| Titel: | Elektromagnetischer Motor von H. M. J. Graf de Molin zu Paris. | 
| Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. LXXI., S. 251 | 
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                        LXXI.
                        Elektromagnetischer Motor von H. M. J. Graf de Molin zu
                           Paris.Man sehe Tresca's Bericht über die Leistung dieser
                                 Maschine im polytechn. Journal Bd. CLXXVII S.
                                    204.
                           
                        Aus dem London Journal of arts, September 1865, S.
                              146.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Der Molin's elektromagnetischer Motor.
                        
                     
                        
                           De Molin's elektromagnetische Maschine charakterisirt
                              sich durch einige eigenthümliche Unordnungen, welche den Zweck haben, die
                              elektromagnetische Wirkung der Eisenkerne auf die zugehörigen Anker in der möglichst kleinsten
                              Distanz vor sich gehen zu lassen, so daß jeder einzelne Anker bloß eine äußerst
                              kurze hin- und hergehende Bewegung an den Polflächen des zugehörigen
                              Elektromagneten auszuführen hat, während das ganze System der Elektromagnete selbst
                              keinen Antheil an der Bewegung nimmt. Die unmittelbar aufeinanderfolgenden
                              oscillirenden Bewegungen der einzelnen Anker versetzen das Scheiben- oder
                              Ringsystem, an welchem sie angebracht sind, in eine schaukelnde, wellenartige
                              Bewegung, die derjenigen eines Kreisels, dessen Achse gegen ein unbegrenztes, festes
                              Lager sich stützt, nicht unähnlich ist. In Folge dieser schaukelnden Bewegung des
                              Ankersystemes nimmt eine in einem festen Lager mit Zapfen bewegliche Welle eine
                              nahezu conische Bewegung an, welche in ihrer eigenthümlichen Verbindung mit einer
                              Kurbel die Fortpflanzung der Bewegung auf die übrigen Maschinentheile bewirken
                              kann.
                           Die Einrichtung des ganzen Apparates ist durch Fig. 16, welche eine
                              Seitenansicht und Figur 17, welche die Horizontalprojection desselben darstellen soll,
                              versinnlicht, während in Figur 18 die Haupttheile
                              des Commutators angedeutet sind. Auf der Fußplatte l des
                              Maschinengestelles Z, Z sind die Elektromagnete A¹, A²... A⁸ vertical und mit ihren Eisenkernen so
                              befestigt, daß diese gleichsam auf zwei concentrischen Cylindern sich befinden; ein
                              äußerer Elektromagnet Aa und ein innerer Ab sind immer unter sich zu einem Doppelelektromagneten
                              mit gemeinschaftlichem Anker B so verbunden, daß ein
                              Strom, der bei einem Ende b der inneren Spirale
                              eintritt, die beiden Spiralen Ab und Aa passiren muß, um an dem abgewendeten Ende der
                              äußeren Spirale wieder auszutreten. In der vorliegenden Abbildung finden wir acht
                              solche Doppelelektromagnete für eine Maschine benutzt; die Zahl derselben kann zwar
                              von einer Maschine zur anderen variiren, indem man für Modelle selbst die geringste
                              Anzahl, nämlich drei solcher Elektromagnete verwenden kann; der Erfinder hält es
                              aber für nothwendig, bei eigentlichen Motoren wenigstens acht Doppelelektromagnete
                              zu benutzen. In der gemeinschaftlichen Achse der sämmtlichen Elektromagnete ist an
                              der Bodenplatte I ein verticaler Träger k, k angebracht, dessen oberes Ende das feste Lager für
                              einen stählernen Zapfen i bildet, der in dem
                              Mittelpunkte zweier unter sich in fester Verbindung stehenden concentrischen Ringe
                              I¹ und I²
                              sich befindet, und welcher zugleich den Drehungspunkt der Welle M bildet. Wenn man sich die Speichen j, j des unteren Ringes I² verlängert denkt, bis sie den Umfang des oberen Ringes I¹ treffen und an den Verlängerungen zwischen
                              beiden Ringen die als Anker dienenden Platten aus weichem Eisen B¹, B² ...
                                 B⁸ angebracht vorstellt, so wird man finden, daß die sämmtlichen Anker nahezu auf einem Kegel
                              vertheilt sind, dessen Spitzenwinkel sehr bedeutend ist, so daß das Intervall
                              zwischen jedem Anker und den Polflächen seines Elektromagneten selbst in der
                              normalen Lage als gering erscheint. Die wälzende Bewegung, welche der Stahlconus i wegen der in unmittelbarer Aufeinanderfolge
                              eintretenden Anziehung der einzelnen Anker annehmen muß, wird unmittelbar auf die
                              Welle M übergetragen; letztere steht an ihrem oberen
                              Ende m mittelst eines Kugelgelenkes mit der zu diesem
                              Zwecke passend ausgehöhlten Kurbel M' in Verbindung,
                              durch welche die in den Platinen N¹ und N² drehbare verticale Welle N, N in Drehung versetzt wird. Diese drehende Bewegung
                              kann entweder unmittelbar oder mittelbar auf ein Schwungrad N³ fortgepflanzt werden, und von der Welle des letzteren aus
                              geschieht die Uebertragung der Bewegung auf Arbeitsmaschinen durch die bekannten
                              Hülfsmittel.
                           Die eigenthümliche Bewegungsform des Ankersystemes I¹, I² wird also dadurch
                              hervorgebracht, daß zunächst der Strom für den Elektromagneten A¹ hergestellt wird, was eine Anziehung des
                              Ankers B¹ zur Folge hat; in dem Augenblicke der
                              größten Annäherung dieses Ankers gegen die Polflächen von A¹ wird der Strom für diesen Elektromagneten unterbrochen und für
                              den Elektromagneten A² hergestellt, so daß also,
                              jetzt die Anziehung des Ankers B² gegen die
                              Polflächen von A² hin stattfindet u.s.w.; diese
                              Vorgänge, nämlich das aufeinanderfolgende Anziehen und Abziehen eines jeden Ankers
                              gegen seine Polflächen, wiederholen sich nun andauernd so lange als die Kette
                              hergestellt bleibt.
                           Um jedoch das periodische Herstellen und Unterbrechen des Stromes mit der gehörigen
                              Regelmäßigkeit von dem Apparate selbst bewirken zu lassen, muß ein Commutator an der
                              Maschine angebracht seyn, der hier in ähnlicher Weise zu functioniren hat, wie die
                              Steuerung bei einer Dampfmaschine. Von dieser Steuerung erwähnt der Erfinder, daß
                              dieselbe in verschiedener Weise ausgeführt, entweder durch elektromagnetische
                              Wirkung oder durch das Schwungrad in Thätigkeit versetzt werden könne. Der
                              Commutator, welcher bei dem vorliegenden Apparate in Anwendung gebracht worden ist,
                              hat beiläufig die folgende Einrichtung: An dem Gestelle der Maschine ist eine
                              hölzerne Scheibe P (Fig. 18) concentrisch mit
                              der eisernen Welle N befestigt, und letztere ist an der
                              Stelle, wo sie durch die Scheibe geht, mit einem Ringe aus einer isolirenden
                              Substanz, z.B. mit einem Elfenbeinringe n, versehen.
                              Ueber diesen Elfenbeinring ist eine messingene Umhüllung n' gelegt und mittelst der Schraube p mit der
                              Welle N so verbunden, daß beide von einander isolirt
                              bleiben. Mittelst
                              derselben Schraube ist die Feder R mit dem Contactringe
                              n' in metallische Verbindung gebracht, während eine
                              bei t an der Scheibe P
                              angeschraubte Contactfeder q so befestigt ist, daß sie
                              während der Rotation der Welle N beständig gegen den
                              Contact n' streifen muß. Auf der festen
                              Commutatorscheibe P finden wir nun die messingenen
                              Lamellen oder Contactstücke a¹, a² ... a⁸
                              welche in diese eingelassen, und die einzeln durch Leitungsdrähte mit den Enden der
                              äußeren Spiralen Aa von A¹, A²... A⁸ der Ordnung nach verbunden sind. Von der Befestigungsstelle t der Contactfeder q aus
                              führt ein Draht w zu einem, z.B. dem positiven Pole der
                              Batterie, während der andere, also hier der negative Pol der letzteren mit der
                              isolirten Metalllamelle u in Verbindung gebracht ist, an
                              welcher die Drahtenden b¹, b²... b⁸ der inneren Spiralen
                              der Elektromagnete sich vereinigen müssen. Ist nun die Feder R in der Weise angeordnet, daß ihr freies Ende v beständig, nämlich während der Umdrehung der Welle N mit zweien auf einander folgenden Contacten z.B. a⁸ und a⁷, a⁷ und a⁶ etc.
                              in metallische Berührung kommen kann, so wird der Strom immer durch die Spirale
                              eines der Elektromagneten Aa, Ab gehen
                              müssen, wenn der Contact v von einem der Contactstücke
                              a auf den nächstfolgenden übergeht, da er hierbei
                              von w aus den Weg über q, R, v,
                                 a nach dem Ende einer der äußeren Spiralen nehmen, durch die Spiralen von
                              Aa, Ab gehen und bei u wieder, zur Batterie zurückkehren kann; in dem
                              nächsten Momente aber, wo die Contactfeder R mit ihrem
                              Ende v gleichzeitig zwei auf einander folgende Contacte
                              a, metallisch berührt, muß sich offenbar an dieser
                              Stelle der Strom theilen, um gleichzeitig durch die Spiralen der beiden auf einander
                              folgenden Elektromagnete zu gehen. So wird bei der in Fig. 18 angenommenen Lage
                              der Contactfeder R der Strom durch die Spiralen von A⁸ und A⁷
                              gleichzeitig gehen müssen, es werden daher die Anker B⁸ und B⁷ auch gleichzeitig zur
                              Anziehung gelangt seyn; in dem nächsten Momente aber, etwa bei 1/16 Umdrehung der
                              Welle N, ist die Kette für den Elektromagneten A⁸ unterbrochen, für den Elektromagneten A⁷ aber noch hergestellt; bei weiterem
                              Fortschritte der drehenden Bewegung und das gleiche Intervall berührt das Ende v gleichzeitig die Contactstücke a⁷ und a⁶ , und der Strom geht
                              also durch die Spiralen von A⁷ und A⁶ , so daß folglich der Anker B⁷ noch von den Polflächen angezogen bleibt,
                              während der Anker B⁶ gleichzeitig zur Anziehung
                              kommt. Die Commutation soll nun in der nächstfolgenden Phase so bewirkt werden, daß
                              der Strom für A⁷ unterbrochen wird, also der
                              Anker B⁷ zurückgehen kann, während der Strom für
                              A⁶ noch hergestellt, also auch der Anker B⁶ in der Anziehungslage verbleibt; diese
                              Vorgänge sollen sich nun
                              in regelmäßiger Aufeinanderfolge in allen folgenden Phasen wiederholen.
                           Wird nun dieser Bedingung in sicherer Weise Genüge geleistet, so kann, da während
                              einer ganzen Umdrehung mindestens einer der Elektromagnete in einer Phase und in der
                              darauffolgenden immer zwei derselben gleichzeitig thätig sind, die schaukelnde
                              Bewegung des Anker- oder Ring-Systemes I¹, I² vollkommen stetig vor sich
                              gehen. Gerade dieser Umstand nun ist es insbesondere, der die Anordnung von de Molin eigenthümlich charakterisirt. Zur Erlangung
                              dieser Anforderung aber ist es nicht bloß wesentlich, daß alle Elektromagnete unter
                              sich von ganz gleicher Anordnung sind, sondern es ist auch insbesondere nothwendig,
                              daß durch die Feder R die Contacte in regelmäßiger und
                              sicherer Weise in allen einzelnen Phasen hergestellt werden. Wenn also schon an und
                              für sich die Ausführung und Anordnung des Apparates eine große Genauigkeit
                              erfordert, um einen sicheren Gang desselben zu erlangen, so dürfte insbesondere die
                              Commutatorvorrichtung noch eine zweckmäßige Modification erfahren, wenn die
                              Schwierigkeiten, welche während der Bewegung der Maschine eintreten werden, sicher
                              bewältigt werden sollen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
