| Titel: | Ueber die fossilen Brennmaterialien und deren Hauptunterscheidungs-Merkmale; von Dr. H. Fleck, Professor der Chemie an der kgl. polytechnischen Schule in Dresden. | 
| Autor: | Hugo Fleck [GND] | 
| Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. CXXVI., S. 461 | 
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                        CXXVI.
                        Ueber die fossilen Brennmaterialien und deren
                           Hauptunterscheidungs-Merkmale; von Dr. H. Fleck, Professor der Chemie an der kgl.
                           polytechnischen Schule in Dresden.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. VIII.
                        Fleck, über die fossilen Brennmaterialien und deren
                           Hauptunterscheidungsmerkmale.
                        
                     
                        
                           Die Frage nach den Ursachen des Backens und Sinterns der Steinkohlen hat in neuerer
                              Zeit eine wissenschaftliche Erklärung in dem II. Bande des bei R. Oldenbourg
                              in München erschienenen Werkes „über die Steinkohlen Deutschlands und
                                 anderer Länder Europas (ihre Natur, Lagerungs-Verhältnisse, Verbreitung,
                                 Geschichte, Statistik und technische Verwendung)“ gefunden, deren
                              ausführlichere Darlegung im Interesse aller Kohlen-Consumenten und
                              Producenten seyn dürfte. Aus diesem Grunde versucht es der Verfasser des in dem
                              obengenannten Werke angedeuteten Abschnittes „über den chemischen und
                                 physikalischen Charakter der Stein- und Schwarzkohlen“ seine
                              Ansichten über die Ursachen des Backens und Sinterns in Folgendem mitzutheilen:
                           Daß die physikalischen Eigenschaften der Kohlen mit dem Mengenverhältniß der in ihnen
                              enthaltenen Elemente: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff in
                              Einklang stehen, ist bereits von mehreren Chemikern, unter denen Richardson und Regnault
                              voranstehen, zu beweisen versucht worden; doch scheiterten die Bemühungen dieser
                              Autoren zuletzt an dem Mangel hinreichender analytischer Belege aus mehreren
                              bekannten Kohlengebieten, und noch in seinem neuesten technischchemischen Werke
                              spricht sich Knapp bei Erwähnung dieses Umstandes dahin
                              aus, daß die Eigenschaften der Kohle zu backen und zu sintern mit deren chemischen
                              Zusammensetzung nicht in Einklang zu bringen sey. Es muhte daher dem Verfasser
                              Dieses bei Ausarbeitung einer Monographie über dieses Thema vor Allem daran gelegen
                              seyn, sich zur Erlangung vielseitiger Anhaltepunkte aus allen deutschen
                              Kohlendistricten Kohlenproben zur chemischen Untersuchung zu verschaffen, um auf
                              Grund der erlangten Versuchswerthe Gesetzmäßigkeiten in der angedeuteten Richtung
                              aufstellen zu können. Zu dem Zwecke wurden aus den sächsischen, schlesischen und
                              westphälischen Kohlendistricten, aus den Saalbecken, dem Inde- und
                              Wormrevier, aus dem Saarbrücker Kohlenbecken, aus den Badener, Oberbayerischen,
                              Böhmischen und Ober-Pfälzer Kohlendistricten die Hauptrepräsentanten der
                              dasigen Kohlensorten chemisch geprüft und die aus diesen Untersuchungen
                              hervorgehenden Resultate mit den bereits vorliegenden und in vielen Abhandlungen
                              zerstreut vertheilten anderer Analytiker zusammengestellt und nach diesen so
                              erlangten Werthen eine wissenschaftliche Eintheilung der Kohlen in folgenden
                              Gruppen:
                           
                              
                                 I.
                                 Backkohlen,
                                 
                              
                                 II.
                                 Back- und Gaskohlen,
                                 
                              
                                 III.
                                 Gas- und Sandkohlen,
                                 
                              
                                 IV.
                                 Sinterkohlen und Anthracite
                                 
                              
                           versucht, deren endliche Bestätigung die chemische Prüfung als
                              das hauptsächlichste, ich möchte sagen einzig zuverlässige Mittel zur Beurtheilung
                              einer Kohlenqualität erkennen läßt.
                           
                           Was zunächst die hier angenommene Eintheilung der fossilen Brennstoffe in vier
                              Hauptsorten anbelangt, so sind dabei die Namen derselben als allen Betheiligten
                              gleich verständlich und den physikalischen Charakter hervorhebend, allen anderen
                              mehr provinciellen Bezeichnungen, als da sind: Kalkkohlen, Schmiedekohle,
                              Flammkohle, Kohkskohle u.s.w. vorgezogen worden, ohne jedoch damit einräumen zu
                              wollen, daß da, wo die Namen Back-, Sinter- und Gaskohlen in einzelnen
                              Districten Anwendung erfahren, die mit denselben belegten Kohlensorten denselben
                              auch, im Vergleich zu deren physikalischem Charakter, vollständig verdienen; denn
                              die isolirte Stellung, welche die meisten der Hauptkohlendistricte Deutschlands zu
                              einander noch einnehmen, hat dem Praktiker die Möglichkeit eines vollgültigen
                              Vergleiches der Kohlen verschiedener Becken noch im Ganzen zu wenig zu Theil werden
                              lassen, als daß nicht z.B. Sinterkohlen da genannt werden, wo eigentlich der Name
                              Gaskohle mehr am Platze wäre und in dem einen Becken gewisse Kohlensorten mit dem
                              Namen Backkohlen belegt werden, die in einem anderen, wirkliche Backkohlen
                              liefernden, Sinterkohlen heißen müßten.
                           Die uns zur Beantwortung der angeregten Frage zunächst liegende Untersuchung
                              erstreckt sich auf die Beurtheilung und Erklärung des Kohlenbildungsprocesses vom
                              chemischen Standpunkte.
                           Die fossilen Brennstoffe (Torf, Braunkohlen, Molassenkohlen, Schwarzkohlen,
                              Steinkohlen) sind Vermoderungsproducte von Vegetabilien, deren vorwaltend bei
                              Luftabschluß und unter Wasser verlaufender, durch den Einfluß mittlerer Temperaturen
                              unterstützter Zersetzungsproceß auf einer in und aus der organischen
                              Pflanzensubstanz stattfindenden Entwickelung von Kohlensäure und Sumpfgas
                              (Grubengas) beruht, welche, als Zersetzungsproducte austretend, zum Theil von dem
                              über den vermodernden Pflanzen stehenden oder denselben adhärirenden Wasser
                              absorbirt werden (Kohlensäure), zum Theil aus der Flüssigkeit oder dem feuchten
                              Fossil in gewisser Gleichmäßigkeit entweichen (Sumpfgas, Grubengas) und sich der
                              Atmosphäre beimischend mit derselben explosive Gasgemische (schlagende Wetter)
                              bilden können. Die Quantitäten beider sich entwickelnder Gase sind einander
                              äquivalent und ihre in gleichen Zeiträumen auftretenden Volumina von dem Verlaufe
                              des Vermoderungsprocesses und den ihn befördernden Bedingungen, Temperatur und
                              Feuchtigkeit, abhängig. Der Vermoderungsrückstand, der fossile Brennstoff, besitzt
                              eine den organischen Bestandtheilen des vermodernden Pflanzenstoffes der Art und
                              Menge nach entsprechende Zusammensetzung. Die dem Fossil beigemengte Mineralsubstanz
                              (Aschebestandtheile) ist von den localen Verhältnissen, unter denen sich die
                              vermodernde Pflanze befindet, ihrer Art und Menge nach abhängig und steht zu dem Aschengehalte
                              der ursprünglichen Pflanze und dem im Wasser unlöslichen Bestandtheil des letzteren
                              nur dann in bestimmtem Verhältniß, wenn eine Infiltration durch kohlensäurehaltiges
                              Wasser gelöster Stoffe, wie die des Bitterspaths in den Spaltungsräumen der Kohle
                              von Grube Itzenplitz in Saarbrücken, oder mechanisch vertheilter Schlammmassen nicht
                              stattgefunden hat.
                           Diese Thatsachen sind in dem obenerwähnten Werke über die Steinkohlen Deutschlands
                              (Bd. II. S. 215–236) ausführlicher entwickelt worden und bilden die
                              Grundlage, auf welcher fortbauend es möglich ist, aus der Zusammensetzung eines
                              Fossils auf dessen Verwerthbarkeit in der Praxis bestimmte Schlüsse zu ziehen.
                           Aus der chemischen Untersuchung verschiedener Holzsorten ergibt sich nämlich, daß die
                              Menge des in denselben enthaltenen Wasserstoffs größer ist, als zu dessen
                              Vereinigung mit dem in der organischen Pflanzensubstanz vorhandenen Sauerstoff und
                              Stickstoff nothwendig erscheint, sofern man letztere beiden Körper in der Pflanze
                              mit Wasserstoff zu Wasser und Ammoniak verbunden annehmen will oder bei der
                              Zersetzung ersterer eine Bildung von Wasser und Ammoniak adoptirt, hervorgegangen
                              aus der Wechselwirkung dieser drei Grundstoffe. Hiernach kann man, ohne deßhalb dem
                              wirklichen Sachverhalt vorzugreifen, den Wasserstoff in der organischen
                              Pflanzensubstanz als zum Theil gebunden (d.h. durch den vorhandenen Sauerstoff und
                              Stickstoff beanspruchbar) und zum Theil disponibel (d.h. zur Bildung von
                              Kohlenwasserstoffverbindungen verwendbar) betrachten, so daß also z.B.
                           
                              
                                 in der organischenSubstanz von:
                                 Kohlenstoff
                                 disponiblerWasserstoff
                                 nichtdisponiblerWasserstoff
                                 SauerstoffundStickstoff
                                 
                              
                                 
                                 Procent.
                                 Procent.
                                 Procent.
                                 Procent.
                                 
                              
                                 Stroh
                                 46,86
                                 0,36
                                 5,87
                                 46,99
                                 
                              
                                 Wiesenheu
                                 50,27
                                 0,88
                                 5,43
                                 43,42
                                 
                              
                                 Weißbuchenholz
                                 48,50
                                 0,51
                                 5,66
                                 45,33
                                 
                              
                                 Eichenholz
                                 49,95
                                 0,57
                                 5,49
                                 43,99
                                 
                              
                                 Birkenholz
                                 49,38
                                 0,71
                                 5,54
                                 44,37
                                 
                              
                                 Kiefernholz, altes
                                 50,19
                                 0,67
                                 5,46
                                 43,68
                                 
                              
                                           „      
                                    junges
                                 50,89
                                 0,95
                                 5,35
                                 42,81
                                 
                              
                           enthalten sind, oder auf 1000 Pfund
                                 Kohlenstoff in der organischen Pflanzenmasse sind vorhanden:
                           
                           
                              
                                 in
                                 disponiblerWasserstoff.
                                 gebundenerWasserstoff.
                                 
                              
                                 Stroh
                                   5,55 Pfund
                                 125,26 Pfund
                                 
                              
                                 Wiesenheu
                                 17,70    „
                                 107,80    „
                                 
                              
                                 Weißbuchenholz
                                 10,40    „
                                 117,65    „
                                 
                              
                                 Eichenholz
                                 11,42    „
                                 110,00    „
                                 
                              
                                 Birkenholz
                                 15,13    „
                                 108,80    „
                                 
                              
                                 Kiefernholz, altes
                                 13,35    „
                                 108,80    „
                                 
                              
                                           „      
                                    junges
                                 18,70    „
                                 105,30    „
                                 
                              
                           Letztere Berechnung ist aus folgender Formel abgeleitet:
                           
                              
                                 Wenn
                                 
                                    C
                                    
                                 den
                                 Procentgehalt
                                 an
                                 Kohlenstoff in der
                                 aschenfreien
                                 Substanz,
                                 
                              
                                 
                                 
                                    W
                                    
                                 „
                                 „
                                 „
                                 disponiblem Wasserstoff  in der
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 W₁
                                 „
                                 „
                                 „
                                 gebundenem Wasserstoff in der
                                 „
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                    S
                                    
                                 „
                                 „
                                 „
                                 Sauerstoff und Stickstoff  in der
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           einer Pflanze oder eines Fossils ausdrückt, so ist:
                           C Proc. Kohlenstoff, (W +
                              W₁) Proc. Wasserstoff, S Proc. Sauerstoff = 100.
                           Der gebundene Wasserstoff W₁ berechnet sich aus
                              der Annahme, daß 8 Proc. Sauerstoff 1 Proc. Wasserstoff binden, mithin ist W₁ = 5/8, und dieser Werth, von der Gesammtzahl
                              des Wasserstoffgehaltes abgezogen, liefert als Differenz den disponiblen Wasserstoff
                              = W.
                           Um nun zu berechnen, wie viel disponibler und gebundener Wasserstoff auf 100 Pfund
                              Kohlenstoff in der organischen Pflanzenmasse enthalten sind, bedient man sich der
                              obigen Formel und erhält in den Gleichungen:
                           C : W  = 1000 : x: x = W  . 1000/C = disponiblem
                              Wasserstoff.
                           C : W₁ = 1000 : y: y = W₁ . 1000/C = gebundenem Wasserstoff.
                           In den fossilen Brennstoffen begegnen wir einer mit dem fortschreitenden
                              Vermoderungsproceß stetig wachsenden Zunahme an disponiblem und Abnahme an
                              gebundenem Wasserstoff, deren Mengenverhältnisse jedoch selbstverständlich abhängig
                              seyn müssen von der ursprünglichen Zusammensetzung der vermodernden Pflanze, so daß
                              z.B. durch Vermoderung des Kiefernholzes sich eine Steinkohle bilden kann,
                              welche
                           94,5 Proc. Kohlenstoff, 4,85 Proc. Wasserstoff, 0,65 Proc. Sauerstoff enthält und in
                              ihrer Zusammensetzung der Steinkohle vom Flötz Gyr in Centrumgrube (Revier
                              Etschweiler) sehr nahe steht, während bei der Vermoderung des Weißbuchenholzes, den
                              Austritt gleicher Mengen Sumpfgas und Kohlensäure vorausgesetzt, sich eine Steinkohle
                              erzeugt, bestehend aus
                           82,5 Proc. Kohlenstoff, 4,2 Proc. Wasserstoff, 13,3 Proc. Sauerstoff, welche in ihrer
                              Zusammensetzung der Steinkohle des II. Flötzes vom Bürgerschacht bei Zwickau fast
                              völlig gleich kommt.
                           Diese Vermoderungsproducte erzeugen sich aber unter allmählichem Austritt obiger
                              Gase, langsam und in der Weise, daß sich immer zunächst Braunkohlen oder Torf, ihrer
                              Abstammung und Structur nach verschiedener Pflanzenreste, bilden, deren
                              weitergreifender Zersetzungsproceß die Entstehung kohlenstoffreicherer und
                              sauerstoffärmerer Fossilien, wie Molassenkohle, Wälderkohle es sind, bedingt und mit
                              dem Uebergang in eigentliche Steinkohle endigt. – Wirken nun auf derartige
                              Vermoderungsreste Plutonische Einflüsse gleichzeitig ein, so entstehen aus ersteren
                              Verkohlungsproducte, welche in zweifacher Form auftreten und einerseits
                              anthracitische Kohlen bilden, andererseits zur Erzeugung bituminöser Schiefer
                              Veranlassung geben können. Im Verlaufe der chemischen Untersuchung der Steinkohlen
                              Deutschlands waren zwei Sorten Steinkohlen aus Berghaupten in Baden unter der
                              Bezeichnung: Kohlen bester und geringer Qualität eingeliefert worden, von denen die
                              erstere eine grauschwarze, schieferige, leicht zerbrechliche Masse bildet, welche
                              aus 80,92 Proc. Kohlenstoff, 3,65 Proc. Wasserstoff, 7,37 Proc. Sauerstoff,
                           8,06 Proc. Asche
                           bestand und auf
                           
                              
                                 1000
                                 Pfund
                                 Kohlenstoff
                                 33,78 Pfund
                                 disponiblen
                                 Wasserstoff
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 11,39    „
                                 gebundenen
                                 „
                                 
                              
                           enthielt, während die zweite geringere Qualität 10,02 Proc.
                              Kohlenstoff, 1,16 Proc. Wasserstoff, 4,08 Proc. Sauerstoff,
                           84,75 Proc. Asche
                           enthielt und auf
                           
                              
                                 1000
                                 Pfund
                                 Kohlenstoff
                                 68,03 Pfund
                                 disponiblen
                                 Wasserstoff
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 43,86    „
                                 gebundenen
                                 „
                                 
                              
                           besaß, von graphitähnlichem Fettglanze, sehr weich und leicht
                              zerreiblich erschien und als ein bituminöser Talkstein zu betrachten ist, welcher in
                              den oberen Schichten der Berghauptener Kohlenlager in größeren Quantitäten auftritt
                              und eine Veränderung der ursprünglichen, jedenfalls der Mulenkohle von Stockheim
                              sehr ähnlichen, backenden Kohle durch plutonische Einflüsse voraussetzt, in Folge
                              deren die Backkohle zur anthracitischen Sinterkohle umgewandelt und durch
                              Verdichtung entweichender Theerdämpfe in den überlagernden Talksteinschichten ein
                              bituminöser Schiefer gebildet wurde. Demnach sind die Anthracite und bituminösen Schiefer (Bogheadkohle),
                              sowie jedenfalls ein großer Theil der Sinterkohlen des Inde- und Wormreviers,
                              die Anthracite von Südwales und Pennsylvanien als secundäre Umwandelungsproducte in
                              der Fossilienbildung zu betrachten und von den eigentlichen Vermoderungsfossilien zu
                              unterscheiden; gleichzeitig aber gibt uns das im Vorhergehenden entworfene kurze
                              Bild über den Uebergang der Pflanzen in den fossilen Zustand genügend Zeugniß für
                              die Mannichfaltigkeit der Braun- und Steinkohlen in ihrer Zusammensetzung und
                              die durch letztere bedingten physikalischen Verschiedenheiten derselben. Eine Reihe
                              zahlreicher Erörterungen über das Verhalten der Fossilien unter dem Einfluß höherer
                              Temperaturen, nach welchem sich namentlich deren Eintheilung in Back- und
                              Sinterkohlen bestimmt, ließ in der Berechnung des disponiblen und gebundenen
                              Wasserstoffs auf 1000 Gewichtstheile vorhandenen Kohlenstoffs ein Mittel erkennen,
                              den physikalischen Charakter und zumal das angedeutete Verhalten der Kohlen, höherer
                              Temperatur gegenüber, als von der chemischen Zusammensetzung abhängig zu betrachten
                              und zu beurtheilen.
                           Die Eigenschaften der Kohlen zu backen und dichte, geflossene Kohks zu liefern, sind
                              dadurch bedingt, daß auf 1000 Pfund Kohlenstoff nicht weniger als 40 Pfund
                              disponibler Wasserstoff enthalten sind; wir dürfen demnach alle Kohlen, welche eine
                              diesem Verhältniß entsprechende Zusammensetzung besitzen, als Back- oder
                              Kohkskohlen im engeren Sinne betrachten, während alle Kohlen von geringerem Gehalte
                              an disponiblem Wasserstoff den Sinterkohlen, den Sand- und Gaskohlen
                              angehören. Da mit dem gebundenen, d.h. nicht disponiblen Wasserstoff auch der
                              Sauerstoffgehalt ein größerer ist, so steht zu erwarten, daß sobald solche bei
                              100° C. getrocknete, sauerstoffreiche Kohlen schnell einer
                              Zersetzungstemperatur, welche der des Wassers nahe liegt, ausgesetzt werden, sich
                              die chemisch gebundenen Gase, Wasserstoff und Sauerstoff in Form von gasförmigen
                              Kohlenwasserstoff- und Kohlensauerstoffverbindungen entwickeln werden. Die
                              Quantität der aus den Stein- und Braunkohlen zu erzielenden Gase wird daher,
                              einen gleichen Aschengehalt und gleich hohe Zersetzungstemperaturen vorausgesetzt,
                              dem nicht disponiblen, also gebundenen Wasserstoff proportional wachsen. Als Gaskohle im weitesten Sinne kann daher jede Kohle, welche
                              mindestens 20 Pfund gebundenen Wasserstoff auf 1000 Pfund Kohlenstoff enthält,
                              angesehen werden; der Werth einer solchen Gaskohle ist aber gleichzeitig abhängig
                              von ihrem Gehalte an disponiblem Wasserstoff, durch dessen Anwesenheit die
                              Leuchtkraft des Gases in Folge gelöster Kohlenwasserstoffdämpfe erhöht werden muß.
                              Kohlen, welche einen Gehalt von wenigstens 20 Pfund gebundenem und 40 Pfund
                              disponiblem Wasserstoff besitzen, sind daher als die besten Kohlensorten mit dem
                              Namen Back- und Gaskohlen belegt worden. Gaskohlen ohne hervorragend backende
                              Eigenschaften, d.h. mit weniger als 40 Pfund disponiblem Wasserstoff, liefern bei
                              ihrer Verkohkung auch schwer backende, leicht zertrümmerte, sandige Kohks und führen
                              daher den Namen Sandkohlen, unter denen die Braunkohlen
                              als Hauptrepräsentanten auftreten.
                           Tritt endlich der Gehalt an disponiblem Wasserstoff unter 40 und der an gebundenem
                              unter 20 Pfund zurück, dann verändern die in dieser Weise zusammengesetzten Kohlen
                              bei der Verkohkung ihr Volumen nur wenig, sie sinken im Kohksofen schwach zusammen,
                              und geben bei wenig Gasausbeute auch lockere, gesinterte Kohks; sie heißen Sinterkohlen.
                           Die Anthracite stehen in Folge ihres geringsten Gasgehaltes überhaupt außer aller
                              Beziehung zu dem Verkohkungs- oder Vergasungsprocesse und sind den Kohks
                              selbst gleich zu rechnen. Von den bis jetzt bekannten bilden die Anthracite von
                              Südwales den Uebergang zu den, ersteren am nächsten stehenden Sinterkohlen.
                           Diese Betrachtungsweise läßt uns in dem Wasserstoffgehalt der Fossilien und dessen
                              Verhältniß dem Kohlenstoffgehalt gegenüber einen Maaßstab zur Beurtheilung ihrer
                              physikalischen Eigenschaften nach ihrer chemischen Zusammensetzung erkennen und
                              gestattet nun die Eintheilung der Kohlen in folgende vier Hauptsorten:
                           Auf 1000 Pfund Kohlenstoff:
                           
                              
                                 I.
                                 über 40 Pfund disponibler, unter 20 Pfund
                                    gebundener    Wasserstoff: Backkohlen.
                                 
                              
                                 II.
                                 über 40 Pfund disponibler, über 20 Pfund
                                    gebundener    Wasserstoff: Back- und Gaskohlen.
                                 
                              
                                 III.
                                 unter 40 Pfund disponibler, über 20 Pfund
                                    gebundener    Wasserstoff: Gas- und Sandkohlen.
                                 
                              
                                 IV.
                                 unter 40 Pfund disponibler, unter 20 Pfund
                                    gebundener    Wasserstoff: Sinterkohlen; Anthracite.
                                 
                              
                           Um für diese Ausdrucksweise ein klares Bild zu erlangen, wurde in dem II. Bande des
                              erwähnten Werkes über die Steinkohlen Deutschlands versucht, eine graphische Karte
                              der chemischen Zusammensetzung der Brennmaterialien zu entwerfen, auf welcher durch
                              verticale Linien der disponible, durch horizontale Linien der gebundene Wasserstoff
                              ausgedrückt und mittelst eines auf die Karte errichteten Achsenkreuzes auf der Zahl
                              40 des disponiblen und 20 des gebundenen Wasserstoffs die Eintheilung der
                              Brennmaterialien in die vier Hauptgruppen verdeutlicht werden sollte.
                           Die Bedeutung einer solchen graphischen Karte für die Praxis ergibt sich, indem wir
                              es versuchen, die bis jetzt untersuchten Steinkohlen Westphalens mit Hülfe derselben
                              zu beurtheilen.
                           Auf Seite 282 jenes Werkes sind die Steinkohlen Westphalens ihrer Zusammensetzung
                              nach verzeichnet und es berechnet sich aus letzterer in denselben der disponible und
                              gebundene Wasserstoff zu folgenden Werthen: 
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 180, S. 468
                              Steinkohlen; disponibler;
                                 gebundener; Wasserstoff; 1) Zeche Sülzer und Neuack. Flötz Nötgersbank; 2)
                                 „ Victoria Matthias. „ Anna; 3) „ Kunstwerk. „
                                 Sonnenschein; 4) „ Hundsrücken. „ Hitzberg; 5) „ Vereinigt
                                 Portinssiegen. Flötz Hagenscheidt; 6) „ Eggelsberg. Flötz Stenmannsbank;
                                 7) „ Friedrich Wilhelm. Flötz Siebenhandbank; 8) „ und Flötz
                                 Präsident; 9) „ Franzisca Tiefbau. Hangendes Flötz; 10) „ Louise
                                 Tiefbau. Flötz; 11) „ Dorstfeld. „ Nr. 7; 12) Flötz Friedrich
                                 (oberer Th.); 13) Zeche Vereinigt Hamburg. Flötz I; 14) Eßkohle. Flötz Caspar
                                 Friedrich; 15) Eßkohle. Zeche Margarethe; 16) Zeche Verein. Westphalia. Flötz;
                                 17) „ Krone; 18) „ Zollverein; 19) „ Johannes Erbstolle;
                                 20) „ Pluto; 21) „ Schafberg. Flötz Alexander; 22) „
                                 Glücksburg. „ Flottwell; 23) „ Franz; 24) „ Launa bei
                                 Minden; im Mittel:
                              
                           
                           Tragen wir diese Werthe als Ordinaten eines rechtwinkligen Koordinatensystems in der
                              Weise auf, daß die verticalen Linien den disponiblen, die horizontalen Linien den
                              gebundenen Wasserstoff einer Kohlenqualität bezeichnen, so schneiden sich diese
                              rechtwinklig auf einander errichteten Linien in einem Punkte, dessen Lage zu dem
                              Achsenkreuze den physikalischen Charakter des Fossiles repräsentirt. Wir finden in
                              der beigegebenen Tafel, Fig. 26 auf Tab. VIII,
                              daß die in dieser Weise aufgetragenen Punkte fast sämmtlich denjenigen Quadraten des
                              Achsenkreuzes angehören, welche die unter dem Namen Backkohlen bezeichneten
                              Kohlensorten einschließen, die ihrer Lage nach mit der Abnahme des disponiblen
                              Wasserstoffs an backenden Eigenschaften verlieren und folgende Reihenfolge
                              einnehmen:
                           
                              
                                 Nr.
                                 20.
                                 Zeche
                                 Pluto,
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 2.
                                 „
                                 Victoria Matthias,
                                 Flötz
                                 Anna,
                                 
                              
                                 „
                                 7.
                                 „
                                 Friedrich Wilhelm
                                 „
                                 Siebenhandbank,
                                 
                              
                                 „
                                 16.
                                 „
                                 Ver. Westphalia,
                                 „
                                 B.
                                 
                              
                                 „
                                 6.
                                 „
                                 Engelsberg,
                                 „
                                 Stenmannsbank,
                                 
                              
                                 „
                                 3.
                                 „
                                 Kunstwerk,
                                 „
                                 Sonnenschein,
                                 
                              
                                 „
                                 1.
                                 „
                                 Sülzer Neuack,
                                 „
                                 Nötgersbank,
                                 
                              
                                 „
                                 10.
                                 „
                                 Louise Tiefbau,
                                 „
                                 8.
                                 
                              
                                 „
                                 12.
                                 „
                                 Ver. Dorstfeld,
                                 „
                                 Friedrich,
                                 
                              
                                 „
                                 15.
                                 „
                                 Margarethe,
                                 „
                                 Hauptflötz,
                                 
                              
                                 „
                                 21.
                                 „
                                 Schafberg,
                                 „
                                 Alexander,
                                 
                              
                                 „
                                 18.
                                 „
                                 Zollverein,
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 24.
                                 „
                                 Launa bei Minden,
                                 
                              
                                 „
                                 13.
                                 „
                                 Ver. Hamburg,
                                 „
                                 Nr. 1.
                                 
                              
                                 „
                                 19.
                                 „
                                 Johannes Erbstolle,
                                 
                              
                                 „
                                 11.
                                 „
                                 Dorstfeld, Flötz Nr. 7.
                                 
                              
                                 „
                                 9.
                                 „
                                 Franzisca Tiefbau, Hangendes Flötz.
                                 
                              
                                 „
                                 8.
                                 „
                                 Präsident, Flötz Präsident,
                                 
                              
                                 „
                                 23.
                                 „
                                 Glücksburg, Flötz Franz,
                                 
                              
                                 „
                                 14.
                                 Flötz
                                 Caspar Friedrich bei Kirchhörde,
                                 
                              
                                 „
                                 5.
                                 Zeche
                                 Vereinigt Portinssiegen, Flötz Hagenscheidt,
                                 
                              
                                 „
                                 22.
                                 „
                                 Glücksburg, Flötz Flottwell,
                                 
                              
                                 „
                                 17.
                                 „
                                 Krone.
                                 
                              
                                 „
                                 4.
                                 „
                                 Hundsrücken, Flötz Hitzberg.
                                 
                              
                           Da nun die backenden Eigenschaften in dem Grade abnehmen, als der disponible
                              Wasserstoff nach der Linie 40 zurücktritt, sich also die Kohlen in ihrer Lage der
                              Grenze der Back- und Sinterkohlen nähern, so beginnt hier die Reihe der
                              mageren Kohlen mit der Kohle Nr. 11 Zeche Dorstfeld, Flötz 7 und die Kohle Nr. 4,
                              von Zeche Hundsrücken, Flötz Hitzberg erscheint als die magerste, in ihrer Lage den
                              Sinterkohlen angehörende. Die in dieser Reihenfolge verzeichneten mageren Kohlen gehören aber
                              gleichzeitig den tieferen Flötzen an, von denen diejenigen von Zeche Glücksburg,
                              Krone und Hundsrücken bereits zu den Sinterkohlen gehören. Als Back- und
                              Gaskohlen, d.h. sauerstoffreiche Backkohlen, sind bis jetzt nur die von Zeche Louise
                              Tiefbau, Flötz 8 befunden worden, denen die von Zeche Vereinigt Dorstfeld, Flötz
                              Friedrich am nächsten stehen. Gas- und Sandkohlen in dem Sinne der diese
                              Bezeichnung einschließenden chemischen Zusammensetzung, wie solche das Saarbecken in
                              vorwaltendem Grade enthält, besitzt, wie es scheint, Westphalen nicht, sowie auch
                              die Anzahl der Sinterkohlen, für welche das Inde- und Wormrevier als
                              Hauptvertreter zu betrachten ist, eine nur geringe und nur in den tiefsten
                              Flötzlagern vorkommende zu bezeichnen ist. Das Vorkommen von gut backenden Kohlen in
                              dem Westphälischen Kohlendistricte läßt letzteren aber auch als denjenigen
                              erscheinen, in welchem der Kohksofenbetrieb sich wesentlich günstig gestalten muß.
                              Obgleich sich die Backkohlen im Allgemeinen durch größere Festigkeit als die
                              Gas- und Sinterkohlen auszeichnen, und demnach das bei ihrer Förderung
                              gewonnene Kohlenklein, wie es hauptsächlich die Anlage von Aufbereitungs- und
                              Verkohkungsanstalten beansprucht, der Qualität nach gering zu nennen ist, so bietet
                              doch gerade die Leichtigkeit, mit welcher an dieser Kohlensorte der
                              Verkohkungsproceß verläuft und die durch diesen Umstand bedingte Vereinfachung der
                              Kohksofeneinrichtungen eine Reihe von Vortheilen, die bei den meisten übrigen Kohlen
                              Deutschlands in deren Verwendung zum Verkohkungsproceß nicht auftreten können. Der
                              Verf. Dieses behält sich vor, in einer späteren Abhandlung über die Bedingungen,
                              welche sich an die Errichtung bestimmter Kohksofeneinrichtungen bei Beurtheilung der
                              Kohlenqualitäten knüpfen, ausführlicher zu berichten, und glaubt hier im Allgemeinen
                              nur folgende Sätze als aus dem Vorhergehenden sich ergebende Consequenzen aufstellen
                              zu dürfen.
                           Durch den hohen Gehalt an disponiblem Wasserstoff und die mit demselben zunehmende
                              Eigenschaft, unter Einwirkung hoher Temperaturen im Verkohkungsproceß aufgetrieben
                              zu werden und dadurch einen porösen Verkohkungsrückstand zu liefern, ist es
                              erforderlich, daß Backkohlen in dicken, durch ihr eigenes Gewicht drückenden Lagen
                              zur Verkohkung gelangen. Es ergibt sich hieraus die Nothwendigkeit der Anlage von
                              Kohksöfen von mehr hoher als flacher Form und verhältnißmäßig geringer Sohlenfläche
                              bei entsprechender Gewölbhöhe.
                           Die während des Verkohkungsprocesses auftretenden Gase und Dämpfe werden bei
                              Backkohlen reicher an Kohlenwasserstoffverbindungen seyn und daher bei ihrer
                              Verbrennung höhere Wärmeeffecte bedingen, als die bei der Verkohkung von Gas-
                              und Sandkohlen auftretenden sauerstoffreicheren Verkohkungsgase. Hieraus folgt, daß
                              unter Erzielung dichter Kohksmassen gleiche Volumina aus mit Backkohlen gefüllten
                              Kohksöfen entweichender Dämpfe einer vielseitigeren Ausnutzung fähig sind, als aus
                              Gas- und Sandkohlen entweichender Dämpfe und Gase.
                           Wie schon erwähnt, ist es unter den deutschen Kohlenbecken vorzüglich das
                              westphälische, welches sich durch einen großen Reichthum an Kohlen mit vorwaltend
                              backenden Eigenschaften auszeichnet; ihm am nächsten scheint das böhmische und
                              schlesische Kohlenrevier zu stehen, in welchen beiden Districten bis jetzt die
                              Pilsener Kohlenlager in Böhmen und die Kohlen der Segengottesgrube, die Graf
                              Hochberggrube und Fuchsgrube in Niederschlesien als die backendsten zu betrachten
                              sind. Hieran reihen sich die Kohlen von Mährisch Rassitz und die Schaumburger
                              Wälderkohle, welche letztere, ihren etwas hohen Aschengehalt abgerechnet, zu den
                              besten Backkohlen zu rechnen sind, indem in ihnen der Gehalt an disponiblem und
                              gebundenem Wasserstoff so hoch erscheint, daß sie sich bereits in ihrer Lage auf der
                              graphischen Karte an der Grenze der Backkohlen und Back- und Gaskohlen
                              befinden. (Steinkohlen Deutschlands, Bd. II.)
                           Die Aufgabe nun folgender Untersuchungen auf dem hier angebahnten Gebiete wird darin
                              bestehen, den physikalischen Charakter der übrigen deutschen Kohlenlager nach dem
                              hier besprochenen Maaßstabe, wie es über das Westphälische Becken bereits geschehen,
                              specieller in das Auge zu fassen, um hierdurch dem größeren Publicum Gelegenheit zu
                              geben, sich ebenso, wie es über die Industrie- oder Bodenerzeugnisse
                              einzelner Districte Deutschlands schon längst möglich geworden, auch über die
                              Qualität der wichtigsten Brennmaterialien, der Steinkohlen, ein klares Bild zu
                              verschaffen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
