| Titel: | Respirationsapparat von Rouquayrol, Oberbergingenieur in Decazeville. | 
| Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. X., S. 26 | 
| Download: | XML | 
                     
                        X.
                        Respirationsapparat von Rouquayrol, Oberbergingenieur in
                           Decazeville.
                        Aus den Annales du Génie civil, Mai 1865. S.
                              327.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Rouquayrol's Respirationsapparat.
                        
                     
                        
                           Diesen Apparat, welcher eine höchst glückliche Anwendung der comprimirten Luft
                              darstellt, hat der Erfinder zu dem Zwecke construirt, um die Arbeiter vor den
                              Gefahren zu schützen, welchen sie beim Aufenthalt in unathembarer Luft ausgesetzt
                              seyn würden.
                           Der Apparat ist so eingerichtet, daß er genau das zum Einathmen erforderliche Quantum
                              reiner Luft liefert.
                           Er besteht im Wesentlichen in einem auf dem Rücken zu tragenden Kasten aus
                              Metallblech, welcher oben mit einem Regulator für den Luftverbrauch versehen ist.
                              Die im Behälter comprimirte Luft gelangt durch die Athmungsbewegungen des Arbeiters,
                              mittelst eines sinnreichen Mechanismus, in einer dem Betrag dieser Bewegungen
                              proportionalen Menge in die Lungen.
                           Der Kasten R, Fig. 7 (in 1/10 wirklicher
                              Größe), kann je nach Bedürfniß für niedrigen, hohen oder mittleren Druck bestimmt
                              seyn. Er ist aus mehr oder weniger starkem Stahlblech gemacht und hat gewöhnlich
                              einen Fassungsraum von acht Litern, kann aber auch größer oder kleiner seyn. Die
                              Luft wird durch den seitlich angeschraubten kupfernen Ansatz C eingeführt; in demselben befindet sich ein selbstschließendes Ventil,
                              welches der innere Druck in dem Falle absperrt, wo etwa die Luftzufuhrschläuche
                              reißen.
                           Ueber dem Kasten befindet sich die Luftkammer. Sie ist oben durch einen Metalldeckel
                              von kleinerem Durchmesser als ihr eigener innerer Durchmesser geschlossen, welcher
                              durch eine größere Kautschuktafel bedeckt ist, die ihn dicht an die Verticalwände
                              der Kammer anschließt. Es kann somit der Deckel einem inneren oder äußeren Drucke
                              nachgeben, unter welchem
                              der Kautschuk sich nach der einen oder anderen Seite ausdehnte und der Metalldeckel
                              sich also hebt oder senkt.
                           Die Verbindung zwischen dem Kasten und der Luftkammer vermittelt ein einziges von
                              oben nach unten sich öffnendes Ventil, dessen Achse die Fortsetzung eines
                              metallenen, an der oberen Platte der Luftkammer befestigten Stiftes bildet. Der
                              Inhalt der Luftkammer hängt wesentlich von dem Verhältniß der Dimensionen des
                              Deckels und des Luftvertheilungs-Ventiles ab. Die Seitenwände haben zwei
                              Oeffnungen E und F, an
                              welchen die Enden der Röhren angelöthet werden können, an die das Respirationsrohr
                              und das Ausathmungsventil befestigt werden.
                           Das Spiel der Luftkammer oder des Regulators für den Luftaustritt erklärt sich
                              folgendermaßen:
                           Wenn man comprimirte Luft in den Kasten einläßt, so schließt sich das conische Ventil
                              und der Druck nimmt im Kasten zu.
                           Nehmen wir an, es werde ein Gewicht K auf die
                              Oberflächeneinheit des Deckels gelegt, so daß das Ventil sich öffnen muß, so wird
                              die comprimirte Luft in die obere Kammer strömen, auf den Deckel von unten drücken
                              und das Gewicht K zu heben streben.
                           Es sey S die Oberfläche des Deckels,
                           s diejenige des conischen Ventils,
                           p der Druck im Kasten,
                           p' der Druck in der Luftkammer,
                           dann ist die Kraft, welche auf das Niederdrücken des Deckels
                              gerichtet ist, K S und folglich der Widerstand dagegen
                              p'S + ps. Es
                              findet also Gleichgewicht statt, wenn
                           KS = p'S + ps
                              
                           also
                           p' = (KS – ps)/S = K – p . s/S.
                           Man sieht daher, daß wenn man, was bei zwei Oberflächen sehr leicht ist, s hinreichend klein im Verhältniß zu S nimmt, man unter dem Deckel einen Druck erhält,
                              welcher sehr nahe dem auf denselben wirkenden gleich ist.
                           Die Einathmungsröhre, aus vulcanisirtem Kautschuk, mündet in der Mitte eines sehr
                              sinnreichen Stückes, ebenfalls aus vulcanisirtem Kautschuk, dem Mundverschluß, Fig. 8 (in 1/6 wirklicher
                              Größe), welcher zwischen die Lippen und Zähne genommen wird, wobei zwei kleine
                              Ansätze aus Kautschuk zu beiden Seiten der Rohrmündung zum Festhalten dienen. An der
                              Oeffnung F der Luftkammer ist das sogen. Ausathmungsventil, Fig. 9 (in 1/3 wirklicher
                              Größe) befestigt, welches
                              aus zwei dünnen, der Länge nach mit ihren Rändern an einander geklebten
                              Kautschukblättern besteht. Der Druck des umgebenden Mittels drückt sie fest
                              aneinander.
                           Der Kasten wird durch ein sehr sorgfältig gearbeitetes Kautschukrohr mit einer
                              Luftpumpe in Verbindung gesetzt. Man benutzt zum Bedienen dieses Apparates eine
                              eigenthümliche Pumpe von folgender Einrichtung: Die Pumpencylinder sind beweglich
                              und die Kolben feststehend und stets von Wasser bedeckt.
                              Es ergeben sich daraus zwei sehr wichtige Vortheile: durch die Bedeckung mit Wasser
                              erzielt man einen hydraulischen Verschluß, so daß man die Oase ebenso leicht wie
                              Flüssigkeiten behandeln kann; zweites kühlt das Wasser die durch die Compression
                              sich stets erwärmende Luft ab.
                           Diese Pumpen, welche einen immer wachsenden Druck liefern können, sind in einer
                              besonderen Abhandlung ausführlich beschriebenNote sur l'appareil plongeurRouquayrolà air comprimé, et sur son emploi dans
                                       la marine par M.Denayrouse, lieutenant de vaisseau.
                                       Paris 1865. und in den Figuren 10 und 11 (in 1/10 wirklicher
                              Größe) dargestellt; die Pumpe Fig. 10 dient zur
                              Compression auf die Hälfte, Fig. 11 zum Compensiren
                              der Pressung.
                           Ferner gehört zum Apparat, wenn er außerhalb des Wassers benutzt werden soll, eine
                              stählerne Nasenklemme, Fig. 12 (in 1/4
                              wirklicher Größe), mit Gummibällchen und einer den Druck regulirenden Stellschraube.
                              Bei Arbeiten unter dem Wasser ist außerdem ein vollkommen wasserdichter
                              Kautschukanzug und eine Maske mit Augengläsern erforderlich, endlich ein Paar
                              gußeiserner Sohlen, Fig. 13 (in 1/10 wirklicher Größe), 8 Kilogramme schwer, die man nach
                              Belieben ausziehen kann. Zwei Tragbänder halten den Apparat auf den Schultern fest;
                              mittelst derselben kann man ihn in einem Augenblicke ablegen.
                           Folgendes ist die Wirkungsweise des Apparates: Der Arbeiter nimmt ihn auf den Rücken,
                              den Mundverschluß zwischen die Lippen und die Zähne, und schließt die Nase mit der
                              Klemme. Die comprimirte Luft im Kasten drückt das conische Ventil auf seinen Sitz
                              fest und es befindet sich in der Luftkammer oberhalb und unterhalb des Deckels Luft
                              von einer Atmosphäre; Alles ist im Gleichgewicht. Sobald der Arbeiter durch das Rohr
                              etwas Luft aus der Luftkammer einathmet, drückt die Atmosphäre auf den Deckel, der
                              Gummi gibt nach und drückt durch den Mittelstift das daran befestigte conische
                              Ventil in dem Kasten vor; dadurch gelangt aus diesem die comprimirte Luft in die
                              Luftkammer, in das
                              Einathmungsrohr und dadurch in die Lungen, bis das Gleichgewicht wieder hergestellt
                              ist.
                           Hört das Einathmen auf, so schließt sich das Ventil in Folge des Ueberdruckes der
                              Luft im Kasten, die Verbindung zwischen diesem und der Kammer wird dadurch wieder
                              aufgehoben und der Stift hebt den Deckel in die Höhe. Der folgende Athemzug
                              wiederholt dieses Spiel. Beim Ausathmen öffnet sich das Ventil des Mundverschlusses
                              (Fig. 8),
                              welches aus einer bloßen Kautschukklappe besteht, unter der Wirkung der
                              ausgeathmeten Luft und läßt von dieser einen Theil nach außen treten. Der Rest geht
                              unter den Deckel zurück und mischt sich daselbst mit der reinen Luft der Luftkammer
                              und mit derjenigen des folgenden Athemzuges.
                           In Folge des sinnreichen Mundverschlusses kann beim Arbeiten unter Wasser die
                              Flüssigkeit nicht beim Einathmen in die Mundhöhle gelangen, denn die erste Wirkung
                              der Athembewegung ist die, daß das Kautschukblatt sich dicht an die Zähne anlegt; es
                              entsteht dann beim Ausathmen eine hermetische Verbindung; der Mundverschluß kann
                              nicht losgehen, da er zwischen dem Zahnfleisch und den Lippen und außerdem an den
                              kleinen Vorsprüngen mit den Zähnen festgehalten wird. Diese Einrichtung macht den
                              Helm entbehrlich, welcher einen der unangenehmsten Theile des Taucherapparates
                              bildet.
                           Je nach dem beabsichtigten Zwecke und der auszuführenden Arbeit ist der Apparat zu
                              modificiren. So z.B. wenn der Bergmann in mephitischen Gasen, aber bei gewöhnlichem
                              Drucke, sich aufhalten soll und in seinen Bewegungen nicht ganz frei zu seyn
                              braucht, kann er reine Luft immer durch die Röhre erhalten, welche seinen Apparat
                              mit der Niederdruck-Pumpe verbindet; die Arbeit kann solcherweise beliebig
                              lange dauern. Die Widerstandsfähigkeit des Stahls gestattet den Kasten sehr leicht
                              zu machen.
                           Wenn dagegen der Mann sich ganz überlassen bleiben soll, namentlich wenn er unter dem
                              Wasser arbeitet, in welchem Falle das Gewicht des Apparates kein Hinderniß bildet,
                              so kann man den Kasten mit stark comprimirter Luft füllen und so dem Arbeiter einen
                              auf eine gewisse Zeit ausreichenden Luftvorrath mitgeben. Versuche haben gezeigt,
                              daß ein Mann, mit einem Behälter von 35 Litern versehen, dreiviertel Stunden lang in
                              einer Tiefe von 5–6 Metern verweilen kann.
                           Die Vortheile, welche dieser vortreffliche Apparat gewährt, sind einleuchtend, da er
                              dem Menschen gestattet, in Zukunft ohne Gefahr in den allerschädlichsten Luftarten
                              auszuhalten. Der Regulator, womit er versehen ist, läßt für das Athmen volle
                              Freiheit und verursacht durchaus keine Ermüdung. In Folge seines Mechanismus ist der Rouquayrol'sche Apparat für hydraulische Arbeiten dem
                              Taucherapparat jedenfalls vorzuziehen, wie dieß auch zahlreiche Versuche in den
                              Seearsenalen dargethan haben. Er bedingt für die sich desselben bedienenden Leute
                              keine vorherige Erlernung des Gebrauchs; seine Einfachheit gestattet sich seiner
                              sehr schnell zu entledigen, daher das Leben des Tauchers nicht mehr den Gefahren
                              ausgesetzt ist wie beim Tauchapparat; die Taucher sind nicht mehr von den mit der
                              Bedienung der Pumpen betrauten Leuten abhängig, mit denen sie früher in
                              ununterbrochener Verbindung durch höchst unvollkommene Signale stehen mußten.
                              Beschädigungen der Bekleidung, die hier nur ein Schutzmittel gegen die Kälte ist,
                              haben keine ernsten Folgen mehr. Endlich sind die Bewegungen unter dem Wasser sehr
                              leicht und die Arbeiter können auch die schwierigsten Arbeiten, z.B. das
                              Auseinandernehmen aller Theile eines Gewehres, sehr rasch ausführen.
                           Da die einzuathmende Luft durch den Manometer an der Pumpe und durch den Regulator
                              stets auf dem passenden Druck erhalten wird, so fallen auch die bei anderen
                              Apparaten so oft besprochenen Ohrenschmerzen der Taucher weg. Endlich ist auch ein
                              etwaiges Zerreißen des Zuführungsschlauches mit keiner Gefahr verbunden, da das
                              Rückschlagsventil alsbald den Eintritt von Wasser in den Behälter unmöglich macht
                              und der Taucher, sobald er merkt, daß sein Luftvorrath zu Ende geht, ruhig die
                              Sohlen und sogar den ganzen Apparat ablegen und schwimmend oder auf der Leiter nach
                              oben steigen kann.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
