| Titel: | Der asiatische Schwungkugelregulator von Dr. Großmann in Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XLI., S. 176 | 
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                        XLI.
                        Der asiatische Schwungkugelregulator von Dr.
                           Großmann in
                           Berlin.
                        Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
                                 Gewerbfleißes in Preußen, 1865 S. 104.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
                        Großmann's asiatischer Schwungkugelregulator.
                        
                     
                        
                           Die Vorrichtung Großmann's, den Watt'schen Regulator angenähert astatisch zu machen, damit man ihn direct
                              auf die Drosselklappe wirken lassen kann, beruht auf folgenden Principien:
                           Es sey in Fig.
                                 20
                              P das Gewicht einer Schwungkugel, vermehrt um das halbe
                              Gewicht einer Hängestange, l die Länge der Hängestange,
                              Q das Gewicht der eventuell beschwerenden Hülse,
                              vermehrt um das 1 1/2 fache Gewicht einer Tragstange und den Druck, welchen das
                              Stellzeug in seiner mittleren Stellung auf die Hülse ausübt, a die Länge einer Tragstange, α der
                              Ausschlagwinkel der Hängestange bei der mittleren Stellung, ω die normale Winkelgeschwindigkeit, h
                              die Diagonale des von den Trag- und Hängestangen gebildeten Rhombus, welche
                              mit der Umdrehungsachse zusammenfällt, g die
                              Beschleunigung der Schwere.
                           Die Bedingungsgleichung für das Gleichgewicht ist
                           P/g . ω²l² cos α = Pl + Qh/(2 cos α) oder
                           Q = (2 Pω²l² cos² α)/gh – (2 Pl cos α)/h
                              
                           
                              
                                 Ferner ist
                                 
                                    h
                                    
                                 =
                                 2a cos α
                                 (1)
                                 
                              
                                 
                                 
                                    Q
                                    
                                 =
                                 (Pω²l² cos α)/ga  – Pl/a        
                                 (2)
                                 
                              
                           Hieraus bestimmt sich zunächst Q. Bringen wir die
                              Gleichung (2) auf die Form
                           Pl²ω²/2ga² = (Pl/a + Q)/h,
                              
                           
                           so folgt, daß sich ω
                              gleichzeitig sowohl mit Q als mit h ändert; es seyen ΔQ und Δh, die Aenderungen von Q und h. Soll demnach für verschiedene
                              Stellungen der Kugeln, also für verschiedene Werthe von h, die Geschwindigkeit constant seyn, so muß
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 180, S. 177
                              
                           constant werden; daraus folgt
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 180, S. 177
                              
                           Diese gleichzeitige Veränderung von Q und h erreicht Großmann durch
                              folgende Einrichtung: An die sich drehende Hülse greift auf irgend eine bekannte
                              Weise das eine Ende eines Winkelhebels an, dessen Schenkel rechtwinkelig auf
                              einander stehen; bei dem mittleren Ausschlagwinkel sey der an der Hülse angreifende
                              Schenkel horizontal, der andere Schenkel dagegen vertical nach oben gerichtet. Der
                              horizontale Arm, welchen man zweckmäßig zugleich als einen Arm des Stellzeugs
                              benutzen wird, sey entweder durch ein Gegengewicht abbalancirt, oder diene zugleich
                              zu einer constanten Vermehrung der Größe Q durch den
                              Druck, den er auf die Hülse ausübt und welche in Q
                              eingerechnet werde. Seine Länge sey m. Der verticale,
                              sich nach oben etwas verjüngende Schenkel trage ein durch eine Stellschraube in
                              verschiedenen Höhen feststellbares Gewicht. Dieses Gewicht, vermehrt um das auf den
                              Schwerpunkt desselben reducirte Gewicht des verticalen Schenkels sey R, der Abstand des Schwerpunktes von R vom Drehpunkt des Hebels sey n. Durch die Stellschraube des Gewichts sey zugleich dafür gesorgt, daß in
                              der mittleren Stellung der Schwerpunkt und Drehpunkt in derselben Verticalen liegen.
                              Dieses Gewicht R übt nun bei der Ausweichung des
                              Apparates aus seiner mittleren Stellung einen veränderlichen Druck auf die Hülse aus
                              und bedingt dadurch eine Veränderung von Q. Es kommt
                              jetzt nur noch darauf an, die Größe R oder das Product
                              Rn, so zu bestimmen, daß ω constant wird.
                           Bezeichnet φ den Winkel, um welchen, bei einer
                              Bewegung der Hülse um Δh, der horizontale Arm
                              sich gedreht hat, so ist Δh/m = tang φ, und die
                              von R herrührende Veränderung des Druckes ΔQ = (Rn sin
                                 φ)/m, also
                           
                           ΔQ/Δh = (Rn cos φ)/m²,
                              und da auch
                           ΔQ/Δh = (Pl²ω²)/2ga² war:
                                Rn = (Pl²ω²m²)/(2ga² cos φ)
                           Daraus geht hervor, daß es, streng genommen, kein constantes Rn gibt, welches ω constant macht; es
                              wird sich jedoch zeigen, daß die Schwankungen, die im Werthe von ω eintreten, für ein constant angenommenes Rn, weit unter jeder praktisch in Betracht kommenden
                              Grenze bleiben. Wir bestimmen Rn für φ = 0, also
                           Rn = (Pl² m² ω²)/2ga²       (3)
                           Um die Aenderungen der Geschwindigkeit zu untersuchen, bezeichnen wir die dem
                              Ausschlagwinkel α₁, entsprechende
                              Winkelgeschwindigkeit mit ω₁. Der zu α₁ gehörige Werth von φ ist gegeben durch die Gleichung:
                           m tang φ = 2a (cos α₁ – cos
                                 α)     (4)
                           Für die Geschwindigkeit ω₁ haben wir
                              aber
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 180, S. 178
                              
                           Ferner war Pl/a + Q = h . Pl²ω²/2ga². Diesen Werth,
                              sowie den oben bestimmten Werth von Rn eingesetzt,
                              liefert
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 180, S. 178
                              
                           Da nun φ stets ein kleiner Winkel ist, so wird
                              dieser Ausdruck immer sehr nahe gleich der Einheit seyn.
                           Beispiel. Es sey P = 25 Pfd.,
                              l = 24'', a = 16'', ω = 50 π/30,
                              α =30°, m
                              = 30''. Aus (1) ist h = 2,3094''; aus (2) Q =19,482 Pfd.; aus (3) Rn =
                              154,21 Fußpfund. Mit diesen Werthen wird nach (4) und (5) für α₁ = 10° 15° 20° 25° 30°
                              35° 40° 45° 50°, φ =
                              7°,13' 6°,5' 4°,41' 2°,28' 0'' – 2°,52'
                              – 6°,5' – 9°,37' – 13°,24' und ω₁/ω = 0,99950 0,99974 0,99988
                              0,99998 1 1,00004 1,00037 1,00158 1,00473.
                           
                           Der Unterschied der größten und kleinsten Geschwindigkeiten innerhalb der Grenzen für
                              die Amplitude, die hier weiter gewählt sind als es in der Praxis vorkommen dürfte,
                              beträgt demnach noch nicht 0,5 Proc.; für Veränderungen des Winkels α zwischen 20 und 40° schwankt ω um 0,05 Procent. Betrüge das verschiebbare
                              Gewicht 100 Pfd. und wäre der verticale Hebelarm abbalancirt, so müßte der
                              Schwerpunkt des Gewichtes 1,54 Fuß über dem Drehpunkt des Hebels liegen.
                           Soll der Regulator für eine andere Normalgeschwindigkeit adjustirt werden, so hat man
                              Q und Rn zu verändern.
                              Die erste Veränderung bewirkt man entweder dadurch, daß man mit der Hülse ein Gefäß
                              zur Aufnahme von Bleistücken verbindet und dasselbe verschieden belastet, oder durch
                              ein verschiebbares Gewicht auf dem horizontalen Hebelarm. Die Veränderung von Rn geschieht am leichtesten durch Verschiebung des
                              Gewichtes R; eine Scala auf dem Arm von R und für verschiedene Geschwindigkeiten normirte
                              Zusatzgewichte von Q würden die Adjustirung in wenig
                              Minuten gestatten. Die Empfindlichkeit des Regulators, welche durch die
                              Reibungswiderstände, die der Verschiebung der Hülse entgegen wirken, bedingt ist,
                              wird durch die beschriebene Einrichtung nicht wesentlich beeinträchtigt; denn zu der
                              Reibung, welche von den übrigen Theilen des Regulators und des Stellzeugs herrührt,
                              kommt nur noch die auf die Hülse reducirte, durch das Gewicht und den verticalen Arm
                              verursachte Zapfenreibung hinzu. Diese ist, wenn G das
                              Gewicht, d den Durchmesser des Zapfens und μ den Reibungscoefficienten bezeichnet μG(d/2m), ein Werth, welcher im Verhältniß zu den übrigen
                              Widerständen immer nur klein ausfallen kann.
                           Endlich dürfte es noch als ein Vorzug der angegebenen Einrichtung zu betrachten seyn,
                              daß dadurch ein schon vorhandener gewöhnlicher Watt'scher
                              Regulator sich mit Leichtigkeit in einen astatischen verwandeln läßt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
