| Titel: | Zur Technik der mikroskopischen Photographie; von Dr. S. Th. Stein in Frankfurt a. M. | 
| Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. LXXIX., S. 291 | 
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                        LXXIX.
                        Zur Technik der mikroskopischen Photographie; von
                           Dr. S. Th. Stein in
                           Frankfurt a. M.
                        Aus den Berliner photographischen Mittheilungen, 1865, Nr.
                              18.
                        Stein, über mikroskopische Photographie.
                        
                     
                        
                           Statt des Sonnenlichtes läßt sich auch das Licht einer Photogenlampe zum
                              Photographiren benutzen. Es ist bei Benutzung der Lampe einzig und allein darauf
                              Rücksicht zu nehmen, daß so wenig Strahlen als möglich verloren gehen. – Zu
                              mikrophotographischen Zwecken benutze ich eine gute Photogenlampe und sehr
                              empfindliches Jod-Brom-Collodium, wie dieses aus der Fabrik des Dr. Schleußner zu Frankfurt
                              a. M. in ausgezeichneter Güte zu beziehen ist. – Die Lampe trägt statt der
                              kugeligen Glasglocke eine hohle Zinkkugel von 1/2'
                              Durchmesser; die Kugel wird nach Art der Glasglocken über den Lampencylinder
                              aufgesetzt. Den letzteren umschließt ein von dem oberen Theile der Kugel ausgehender
                              schwarzer Rauchfang. – In dem Aequator der Kugel ist ein rundes 2 1/2'' weites Loch eingeschnitten, an welches eine
                              Beleuchtungslinse angebracht werden kann. – Gegenüber dieser Oeffnung ist ein
                              Hohlspiegel an der Innenseite der Kugel befestigt, dessen Focus gerade der
                              Lichtquelle, also in unserem Falle dem in der Kugel brennenden Photogen entspricht.
                              Um das seitlich angebrachte 21/2'' weite Loch ist eine
                              geschwärzte Röhre eingefügt, welche stets einer großen Summe von parallelen Strahlen Durchtritt gewährt. Diese parallelen
                              Strahlen beleuchten das zu photographirende Object direct, da der photographische Apparat in der Ebene der parallelen Strahlen
                              angebracht ist. – Dieser besteht aus einem zum Querlegen eingerichteten
                              Mikroskope, welche Eigenschaft die größeren Instrumente von Schiek und Plößl, ebenso fast alle englischen,
                              sowie die neueren Instrumente von Hartnack in Paris
                              besitzen. – Der Spiegel des Instrumentes wird abgeschraubt und der in
                              horizontale Lage gebrachte Tubus mit dem Objecttische an die oben bezeichnete Röhre
                              direct angeschoben. Das Ocular des Mikroskopes wird am besten entfernt und das
                              Objectivbild auf der matten Scheibe der Camera aufgefangen. – Die Camera
                              selbst besteht aus einem einfachen Ausziehkasten, in welchen gegenüber der matten
                              Scheibe ein rundes Loch zum Einpassen des Mikroskoptubus eingeschnitten ist. Nachdem
                              das Bild auf der Scheibe mittelst der Mikrometerschraube des Mikroskopes scharf
                              eingestellt ist, wird jene mit der präparirten Platte vertauscht und je nach der
                              Stärke der Vergrößerungen 1/2 bis 2 Minuten der Lichtwirkung exponirt. Ich habe auf diese
                              Weise in jeder Beziehung ausgezeichnete Bilder erhalten, welche allen Anforderungen
                              entsprechen. – Bei starken Vergrößerungen benutze ich kein paralleles,
                              sondern concentrirtes Licht, zu welchem Zweck zwischen Lichtquelle und Object die
                              oben schon erwähnte Sammellinse eingefügt wird. Die letztere ist gegen den
                              Lichtpunkt hin verschiebbar, so daß, auch ohne Benutzung des Hohlspiegels, wenn der
                              leuchtende Punkt in den Focus der Linse gebracht worden ist, parallele Strahlen dem
                              Objecte zugeführt werden können. – Für diejenigen, welche kein Mikroskop zum
                              Umlegen, sondern allenfalls ein solches mit Trommelstativ besitzen, empfehle ich zu
                              besagten Zwecken den Fuß der Trommel abzuschrauben, den Spiegel herauszunehmen und
                              die federnde Hülse, welche den Tubus enthält, direct in die Camera einzufügen und
                              mittelst eines Metallringes zu befestigen. – Das Trommelstativ ersetzt
                              alsdann zugleich die von der Lichtquelle ausgehende Sammelröhre der parallelen
                              Strahlen.Vollständige schön gearbeitete mikroskopisch-photographische Apparate,
                                    welche zum Querlegen eingerichtet sind und alles Zubehör enthalten, habe ich
                                    in dem optischen Institute von Möller und Emmerich in Gießen zu sehr billigem Preise
                                    gesehen.
                              
                           Statt des Photogenlampenlichtes sind auch alle übrigen bekannten künstlichen
                              Lichtquellen benutzbar, jedoch ist die Wirkung eine weniger rasche und intensive.
                              Besonders schöne Wirkungen lassen sich mittelst in reinem Sauerstoffgase
                              verbrennender Körper erzielen; auch Gaslicht, Petroleum und Solaröl sind
                              geeignet.
                           Wird Magnesiumlicht nach meiner Methode angewandt, so ist die Wirkung eine fast
                              momentane. – Dieser Leuchtstoff wäre der empfehlenswerteste, wenn nicht die
                              hohen Preise des Magnesiumdrahtes eine dauernde Anwendung
                              verböten. – Ein Grm. Magnesiumdraht, der bei einer Dicke von 0,75 Millimeter
                              5 Minuten lang brennt, kostet jetzt noch einen halben Thaler.Jetzt nur noch 7 1/2 Sgr. – Die englischen Patentlampen mit Hohlspiegel und Uhrwerk zum
                              Vorschieben des Verbrennungsdrahtes können nach meinen Experimenten mit gutem
                              Erfolge angewandt werden, wenn die Lichtquelle durch einen veränderten Mechanismus
                              in den Focus des Spiegels gebracht worden ist, um, wie dieß bei meiner Photogenlampe
                              der Fall ist, paralleles Licht zu erzielen. – Die englischen Magnesiumlampen
                              sind zu dem Zwecke, divergirende Strahlen zu erzeugen, gebaut; die Lichtquelle
                              befindet sich hier zwischen dem Brennpunkt des Spiegels und der Spiegelfläche.
                           Wird das Licht der Lampe nicht direct angewandt, sondern bei verticaler Benutzung des
                              Mikroskopes erst durch verschiedene brechende Medien (den Hohlspiegel der Lampe, die
                              Einrichtung zum Parallelisiren der Strahlen, die Beleuchtungslinse, den Spiegel des
                              Mikroskopes) geschwächt und zum großen Theile absorbirt, so muß freilich die fast
                              momentane Wirkung des Magnesiumlichtes in eine Belichtungszeit von 30 Secunden bis 2
                              Minuten umgewandelt werden.
                           Die längere Dauer der Expositionszeit bei Anwendung des Photogenlichtes verleiht den
                              Bildern eine Tiefe und Schärfe, wie ich sie bis jetzt nur mit directem Sonnenlichte
                              erzielt habe. – Es möchte daher dieses Verfahren wegen der Billigkeit der
                              Anschaffung und der Einfachheit des Gebrauches einige Beachtung verdienen.