festgehaltenen Papierfasern nicht loszureißen, wobei dann das eintreten würde, was vorher
                              schon erwähnt, nämlich daß jede einzelne Faser die Anilinfarbe aus der Farblösung
                              ausziehen und die Bildstelle durch diese dunkler als ihre Umgebung gefärbten Fasern
                              unrein, punktirt (grisselig) aussehen würde; eine Erscheinung, die man bei
                              oberflächlicher Betrachtung dahin zu erklären geneigt seyn könnte, als wäre sie
                              durch nicht aufgelöste Farbkörnchen entstanden. Die von mir präparirten Farben
                              sind aber gelöst, und wenn ja etwas ungelöste Farbe sich aus den Farblösungen
                              abscheiden sollte, so hat dieß seinen Grund lediglich darin, daß bei der
                              Schwierigkeit, mit welcher sich einzelne Anilinfarben in einer concentrirten
                              wässerigen Flüssigkeit erhalten lassen, ein nachträgliches Absetzen der reinen
                              Farbstoffe stattfinden kann (z.B. durch Temperaturunterschiede); immer aber werden
                              sich diese Farbkörner mit dem nassen Pinsel auf der Palette lösen lassen. Körnige
                              Farbniederschläge können aber auch bei einigen Farben (z.B. Blau, Roth III. etc.)
                              entstehen, wenn man beim Malen ein sehr kalkhaltiges Wasser zum Verdünnen der Farben
                              gebraucht; es ist daher gut, Regen- oder destillirtes Wasser anzuwenden. Noch möchte
                              ich bei dieser Stelle Folgendes bemerken: Der Uebelstand, daß zwei oder drei von
                              meinen Farben (Grün, Orange) eine geringe Menge Spiritus enthalten (der lediglich
                              dazu dient, eine möglichst große Quantität dieser ohnehin hellen Farben in Lösung zu
                              halten), wodurch beim directen Auftragen die Farben leicht durchschlagen etc., läßt
                              sich leicht dadurch vermeiden, daß man ein paar Tropfen einer solchen Farbe auf der
                              Palette verdampfen läßt oder mit dem Pinsel bis zum Verdunsten des Spiritus verreibt
                              und dann das Zurückbleibende mit Wasser verdünnt. Stark alkoholische Farblösungen,
                              z.B. die Anilinliqueure des Handels (für Färber), sind zum Coloriren ganz
                              unbrauchbar, weil sie mit Wasser verdünnt unlösliche Farbstoffe abscheiden.
                           Es kommen Albuminpapiere vor, bei welchen die Qualität des Rohmaterials so schlecht
                              ist, daß schon durch die verschiedenen Operationen und Bäder, welche die
                              Papierbilder in der Photographie durchzumachen haben, die Papierleimung fortgeht und
                              die Fasern der Papiermasse isolirt hervorstehen, wodurch schon bei genauer
                              Betrachtung mit dem bloßen Auge die Bildoberfläche rauh erscheint und wodurch
                              natürlich am ehesten das vorhin erwähnte unreine Aussehen beim Malen zum Vorschein
                              kommt. Zu bemerken ist noch, daß das Albumin auf dem Papiere, je nach der Dicke der
                              Albuminschicht, eine bestimmte Quantität Farbe zu binden
                              im Stande ist, daß daher jeder Ueberschuß sämmtlicher
                              Farben mit dem Pinsel durch Abwaschen sich entfernen lassen wird. Dieses Fixiren der
                              Farben innerhalb der Albuminschicht, welches in der bisher üblichen Technik der
                              Aquarellmalerei für die meisten Fälle als Uebelstand angesehen wird, der sich beim
                              Malen mit Anilinfarben nur durch wiederholtes allmähliches Verstärken und Uebergehen
                              mit ganz verdünnter Farbe compensiren läßt, hat aber anderseits seine großen Vorzüge, wie sie von Aquarellfarben sonst nicht
                              geboten werden. Es läßt sich dadurch auf Photographien die Monotonie des
                              photographischen Tones wirksam bekämpfen, den verschiedenen zu colorirenden
                              Gegenständen auf einem Bilde ein verschiedener Grundton
                              geben, auf welchem die photographische Zeichnung wie in indifferenten Tuschtönen
                              ausgeführt erscheint; auf solchem Grundtone kann man mit anderen entsprechenden
                              Farben weiter arbeiten, ohne befürchten zu müssen, ihn durch Fortwaschen zu
                              verletzen, wodurch sich die in verschiedenem Grundtone angelegten Gegenstände
                              wirkungsreich von einander abheben und sich ganz neue Effecte erzielen lassen.
                           Ich fertige gegenwärtig folgende 12 selbstständige Farben (nicht Mischfarben) an:
                              Roth I. (carminroth), Roth II. (bräunlichroth), Roth III. (scharlachroth), Blau I.
                              (rothstichig), Blau II. (grünstichig), Lichtbraun I. (der Terra di Siena entsprechend), Lichtbraun II. (rothbraun), Gelb, Orange,
                              Grün, Violett I. (rothviolett) und Neutralbraun. Nicht mehr durch Waschen vom
                              Albuminpapiere zu entfernen sind: Roth I., Violet I., Gelb, Lichtbraun I. und
                              Orange, dagegen sind Blau I., II., Roth III., Grün, Neutralbraun ganz oder zum
                              größten Theil, die übrigen zum kleinern Theil abwaschbar.
                           Der Ton der Photographie ist, namentlich wenn er auffallend rothbraun oder blau ist,
                              bei manchen Farben von Einfluß auf die schließliche Nüance der aufgetragenen Farbe;
                              zu dunkel copirte Photographien sind überhaupt zum Coloriren ungeeignet.
                           Zur Verwendung des Glycerins sey noch bemerkt, daß es nicht nur als Haftmittel,
                              sondern sehr zweckmäßig auch dazu dienen kann, das Trocknen der Farben zu
                              verlangsamen, wenn es diesen auf der Palette in geringer Menge zugesetzt wird.
                           Zum Schluß noch die Bemerkung, daß selbstverständlich jedes colorirte Bild einen um
                              so schöneren Gesammteindruck machen und das Malen mit Anilinfarben um so leichter
                              und rascher von der Hand gehen wird, je vortrefflicher die Photographie als solche
                              ist. Auf einer schlechten Photographie werden die Farben, weil sie eben Lasurfarben
                              sind, welche die Mängel des Bildes nicht verdecken können, diese Mängel noch um so
                              mehr hervortreten lassen. Auf einer guten Photographie würden dagegen auch die im Malen Ungeübteren
                              und Dilettanten, weil die Photographie Zeichnung und Schattirung hergibt, mit viel
                              leichterer Mühe ein dem Auge gefälliges fertiges Bild herzustellen im Stande
                              seyn.Den Alleinverkauf der Anilinfarben des Hrn. Dr.
                                    Jacobsen (welche in Berlin von den größeren
                                    Fabricanten und Händlern, z.B. Beyrich, Sehring
                                    und Brandt u.a.m. à Satz zu 3 Thlr. verkauft werden und in Oesterreich (Wien,
                                    Moll), Belgien, England und Rußland bereits bedeutenden Absatz finden) hat
                                    für Sachsen Hr. Hugershoff in Leipzig übernommen.
                                    Die Preise betragen:Roth, Blau, ViolettproDutzendFlaschen(à 1 Loth Inhalt).1     Thlr.Schwarz„„„  „      „      
                                          „4/5    „Blau pro Pfund2       „Roth, Violett pro Pfund1 4/5 „Schwarz pro
                                          Pfund1 2/5 „ (Deutsche Industriezeitung, 1864, Nr. 49.)
                           
                        
                           Einfaches Mittel, die Photographien behufs der Retouchirung
                              mit Anilinfarben zu präpariren; von Joh. Grasshof.
                           Dem in der Retouche mit Anilinfarben Ungeübten mißlingt leicht ein Bild in Folge des
                              zu starken Einsaugens der Farben. Deßhalb wurde ein Uebergehen der Bilder mit
                              Glycerin empfohlen.
                           Neuerdings habe ich ein anderes Verfahren, welches noch bessere Dienste leistet, mit
                              Glück angewendet.
                           Man bestreicht nämlich mittelst eines gewöhnlichen Pinsels die vorher schon satinirte
                              Karte mit einer Mischung von ungefähr gleichen Theilen Wasser und gewöhnlichem
                              Eiweiß. Zur besseren Mischung kann man diese Substanzen in einem Fläschchen gut
                              umschütteln. Nach dem Trocknen des Bildes malt es sich wirklich ausgezeichnet leicht
                              und fein, besser als wie auf allen anderen Unterlagen. Die Anilinfarbe läßt sich zum
                              Theil wieder abwaschen. Ich habe so mit großer Leichtigkeit und Schnelligkeit Bilder
                              erhalten, die nichts zu wünschen übrig lassen. Der dann aufgetragene Ueberzug nimmt
                              auch viel leichteren, gleichförmigeren Glanz an. Die Echtheit der Farben wird durch
                              die Eiweißpräparation wohl noch erhöht. (Photographische Mittheilungen, März 1865,
                              S. 162.)
                           
                        
                           Ueber Erkennung einer Asche als von Papiergeld herrührend; von
                              C. Lesimple in Cöln.
                           Vor einiger Zeit wurde mir von einer hiesigen Behörde eine Asche, anscheinend von
                              verkohltem Papier herrührend, vorgezeigt und dabei die Frage gestellt, ob es sich
                              wohl entscheiden ließe, daß die verkohlten Reste von Papiergeld, resp. Banknoten,
                              herrührten. Wollte man, wie es nahe lag, die Bestandtheile der Asche des fraglichen
                              Papiers mit derjenigen von wirklichen Banknoten einer Vergleichung unterziehen, so
                              würde man bei einer Verschiedenheit damit mit einiger Wahrscheinlichkeit auf ein
                              negatives Resultat schließen, d.h. annehmen können, daß das verbrannte Papier kein
                              Banknotenpapier gewesen sey, aber nicht bei übereinstimmender Zusammensetzung das
                              Gegentheil annehmen dürfen. Es gelingt indessen auch in einem positiven Falle auf
                              eine sehr einfache und sichere Weise der gestellten Aufgabe Rechnung zu tragen, wenn
                              nämlich, wie im vorliegenden Falle, die verkohlte Asche noch einigermaßen
                              zusammenhängend ist. Glüht man dann einige Stückchen in einem Platintiegel bis zum
                              Weißbrennen, so wird man beim nachherigen Beobachten unter der Loupe oder schon mit
                              bloßem Auge den Druck und Unterdruck deutlich auf dessen Herkunft entziffern können.
                              Man darf jedoch
                              hierzu keinen Porzellantiegel nehmen, da in demselben auch der Druck verbrannt wird.
                              Man kann sich natürlich sehr schnell von diesem kleinen Versuche mit jedem
                              beliebigen Stück bedruckten oder beschriebenen Papiers überzeugen.
                           
                        
                           Neue Methode, organische Stoffe zu zerstören und dabei die
                              Mineralbestandtheile zu gewinnen; von E. Millon.
                           Man zertheilt die organische Substanz in so kleine Stücke, daß man sie bequem durch
                              den Tubulus einer Retorte bringen kann und übergießt sie darin mit wenigstens dem
                              vierfachen Gewicht (von der rohen nicht getrockneten Substanz) reiner concentrirter
                              Schwefelsäure. Die Säure darf nur ein Drittel der Retorte anfüllen. Man erhitzt nun
                              schwach bis zur Lösung der Substanz und fügt alsdann durch einen ausgezogenen
                              Trichter nach und nach Salpetersäure zu, während man etwas stärker erhitzt.
                           In der ersten Zeit der Operation werden die in der organischen Substanz enthaltenen
                              Chlorüre zersetzt und es ist dazu ungefähr eine halbe Stunde nöthig, dann gießt man
                              den Inhalt der Retorte in eine Platinschale und erhitzt allmählich so stark, bis die
                              Schwefelsäure rasch verdampft; dabei verliert die Flüssigkeit ihre schwarze Farbe,
                              und nimmt eine bald orangefarbene, bald rothe Färbung an.
                           Bei jedem Zusatz von Salpetersäure tritt eine merkliche Entfärbung ein, durch
                              Einwirkung der Wärme wird die Flüssigkeit aber sehr schnell wieder dunkel. Man setzt
                              so lange Salpetersäure zu, als sich die Flüssigkeit färbt und erhält endlich nach
                              vollständiger Zersetzung der organischen Substanz eine einfache Lösung der
                              mineralischen normalen und annormalen Bestandtheile der Substanz in Schwefelsäure,
                              deren Ueberschuß durch Erwärmen vertrieben wird.
                           Der reine salzige Rückstand ist weiß, vollständig frei von Kohle und kann natürlich
                              leicht analysirt werden. Mäßigt man gegen das Ende der Operation das Feuer, so
                              enthält der Rückstand auch etwa vorhandenes Arsen und Quecksilber. Die kohlensauren
                              Salze, Chlorüre, Bromüre, Jodüre und ebenso die Basen der Salze organischer Säuren
                              sind im Rückstand selbstverständlich in Form schwefelsaurer Salze vorhanden. (Comptes rendus, t. LIX p.
                              195.)
                           
                        
                           Delphineum (schwarze Lederwichse).
                           Unter dem Namen Delphineum wird eine neu erfundene
                              Composition zum Conserviren und Wasserdichtmachen des Leders empfohlen, welche die
                              Wichse vollkommen ersetzen soll, indem einige Tropfen mit einem Schwämmchen
                              aufgetragen, den schönsten dunkelsten Glanz geben, der sich durch Wasser nicht
                              verwischen läßt. Das Gläschen, von 6 Drachmen Inhalt zu 180 Paar Stiefel
                              hinreichend, kostet 5 Sgr. Diese Composition ist nach der Untersuchung von Julius
                              Geisse in Fulda eine concentrirte Lösung von
                              Schellack in Alkohol, mit einem geringen Zusatz von Thran und etwas Kienruß.
                              Folgende Mischungsverhältnisse liefern einen Lack, der dem Delphineum ganz gleich
                              ist und dabei inclus. Glas auf höchstens 1 Sgr. zu
                              stehen kommt: 1/2 Unze Alkohol, 1 Drachme 42 Gran dunkler Schellack, 20 Tropfen
                              Thran und 2 Gran Kienruß. (Der Arbeitgeber.)