| Titel: | Ueber die Verwerthung der Rückstände von der Chlorkalk- und der Sodafabrication; von E. Kopp in Zabern. | 
| Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XV., S. 48 | 
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                        XV.
                        Ueber die Verwerthung der Rückstände von der
                           Chlorkalk- und der Sodafabrication; von E. Kopp in Zabern.
                        Aus den Comptes rendus, 1865, t. LXI p.
                              560.
                        Kopp, über Verwerthung der Rückstände von der Chlorkalk- und
                           Sodafabrication.
                        
                     
                        
                           Die flüssigen, sauren Rückstände von der Darstellung des Chlorkalks werden, nachdem
                              sich die in ihnen suspendirten festen Substanzen abgesetzt haben, in Behälter
                              geleitet, und in diesen mit einer Quantität ausgelaugter Rückstände von der
                              Darstellung der Rohsoda versetzt, welche gerade hinreicht, das freie Chlor zu binden
                              und das Eisen- und Manganchlorid in Chlorüre zu verwandeln. Dadurch wird
                              Schwefel niedergeschlagen, und kann dann gesammelt werden, während sich gleichzeitig
                              eine geringe Menge Schwefelwasserstoff entwickelt, welcher in Eisenoxydhydrat
                              geleitet und von diesem absorbirt wird. Die entchlorte, aber immer noch saure
                              Flüssigkeit wird in besondere Apparate gepumpt und in denselben mit Sodarückständen
                              gesättigt; das dabei in großer Menge frei werdende Schwefelwasserstoffgas wird so
                              verbrannt, daß es sich entweder zu Wasser und freiem Schwefel, oder zu Wasser und
                              Schwefligsäuregas umsetzt. Die (der franz. Akademie eingereichte) ausführliche
                              Abhandlung Kopp's enthält eine eingehende Beschreibung
                              der Zersetzungs- und Verbrennungsapparate, sowie der bei diesen Operationen
                              stattfindenden Reactionen.
                           Eine Reihe von Analysen der Sodarückstände ergab als Resultat die Thatsache, daß der
                              Gehalt derselben an Schwefelcalcium zum vorhandenen Aetzkalk sich verhält = 2 CaS :
                              CaO, wie dieß schon vor längerer Zeit von Dumas angegeben
                              wurde, und nicht = 3 CaS : CaO, wie aus den späteren Arbeiten von Bodo Unger hervorzugehen scheint. Untersuchungen über die
                              Veränderungen, welche die ausgelaugten Sodarückstände an der Luft erleiden,
                              beweisen, daß das Schwefelcalcium sich zunächst in Calciumbisulfuret und Aetzkalk
                              spaltet, entsprechend der Gleichung:
                           2 (CaS) + O = CaO + CaS².
                           Dann verwandelt sich das Calciumbisulfuret in Folge von Oxydation in
                              unterschwefligsauren Kalk:
                           CaS² + 3 O = CaO, S²O²,
                           und dieses Salz wird beim Trocknen zu einem Gemenge von
                              schwefligsaurem Kalk und Schwefel:
                           CaO, S²O² = CaO, SO² + S.
                           
                           Das Schwefligsäuresalz aber oxydirt sich rasch und wird zu schwefelsaurem Kalk; der
                              freie Schwefel verwandelt eine neue Quantität Calciumsulfuret in lösliches
                              Bisulfuret, und selbst in Polysulfuret. Das in den Rückständen stets in mehr oder
                              weniger bedeutender Menge enthaltene Schwefelnatrium erleidet ähnliche Umwandlungen.
                              In Folge dieser Reactionen fließt aus den Haufen solcher Rückstände bei ihrer
                              Auslaugung durch Regenwasser eine gelbe oder orangefarbige, stark alkalische und
                              sehr schwefelhaltige Flüssigkeit, welche Calcium- und Natriumpolysulfurete
                              und unterschwefligsaures Natron, sowie unterschwefligsauren Kalk enthält.
                           Diese auf den Pflanzen- und Thierorganismus schädlich wirkende Flüssigkeit,
                              welche bis jetzt noch nie aufgesammelt und zu irgend einem Zwecke benutzt wurde,
                              läßt sich mit Vortheil auf Unterschwefligsäuresalze und freien Schwefel verwerthen,
                              indem man sie in dünnen Schichten der Sonnenwärme aussetzt und sich oxydiren läßt,
                              oder indem man sie mit Schwefligsäuregas behandelt; man kann sie aber auch zur
                              Fällung der neutralen Lösungen von Mangan- und Eisenchlorür benutzen, wodurch
                              man einen Niederschlag von mit Schwefelmetallen gemengtem Schwefel erhält, oder
                              einen Niederschlag von Polysulfureten, welche soviel Schwefel enthalten, daß sie in
                              Kiesöfen verbrannt und somit zur Fabrication von Schwefelsäure benutzt werden
                              können.
                           
                        
                           Bemerkungen zu der vorstehenden
                                 Mittheilung, von Pelouze.
                           Auf der Hütte Rhenania bei Stollberg werden die
                              Sodarückstände schon seit mehreren Jahren nach einem von Max Schaffner herrührenden Verfahren auf Schwefel benutzt.
                           Dieses Verfahren ist nur da anwendbar, wo die Salzsäure einen geringen Werth hat.
                           Die Rückstände werden der Einwirkung der Luft ausgesetzt; sie absorbiren aus
                              derselben Sauerstoff und erhitzen sich, indem unterschwefligsaurer Kalk und
                              Calciumpolysulfuret entstehen. Nach mehrwöchigem Liegen an freier Luft werden die
                              Rückstände einem systematischen Auslaugprocesse unterworfen, wobei man stark gelb
                              gefärbte Laugen von 10° bis 15° Baumé erhält, die mit Salzsäure
                              zersetzt werden. Dadurch entsteht ein reichlicher Niederschlag von Schwefel und
                              Gyps, welcher mit Wasser in einem Autoclav auf 110° bis 115° C.
                              erhitzt wird. Der Schwefel schmilzt, scheidet sich von den Kalksalzen ab und
                              krystallisirt im beinahe ganz reinen Zustande.
                           Auch das bei der Darstellung des Chlors zurückbleibende Manganchlorür, welches 6 bis 8 Proc. Salzsäure
                              enthält, kann zur Gewinnung des Schwefels aus den Sodarückständen angewendet
                              werden.
                           
                        
                           Bemerkungen von Dumas.
                           Kopp benutzt bei einem Theile seiner Fabricationsprocesse
                              die Flüssigkeiten vom Auslaugen der Sodarückstände, welche die unterschwefligsauren
                              Salze und Polysulfurete enthalten. Jeder Industrielle, der die Rückstände von der
                              Sodafabrication verwerthen will, muß so verfahren, weil der Schwefel sich in diesem
                              Auslaugwasser concentrirt und dasselbe den schädlichen Theil der Rückstände bildet,
                              daher die letzteren, wenn sie der Einwirkung der Luft und des Regens längere Zeit
                              ausgesetzt waren und dadurch ihre löslichen Theile abgegeben haben, ganz unschädlich
                              sind.
                           Indessen verfährt Kopp anders als Schaffner.
                           1) Er behandelt die Rückstände von der Darstellung des Chlors mit einer Quantität von
                              Sodarückständen, welche gerade hinreicht um sie zu entchloren und das Eisenchlorid
                              zu Chlorür zu reduciren. Dabei scheidet sich Schwefel aus.
                           2) Die entchlorten, aber noch sauren Rückstände werden mit der genügenden Menge
                              Sodarückstände behandelt; dabei entwickelt sich Kohlensäure und Schwefelwasserstoff.
                              Diese Gase werden in feuchte Sodarückstände geleitet, welche die Kohlensäure daraus
                              absorbiren und dafür eine entsprechende Menge Schwefelwasserstoff abgeben. Letztere
                              vereinigt sich mit dem aus dem Gemenge beider Arten von Rückständen entwickelten
                              Schwefelwasserstoffgase, während neutrale Chlorverbindungen von Mangan, Eisen etc.
                              zurückbleiben.
                           Dieses Schwefelwasserstoffgas kann durch Verbrennen auf Schwefligsäure verarbeitet
                              und diese kann entweder zur Darstellung von Schwefelsäure oder zur Gewinnung von
                              schwefligsauren Salzen etc. angewendet werden.
                           3) Die an der Luft sich selbst überlassenen und einer fast spontanen Auslaugung
                              unterworfenen Sodarückstände liefern eine gelbe, Bisulfurete und unterschwefligsaure
                              Salze enthaltende Lauge, welche entweder zur Zersetzung der neutralen Mangan-
                              und Eisenchlorüre, oder zur Absorption der bei dem vorhergehenden Processe erzeugten
                              Schwefligsäure, oder endlich zur Darstellung von unterschwefligsaurem Natron und
                              unterschwefligsaurem Kalk mittelst der an freier Luft stattfindenden spontanen
                              Oxydation verwendet werden kann.
                           Demnach verwerthet auch Kopp, gleich Schaffner, das von den Haufen der Sodarückstände ablaufende Wasser; allein
                              er verwerthet es in einer anderen Weise.
                           
                           Kopp bemerkt, daß nach seinen zahlreichen Analysen die
                              Sodarückstände Kalk und Schwefelcalcium in dem Verhältnisse CaO : 2 CaS enthalten,
                              daß also dieses Resultat die von mir vor längerer Zeit aufgestellte Theorie der
                              Sodabildung bestätige, deren Richtigkeit in neuerer Zeit bestritten wurde.