| Titel: | Zur Bestimmung der Gerbsäure in gerbsäurehaltigen Materialien; von Dr. W. Hallwachs in Darmstadt. | 
| Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XVII., S. 53 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XVII.
                        Zur Bestimmung der Gerbsäure in gerbsäurehaltigen
                           Materialien; von Dr. W.
                              Hallwachs in Darmstadt.
                        Aus dem Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, 1865,
                              Nr. 51 u. 52.
                        Hallwachs, über Bestimmung der Gerbsäure in gerbsäurehaltigen
                           Materialien.
                        
                     
                        
                           Die Wichtigkeit, den Werth der gerbsäurehaltigen Materialien, dieser in der Technik
                              in so bedeutendem Maaße zur Anwendung kommenden Stoffe, leicht und möglichst scharf
                              bestimmen zu können, hat viele Methoden, welche den genannten Zweck erreichen
                              sollen, hervorgerufen.
                           
                           Als dem Verfasser von Seiten der großherzoglich hessischen Oberforst- und
                              Domänendirection der Auftrag wurde, eine Reihe von Eichenrinden einer Untersuchung
                              auf ihren Gehalt an Gerbsäure zu unterwerfen, mußte er sich für Anwendung einer
                              jener zahlreichen Methoden entscheiden. Um dabei sicher zu gehen, sah er sich
                              veranlaßt, die hauptsächlichsten derselben einer experimentellen Prüfung zu
                              unterziehen. Als etwa die Hälfte seiner Arbeit vollendet war, erschien eine
                              Abhandlung voll F. Gauhe (Zeitschrift für analytische
                              Chemie, Bd. III S. 122), welcher sich die Prüfung desselben Gegenstandes zur Aufgabe
                              gesetzt hatte. Der Verfasser hat indessen nicht geglaubt, seine Untersuchungen
                              unterbrechen zu dürfen; die Resultate, welche er dabei erhielt, weichen theils von
                              denen Gauhe's ab, theils bestätigen sie dieselben, und
                              mögen so dazu dienen, die ganze Frage noch vollständiger zu beleuchten.
                           Die älteste, von Fehling angegebene volumetrische
                              MethodePolytechn. Journal Bd. CXXX S.
                                       53. beruht auf der Ausfällung des Gerbstoffes in der Kälte mit einer Lösung von
                              bekanntem Gehalt an weißem Knochenleim. G. Müller hat
                              sich später durch viele Versuche überzeugt, daß eine genaue Bestimmung des
                              Gerbstoffes mit Hülfe jener Methode nicht erreicht werden kann, weil das gebildete
                              Leimtannat sich niemals so entschieden scharf ausscheidet, daß die über demselben
                              stehende Flüssigkeit völlig klar erscheint, somit also der Punkt, wenn gerade
                              hinreichend Leimlösung zugesetzt ist, nicht genau beobachtet werden kann. Eine
                              raschere und vollständigere Klärung der über dem Niederschlag befindlichen
                              Flüssigkeit wurde aber erreicht durch Zusatz von 1/4 vom Gewichte des Leims an Alaun
                              zur Leimlösung. Zur Ausführung wird der durch wiederholtes Auskochen von 50 bis 100
                              Grm. des zu untersuchenden Materials erhaltenen Lösung der extrahirte Rückstand
                              zugesetzt und nun so lange von der gewogenen titrirten Leimlösung zugetröpfelt, als
                              noch eine Fällung stattfindet. Man wiegt alsdann wieder die Leimlösung und berechnet
                              aus dem Gewichtsverluste den Gerbsäuregehalt der Substanz.
                           Zur Prüfung dieser Methode wurden 10 Grm. weißen Knochenleims in destillirtem Wasser
                              eingeweicht, nach dem Aufquellen durch gelindes Erwärmen gelöst, 2,5 Grm. Alaun
                              zugefügt und das Ganze mit Wasser auf 1 Liter verdünnt. 0,2 Grm. trockene
                              Galläpfelgerbsäure bedurften 22,7 Kubikcentimeter dieser Lösung zur vollständigen
                              Fällung. 1 Kubikcentimeter der Leimlösung entsprach somit 0,0088 Grm. Gerbsäure.
                           
                           Die weiter unten gegebenen Resultate einer Anzahl von Bestimmungen, welche nach
                              dieser Methode ausgeführt wurden, sind erst nach einer großen Menge von Versuchen
                              erhalten worden. Das Verfahren, scheinbar so einfach in seiner Ausführung, bietet
                              die größten Schwierigkeiten dar. Manipulirt man in der von Müller angegebenen Weise, so erhält man stets viel zu hohe Werthe, weil
                              sich das Ende der Bestimmung durchaus nicht genau erkennen läßt.
                           Um möglichst genaue Resultate zu gewinnen, empfiehlt es sich, das Verfahren in der
                              folgenden Weise zu modificiren. Die zerkleinerten Substanzen werden mehrmals mit
                              Wasser ausgekocht (schon nach drei- bis viermaligem Auskochen gibt die
                              Flüssigkeit mit Leimlösung geprüft keine Reaction mehr auf Gerbsäure), die
                              erhaltenen Lösungen filtrirt, dann auf bestimmtes Volum (hier 500 Kubikcentimeter)
                              gebracht, wovon dann abgemessene Mengen zur Probe verwendet werden. Man läßt nun die
                              Leimlösung aus einer Bürette in die beständig umzurührende Probeflüssigkeil
                              einfließen. Das Rühren geschieht mittelst eines an beiden Enden offenen
                              Glasröhrchens, welches man auch dazu benutzt, um von Zeit zu Zeit eine Probe der
                              über dem abgeschiedenen Leimtannat befindlichen Lösung abzuheben und auf ein kleines
                              Filterchen zu bringen, das, ohne Trichter, auf ein Reagensröhrchen gesteckt wird.
                              Das Filterchen wird nach der Filtration in die Masse der Lösung geworfen. In das die
                              filtrirte Lösung enthaltende, schräge gehaltene Röhrchen läßt man aus der Bürette
                              einen Tropfen Leimlösung so eintreten, daß derselbe oben etwas verweilt, worauf man
                              denselben mit destillirtem Wasser vorsichtig und langsam zur unteren Flüssigkeit
                              hinspült. Ist noch nicht aller Gerbstoff gefällt, so bringen die ersten
                              einfließenden Theilchen der nun verdünnten Leimlösung eine mehr oder minder starke
                              Trübung hervor. Läßt man direct die concentrirte Leimlösung eintröpfeln, so
                              entstehen beim Eintreten der dicken, niemals völlig klaren Flüssigkeit sehr leicht
                              Täuschungen über das Ende der Reaction. Gibt nun Leimlösung noch Trübung, so spült
                              man aus dem Röhrchen Alles wieder zur Hauptflüssigkeit und fährt mit dem Zurühren
                              der titrirten Leimlösung langsam fort, bis in den herausgenommenen filtrirten
                              Pröbchen weder durch verdünnte Leimlösung noch durch eine Lösung von Gerbsäure eine
                              Trübung hervorgebracht wird. Es ist nicht nöthig, hier des Näheren zu erörtern, daß
                              man bei der ersten Probe von 5 zu 5 Kubikcentimeter Leimlösung zubringt und erst bei
                              dem zweiten oder dritten Versuche die genauere Titration folgen läßt.
                           Es ist aus dem Vorigen leicht ersichtlich, daß die Methode als eine sehr umständliche
                              bezeichnet werden muh. Eine einzige Titration nimmt unter Umständen mehrere Stunden
                              in Anspruch; nach einiger Zeit muß außerdem der sich ziemlich rasch ändernde
                              Wirkungswerth der Leimlösung wieder festgestellt werden. Die Anwendung von
                              Hausenblase statt des Leimes, wie sie von Lipowitz
                              vorgeschlagen wurde, hat lediglich den Vortheil, daß man mit einer farblosen klaren
                              Lösung arbeitet, wodurch indessen die auf eine Bestimmung zu verwendende Zeit nicht
                              wesentlich abgekürzt wird.
                           Wenn es wohl zugegeben werden kann, daß mit Hülfe der besprochenen Methode brauchbare
                              Resultate zu erhalten sind, so scheint sie dem Verfasser doch der großen Mühe
                              halber, welche sie beansprucht, besonders dann, wenn viele Bestimmungen neben
                              einander zu machen sind, nicht gerade die empfehlenswertheste zu seyn.
                           Mit der, wie oben angegeben, hergestellten Leimlösung wurden die folgenden
                              Bestimmungen ausgeführt.
                           1) 10 Grm. Eichenrinde (A) wurden mit Wasser erschöpft
                              und der Auszug auf 500 Kubikcentimeter gebracht. Je 250 Kub.-Cent. brauchten
                              zur Fällung 34,9 Kub.-Cent. und 35,2 Kub.-Cent. der Leimlösung,
                              wornach die Rinde 6,16 Proc. Gerbstoff enthielt.
                           2) 10 Grm. von Rinde B, in gleicher Weise behandelt. 250
                              K.-C. gebrauchten 35,0 Kub.-Cent. und 34,5 Kub.-Cent.
                              Leimlösung, entsprechend 6,11 Proc. Gerbstoff.
                           3) 10 Grm. von Rinde I. auf 500 Kub.-Cent. extrahirt. 250 K.-C.
                              gebrauchten 78,2 und 78,6 Leimlösung = 13,8 Proc. Gerbstoff.
                           4) 10 Grm. von Rinde II. auf 500 Kub.-Cent. extrahirt. 250 K.-C.
                              brauchten 55,3 Kub.-Cent. und 54,9 Kub.-Cent. = 9,74 Proc.
                              Gerbstoff.
                           5) 10 Grm. von Rinde III. auf 500 K.-C. extrahirt. 250 K.-C.
                              gebrauchten 52,8 Kub.-Cent. und 52,4 Kub.-Cent. = 9,25 Proc.
                              Gerbstoff.
                           6) 10 Grm. von Rinde IV. auf 500 K.-C. extrahirt. 250 K.-C. gebrauchten
                              50,3 und 51 Kub.-Cent. = 8,9 Proc. Gerbstoff.
                           Monier hat im Jahre 1858 vorgeschlagenPolytechn. Journal Bd. CXLVIII. S.
                                       209., die Gerbsäure volumetrisch, mittelst übermangansauren Kalis (mineralischen
                              Chamäleons) zu bestimmen. Die Methode hat sich wegen der völligen Unsicherheit in
                              der Beurtheilung des Endes der Operation als nicht anwendbar erwiesen. Löwenthal
                              Polytechn. Journal Bd. CLIX S.
                                       143. stellte sich später die Aufgabe, die vorstehende Methode brauchbar zu
                              machen; einmal durch Aufsuchung eines Indicators, mit dessen Hülfe das Ende der
                              Reaction leicht und genau zu erkennen ist, sowie durch Ermittelung des Umstandes, ob bei
                              Anwendung dieses Indicators die Operation so zu leiten sey, daß immer nur eine und
                              dieselbe Oxydation eintrete, wodurch ja allein die Brauchbarkeit der Methode bedingt
                              wird. Das Mittel fand Löwenthal in der Anwendung des
                              reinen schwefelsauren Indigos für sich oder in seiner Verbindung mit Basen
                              (Indigocarmin). Eine solche Indigolösung von bekanntem Gehalt wird mit einer
                              bestimmten Menge der zu untersuchenden Gerbstofflösung gemischt und diese
                              Flüssigkeit nach dem Ansäuern durch eine Lösung von übermangansaurem Kali (oder auch
                              Chlorkalk) bis zum Verschwinden der blauen Farbe titrirt, worauf sich nach Abzug des
                              zur Zerstörung des Indigoblaues verbrauchten Oxydationsmittels der genaue Titer des
                              Gerbstoffes ergibt. Indigo und Gerbstoff werden also nach Löwenthal's Annahme gleichzeitig oxydirt, mit der letzten Spur des
                              ersteren ist auch der letztere völlig zerstört.
                           Vor Anwendung der Löwenthal'schen Methode zur Prüfung der
                              Rinden hat der Verf. sich darüber zu verlässigen gesucht, ob je nach der Verdünnung
                              der zu untersuchenden Lösungen mehr oder weniger des Oxydationsmittels verbraucht
                              würde, oder ob, wie Löwenthal angibt, wenn einmal ein
                              gewisser Grad der Verdünnung erreicht worden, eine weitere Verdünnung von keinem
                              Einfluß mehr, auf das Resultat ist. Die folgende Tabelle beweist die Richtigkeit der
                              Löwenthal'schen Angabe.
                           
                              
                                 Indigocarminlösung aus30 Grm.
                                    Indigocarminzu 1 Liter
                                 Wasser
                                 Verbrauchte Lösungvon
                                    übermangansauremKali
                                 
                              
                                 5
                                 Kubik-Centim.
                                 10
                                 Kubikcentim.
                                 5,7
                                 Kubikcentim.
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 10
                                 „
                                 5,6
                                 „
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 10
                                 „
                                 5,6
                                 „
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 100
                                 „
                                 5,1
                                 „
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 100
                                 „
                                 5,1
                                 „
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 200
                                 „
                                 5,0
                                 „
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 200
                                 „
                                 5,1
                                 „
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 500
                                 „
                                 5,1
                                 „
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 500
                                 „
                                 5,1
                                 „
                                 
                              
                                 10
                                 „
                                 500
                                 „
                                 10,3
                                 „
                                 
                              
                                 5
                                 „
                                 1000
                                 „
                                 5,0
                                 „
                                 
                              
                                 10
                                 „
                                 1000
                                 „
                                 10,2
                                 „
                                 
                              
                           Die Lösung des übermangansauren Kalis wurde nun auf eine Gerbsäurelösung, welche 2,73
                              Grm. reinster Gerbsäure im Liter enthielt, gestellt. 10 Kub.-Cent.
                              Indigölösung, 5 Kub.-Cent. der
                           Gerbsäurelösung gemischt,
                              mit Schwefelsäure angesäuert, bedurften zur Oxydation im Mittel aus vier Versuchen
                              19,83 Kub.-Cent, übermangansaures Kali. Die 10 Kub.-Cent. Indigolösung
                              nahmen zur Oxydation 10,2 Kub.-C. übermangansaures Kali in Anspruch, also
                              blieben zur Oxydation der 5 Kub.-Cent. Gerbsäurelösung 9,63 Kub.-Cent.
                              übermangansaures Kali. 100 Kub.-Cent. des letzteren entsprachen somit 0,1417
                              Grm. Gerbsäure.
                           Es wurden jedes Mal 20 Grm. der Rinden mit Wasser erschöpft, die filtrirte Lösung auf
                              1 Liter gebracht und davon alsdann die entsprechenden Mengen zur Prüfung abgemessen.
                              Die Titration wurde als beendigt betrachtet, wenn die Flüssigkeit die geringste Spur
                              eines grünlichen Schimmers verloren hatte. Nach einiger Uebung ist dieser Punkt
                              leicht zu treffen. Rein hellgelb hat der Verfasser die Lösungen nach beendigtem
                              Versuche indessen niemals gefunden, es zeigten dieselben stets einen leichten Stich
                              in's Rothgelbe.
                           Rinde I. 10 Kub.-Cent. des Rindenauszugs, 10 Kub.-Cent. Indigolösung,
                              500 Kub.-Cent. Wasser, angesäuert, bedurften im Mittel aus vier Versuchen
                              28,9 Kub.-Cent. übermangansaures Kali. Nach Abzug von 10,2 Kub.-Cent.
                              für Indigo bleiben 18,7 Kub.-Cent. übermangansaures Kali = 13,24 Proc.
                              Gerbstoff.
                           Rinde II. Gleiche Verhältnisse. Verbraucht übermangansaures Kali 23,4
                              Kub.-Cent., – 10,2 für Indigo = 13,2 Kub.-Cent., entsprechend
                              9,35 Proc. Gerbstoff.
                           Rinde III. Gleiche Verhältnisse. 23,3 Kub.-Cent. übermangansaures Kali, 10,2
                              ab für Indigo = 13,1 Kub.-Cent. = 9,28 Proc. Gerbstoff.
                           Rinde IV. Gleiche Verhältnisse. 22,3 Kub.-Cent. übermangansaures Kali, 10,2 ab
                              für Indigo = 12,1 Kub.-Cent. = 8,57 Proc. Gerbstoff.
                           Beim Auskochen der Rinden gehen außer der Gerbsäure selbstverständlich auch andere
                              organische Substanzen in Lösung, welche immerhin einen Theil des Oxydationsmittels
                              für sich in Anspruch nehmen werden. Die Menge ist jedenfalls nur gering, es schien
                              dem Verfasser aber doch von Interesse, zu untersuchen, ob dieselbe in Flüssigkeiten,
                              welche durch verschiedene Zeiten lang andauerndes Auskochen der Rinden erhalten
                              waren, verschieden sey. Dieß ist nicht der Fall. Die alle Gerbsäure des Materials
                              enthaltenden Rindenauszüge, welche bei 1- bis 2- und 3stündigem Kochen
                              mit gleichen Wassermengen erhalten wurden, verbrauchten (nach dem Versetzen mit der
                              gleichen Indigomenge) stets dieselben Mengen übermangansauren Kalis.
                           Die eben beschriebene Methode hält der Verf. für sehr empfehlenswürdig, sie führt äußerst rasch zu einem
                              sehr befriedigenden Resultate. Wenn auch die gleich zu besprechende Hammer'sche Methode als noch schärfere Resultate ergebend
                              betrachtet werden muß, so hat sie doch den Nachtheil langsamerer Ausführbarkeit.
                              Sind einmal die Lösungen bereit, so können mittelst des Löwenthal'schen Verfahrens Reihen von Versuchen in einem Tage ausgeführt
                              werden.
                           C. Hammer
                              Polytechn. Journal Bd. CLIX S.
                                       300. bestimmt die Gerbsäure in einer auch andere Substanzen enthaltenden Lösung,
                              indem er das specifische Gewicht dieser Lösung ermittelt, den Gerbsäuregehalt ohne
                              sonstige Veränderung der Flüssigkeit entfernt und dann das specifische Gewicht
                              nochmals bestimmt. Die Abnahme des specifischen Gewichts ist proportional dem
                              Gerbsäuregehalt.
                           Zur Ausführung wird die gerbstoffhaltige Substanz mit heißem Wasser vollständig
                              erschöpft, wobei jedoch Sorge zu tragen ist, daß man eine nicht zu verdünnte Lösung
                              erhält. Man nimmt passend 20 bis 30 Grm. der Substanz in Arbeit, wovon man 200 bis
                              350 Grm. Lösung (dieselbe wird gewogen) erhält. Der einfachen Rechnung halber bringt
                              man das Gewicht der Flüssigkeit durch Zusatz von Wasser auf eine runde Zahl von
                              Grammen, mischt alsdann die Lösung gleichförmig und bestimmt ihr specifisches
                              Gewicht mit dem Pyknometer oder Aräometer. Nun wiegt man eine passende Menge von der
                              Flüssigkeit ab, setzt die vierfache Menge des aus dem gefundenen specifischen
                              Gewichte für die abgewogene Flüssigkeitsmenge berechneten Gerbstoffes an Hautpulver
                              (nach dem annähernden Wägen in Wasser eingeweicht und in einem leinenen Tuche
                              zwischen den Händen gut ausgepreßt) zu und schüttelt damit stark einige Zeit
                              hindurch. Man filtrirt jetzt die vom Gerbstoff befreite Lösung und bestimmt wiederum
                              das specifische Gewicht.
                           Bei Anwendung eines sogenannten Gerbstoffaräometers, welches die specifischen
                              Gewichte von 0 bis 1,0409 umfaßt, dessen Scala aber statt der specifischen Gewichte
                              die denselben entsprechenden Gerbstoffprocente angibt, bezeichnet die Differenz der
                              beiden Ablesungen unmittelbar den Gerbstoffgehalt der untersuchten Lösung. Gab das
                              Aräometer das specifische Gewicht an, oder war dieß mit dem Pyknometer bestimmt
                              worden, so addirt man zu der Differenz der specifischen Gewichte die Zahl 1 und
                              sucht für die so erhaltene Zahl den entsprechenden Procentgehalt an Gerbstoff in der
                              gleich folgenden Tabelle. Der Gerbsäuregehalt der untersuchten Menge der zu
                              prüfenden Substanz läßt sich nun leicht berechnen. Hammer bestimmte die
                              specifischen Gewichte reiner Gerbstofflösungen bei 15° C. und fand folgende
                              Werthe:
                           
                              
                                 Procente an reiner Gerbsäure
                                 Specifische Gewichte bei 15° C.
                                 
                              
                                   1
                                 1,0040
                                 
                              
                                   2
                                 1,0080
                                 
                              
                                   3
                                 1,0120
                                 
                              
                                   4
                                 1,0160
                                 
                              
                                   5
                                 1,0201
                                 
                              
                                   6
                                 1,0242
                                 
                              
                                   7
                                 1,0283
                                 
                              
                                   8
                                 1,0325
                                 
                              
                                   9
                                 1,0367
                                 
                              
                                 10
                                 1,0409
                                 
                              
                           Ehe der Verfasser zur Untersuchung der Rindenauszüge selbst schritt, wurden die
                              folgenden Versuche ausgeführt, welche ihm zur Prüfung der Methode nothwendig
                              erschienen.
                           1 Grm. reinster Gerbsäure wurde in 100 Grm. destillirtem Wasser gelöst, das
                              specifische Gewicht der Lösung bestimmt und genau nach Hammer's Angabe zu 1,0040 gefunden. Die Gerbsäure wurde nun durch
                              Schütteln mit der vierfachen Menge Hautpulver entfernt und dann das specifische
                              Gewicht = 1,000 gefunden. Also:
                           
                              
                                 specifisches
                                 Gewicht
                                 Gerbsäurelösung
                                 = 1,0040
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 der mit Haut behandelten Flüssigkeit
                                 = 1,0000
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 Differenz
                                 = 0,0040
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 + 1
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                    1,0040
                                 
                              
                           = 1 Proc. Gerbsäure.
                           Man hat die Behauptung aufgestellt, die Methode gäbe zu niedere Resultate, wie sich
                              dieß schon bei Versuchen mit Gerbsäurelösungen erweise. Dagegen bemerkt der Verf.,
                              daß bei Anwendung wirklich reiner Gerbsäure richtige, bei der des Tannins der
                              Apotheken zu niedere Zahlen erhalten werden. Der folgende Versuch zeigt dieß
                              deutlich.
                           Mit sogenanntem reinen Tannin wurde eine 1 procentige Lösung hergestellt. Dieselbe
                              ergab ein specifisches Gewicht von 1,003966; das nach dem Behandeln mit Haut
                              erhaltene Filtrat hatte das specifische Gewicht 1,00015. Die Differenz der beiden
                              Zahlen + 1 ist = 1,003816, entsprechend einem Procentgehalt an Gerbsäure von
                              0,954.
                           Die bei Untersuchung der Rinden erhaltenen Zahlen läßt der Verf. nun folgen.
                           
                           Bei den folgenden Angaben bedeutet a das specifische
                              Gewicht der Flüssigkeit vor dem Hautzusatz, b das
                              specifische Gewicht derselben nach dem Behandeln mit Hautpulver.
                           Rinde I. 30 Grm. Rinde zu 300 Grm. Auszug. a = 1,0088,
                              b = 1,0036, Differenz = 0,0052 + 1 = 1,0052 = 13
                              Procent Gerbsäure.
                           Rinde II. 30 Grm. Rinde zu 300 Grm. Auszug. a = 1,0058,
                              b = 1,0022, Differenz = 0,0036 + 1 = 1,0036 = 9
                              Procent Gerbsäure.
                           Rinde III. 20 Grm. Rinde zu 405 Grm. Auszug. a = 1,0042,
                              b = 1,0016, Differenz = 0,0026 + 1 = 1,0026 = 8,77
                              Proc. Gerbsäure.
                           Rinde IV. 30 Grm. Rinde zu 400 Grm. Auszug. a = 1,0047,
                              b = 1,0023, Differenz = 0,0024 + 1 = 1,0024 = 8
                              Procent Gerbsäure.
                           Rinden A und B gaben das
                              gleiche Resultat. 30 Grm. derselben zu 450 Auszug. a =
                              1,0031, b = 1,0017, Differenz = 0,0014 + 1 = 1,0014 =
                              5,25 Proc. Gerbsäure.
                           Diese vorzügliche Methode ergibt Zahlen, welche der Verfasser als die richtigsten,
                              d.h. den wahren Verhältnissen am nächsten kommend, betrachtet. Ob sie als absolut
                              richtig anzusehen sind, die Beantwortung dieser Frage fällt mit der noch ungelösten
                              Frage über die Gleichartigkeit der Gerbsäure der Galläpfel mit der Eichengerbsäure
                              zusammen. Der Verf. glaubt, daß die Bestimmungen des Gehaltes
                                 gerbsäurehaltender Materialien mittelst dieser Methode von den betreffenden
                                 Technikern leicht ausgeführt werden können.
                           H. Fleck hat ein Verfahren angegeben, welches sich darauf
                              gründet, daß Gerbsäure aus ihren Lösungen vollständig durch neutrales essigsaures
                              Kupferoxyd abgeschieden wird. Die gerbsäurehaltende Flüssigkeit wird mit einer
                              titrirten Lösung von essigsaurem Kupferoxyd gefällt und das überschüssige Kupferoxyd
                              durch Titration mit Cyankalium bestimmt. Diese letztere Titrirung läßt sich bei den
                              gefärbten Eichenrindenauszügen wegen der bedeutenden Unsicherheit in der Erkennung
                              der Endreaction nicht anwenden. Sackur (Gerberzeitung,
                              1860, Bd. XXXI S. 32), wie auch E. Wolff (Kritische
                              Blätter für Forst- und Jagdwissenschaft, 1861, Bd. XLIV S. 167) haben daher
                              vorgeschlagen, den ausgewaschenen Niederschlag von gerbsaurem Kupferoxyd durch
                              Glühen an der Luft in Kupferoxyd zu verwandeln und aus dessen Menge die Gerbsäure zu
                              berechnen. Nach einer großen Reihe von sorgfältigen Analysen, welche E. Wolff ausgeführt, verhielt sich in dem Niederschlage die Menge des
                              Kupferoxydes zu der Gerbsäure wie 1 : 1,304. Der Verf. hat dieß Verhältniß als
                              richtig angenommen und auch im Uebrigen nach Wolff's
                              Angaben gearbeitet. 1 Grm. der zerkleinerten Rinden wurde mit 300 Kubikcentim.
                              Wasser ausgekocht, die filtrirte Lösung mit 15 Kubikcentim. einer Lösung von
                              neutralem essigsauren Kupferoxyd (0,211 Grm. Kupferoxyd enthaltend) heiß gefällt,
                              der Niederschlag rasch abfiltrirt und mit kochendem Wasser ausgewaschen. Der
                              getrocknete Niederschlag wurde geglüht, mit Salpetersäure befeuchtet, nochmals
                              geglüht und gewogen.
                           
                              
                                 Rinde I.
                                 enthielt
                                 so
                                 geprüft
                                 12,1 Proc.
                                 Gerbsäure,
                                 
                              
                                 „    II.
                                 „
                                 „
                                 „
                                   8,48  „
                                 „
                                 
                              
                                 „   III.
                                 „
                                 „
                                 „
                                   8,15  „
                                 „
                                 
                              
                                 „   IV.
                                 „
                                 „
                                 „
                                   7,48  „
                                 „
                                 
                              
                           Die Ausführung ist ziemlich zeitraubend, und, wie aus den vorstehenden Zahlen
                              erhellt, fielen die Werthe etwas zu niedrig aus. Für die Technik ist die Probe
                              indessen jedenfalls brauchbar.
                           Vor kurzer Zeit ist von Mittenzwey
                              Polytechn. Journal Bd. CLXXIII S.
                                       294. ein Verfahren zur Bestimmung der Gerbsäure bekannt gegeben worden, welches
                              auf deren Eigenschaft beruht, in alkalischen Lösungen den Sauerstoff der Luft zu
                              absorbiren. Man bedient sich zur Ausführung einer etwa 1 1/2 Liter fassenden
                              Flasche, deren Luftinhalt mit der Atmosphäre durch in dem Kork angebrachte,
                              gebogene, an einer Stelle außerhalb der Flasche durch Kautschuk verbundene
                              Glasröhren communicirt. Die Kautschukverbindung kann mittelst eines Quetschhahnes
                              verschlossen werden. In der Flasche werden 150 bis 250 Kubikcentim. der
                              absorbirenden 3- bis 5procentigen Kali- oder Natronlauge unter
                              gewissen Cautelen mit der gerbsäurehaltenden Substanz zusammengebracht und nach dem
                              raschen Verschließen längere Zeit heftig geschüttelt, um die Absorption des in der
                              Flasche befindlichen Sauerstoffs zu beschleunigen. Darauf läßt man aus einem mit
                              Wasser gefüllten und gewogenen Becherglase, nach dem Oeffnen des Quetschhahnes,
                              Wasser in die Flasche eintreten (einsaugen), wobei die Flüssigkeit des Glases und
                              die der Flasche in gleichem Niveau stehen müssen. Es wird der Hahn nun wieder
                              geschlossen, abermals geschüttelt, wieder Wasser einsaugen lassen, und dieß
                              abwechselnd so lange wiederholt, bis kein Wasser mehr in die Flasche steigt. Die
                              Gewichtsdifferenz (in Grammen) der ersten und letzten Wägung des Becherglases gibt direct das
                              Volum des absorbirten Sauerstoffes in Kubikcentimetern.Daß man, statt das Wasser zu wiegen, sich auch eines graduirten Gefäßes,
                                    welches die Ablesung der verbrauchten Kubikcentimeter Wasser gestattet,
                                    bedienen kann, leuchtet ein.
                              
                           Die Temperatur aller in Betracht kommenden Flüssigkeiten muß genau die des
                              Arbeitslocales seyn. Beim Schütteln ist durch Umlegen eines Tuches um die Flasche
                              jede Temperaturerhöhung durch die Handwärme zu vermeiden. Um stets die Temperatur im
                              Innern der Flasche mit der Lufttemperatur vergleichen zu können, senkt man neben der
                              Einflußröhre durch den Kork ein Thermometer dicht ein.
                           1 Grm. reinster Gerbsäure wurde in ein Stück Fließpapier eingeschlagen, zu der in der
                              Absorptionsflasche befindlichen Lauge gebracht, die Flasche geschlossen u.s.f. bis
                              zur beendigten Absorption. Verbraucht waren (bei 20°) bei drei Versuchen
                              176,8 Kubikcentim., 177 Kubikcentimeter und 175,79 Kubikcentimeter Wasser.
                           1 Grm. Gerbsäure absorbirt demnach (im Mittel aus den drei Versuchen) in kalischer
                              Lösung 176,5 Kubikcentimeter Sauerstoff. Mittenzwey hat
                              dafür die Zahl 175 gefunden.
                           1 Grm. des käuflichen Tannins gebrauchte bei drei wie oben angestellten Versuchen
                              166,9–166–167,1 Kubikcentim., im Mittel 166,6 Kubikcentim. Sauerstoff.
                              Es enthielt das Tannin demnach (mit Zugrundelegung der von dem Verf. gefundenen Zahl
                              für reinste Gerbsäure berechnet) 0,9439 Proc. reine Gerbsäure.
                           Bei der Untersuchung der Rinden wurden je 30 Grm. mit Wasser ausgekocht und die
                              Lösung auf 600 Kubikcentimeter gebracht. Alsdann wurden zu jedem Versuch 200
                              Kubikcentim. der Lösung in die Absorptionsflasche gebracht, 7 bis 8 Grm.
                              Kalistängelchen in Papier gewickelt hinein geworfen, geschlossen und mit dem
                              Schütteln begonnen.
                           Bei folgender Uebersicht der Versuche sind stets die aus drei Versuchen erhaltenen
                              Mittelzahlen gegeben. Zu jedem Versuche wurden, wie bemerkt, 200 Kubikcentim. des
                              Auszuges verwendet.
                           Rinde I. Absorbirt wurden 248,5 Kubikcentimeter = 14,07 Proc. Gerbsäure.
                           Rinde II. Absorbirt wurden 182 Kubikcentimeter = 10,31 Proc. Gerbsäure.
                           Rinde III. Absorbirt wurden 180,4 Kubikcentimeter = 10,22 Proc. Gerbsäure.
                           
                           Rinde IV. Absorbirt wurden 163,7 Kubikcentimeter = 9,27 Proc. Gerbsäure.
                           Die Methode liefert somit zwar etwas zu hohe, aber doch vergleichbare, für die
                              Technik brauchbare Resultate. Die Ausführung ist indessen höchst schwierig und
                              langwierig, wegen der peinlichen Sorgfalt, welche auf die Gleichhaltung der
                              Temperaturverhältnisse während der ganzen Dauer der Versuche verwendet werden
                              muß.
                           Es bleibt nun noch die kurze Besprechung der Methoden von Handtke (Journal für praktische Chemie, Bd. LXXXII S. 345) und von Gerland (Chemical News, 1863
                              p. 54; Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. II S.
                              419) übrig. Bezüglich der ersteren, welche auf dem Verhalten einer verdünnten
                              Gerbsäurelösung gegen eine verdünnte Lösung von essigsaurem Eisenoxyd bei Gegenwart
                              von essigsaurem Natron und freier Essigsäure beruht, kann der Verfasser die Angaben
                              Gauhe's einfach bestätigen. Die Methode ist nicht
                              brauchbar, da je nach den verschiedenen Verdünnungen der gerbsäurehaltenden
                              Flüssigkeiten die Resultate verschieden ausfallen. Auch ist die Beendigung der
                              Titration nur äußerst schwierig zu erkennen.
                           Gerland's Verfahren, welches sich auf die Ausfällung der
                              Gerbsäure durch Brechweinstein gründet, gab dem Verf. nur negative Resultate. Der
                              Endpunkt der Reaction ist nicht zu beobachten, und ebensowenig gelang es ihm, die
                              erhaltenen Niederschläge klar abzufiltriren.
                           Der Verf. schließt diese Abhandlung mit einer übersichtlichen Zusammenstellung der
                              Resultate, welche bei Untersuchung der Eichenrinden, unter Anwendung der
                              verschiedenen besprochenen Methoden, erhalten wurden.
                           Procentgehalt an Gerbstoff, bestimmt nach:
                           
                              
                                 Rinde
                                 Fehling,Müller
                                 
                                    Löwenthal
                                    
                                 
                                    Hammer
                                    
                                 
                                    Fleck
                                    
                                 
                                    Mittenzwey
                                    
                                 
                              
                                   A.
                                 6,16
                                 
                                 5,24
                                 
                                 
                                 
                              
                                   B.
                                 6,11
                                 
                                 5,25
                                 
                                 
                                 
                              
                                   I.
                                 13,80  
                                 13,24  
                                 13,00  
                                 12,10  
                                 14,07
                                 
                              
                                  II.
                                 9,74
                                 9,35
                                 9,00
                                 8,48
                                 10,31
                                 
                              
                                 III.
                                 9,25
                                 9,28
                                 8,77
                                 8,15
                                 10,22
                                 
                              
                                 IV.
                                 8,90
                                 8,57
                                 8,00
                                 7,48
                                   9,27