| Titel: | Ueber die Wirkung der Metalloide auf das Glas und über die Gegenwart von schwefelsauren Alkalien in allen im Handel vorkommenden Glassorten; von J. Pelouze. | 
| Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. XLII., S. 134 | 
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                        XLII.
                        Ueber die Wirkung der Metalloide auf das Glas und
                           über die Gegenwart von schwefelsauren Alkalien in allen im Handel vorkommenden
                           Glassorten; von J.
                              Pelouze.
                        Aus den Comptes rendus, t. LX p. 985; Mai
                              1865.
                        Pelouze, über die Wirkung der Metalloide auf das Glas und über die
                           Gegenwart von schwefelsauren Salzen in allen Glassorten des Handels.
                        
                     
                        
                           Es ist eine schon seit langer Zeit bekannte Thatsache, daß das Glas durch Kohle und
                              Schwefel gelb gefärbt wird; dagegen ist über das Verhalten des Glases gegen die
                              übrigen Metalloide bis jetzt Nichts bekannt geworden. Zur Ausfüllung dieser Lücke
                              unternahm ich die Arbeit, von welcher ich der (französischen) Akademie im
                              Nachstehenden eine gedrängte Uebersicht mittheile.
                           Meine Versuche wurden zum größeren Theile in den Siemens'schen Oefen der Spiegelfabrik zu Saint-Gobain angestellt,
                              welche vor dem Rostofen einen wesentlichen Vorzug haben. Da die Häfen in ziemlicher
                              Entfernung von den Generatoren, in denen die brennbaren Gase erzeugt werden, stehen,
                              so sind sie vor Flugasche, allerhand Staub, namentlich aber vor dem Zudrange von
                              Schwefelkiestheilchen geschützt, welche aus der Steinkohle herausspringen, wenn
                              letztere direct auf dem Roste, neben den den Satz enthaltenden offenen Häfen
                              verbrennt.
                           Die Häfen wurden aus einem weißen, feuerfesten Thone angefertigt, dessen
                              Zusammensetzung als der chemischen Constitution der für den Glassatz angewendeten
                              Rohstoffe analog betrachtet werden konnte. Denn die guten feuerfesten Thone bestehen
                              gewissermaßen nur aus Kieselsäure und Thonerde und wenn auch letztere dem Glassatze
                              nicht unmittelbar zugesetzt wird, so kann das Glas bekanntlich doch Thonerde
                              enthalten, ohne daß seine Eigenschaften wesentlich verändert werden.
                           Indessen benutzte ich bei meinen Versuchen zur Vermeidung jeder Fehlerquelle,
                              namentlich um die Einwirkung eines etwaigen, wenn auch nur in Spuren vorhandenen
                              Schwefelkiesgehaltes des zu den Häfen verwendeten Thones zu verhüten, wiederholt
                              Platingefäße, welche in Thonhäfen gestellt einer sehr starken Hitze ausgesetzt
                              wurden, da diese Gefäße neben den zur continuirlichen Spiegelglasfabrication
                              dienenden Wannen standen. Außer den zu meinen Untersuchungen dienenden Glassätzen
                              kam noch ein zweiter Probirhafen in denselben Ofen, welcher den gewöhnlichen, mir
                              zur Controlprobe dienenden Glassatz enthielt.
                           
                        
                           
                           Kohlenstoffglas.
                           Zum Gelbfärben des Glases mit Kohle mengt man einen Satz,
                              A, aus:
                           
                              
                                 weißem Sande
                                 250 Theilen
                                 
                              
                                 Kalkspath
                                   50     „
                                 
                              
                                 Soda von 85 Proc. (Gehalt an kohlensaurem Natron)
                                 100     „
                                 
                              
                                 Holzkohle
                                     2    
                                    „
                                 
                              
                           Nach mehreren Stunden ist der Satz eingeschmolzen und geläutert; man nimmt den Hafen
                              aus dem Ofen und läßt ihn erkalten. Er enthält eine glasartige Masse von homogenem
                              Ansehen und dunkelgelber Farbe.
                           Zur Erzeugung eines strengflüssigeren und den Einwirkungen der Atmosphärilien besser
                              widerstehenden Glases steigert man die Menge des Sandes auf 290 Thl. Der allgemeinen
                              Annahme nach wird die gelbe Färbung des Glases durch eine kleine Menge Kohlenstoff
                              bedingt, welche in ihm in gelöstem oder in äußerst fein vertheiltem Zustande
                              enthalten ist.
                           
                        
                           Schwefelglas.
                           Dieses Glas wird auf dieselbe Weise dargestellt, wie das Kohlenstoffglas, mit welchem
                              es ganz gleiche Farbe hat, so daß es unmöglich seyn würde beide Glasarten von
                              einander zu unterscheiden.
                           Wegen der größeren Flüchtigkeit und Verbrennbarkeit des Schwefels kann man die Menge
                              des letzteren erhöhen; 6 Gramme Schwefelblumen geben dieselbe Nüance von Gelb wie 2
                              Gramme Holzkohle.
                           Nach der Angabe verschiedener Hyalurgen erträgt das Schwefelglas die Einwirkung der
                              Atmosphärilien, sowie die Weißglühhitze nicht so lange, als das Kohlenstoffglas;
                              dagegen habe ich selbst in dieser Beziehung nicht den geringsten Unterschied
                              wahrnehmen können, denn beide Glasproben wurden achtundvierzig Stunden lang in Fluß
                              erhalten, ohne daß sich ihre Farbe auch nur im Mindesten geändert hätte.
                           
                        
                           Siliciumglas.
                           Ein aus:
                           
                              
                                 weißem Sand
                                 250,00 Grm.
                                 
                              
                                 Soda von 90 Proc.
                                 100,00   „
                                 
                              
                                 Kalkspath
                                   50,00   „
                                 
                              
                                 Silicium
                                     2,50   „
                                 
                              
                           zusammengesetzter Satz wurde eingeschmolzen; nach mehreren
                              Stunden war das Glas geläutert. Es hatte eine gelbe Farbe und ließ sich vom
                              Kohlenstoffglase und Schwefelglase durchaus nicht unterscheiden.
                           
                        
                           
                           Borglas.
                           Dieses wurde aus einem ganz wie der vorige zusammengesetzten Satze dargestellt, in
                              welchem das Silicium durch 2 Gramme Bor ersetzt war. Es schmolz und läuterte sich
                              leicht, und zeigte nach dem Erkalten eine ebenso schöne gelbe Farbe, wie das
                              Siliciumglas.
                           Die zu diesen Versuchen angewendeten Metalloide, Silicium und Bor, welche ich beide
                              der Güte von H. Deville verdanke, waren krystallisirt und
                              sehr rein.
                           
                        
                           Phosphorglas.
                           Amorpher, pulverförmiger Phosphor, dem Satze A zugesetzt,
                              ertheilt der verglasten Masse, selbst wenn er in bedeutender Menge angewendet wird,
                              keine besondere Färbung. Alle meine Bemühungen, in dieser Richtung zu einem
                              positiven Resultate zu gelangen, waren vergebens, jedenfalls in Folge der gänzlichen
                              Verflüchtigung des Phosphors. Mengt man aber anstatt des Phosphors dem Satze A
                              Phosphorcalcium (– ich wendete vorzugsweise das
                              nach dem Verfahren von Paul Thenard bereitete Präparat an
                              –) in einer Quantität von 5 bis 6 Grm. bei, so verflüchtigt sich der Phosphor
                              nicht, sondern man erhält ein gelbes Glas, welches den im Vorstehenden erwähnten
                              völlig gleich ist.
                           
                        
                           Aluminiumglas.
                           Wird dem Satze Aluminium, selbst nur in sehr geringer Menge, zugesetzt, so wird das
                              Glas dadurch sehr strengflüssig und läßt sich namentlich sehr schwierig läutern. Mit
                              größerem Zeitaufwande indeß, sowie bei Beobachtung der gehörigen Sorgfalt gelingt es
                              doch, ein gut geschmolzenes, homogenes durchsichtiges Glas, mit nur wenig Blasen und
                              Schlieren, darzustellen, dessen Farbe, wie diejenige der vorhergehenden Gläser, gelb
                              ist.
                           Blicken wir auf diejenigen einfachen Körper zurück, welche dem gewöhnlichen weißen
                              Glase eine gelbe Färbung ertheilen, so sehen wir, daß unter den Nichtmetallen
                              Kohlenstoff, Schwefel, Silicium, Bor und Phosphor, unter den Metallen das Aluminium
                              diese Eigenschaft besitzen. Mit Arsen und Zink konnte ich, trotz aller angewendeten
                              Mühe, kein farbiges Glas erzeugen.
                           Ich glaubte anfangs, daß diese stets sich gleich bleibende Färbung von Silicium, dem
                              einzigen dieser einfachen Körper, welcher zur Constitution des Glases nothwendig
                              ist, herrühren dürfte; die im Nachstehenden angeführten Versuche überzeugten mich
                              jedoch bald, daß die Ursache dieser sonderbaren Erscheinung eine andere ist.
                           
                        
                           
                           Wirkung des Wasserstoffes auf das
                                 Glas.
                           Wasserstoff, mit Anwendung der kräftigsten Mittel gereinigt, ertheilt dem Glase bei
                              Rothglühhitze gleichfalls eine gelbe Farbe. Läßt man einen Strom dieses Gases durch
                              ein Porzellanrohr ziehen, in welchem sich ein mit Glasstückchen gefülltes
                              Platinschiffchen befindet, so zeigt das Glas, nachdem es auf eine gerade nicht sehr
                              hohe Temperatur erhitzt und dann in dem Wasserstoffstrome erkalten gelassen wurde,
                              eine gelbe Farbe, welche zwar weniger schön, besonders weniger intensiv ist als die
                              mit Kohle, Bor etc. erzeugte, aber mit hinlänglicher Deutlichkeit hervortritt.
                           Auffallender Weise hat auf diese Reaction noch kein Chemiker aufmerksam gemacht,
                              obgleich die Reduction von Metalloxyden durch Wasserstoff in Glasröhren doch
                              wahrlich in den chemischen Laboratorien häufig genug vorkommt.
                           Da eine Reduction der Kieselsäure durch den Wasserstoff, noch dazu bei einer wenig
                              hohen Temperatur, unmöglich erscheint, die Färbung des Glases durch die Einwirkung
                              jenes Gases aber derjenigen durch die oben angegebenen Metalloide ganz ähnlich ist,
                              so gab dieser merkwürdige Versuch meinen Gedanken eine ganz andere Richtung. Ich
                              erinnerte mich an eine vor mehreren Jahren von mir gemachte Beobachtung, welcher
                              zufolge keine von den im Handel vorkommenden Glassorten frei von einem mehr oder
                              minder bedeutenden Gehalte an schwefelsaurem Alkali ist, und nun kam mir Alles
                              erklärlich vor, insofern sich die erwähnten Reactionen auf die Bildung eines
                              Sulfürs, welches die Eigenschaft besitzt, dem Glase eine gelbe Färbung zu ertheilen,
                              zurückführen läßt.
                           Ich stellte demnach meine weiteren Versuche in dieser Richtung an.
                           Zunächst ließ ich über rothglühendes gepulvertes Glas Wasserstoffgas streichen; zu
                              diesen Versuchen nahm ich vorzugsweise Glassorten, welche mir den größten Gehalt an
                              schwefelsaurem Alkali gezeigt hatten. Auf diese Weise war ich leicht im Stande
                              nachzuweisen, daß sich dabei Alkalisulfür bildet.
                           Als ich den Glassatz A mit einigen Procenten
                              schwefelsaurem Natron versetzte und dann schmolz, über das entstandene Glas aber
                              einen Wasserstoffstrom leitete, erhielt ich ein sehr dunkelgelbes Glas, in welchem
                              sich durch den Geruch, den Geschmack und aus allen anderen Eigenschaften die
                              Gegenwart eines Schwefelalkalimetalles leicht erkennen ließ.
                           Durch diesen Versuch wurde meine oben berührte Annahme vollkommen bestätigt. Indessen
                              hielt ich es doch für rathsam, meine Untersuchungen über das Vorhandenseyn und die
                              Menge der in allen im Handel vorkommenden Gläsern ohne Ausnahme, enthaltenen
                              Schwefelsäuresalze zu wiederholen und zu vervielfältigen.
                           
                           Da die tüchtigsten Chemiker, welche sich mit analytischen Untersuchungen über das
                              Glas beschäftigt haben, der Gegenwart des Schwefels in demselben nicht erwähnen, so
                              mußte ich um so größere Vorsichtsmaßregeln anwenden, um mich gegen jede
                              Selbsttäuschung zu schützen und Alles aufwenden, um meinen Versuchen den höchst
                              möglichen Grad von Zuverlässigkeit zu geben. Das Glas ist es wohl werth, daß man ihm
                              nähere Aufmerksamkeit widmet; nur wenige Substanzen dürften das Interesse der
                              Chemiker und Physiker mehr verdienen, insofern es nur wenige Köper geben dürfte,
                              deren gründliches Studium die Fortschritte der Naturwissenschaft mehr gefördert
                              hätte. Da die überwiegend große Mehrzahl der chemischen Reactionen und Präparationen
                              in Berührung mit Glas eingeleitet und ausgeführt wird, so kann offenbar eine
                              möglichst genaue und vollständige Kenntniß seiner Bestandtheile in manchen Fällen
                              von größter Wichtigkeit werden.
                           Die Glassorten, worin ich die Gegenwart von Schwefel, welchen dieselben ohne Zweifel
                              in Form von Schwefelsäuresalz enthalten, von Neuem nachzuweisen suchte, sind
                              verschiedene Sorten von Spiegelglas, Tafelglas, Hohlglas, von böhmischem Glase, von
                              Bouteillenglas und ein Stück antiken Glases, welches ich im Jahre 1863 selbst aus
                              Pompeji mitbrachte.
                           Im Spiegelglase fand ich einen zwischen 1 Proc. und 3 Proc. schwankenden Gehalt an
                              schwefelsaurem Natron. Das Schmelzen, Läutern und Kaltschüren dieser Glasart
                              beansprucht gewöhnlich achtzehn bis vierundzwanzig Stunden Zeit.
                           Um zu erfahren, wie viel von dem genannten Salze im Glase nach längerer Einwirkung
                              jener sehr hohen Temperatur zurückbleibt, ließ ich dasselbe einhundertundzwanzig
                              Stunden bei der zum Heißschüren erforderlichen Hitze im Ofen. Nach dieser Zeit
                              enthielt es noch in 1000 Th. 7 Th. schwefelsaures Natron, aber immer noch so viel
                              Kieselsäure, als es bei der fabrikmäßigen Darstellung überhaupt enthalten kann.
                           Dieser Versuch ist wohl geeignet, zu zeigen, daß man bei Anwendung der
                              Rohmaterialien, welche heutzutage zur Darstellung des Glases benutzt werden, stets
                              erwarten muß, im letztern jedenfalls beträchtliche Mengen von schwefelsaurem Alkali
                              zu finden.
                           In dem pompejanischen Glase fand ich eine, einem Gehalte von 2 Proc. schwefelsaurem
                              Natron äquivalente Quantität von schwefelsaurer Baryterde.
                           Eine Probe von echt böhmischem Glase, welche ich Hrn. Peligot verdanke, enthielt 2,2 Proc. schwefelsaures Kali.
                           In anderen Glasarten, in Tafelglas, Hohlglas und Bouteillenglas, fand ich als Maximum 3,5 Proc.
                              und als Minimum 1 Proc. schwefelsaures Natron. Demnach ergibt sich aus meinen
                              Analysen, daß sämmtliche Glasarten schwefelsaure Salze in ziemlich ähnlichen
                              Verhältnissen enthalten.
                           Bekanntlich wird in der Glasfabrication zur Darstellung von Natrongläsern sowohl
                              schwefelsaures, als kohlensaures Natron angewendet. Das letztere Salz, wie es auf
                              den Hütten zum Verbrauche kommt, enthält höchstens 85 Proc. und nur sehr selten 90
                              Proc. reines Natroncarbonat, dabei stets eine ziemlich beträchtliche Menge
                              Natronsulfat, welches dann zum Theil in das fertige Glas übergeht.
                           Demnach muß man zur Darstellung eines ganz sulfatfreien Glases eine von jeder Spur
                              von Glaubersalz ganz freie Soda, also ein bisher unbekanntes, oder wenigstens in den
                              Glashütten noch nicht verwendetes Salz, ein Salz von 92,5 Proc. Sodagehalt,
                              anwenden. Ein solches Glas kommt im Handel nicht vor, zweifelsohne aber wäre es weit
                              beständiger und homogener, als die bisher bekannten Glassorten und könnte
                              möglicherweise namentlich für die Optik wichtige Dienste leisten.
                           Das schwefelsaure Natron ist im Glase ohne Zweifel im freien Zustande enthalten. Es
                              ist als Verunreinigung zu betrachten, und allem Anschein nach ist es unmöglich, das
                              Glas davon zu befreien, selbst nicht durch die stärkste und anhaltendste Hitze. Ich
                              rede hier selbstverständlich nur vom technischen Standpunkte aus; denn durch Nichts
                              wird bewiesen, daß ein solches Glas, wenn es in einem Platintiegel längere Zeit
                              einer sehr intensiven Hitze ausgesetzt wird, sich schließlich nicht doch von jeder
                              Spur. des schwefelsauren Salzes reinigen läßt.
                           Bereits vor zehn Jahren wies ich nach, daß auch das reinste und vollkommen geläuterte
                              Glas, wenn es durch anhaltendes Reiben in feines Pulver verwandelt worden, sich sehr
                              leicht zersetzt und, nachdem es in diesem Zustande einige Zeit an der Luft
                              gestanden, mit Säuren aufbraust, wie Kreide.
                           Wird dasselbe Glas vierundzwanzig Stunden auf einer Achatplatte gerieben, so gibt es,
                              mit reinem Wasser behandelt, den größten Theil seines Glaubersalzgehaltes an
                              letzteres ab.
                           Diese eigenthümlichen, durch eine bloß mechanische Wirkung erzeugten und durch die
                              Gegenwart von schwefelsaurem Alkali vielleicht hervorgerufenen oder begünstigten
                              Veränderungen des Glases verdienen sicherlich mehr Beachtung als ihnen bisher zu
                              Theil geworden ist.
                           Ich komme nochmals auf die Färbung des Glases durch Kohle, Silicium und die anderen
                              Metalloide zurück. Wenn diese Färbung einzig von einer Reduction des schwefelsauren
                              Natrons durch Kohlenstoff, Silicium, Bor etc. herrührt, so kann sie bei Glas, welches aus
                              glaubersalzfreiem Materiale dargestellt worden, nicht eintreten. Daß dieß wirklich
                              der Fall ist, habe ich in der That durch zahlreiche Versuche nachgewiesen, bei denen
                              ich stets durch mehrmaliges Umkrystallisiren gereinigtes und von jeder Spur
                              Schwefelsäure befreites kohlensaures Natron anwendete.
                           Der nachstehende Satz wurde in einem Platintiegel im Gasofen eingeschmolzen und zwar
                              mit Beobachtung aller möglichen Vorsichtsmaßregeln, um zu verhüten, daß auch nur die
                              geringste Spur schwefelsaures Alkali hinein käme:
                           
                              
                                 weißer Sand
                                 250 Grm.
                                 
                              
                                 reines trockenes kohlensaures Natron
                                 100   „
                                 
                              
                                 reiner kohlensaurer Kalk
                                   50   „
                                 
                              
                                 Stärkekohle
                                     2   „
                                 
                              
                           Das erhaltene Glas war gut geschmolzen, gut geläutert und vollkommen farblos.
                           Dasselbe Resultat erhielt ich, als ich die Kohle durch Vor, Silicium und Wasserstoff
                              ersetzte. Diese Metalloide färben also von schwefelsaurem Alkali freies Glas, reines Glas, wenn ich mich so ausdrücken darf, nicht;
                              setzt man aber dem Satze vor dem Einschmelzen 0,25 Gewichtsprocente schwefelsaures
                              Alkali zu, so erhält man ein schwach gelblich gefärbtes Glas; mit 0,5 Proc. eines
                              solches Salzes wird die Farbe schon deutlicher; bei Anwendung von 2 bis 3 Proc.
                              Sulfat ist die gelbe Färbung stark, und es ist leicht zu erkennen, daß die
                              Intensität der letzteren der Menge des dem Glassatze zugesetzten schwefelsauren
                              Alkalis proportional ist. Deßhalb läßt sich der Gehalt eines weißen Glases an
                              schwefelsaurem Alkali annähernd auch ohne Analyse an der lichten oder dunklen gelben
                              Farbe erkennen, die es beim Erhitzen mit Kohle annimmt.
                           Das reine Glas (ich verstehe darunter, wie schon erwähnt,
                              das mit schwefelsäurefreier Soda dargestellte) wird sowohl durch Schwefel, als auch
                              durch die Sulfüre der Alkalien und alkalischen Erden gelb gefärbt; der Schwefel
                              verhält sich gegen dieses Glas genau ebenso wie gegen die im Handel vorkommenden
                              Glassorten. Dieß ließ sich nach obigen Beobachtungen und Versuchsresultaten
                              erwarten.
                           Anstatt zur fabrikmäßigen Darstellung von gelbem Glase Kohle anzuwenden, kann man es
                              unmittelbar mit Schwefelcalcium darstellen, darf aber dabei nicht unberücksichtigt
                              lassen, daß das in der Soda enthaltene schwefelsaure Salz als Oxydationsmittel wirkt
                              und eine entsprechende Menge Schwefelcalcium zum Verschwinden bringt, so daß also
                              nur das nach der Zersetzung des schwefelsauren Salzes zurückbleibende Sulfür färbend auf den Glassatz
                              wirkt. Dieß wird durch die nachstehenden Versuche bestätigt.
                           Zunächst wurde der Satz A, zusammengesetzt aus:
                           
                              
                                 weißem Sande
                                 250 Grm.
                                 
                              
                                 kohlensaurem Natron von 90 Proc.
                                 100   „
                                 
                              
                                 kohlensaurem Kalk
                                   50   „
                                 
                              
                                 SchwefelcalciumDurch Rothglühen eines Gemenges von 250 Grm. Holzkohle und 2
                                          Kilogram. Gyps dargestellt. Das Präparat enthielt noch etwas
                                          schwefelsauren Kalk.
                                   20 oder 10 Proc.
                                 
                              
                           geschmolzen; das erhaltene Glas war tief dunkelgelb und kaum
                              durchscheinend.
                           Dann wurde ein ebenso gemengter Satz, B, mit 10 Grm. oder
                              2,5 Proc. Schwefelcalcium versetzt; das mit demselben dargestellte Glas war Heller
                              gelb gefärbt als man hätte erwarten sollen, und es ließ sich bereits erkennen, daß
                              ein beträchtlicher Antheil des Schwefelcalciums durch das in der angewendeten Soda
                              enthaltene schwefelsaure Natron zersetzt worden war.
                           Ein dritter Satz, C, wurde aus denselben Substanzen in
                              den gleichen Verhältnissen, wie bei A, aber mit Zusatz
                              von nur 5 Grm. oder 1,25 Procent Schwefelcalcium gemengt und gab ein vollkommen
                              farbloses Glas. Ein ebenso gemengter Satz, D, gab mit
                              5,5 Grm. Schwefelcalcium ein ebenfalls noch farbloses Glas.
                           Ein in gleicher Weise zusammengesetzter Satz, E, mit 6
                              Grm. Schwefelcalcium gab ein Glas von wenig intensiver gelber Farbe, ähnlich
                              derjenigen der Krystalle von gediegenem Schwefel.
                           Die äußerste Grenze der Farblosigkeit des Glases liegt bei 5,25 Grm. Schwefelcalcium,
                              also ungefähr bei 1,33 Proc. vom Glassatze, und die gelbe Farbe beginnt erst bei
                              einem stärkeren Verhältniß von Schwefelcalcium aufzutreten. Bezüglich des Satzes B, bei welchem 20 Grm. Sulfür angewendet wurden, muß man
                              annehmen, daß nur 14,5 Grm. des letzteren zur Färbung des Glases verwendet wurden,
                              da 5,5 Grm. durch Oxydation verschwunden sind.
                           Aus Vorstehendem ergibt sich, daß man mittelst weniger Versuche im Stande ist, die
                              Menge des Schwefelcalciums zu bestimmen, welches bei einer gegebenen Glasart als
                              Färbungsmittel wirkt und folglich die zu erzielenden Nüancen nach Belieben
                              herzustellen.
                           Von diesen Anhaltpunkten ausgehend, gelang es, ohne alles Probiren sofort ein gelbes
                              Glas von einer vorher bestimmten Farbenintensität darzustellen, durch
                              Zusammenschmelzen von:
                           
                           
                              
                                 270 Kilogram.
                                 weißem Sand,
                                 
                              
                                 100      „
                                 Soda von 90 Proc.,
                                 
                              
                                   50      „
                                 Marmor,
                                 
                              
                                   12      „
                                 Schwefelcalcium.
                                 
                              
                           Fassen wir die wichtigsten Resultate meiner Untersuchungen kurz zusammen, so sehen
                              wir:
                           1) daß alle im Handel vorkommenden Glassorten schwefelsaure Salze enthalten;
                           2) daß das mit schwefelsäurefreien Alkalien dargestellte Glas durch Kohlenstoff,
                              sowie Bor, Silicium und Wasserstoff etc. nicht gefärbt wird;
                           3) daß sowohl das „reine,“ als das auf die gewöhnliche Weise
                              dargestellte, im Handel vorkommende Glas durch Schwefel, sowie durch die Sulfüre der
                              Alkalien und alkalischen Erden unmittelbar gelb gefärbt wird;
                           4) daß die Farbe, welche das Glas durch die Einwirkung der Metalloide erhält, bloß
                              durch die reducirende Wirkung derselben erzeugt wird.
                           Schließlich danke ich Hrn. Pelletier für die freundliche
                              Hülfe, welche er mir sowohl als Chemiker, wie als Glashüttenmann bei meinen
                              schwierigen Versuchen geleistet hat.