| Titel: | Ueber die Analyse der Milch; von E. Millon und A. Commaille. | 
| Fundstelle: | Band 178, Jahrgang 1865, Nr. CXXIX., S. 456 | 
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                        CXXIX.
                        Ueber die Analyse der Milch; von E. Millon und A. Commaille.
                        Aus den Comptes rendus, 1864, t. LIX, p.
                              396.
                        Millon und Commaille, über die Analyse der Milch.
                        
                     
                        
                           Das analytische Verfahren im Allgemeinen. – Nach
                              unseren Erfahrungen ist es durchaus nothwendig, der zu untersuchenden Milch ein
                              bestimmtes Volum Wasser zuzusetzen; bei Nichtbeachtung dieser Vorsichtsmaßregel wird
                              die Abscheidung der Albuminoide eine langwierige, mühsame und oft ganz unausführbare
                              Operation. Man mißt demnach 20 Kub. Cent. Milch ab, verdünnt sie mit dem vierfachen
                              Volum Wasser, setzt dann fünf bis sechs Tropfen Essigsäure von 10°
                              Baumé hinzu und rührt tüchtig um, worauf sich sofort ein in der Flüssigkeit
                              frei schwimmendes Coagulum bildet.
                           Dieses Coagulum dient zur Bestimmung der Butter und des Caseins.
                           In der Flüssigkeit werden das Albumin und Lactoprotein, der Milchzucker und die Salze
                              bestimmt.
                           Man bringt das Coagulum auf ein Filter; die Flüssigkeit läuft rasch durch und wird
                              einstweilen bei Seite gestellt.
                           Das Coagulum wird auf dem Filter drei- oder viermal mit möglichst wenig
                              destillirtem Wasser ausgewaschen, damit letzteres nicht Spuren von Casein löst; dann
                              wäscht man mit verdünntem Weingeist von 40° am
                              Centesimal-Alkoholometer aus. Die Waschwässer werden nicht weiter beachtet,
                              sondern weggegossen. In Folge der Berührung mit dem Weingeist zieht sich das
                              Coagulum zusammen, so daß es sich von dem auseinander gebreiteten Filter ohne
                              Verlust abnehmen läßt.
                           
                        
                           Coagulum.
                           Butter und Casein. – Das vom Filter genommene
                              Coagulum wird in Löschpapier abgetrocknet, dann in wasserfreien Alkohol gebracht und
                              in demselben zerrieben; hernach kommt das Ganze auf ein Filter; die abgelaufene
                              Flüssigkeit wird durch Aether, der mit 1/10 seines Volums absolutem Alkohol gemischt
                              worden, ersetzt, und dieses Waschen mit alkoholhaltigem Aether wird so lange
                              fortgesetzt, als sich noch Fett löst. Die gänzliche Entfernung des letzteren erkennt
                              man daran, daß der außen am Trichterrohre sich hinaufziehende Aether verdunstet,
                              ohne die mindeste Spur von Fett zurückzulassen. Der Alkoholzusatz zum Aether
                              bezweckt, das zu rasche Durchlaufen des letzteren durch das Filter zu verhindern,
                              also seine Berührung mit dem Casein zu verlängern.
                           
                           Butter. – Die alkoholisch-ätherischen
                              Waschwässer werden in einer tarirten Glasschale vereinigt und im Wasserbade
                              abgedampft; die hierbei zurückbleibende Butter wird gewogen.
                           Casein. – Der durch den wasserfreien Alkohol und
                              den Aether nicht gelöste Rückstand besteht gänzlich aus dem Casein, welches in den
                              20 Kub. Cent. der durch die angewendete Essigsäure coagulirten Milch enthalten war.
                              Man erhitzt ihn zur Verdunstung des ihn befeuchtenden Aethers einige Minuten im
                              Wasserbade und erhält dadurch ein rein weißes, trockenes, pulverförmiges Casein,
                              dessen Gewicht sich ohne die geringste Schwierigkeit bestimmen läßt.
                           In der Kuhmilch haben wir bezüglich des Caseingehalts ungeachtet der verschiedenen
                              Racen und der verschiedenartigen Fütterung der Kühe keine bedeutenden Schwankungen
                              beobachtet; der Caseingehalt variirte nur zwischen 33,50 und 36,83 Grm. per Liter.
                           Jedenfalls ist das Casein derjenige Bestandtheil der Milch, dessen Menge in derselben
                              am constantesten ist, eine Thatsache, welche von Wichtigkeit wird, wenn man bedenkt,
                              mit wie großen Schwierigkeiten es verknüpft seyn würde, die Eigenschaften dieser
                              Substanz künstlich nachzuahmen und sie in der Milch durch irgend welche
                              betrügerische Zusätze zu ersetzen.
                           
                        
                           Molken.
                           Albumin, Lactoprotein, Milchzucker, Asche. – Die
                              vom Coagulum abfiltrirte Flüssigkeit wird in drei Portionen getheilt; in der ersten
                              wird das Albumin und Lactoprotein, in der zweiten der Milchzucker und in der dritten
                              die Asche bestimmt.
                           Albumin. – 35 bis 40 Kub. Cent, der verdünnten
                              Molken werden in einem kleinen Glaskolben unter fortwährendem Umschütteln –
                              um das Ansetzen des durch die Hitze coagulirten Albumins an die Wandungen zu
                              verhüten – zum Kochen erhitzt. Sobald die Flüssigkeit in's Sieden gekommen,
                              bringt man sie auf ein Filter und wäscht das coagulirte Albumin zunächst mit Wasser,
                              dann mit Alkohol, und zuletzt mit Aether aus; legt man darauf das Filter
                              auseinander, so läßt sich das Coagulum in einem zusammenhängenden Stücke abnehmen.
                              Man bringt dasselbe in ein tarirtes Uhrglas und trocknet es rasch im Wasserbade.
                           Bei Anwendung dieses Verfahrens fanden wir, daß Kuhmilch im Durchschnitt 5,25 Grm.
                              Albumin per Liter enthält; Ziegenmilch enthielt 6,43
                              Grm., Eselsmilch 11,83 Grm., Frauenmilch 0,88 Grm.
                           Lactoprotein. – Die durch Kochen vom Albumin
                              befreiten Molken werden mit dem vom Auswaschen des letzteren herrührenden Waschwasser vereinigt,
                              und diese Flüssigkeit wird mit zwei bis drei Tropfen einer Lösung von (salpetrige
                              Säure enthaltendem) salpetersaurem Quecksilber versetzt, welches mit Beobachtung der
                              von uns früher angegebenen VorsichtsmaßregelnPolytechn. Journal, 1850, Bd. CXVII S. 317. dargestellt worden. Indem sich die Proteinsubstanz mit einem Aequivalent
                              Quecksilberoxyd, HgO, verbindet, bildet sie einen Niederschlag, der sich in
                              überschüssigem Quecksilbersalz und selbst in überschüssiger Salpetersäure wieder
                              auflösen würde. Diese Verbindung wird auf einem Filter gesammelt, dann einmal mit
                              Wasser, welches durch 1 Proc. Salpetersäure schwach angesäuert worden, darauf mit
                              reinem Wasser so lange ausgewaschen, bis das ablaufende Wasser durch
                              Schwefelwasserstoff nicht mehr gefärbt wird, dann noch mit Alkohol und zuletzt mit
                              etwas Aether. Das Product trocknet dann sehr leicht; es wird gewogen und von der
                              gefundenen Gewichtsmenge werden 20 Proc. Quecksilberoxyd abgezogen; der Rest gibt
                              die Menge des Lactoproteins an.
                           Milchzucker. – In der zweiten Portion der Molken
                              bestimmt man den Gehalt an Milchzucker und zwar nach der Methode von Barreswil, welche jetzt allgemein angewendet wird.
                           Zur Bestimmung des Werthes der Kupferkalilösung verwendeten wir auf die Darstellung
                              und Reinigung des Milchzuckers die größte Sorgfalt. Sein Reductionsvermögen drücken
                              wir, auf die Resultate sehr zahlreicher Analysen uns stützend, durch die Zahl 137,5
                              aus; mit anderen Worten, wir nehmen an, daß 137,5 Th. Milchzucker genau dasselbe
                              Volum Barreswil'scher Flüssigkeit reduciren, wie 100 Thl.
                              Rohrzucker.
                           Sechs Analysen von Kuhmilch ergaben als durchschnittlichen Milchzuckergehalt
                              derselben 44,24 Grm. per Liter, mit Schwankungen
                              innerhalb der beiden Extreme 41,64 Grm. und 48,56 Grm.
                           Asche. – Die dritte Portion Molken muß etwa 25
                              Kub. Cent, betragen. Die Flüssigkeit wird in einer tarirten Platinschale zur Trockne
                              verdampft, und zwar das letzte Viertel derselben im Wasserbade. Sobald das Gewicht
                              des Rückstandes bei zwei unmittelbar hinter einander vorgenommenen Wägungen nicht
                              mehr schwankt, wird er über der Weingeistlampe mit doppeltem Luftzuge scharf
                              geglühet und so in Asche verwandelt. Dieses Verbrennen des Rückstandes hat, wenn
                              man, wie hier angegeben, verfährt, durchaus keine Schwierigkeit.
                           Wir untersuchten, ob etwa beim Casein und bei der Butter so viel Salze bleiben, daß
                              dieselben berücksichtigt werden müssen; beide Substanzen hinterlassen aber beim
                              Verbrennen keine wägbaren Mengen Salz.
                           
                           Es ist zu bemerken, daß der durch Abdampfen der Molken erhaltene Rückstand vor dem
                              Einäschern außer Albumin, Lactoprotein, Milchzucker und Salzen noch mehrere
                              organische Säuren enthält, deren Menge durch Differenz ermittelt werden kann, weil
                              alle übrigen Bestandtheile für sich bestimmt worden sind. Wir haben uns keine Mühe
                              gegeben, jene Säuren auf einem andern Wege zu bestimmen.
                           
                        
                           Riechstoffe der Milch.
                           Durch Schütteln frischer Milch mit ihrem drei- bis vierfachen Volum reinen
                              Schwefelkohlenstoffs erhielten wir ein merkwürdiges Resultat: der
                              Schwefelkohlenstoff schied sich beim ruhigen Stehen des Gemisches ab, ohne Butter
                              aufgelöst zu haben, wohingegen er eine aromatische Substanz aufgenommen hatte. Läßt
                              man ihn freiwillig verdunsten, so gibt er eine fast unwägbare Menge eines
                              salbenartigen Rückstandes, welcher das dem Futter des Thieres, von dem die Milch
                              herrührt, eigenthümliche Arom im höchsten Grade besitzt. Meistens ist es ein
                              liebliches Heuparfüm, zuweilen aber auch ein unangenehmer, von eckelhaft riechenden
                              Pflanzen herstammender, oder ein ranziger, von verdorbenem Futter herrührender
                              Geruch.
                           Nur die Kuhmilch zeigt dieses eigenthümliche Verhalten; bei Ziegenmilch z.B. läßt
                              sich ein Rückschluß auf die Natur des Futters nicht machen, denn der sehr geringe
                              Antheil, welchen diese Milch an Schwefelkohlenstoff abgibt, ist durchaus geruchlos,
                              wie wir wenigstens bisher stets gefunden haben.
                           
                        
                           Farbe der Milch.
                           Eine andere charakteristische Eigenschaft der Kuhmilch zeigt sich, wenn man aus
                              derselben im Lactobutyrometer die Butter abscheidet: das im Probirglase zur
                              Oberfläche aufsteigende Fett ist nämlich stets gelb oder gelblich gefärbt; wir haben
                              nur eine einzige Ausnahme von dieser Regel beobachtet, doch rührt dieß
                              möglicherweise von der Art der Fütterung her; ebenso constant haben wir gefunden,
                              daß die Ziegenmilch, Schafmilch, Frauenmilch und Eselsmilch eine vollkommen farblose
                              Butter geben.