| Titel: | Herrmann's Control-Schloß. | 
| Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. CXXIV., S. 443 | 
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                        CXXIV.
                        Herrmann's Control-Schloß.
                        Aus der Wochenschrift des nieder-österreichischen
                                 Gewerbevereins, 1865, Nr. 44.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Herrmann's Control-Schloß.
                        
                     
                        
                           Es gehört das Patent-Vorlege-Schloß Herrmann's nicht in die große Reihe der Combinationsschlösser, doch kommt
                              diesem Schlosse die besondere Eigenthümlichkeit zu, daß der Schlüssel nicht abgeliefert werden kann (außer durch Anwendung eines
                              Kunstgriffes), wenn das betreffende Object nicht in
                                 Wirklichkeit verschlossen wurde.
                           Es kann in vielen Fällen erwünscht erscheinen, wenn der Leiter einer Fabrik oder
                              Landwirtschaft bei Ablieferung der Schlüssel die Beruhigung hat, daß die
                              betreffenden Magazine, Schüttböden etc. auch gehörig
                                 verschlossen wurden.
                           Zwar gibt der Erfinder an, daß sein Schloß durch Sperrzeuge nicht geöffnet werden
                              kann, doch ist dieß unrichtig, wie jeder Sachverständige aus der Beschreibung
                              desselben ersehen wird. Das Oeffnen ist jedoch durch Eingerichte, wie durch eine sehr kräftige
                                 Zuhaltung und sehr starken Dorn so erschwert,
                              daß es für die meisten Verhältnisse genügende Sicherheit gegen
                                 das unbefugte Oeffnen gewährt.
                           Der Bügel dieses Vorhängeschlosses ist mit dem Schloßkasten aus einem Stücke, daher
                              fest; es erfolgt somit der Verschluß auf eine von der gewöhnlichen abweichende Art,
                              wie Fig. 9
                              dieß klar machen dürfte.
                           In dem Thürstock oder bei Doppelthüren in dem einen Flügel ist die Arbe (Kramme) K angebracht,
                              in welcher das Schloß S mittelst seines Bügels bleibend
                              hängt und daher um selbe beweglich ist. An der Thüre T,
                              bei Doppelthüren am zweiten Flügel, ist ein Schließblech P befestigt, welches zwei Studeln (Fig. 11) trägt, in welche
                              der Riegel eingreift.
                           Außer den Studeln oder Klammern trägt das Schließblech p
                              (Fig. 11)
                              6 oder 8 Stifte n, welche in Löcher des Schloßkastens
                              a passen, der, wie Fig. 10 (nach
                              abgenommener Deckplatte) zeigt, eine viereckige Gestalt hat.
                           An den zwei längeren Seiten des Schloßkastens a sind
                              Leitschienen s angebracht, zwischen welchen der Riegel
                              r (in Fig. 12 in der
                              Seitenansicht dargestellt) seine Führung erhält. Entsprechend den sechs Stiften n des Schließbleches befinden sich im Schlosse sechs
                              dreiseitige kleine Prismen oder Klötzchen k, welche an
                              ihrer dem Riegel zugewendeten Kante Ausschnitte besitzen. Diese Klötzchen werden
                              durch die Stifte n soweit gehoben, daß ihre Ausschnitte
                              in die Ebene des Riegels fallen und diesen daher in seiner Bewegung nicht hindern.
                              Sobald jedoch diese Prismen durch n nicht gehalten
                              werden, sinken sie, dem Drucke von Blattfedern folgend, die am Schloßdeckel
                              angebracht sind, auf den Boden des Schloßkastens herab. In dieser Stellung fallen
                              ihre Ausschnitte nicht mehr mit der Ebene des Riegels zusammen und hindern dessen
                              Bewegung.
                           Ist mit Herrmann's Schloß ein Object verschlossen, so
                              befinden sich die Prismen k in jener Stellung, welche
                              der Bewegung des Riegels kein Hinderniß entgegensetzt; wird nun der Schlüssel
                              eingeführt und nach rechts gedreht, so hebt er zuerst die als Zuhaltung wirkende
                              kräftige Feder f und gelangt an den unter m punktirt angedeuteten kleinen Vorsprung des Riegels,
                              auf welchen er einwirkt und denselben nach abwärts schiebt.
                           Hierdurch gelangen die Lappen e des Riegels außer
                              Eingriff mit den Studeln oder Klammern d in Fig. 11 (d entsprechend sind im Schloßkasten die Schlitze d'); die am Schloßdeckel befindlichen Federn kommen zur
                              Wirkung, drücken auf die dreiseitigen Klötzchen k,
                              welche bis zum Boden des Schlosses niedersinken und dadurch das Schloß von dem
                              Schließbleche p abheben.
                           Das Schloß ist nun geöffnet und in diesem Zustande zeigt es Fig. 10 (nach Entfernung
                              des Schloßdeckels). Der Schlüssel t läßt sich aus dem
                              geöffneten Schlosse nicht herausziehen, denn der Bart, welcher an dem punktirten
                              Vorsprung des Riegels r anliegt, ist hierdurch an seiner
                              Bewegung nach abwärts gehindert, da der Riegel bereits seinen tiefsten Stand
                              einnimmt; zurück kann der Schlüssel auch nur ganz unbedeutend gedreht werden, denn
                              es stößt der Bart hierbei ebenfalls an einen Theil des Riegels und müßte erst dieser
                              verschoben werden (was die Klötzchen k verhindern), soll
                              sich der Schlüsselbart wieder zurück gegen das Schlüsselloch drehen können.
                           Es ist sonach unmöglich, den Schlüssel aus dem geöffneten
                                 Schlosse zu ziehen, wenn es nicht mittelst eines Kunstgriffes gelingt, das
                              der Riegelbewegung durch die Prismen k gesetzte Hinderniß zu überwinden. Dieß ist jedoch nicht besonders schwierig.
                              Drückt man mittelst des Schlüssels auf den Riegel und mittelst eines spitzen
                              Hölzchens oder Stiftes auf die Prismen, bis deren Einschnitte der Reihe nach an das
                              Niveau des Riegels kommen, so bleiben die Prismen mit ihren Ausschnitten am Riegel
                              hängen und bald ist das Hinderniß, wie ein angestellter Versuch zeigt, überwunden.
                              Der Riegel gelangt in jene Stellung, welche er bei zugesperrtem Schlosse einnimmt und der Schlüsselbart
                              gelangt unter das Schlüsselloch; es kann somit der Schlüssel aus dem Schlosse
                              gezogen werden. Das rasche Gelingen dieses Kunstgriffes ist bei Herrmann's Schloß noch wesentlich dadurch begünstigt, daß
                              die Ausschnitte der Prismen viel breiter sind als erforderlich. Obwohl hiermit
                              gezeigt ist, daß die Angabe des Erfinders, es sey das Abliefern des Schlüssels ohne
                              richtigen Verschluß „niemals“
                              möglich, auf einem Irrthum beruht, so erfordert dasselbe doch eben so viel
                              Raffinement, als das unbefugte Oeffnen der gewöhnlichen, einfachen Schlösser. Der
                              Schlüssel kann nie ohne Anwendung des obigen Kunstgriffes aus dem geöffneten
                              Schlosse gezogen werden und es fällt somit die Anwendung desselben von jenem
                              Untergebenen, der die Objecte gehörig zu verschließen hat, in die Kategorie
                              derselben strafbaren Handlungen, zu welchen das unbefugte Oeffnen gehört. Der
                              Diener, welcher den Schlüssel des Herrmann'schen
                              Schlosses abliefert, ohne das Object gehörig verschlossen zu haben, ist ebenso
                              schuldig wie jener, der einen Einbruch versuchte. Daher können wir den: Herrmann'schen Schlosse die Eigenschaft nicht absprechen,
                              daß es bei Ablieferung des Schlüssels im hohen Maaße die
                                 Beruhigung gibt, daß der Verschluß richtig erfolgte.
                           Was dessen Sicherheit gegen das unbefugte Oeffnen betrifft, so sehen wir in Fig. 10 bei
                              e' ein Eingerichte (Reifbesatzung), bei m eine Mittelbruchbesatzung; f ist die als Zuhaltung wirkende starke Feder, auf den Stift i gesteckt. Bei zugesperrtem Schlosse fällt die Spitze
                              derselben in die beim oberen Lappen e punktirt
                              angedeutete Vertiefung des Riegels und verhindert dessen Zurückschiebung. Auch ist
                              am Schloßdeckel ein Klötzchen angebracht, welches die Stelle einer zweiten
                              Reifbesatzung vertreten soll. Diese Mittel verleihen dem Schlosse gleiche
                              Sicherheit, wie sie anderen gut construirten Schlössern mit Eingerichten zukommt;
                              daß diese jedoch keine absolute, ist bekannt. Sobald man Gelegenheit findet, von
                              diesem Schlosse Abdrücke zu nehmen, ist das Oeffnen leicht, ja selbst mit
                              gewöhnlichem Sperrhaken durchaus nicht unmöglich.
                           Warum Herrmann die inneren Theile des Schlosses aus
                              Messing anfertigt, ist mir nicht erklärlich, denn mit so geringer Genauigkeit und
                              Mangel an Präcision hätte die Herstellung aus Eisen wahrlich keine besondere Mühe
                              gekostet. Außerdem ruft die Herstellung des Riegels aus Gußmessing manche Bedenken
                              bezüglich der Haltbarkeit hervor. Die beiden schwachen Lappen oder Riegelköpfe e müssen den Verschluß bewirken; zu ihrem Abbrechen
                              würde keine große Kraft erforderlich seyn und dürfte, wenn die Thüre nach innen sich öffnet, ein Fußtritt genügen, um dieselben zu
                              brechen.
                           
                           Nichts desto weniger können wir nicht umhin, der diesem Schlosse zu Grunde liegenden
                              Idee: eine Controle für den richtigen Verschluß zu
                                 bieten, unseren Beifall zu zollen.
                           Wir glauben aber, daß sich dieß einfacher und an jedem
                              gewöhnlichen eintourigen Anschlag- und
                              Einlaßschlosse erreichen lasse, wenn selbes nur von einer
                                 Seite gesperrt zu werden braucht. Der Methoden könnte es viele geben; wir
                              wollen hier nur eine, die uns einfach zu seyn scheint, in Kürze andeuten.
                           Fig. 13
                              stelle ein gewöhnliches eintouriges Schloß vor, r sey
                              der Riegel, z die Zuhaltung, f die auf selbe drückende Feder; bei s sey der
                              Schlüssel angedeutet.
                           Das Schloß ist in geöffnetem Zustande gezeichnet und der in demselben steckende
                              Schlüssel kann, wie bei Herrmann's Schloß, auch hier ohne
                              Kunstgriff nicht aus dem Schlosse gezogen werden. Dreht man den Schlüssel nach
                              rechts, so stößt er an die Klötzchen k; dreht man ihn
                              nach links, so stößt der Theil c des Bartes (Fig. 15) an
                              das Stängelchen oder Hinderniß h (Fig. 13 und 14). Erst wenn
                              h zurückgedrückt wird, bis der Ausschnitt i in jenen Kreis kommt, welchen e beschreibt, ist der weiteren Bewegung des Schlüssels kein Hinderniß im
                              Wege und er kann aus dem Schlosse entfernt werden. Der Ausschnitt i gelangt nur dann an die richtige
                                 Stelle, wenn die Thüre gehörig verschlossen wird, denn hierbei kommt der
                              Schloßstulpe p dicht an die Schließplatte l zu liegen, das Zäpfchen z
                              dringt durch den Ausschnitt des Schloßstulpes und drückt h soweit nöthig nach links, da die Feder f'
                              weit stärker als f'' ist. Die Feder f' ist erforderlich, da beim Zumachen der Thüre das
                              Zäpfchen z zurückweichen muß und erst bei richtiger Lage
                              von l und p zur Wirkung
                              gelangt. Allerdings ist es hier weit leichter möglich, als bei Herrmann's Schloß, den Schlüssel mittelst Zurückdrücken von h aus dem Schlosse zu ziehen, aber hier wie dort bleibt
                              dieß eben ein strafbarer Vorgang des Dieners und es kann hier wie dort nur durch
                              Böswilligkeit, nicht aber durch ein Uebersehen, bei
                              fehlendem Verschlusse der Schlüssel abgeliefert werden. Es erfüllt also bis zu einem
                              gewissen Grade auch diese einfachere Construction den Zweck der Controle.
                           Friedrich Kick.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
