| Titel: | Die Conservirung der Fresco-Malereien vermittelst Paraffin; von Dr. H. Vohl in Cöln. | 
| Autor: | Hermann Vohl | 
| Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XXII., S. 66 | 
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                        XXII.
                        Die Conservirung der Fresco-Malereien
                           vermittelst Paraffin; von Dr. H.
                              Vohl in Cöln.
                        Vohl, über die Conservirung der Fresco-Malereien vermittelst
                           Paraffin.
                        
                     
                        
                           Die zum Conserviren der Fresco-Malereien anzuwendenden Substanzen müssen beide
                              Eigenschaften, die des Befestigens und Erhaltens der Farben in sich vereinigen und
                              außerdem dadurch den Farben neues Feuer geben, daß sie dieselben transparent
                              erscheinen lassen.
                           In jüngster Zeit ist nun das Wasserglas als Conservirungsmittel in Vorschlag und auch
                              in Anwendung gekommen. Kaulbach in München, dessen
                              Urtheil in dieser Sache gewiß ein gewichtiges ist, soll sich gegen die Anwendung des
                              Wasserglases sowohl bei alten wie neuen Fresco-Malereien ausgesprochen haben, und kann auch
                              ich aus Erfahrung mich nicht für Anwendung desselben aussprechen.
                           Fassen wir die Bestandtheile des Wasserglases und seine Eigenschaften und Wirkungen
                              einer kalkhaltigen Substanz gegenüber näher in's Auge, so stellt sich Folgendes
                              heraus. Das Wasserglas ist eine Verbindung der Kieselsäure mit einem Alkali, also
                              entweder kieselsaures Natron oder kieselsaures Kali. Es hat eine entschiedene
                              alkalische Reaction und zersetzt sich, mit Kalksalzen zusammengebracht, in der
                              Weise, daß sich kieselsaurer Kalk erzeugt, wo hingegen auf der anderen Seite das
                              Alkali frei wird, welches sich dann mit der Kohlensäure der Luft verbindet.
                           Wird nun ein Fresco-Gemälde mit Wasserglas überzogen, so wird im Falle
                              dasselbe Kali-Wasserglas war, Kali frei werden und da das Kali an der Luft
                              Kohlensäure anzieht und dieses Salz als neutrale Verbindung hygroskopisch ist, die
                              Wand feucht machen.
                           Nach einiger Zeit wird sich jedoch dieses Salz durch Aufnahme einer zweiten Portion
                              Kohlensäure in doppelt-kohlensaures Kali verwandeln, welches nicht mehr
                              hygroskopisch ist, sondern krystallinisch efflorescirend sich auf der Wand
                              ausscheidet, und die dünnen Schichten gebildeten kieselsauren Kalks und etwas freier
                              Kieselsäure werden gleichsam durch den Act der Krystallisation von der Wand abgekeilt, wodurch ein Abfallen derselben mit den
                              daranhaftenden Farben bedingt wird. Ist dagegen das Wasserglas mit Natron bereitet,
                              so findet zwar auf eine ganz ähnliche Weise eine Zersetzung statt, jedoch wird das
                              kohlensaure Natron bei trockener und warmer Witterung, besonders also im Sommer,
                              effloresciren, die Wände mit einer weißen Salzmasse überziehen und eine, der
                              Schimmelbildung ähnliche Krystall-Vegetation hervorrufen, die endlich den
                              Ruin der Malerei zur Folge hat und das Abfallen derselben bewirkt. Das Wasserglas
                              befestigt in der ersten Zeit die Farben, später jedoch ist es die Ursache ihres
                              Abfallens. In der hiesigen St. Gereonskirche kann man diese Einwirkung sofort
                              erkennen. In gewissen Fällen, wo Schwefelarsen- oder Kupferoxydfarben in
                              Anwendung kamen, können die in dem Wasserglas enthaltenen Alkalien die Farben
                              verändern, ja sogar zerstören. Das Verfahren, welches in fast allen Fällen in
                              Anwendung gebracht wurde, und welches die Malerei nicht allein befestigt, sondern
                              auch erhält und die Farben transparent macht und sie brillanter und mit dem
                              ursprünglichen Feuer hervortreten läßt, besteht in der Anwendung einer alkoholischen
                              Lösung einer neutralen Wachsseife oder einer Auflösung von Wachs in Benzol.
                           Durch den Wachs- resp. Wachsseife-Ueberzug ist ein spiegelglattes
                              Poliren der Wände zu ermöglichen; die Farben treten lebhaft hervor und sind dauernd befestigt. Der
                              einzige Uebelstand, den diese Behandlungsweise bringt, ist der, daß in dumpfen
                              Gebäuden der Ueberzug sehr bald eine gelbe Farbe annimmt und die hellen Partien der
                              Malerei verdunkelt, und auch die Farbentöne dadurch modificirt werden.
                           In Italien, nämlich in Herculanum und Pompeji, findet dieses Verfahren längst
                              Anwendung.
                           Schon vor mehreren Jahren habe ich Versuche mit einer Auflösung von gereinigtem
                              Paraffin in Benzol oder Canadol angestellt und die besten Erfolge damit erzielt.
                           Das Benzol oder Canadol wird in der Kälte mit Paraffin gesättigt und diese Lösung auf
                              die Malerei aufgetragen; nachdem das ätherische Lösungsmittel verdunstet ist, wird
                              mit einem feinen geschliffenen Haarpinsel oder mit einem feinen Tuche die Wand
                              leicht abgewaschen.
                           Diese Methode ist billiger, wie die mit Wachs oder Wachsseife und hat nicht den
                              Uebelstand des Braunwerdens. Hr. Hohe, akademischer
                              Zeichnenlehrer in Bonn, hat diese Methode seit dem Jahre 1861 mit Vortheil
                              angewandt, z.B. bei den Fresco-Malereien in der Kirche zu Schwarzrheindorf
                              bei Beuel.
                           Cöln, im Juni 1865.