| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. , S. 241 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ueber Kesselstein; von Prof. Haas
                              in Stuttgart.
                           Von verschiedenen Seiten wird den Dampfkesselbesitzern Chlorbaryum als untrügliches
                              Mittel gegen Kesselsteinbildung empfohlen, ohne Rücksicht auf den Gehalt des Wassers
                              an den verschiedenen bei der Kesselsteinbildung betheiligten Substanzen.
                           Chlorbaryum kann aus dem Wasser bloß den Gyps abscheiden; wo also bloß Gyps im Wasser
                              gelöst ist, oder wo er gegenüber dem kohlensauren Kalk in überwiegender Menge
                              vorhanden ist, da wird allerdings Chlorbaryum gute Dienste leisten, wo aber der
                              kohlensaure Kalk vorherrscht, da bringt dieß Mittel keine Hülfe, es findet
                              Kesselsteinbildung statt, so gut wie wenn dem Wasser gar nichts zugesetzt worden
                              wäre. Ein in jüngster Zeit mir bekannt gewordener Fall bestätigt dieß in
                              auffallender Weise. Ein großer Röhrenkessel von 700 Quadratfuß Heizfläche war nach
                              verhältnißmäßig kurzer Zeit nicht bloß an der Kesselwandung mit einer dicken
                              Schichte eines sehr dichten Kesselsteines bedeckt, sondern es hatte sich auch
                              zwischen den Siederöhren ein etwas leichterer Kesselstein in solcher Menge
                              abgesetzt, daß derselbe den Raum zwischen den Röhren fast vollständig ausfüllte, und
                              doch war immer mit großer Sorgfalt Chlorbaryum in genügender Menge in den Kessel
                              gebracht worden. Die chemische Untersuchung zeigte denn auch, daß der Kesselstein
                              der Hauptsache nach aus kohlensaurem Kalk bestand, nur der kleinere Theil war
                              schwefelsaurer Baryt, durch gegenseitige Zersetzung von Gyps und Chlorbaryum
                              entstanden; und zwar enthielt der Kesselstein von den Wandungen 9,5, der zwischen
                              den Heizröhren 21,5 Procent schwefelsauren Baryt. Das Speisewasser selbst enthält in
                              100000 Theilen 22,8 Theile kohlensauren Kalk und nur 2,1 Theile Gyps, also sehr
                              wenig Gyps neben viel kohlensaurem Kalk, woraus es sich erklärt, daß trotz der
                              Anwendung von Chlorbaryum sich Kesselstein bilden konnte.
                           
                           Da der Kessel auf mechanischem Wege nicht gereinigt werden konnte, wandte man
                              verdünnte Salzsäure in mehreren auf einander folgenden Operationen an, wobei sich
                              trotz der großen dazu verwendeten Menge Säure (circa 6
                              Centner) durchaus keine nachtheilige Einwirkung auf das Kesselblech bemerklich
                              machte, und man entschloß sich nun zur Anwendung von Soda, um nicht bloß den Gyps,
                              sondern auch den kohlensauren Kalk aus dem Wasser abzuschneiden, und so die fernere
                              Bildung von Kesselstein unmöglich zu machen. Zu diesem Zweck wurden 2 Bassins
                              angelegt, von denen jedes 45 württembergische Eimer faßt, das ist die auf 3 Tage
                              nothwendige Wassermenge. Auf jedes Bassin kommen 7 1/2–8 Pfd. calcinirte
                              Soda, und während der Inhalt des einen zum Speisen benützt wird, hat sich das andere
                              vollständig geklärt. Diese Behandlungsart ist nun schon einige Monate im Gange und
                              von einem nachtheiligen Einfluß, den, wie Einige beobachtet haben wollen, die Soda
                              auf den Kessel ausübe, sind nicht die geringsten Spuren zu entdecken. Der Kessel hat
                              sich bis jetzt nicht bloß vollständig dicht gehalten, sondern es ist auch keine
                              Kesselsteinbildung mehr zu bemerken. Außerdem ist der Kohlenverbrauch von 30
                              Centnern täglich auf 20 Ctr. gefallen.
                           Als Curiosum sey eine Stelle aus einem Brief des Besitzers obigen Kessels hier
                              angeführt. „Unser Reservekessel (250 Quadratfuß Heizfläche) war an den
                                 Wandungen über und über mit einer harten Kruste von Kesselstein überzogen, die
                                 sonst immer herausgemeißelt werden mußte. Vorige Woche wurde er 1 1/2 Tage
                                 geheizt und benützt, und hiernach abgelassen; nun zeigte sich, daß die Kruste
                                 verschwunden und dafür ein tüchtiger Haufen Schlamm sich gebildet hatte. Der
                                 Kessel wurde also in 1 1/2 Tagen durch unser neues Soda haltendes Speisewasser
                                 auf die beste und bequemste Weise gereinigt. Chlorbaryum kam nie in diesen
                                 Kessel. Der Schlamm führt gar keine Stückchen bei sich, sondern ist getrocknet
                                 das feinste Pulver.“
                              
                           Diese Erscheinung kann wohl nur so erklärt werden, daß durch das Kochen mit
                              sodahaltendem Wasser der Gyps des Kesselsteins in kohlensauren Kalk übergeführt
                              wurde und so der ganze Kesselstein seinen Zusammenhang verlor. Wenn auch nicht in
                              allen so doch in manchen Fällen von Kesselsteinbildung könnte dieses Mittel gute
                              Dienste thun, und vielleicht entschließt sich der eine oder andere Kesselbesitzer zu
                              diesem so billigen Versuche. (Württembergisches Gewerbeblatt, 1866, Nr. 15.)
                           
                        
                           Messing auf Glas zu kitten.
                           Ein Kitt, um Messing auf Glas zu befestigen, der nicht durch Petroleum angegriffen
                              wird, läßt sich am besten folgenderweise darstellen: Eine heiße Lösung von
                              Tischlerleim wird mit Kalkmilch versetzt, gut durchgerührt und bis zur
                              Syrupconsistenz eingedickt; die Masse als Kitt verwendet, genügt vollkommen.
                              (Neueste Erfindungen.)
                           
                        
                           Verfahren, die Uranerze schnell auf ihren Gehalt zu prüfen;
                              von A. Patera.
                           Ein Verfahren zu diesem Zweck theilte Hr. A. Patera
                              kürzlich in der k. k. geologischen Reichsanstalt (Sitzungs-Verhandlungen vom
                              20. März d. J.) mit.
                           Es wird eine gewogene Menge von der zu probirenden Substanz in Salpetersäure gelöst,
                              wobei ein starker Säureüberschuß möglichst zu vermeiden ist. Die saure Auflösung
                              wird mit Wasser verdünnt und ohne abfiltrirt zu werden, mit kohlensaurem Natron
                              übersättigt. Hierauf wird die Lösung gekocht, um das Uran vollständig zu lösen und
                              um die etwa gebildeten doppelt-kohlensauren Salze von Eisen, Kalk u.s.w. aus
                              der Auflösung zu bringen. Die Lösung von Uranoxyd in kohlensaurem Natron, welche
                              außer Uranoxyd nur Spuren fremder Stoffe beigemengt enthält, wird durch's Filter gegossen und der Rückstand mit heißem
                              Wasser ausgewaschen. Aus der nun alles Uran enthaltenden Auflösung wird dasselbe
                              durch eine Auflösung von Aetznatron als saures uransaures Natron ausgefällt. Der
                              schön orangefarbige Niederschlag wird abfiltrirt, nur wenig gewaschen und
                              getrocknet. Nach dem Trocknen wird der Niederschlag möglichst vom Filtrum getrennt
                              und im Platintiegel geglüht, das für sich verbrannte Filtrum wird dazu gegeben,
                              Beides wird nach dem Glühen auf ein kleines Filtrum gebracht und läßt sich nun sehr
                              gut auswaschen, worauf der ganze Uran-Niederschlag nochmals getrocknet,
                              verbrannt und geglüht wird. Das erhaltene Product ist saures uransaures Natron NaO
                              2(U² O³), aus welchem der Uranoxydoxydulgehalt der Probe, nach welchem
                              der Werth des Erzes bestimmt wird, leicht zu berechnen ist. Es entsprechen nämlich
                              100 Theile saures uransaures Natron 88,3 Theilen Uranoxydoxydul. Zahlreiche Proben,
                              welche im Joachimsthaler Probiergaden vergleichend mit der analytischen Bestimmung
                              gemacht wurden, gaben so nahe übereinstimmende Resultate, daß diese Probe, welche
                              auch von einem in analytischen Arbeiten weniger Geübten leicht ausgeführt werden
                              kann, als Einlöseprobe bei der Uebernahme von Uranerzen benutzt wird.
                           
                        
                           Neue gelungene Versuche mit Nitroglycerin (Sprengöl).
                           Die Sprengöl-Versuche, welche Hr. Alfred Nobel
                              (Firma Alfred Nobel und Comp.)
                              am 29. März auf der Rennkoppel bei Horn in Hamburg in Gegenwart von mehr als 120
                              Personen ausführte, hatten zum Zweck:
                           
                              1)die Ungefährlichkeit des Sprengöls beim Transport und der
                                    Aufbewahrung,
                              2)die Kraft desselben im Vergleich zu dem gewöhnlichen
                                    Pulver,
                              3)die Vorzüglichkeit desselben in der Anwendung zu
                                    Signal- und Nothschüssen nachzuweisen.
                              
                           Zu diesem Behufe wurden folgende Experimente ausgeführt.
                           I. Zum Nachweis der Ungefährlichkeit bei dem Transport und der
                                 Aufbewahrung.
                           A. Ungefährlichkeit durch Schlag und Friction:
                           1) Auf einem kleinen Amboß wurden einige Tropfen Sprengöl ausgebreitet. – Bei
                              sehr starken Schlägen mit einem Hammer explodirte nur das zwischen Hammer und Amboß
                              befindliche Sprengöl, mit gewaltigem Knall, ohne jedoch die Explosion auf das
                              unmittelbar daranfließende Oel fortzupflanzen.
                           2) Auf ein Bret wurde Sprengöl ausgegossen. – Trotz der kräftigsten Schläge
                              mit einem Hammer darauf, trotz des Reibens mit einem Stück Holz und den
                              Stiefelsohlen war das Sprengöl nicht zum Explodiren zu bringen.
                           Aus diesen Versuchen ist nachgewiesen, wie das Sprengöl wohl schwerlich unter irgend
                              welchen Verhältnissen beim Transport durch Schlag oder Friction zum Explodiren
                              gebracht werden könnte, sondern daß vielmehr eine Explosion (wie von Hrn. Nobel angegeben), nur dann stattfinden kann, wenn das
                              Sprengöl in einem vollständig und fest eingeschlossenen Raum sich befindet, in
                              welchem die Luft stark zusammengepreßt, somit ein Ausweichen unmöglich ist. –
                              Um allen Eventualitäten in dieser Beziehung vorzubeugen, werden die Sprengölflaschen
                              von Eisenblech, wie die gegenwärtig vorgezeigten, in starke mit eisernen Reifen
                              beschlagene Kisten verpackt und der Zwischenraum von 1 Zoll mit dem sehr elastischen
                              Kieselguhr ausgefüllt; dabei ist die Vorsicht zu beachten, daß die Flaschen nur zu
                              4/5 des Inhalts gefüllt werden. – Wie in Schweden ausgeführte Versuche
                              dargethan haben, woselbst solche Kisten von bedeutender Höhe auf Felsen
                              herabgestürzt sind, ist das darin befindliche Sprengöl nicht explodirt.
                           B. Ungefährlichkeit durch
                                 Feuer.
                           1) Ein Quantum Sprengöl wurde in eine Porzellanschale gegossen. – Mit
                              brennendem Schwefelholz und mit Papierfidibus wurde das Oel, welches sich an den
                              zündenden Körper anheftete, wohl zur Entzündung gebracht, ohne zu explodiren, das
                              Feuer aber erlosch, sobald der zündende Körper entfernt wurde.
                           2) Auf ein Bret wurde Sprengöl, auf ein anderes Brennspiritus ausgegossen. –
                              Während letzterer durch ein Schwefelhölzchen sich sofort entzündete, und ohne
                              gelöscht werden zu können, bis auf den letzten Tropfen mit gewaltiger Gluth
                              verbrannte, erlosch das Sprengöl sofort, als der brennende Fidibus fortgenommen
                              wurde.
                           3) In einen offenen Glascylinder war circa 1/2 Pfund
                              Sprengöl gegossen. Derselbe war in die Erde gesteckt, und es wurde das Sprengöl
                              durch eine Gutta-percha-Pulverzündschnur in Brand gesteckt und darin
                              gelassen. – Da der Gutta-percha-Zünder mit heller Flamme brannte, so
                              brannte auch das Oel ohne jedoch zu explodiren. Man konnte deutlich noch auf 30 Fuß
                              Entfernung das Kochen und Wallen des Oeles im Glase hören.
                           Durch diese Versuche hat Hr. Nobel deutlich bewiesen, wie
                              wenig Gefahr das Oel darbietet, wenn es einmal in Brand gerathen ist. Aus den
                              Packflaschen ausgelaufenes und entzündetes Sprengöl wird nie explodiren; selbst wenn
                              die Flamme in die Blechflaschen hineindringt, wird eine Gefahr nicht entstehen
                              können, denn wo die helle Flamme mit dem Oel in Berührung kommt, kann es wohl
                              brennen, wie wir gesehen haben, aber dadurch nicht auf die
                              Explosions-Temperatur (180° C.) gebracht werden; bei schon niedrigerer
                              Temperatur, jagen wir 100°, verbrennt es harmlos. Es können die brennenden
                              Theile des Oels auch die Temperatur der übrigen Theile nicht bis zur Explosionshitze
                              erhöhen, denn lange bevor solche eintritt, geht das Oel in Feuer über. Wo aber die
                              Flamme zu dem Oel nicht hinzutreten kann, sondern z.B. von außen ein Gefäß mit
                              Sprengöl umgibt, muß, wenn das Feuer intensiv genug ist, unbedingt die Explosion des
                              Sprengöls erfolgen, denn in solchem Falle steigert sich die Wärme mehr und mehr, bis
                              die ganze Masse 180° Hitze erreicht hat. bei welcher die Explosion
                              stattfindet. Demnach: wo und wenn das Sprengöl durch Feuer in
                                 Flammen gerathen kann, ist es ungefährlich, wo es aber, ohne verbrennen zu
                                 können, erhitzt wird, ist Gefahr im Verzuge, und aus diesem Grunde muß das
                              Oel in verkorkten Flaschen in feuerfesten Räumen aufbewahrt werden.
                           II. Zum Nachweis der Kraft im Vergleich zu gewöhnlichem
                                 Pulver.
                           Da Felsen, Eisenstücke etc. um die Kraft des Sprengöls nachzuweisen nicht zugänglich
                              waren, mußten Versuche in Erde und Wasser ausgeführt werden, trotzdem solche nur
                              annähernd den Effect des Sprengöls nachweisen können.
                           A. Versuche durch Erdsprengungen.
                           1) Es wurden 2 Blechhülsen von 1 1/4 Zoll Durchmesser und 8 Zoll Länge mit circa 4 Neuloth Sprengöl gefüllt, und dieselben durch
                              einen Holzpfropfen mit einer durchgehenden Zündschnur, an dessen Ende ein
                              Zündhütchen sich befindet, fest verschlossen. Diese Blechhülsen wurden etwa 1 Fuß
                              tief vergraben und die Schüsse entzündet. Die Erde wurde mehrere Fuß im Umfange und
                              in die Tiefe hinein aufgelockert, und es flogen die Erdstücke mehr als hundert Fuß
                              hoch in die Luft hinauf.
                           2) Als Vergleich wurde eine gleich große Blechhülse wie die oben erwähnte mit Pulver
                              gefüllt, in gleicher Tiefe vergraben und der Schuß entzündet. – Es hob dieser
                              Schuß die Erde nur etwa 15 Fuß mit nur geringer Aushöhlung der Erde.
                           B. Versuche durch Wassersprengungen.
                           1) Eine Blechhülse gleicher Größe wie die vorerwähnten wurde mit Pulver gefüllt, mit
                              einem Holzstück verschlossen, durch die Zündschnur angezündet und in den kleinen
                              Teich hineingeworfen. – Durch die stattfindende Explosion wurde das Wasser
                              nur wenige Fuß hoch gehoben.
                           2) Drei gleich große Blechhülsen wurden mit Sprengöl gefüllt, und ähnlich wie bei den
                              Erdschüssen geladen und nach einander in's Wasser hineingeworfen. Einer dieser
                              Schüsse versagte, weil der Holzstöpsel nicht stark genug festgeklemmt war, um
                              genügenden Widerstand zu leisten, um das Oel zur Explosion zu bringen, weßhalb bei
                              Explosion des Zündhütchens nur der Holzstöpsel herausgeworfen wurde. Die beiden
                              anderen Schüsse wirkten mit dem Erfolge, daß das Wasser mehrere hundert Fuß in Form
                              einer Säule gehoben wurde, und in der Luft in feine Atome zerborst.
                           3) Eine starke runde Blechflasche mit circa 2 1/2 Pfd.
                              Sprengöl gefüllt, wie vorher beschrieben geladen, entlud sich mit prachtvollem
                              wirklich pompösen Effect. Eine Wassersäule, ähnlich einer großen Fontaine von etwa 8
                              bis 10 Fuß im Durchmesser, wurde auf anschläglich 3–400 Fuß Höhe gehoben, von
                              welcher sie stäubend in den Teich zurückfiel. Lange Zeit vergieng, bis das letzte
                              hochgeschleuderte Wasser, als Nebel zertheilt, zurückgefallen war. – Rund um
                              den Centralpunkt der Explosion hob sich das Wasser wellenförmig, um in den
                              gebildeten Crater hineinzustürzen, die Erde erzitterte und der Boden des Teiches
                              schien tief aufgewühlt zu seyn.
                           III. Zum Nachweis der Verwendbarkeit des Sprengöls zu
                                 Signal- und Nothschüssen.
                           Von dem Gesichtspunkte ausgehend, daß es zu Signal- und Nothschüssen von
                              größter Wichtigkeit sey, wenn der Knall möglichst stark und von der höchstmöglichen
                              Höhe ausgehe, um in
                              weiter Ferne gehört zu werden, hatte Hr. Nobel nach
                              Ueberlegung von dem hiesigen Feuerwerker Hrn. Berkholtz
                              Raketen anfertigen lassen, welche auf eine Höhe von 800–1000 Fuß getrieben,
                              ein Quantum von nur circa 1/6 Pfd. Sprengöl, in einer
                              Blechhülse von 1 1/8 Zoll Durchmesser und 2 1/2 Zoll Länge eingeschlossen,
                              enthielten. – Es wurden von diesen Raketen 5 Stück aufgelassen; dieselben
                              stiegen auf eine kaum mehr sichtbare Höhe und entluden sich daselbst mit einem
                              ungeheuren Knall, welcher meilenweit hörbar gewesen seyn muß.
                           Bei vor 14 Tagen auf der Fabrik der HHrn. Alfred Nobel und
                              Comp. am Abend ausgeführten Versuchen war der Knall
                              in einer Entfernung von 1 1/2 Meilen von einem Arzte gehört worden, trotzdem
                              derselbe in seinem zugemachten Wagen saß, und bemerkte derselbe einen weißen
                              Feuerschein von dem Schusse ausgehend, welche Erscheinung auch bei den auf der
                              Sternschanze hierselbst vor wenigen Tagen aufgegebenen Raketen bemerkbar war.
                           Um Signalschüsse auch ohne Raketen geben zu können, ließ Hr. Nobel eine mit Sprengöl gefüllte Papierpatrone von 1/2 Zoll Durchmesser
                              und 3 Zoll Länge abschießen, durch welche ein Knall, einem Kanonenschuß ähnlich,
                              hervorgebracht wurde. (Hamburger Gewerbeblatt, 1866, Nr. 13 und 14.)
                           
                        
                           Lucas' Anilinschwarz.
                           Dr. Max Vogel theilt über ein
                              neues Anilinschwarz, dessen Darstellungsweise noch Geheimniß ist, in seinem
                              Schriftchen: „Die Entwicklung der Anilin-Industrie“
                              (Leipzig 1866, bei O. Spamer) Folgendes mit:
                           Das neueste und beste Anilinschwarz kommt unter dem Namen „Noir d'Aniline-
                                 Lucas“ –
                              Anilinschwarz-Lucas“
                              – in den Handel, während es die Engländer „Petersen's
                                 Anilin-Black“ nennen. Dieses
                              interessante Product wird als schwarze Druckfarbe von Friedr. Petersen in St. Denis, Villeneuve la Garenne,
                              fabricirt, eine Firma, an die der Erfinder Lucas sein
                              Geheimniß abtrat. Für Deutschland hat die Fabrik von Friedr. Krimmelbein in Leipzig die Einführung der Lucas'schen Erfindung übernommen. Lucas, ein
                              Franzose, welcher längere Zeit Colorist in einer bedeutenden Fabrik Rouens war,
                              machte bereits im Jahre 1863 seine wichtige Entdeckung und brachte sie bei den
                              schwarz zu bedruckenden Zeugen schon längst in Ausübung, ohne das Geheimniß
                              irgendwie zu verrathen. Vielmehr schloß er, nachdem er die Ronener Kattundruckerei
                              verlassen, mit dem Fabrikanten Fr. Petersen in
                              Schweizerhalle und St. Denis einen Vertrag ab, wornach dieser die Herstellung und
                              den Verkauf des „Anilinschwarz-Lucas“ übernahm. Die werthvollste Eigenschaft desselben ist
                              die, daß es bereits als Farbe besteht und zu seiner vollständigen Entwickelung nur
                              einer geringen Oxydation bedarf. Als flüssige schwarze Masse in den Handel kommend,
                              braucht es nur mit Stärke verdickt, aufgedruckt und oxydirt zu werden, um dem Zeuge
                              die brillantesten Nüancen zu verleihen. Bis jetzt bekam der Drucker von den
                              chemischen Fabriken nur das salzsaure Anilin geliefert und die lästige Präparation
                              der schwarzen Farbe war ihm vorbehalten; jetzt fallen diese Uebelstände für den
                              Coloristen weg, er bekommt ein fertiges Product in die Hände. Das
                              „Anilinschwarz-Lucas“
                              übertrifft durch seine vortheilhaften Eigenschaften, Schönheit und Solidität alle
                              ähnlichen schwarzen Farben und vor Allem das so beliebte Garancin-Schwarz.
                              Die Einfachheit in seiner Anwendung und der dazu nöthigen Geräthschaften, die
                              Billigkeit, Aechtheit und Schönheit der vollständig entwickelten Farbe lassen
                              voraussehen, daß das neue Schwarz, wie dieß wirklich in Manchester und Mühlhausen
                              (im Elsaß) geschehen, Sensation erregen wird.
                           Gebrauchsanweisung. Man nehme auf 1 Thl. Anilinschwarz 8,
                              10, 12, 15 Thle. Stärkekleister. Dieser große Spielraum bei der Verdickung ist
                              vorsätzlich angegeben, um wohl hervorzuheben, daß die Concentration der Farbe von
                              dem Stoffe abhängig ist, von der Tiefe der Gravure und besonders von dem Drucksystem
                              (Hand- oder Maschinendruck). Da das Schwarz sich an der Luft von selbst
                              oxydirt, wird es nicht gedämpft. Eine Beschleunigung der Oxydation tritt ein, wenn
                              die Stücke in einem etwas feuchten Raum bei einer Temperatur von 30 bis 35°
                              C. aufgehängt werden. – Die Degummirung geschieht kalt, lauwarm oder warm in
                              alkalischen oxydirenden Bädern. Als Muster einer Degummirung mag ein 30° C.
                              warmes Bad, enthaltend 2–10 Gramme krystallisirte Soda, je nach der Quantität
                              des Farbstoffes auf dem Zeuge, dienen. Es sollen keine stählernen Rakeln, sondern Compositionsrakeln für
                              die Walzen angewandt werden. Auf diese Weise können 5 Stück von 100 Mtrn., also 500
                              Mtr., gedruckt werden, ohne an die Rakel zu rühren. Die Unterlagtücher (Mitläufer)
                              werden, wenn sie nicht geschützt sind, von dem Schwarz angegriffen; dieß ist der
                              einzige Uebelstand bei der Application der neuen Farbe, und solche Uebelstände
                              existiren fast für jedes einzelne Druckpräparat. Wenn man die Unterlagtücher vor dem
                              Drucke in einer Lösung von essigsaurem Bleioxyd passirt, bleiben sie unversehrt,
                              denn das wenige Schwarz, welches sich durchdrückt, greift nicht an und die
                              Unterlagtücher können leicht gereinigt werden. Von Manchester aus wird empfohlen,
                              die Unterlagtücher, anstatt durch essigsaures Bleioxyd, durch eine Sodalösung zu
                              ziehen. Das Schwarz hat bereits seine Anwendung auf Artikel, wie Moleskin,
                              Doublures, Chinées, Fondblancs etc., gefunden; es ersetzt mit Vortheil das
                              bekannte Applicationsschwarz auf Garancin-Grund (Violett, Türkischroth) und
                              nähert sich in Betreff seiner Befestigung, sowie seiner Anwendung und der nöthigen
                              Geräthschaften dem Catechu-Garancin.
                           Anilin-Olive. 1 Theil holzessigsaures Eisen, à 10° Baumé, 1 Th.
                              Anilinschwarz-Lucas und 10 Th.
                              Stärkeverdickung geben ein Applicationsolive, welches alle Eigenschaften des Schwarz
                              besitzt und die Aufmerksamkeit der Fabrikanten verdient.
                           Anilin-Orange. Neben dem Anilinschwarz wird
                              essigsaures Bleioxyd aufgedruckt. Man läßt das Schwarz 2–3 Tage sich
                              oxydiren; degummirt in Sodawasser, wodurch das Schwarz hervortritt und das Bleioxyd
                              fixirt wird. Nun passirt man durch doppelt-chromsaures Kali und alsdann durch
                              caustischen Kalk, um das Chromgelb oder vielmehr „Orange“ zu
                              entwickeln.
                           Die einzige Concurrenz könnte dem Anilinschwarz-Lucas nur das Anilinschwarz von Lightfoot und
                              Lauth bereiten, denn dieses ist einmal allgemein
                              eingeführt und wird schon seil längerer Zeit sowohl von Walzendruckereien als auch
                              von Handdruckereien so schön fabricirt, daß man diesen Artikel jetzt allgemein
                              trägt. Allein, wie hervorgehoben, das Schwarz von Lucas
                              ist für den Drucker einfacher, da er das Schwarz Lightfoot's und Lauth's, weil es sich nicht
                              hält, kurz vor der Application selbst bereiten muß; dieselben Uebelstände bezüglich
                              der Unterlagtücher beim Walzendruck hängen den letzteren Verfahrungsweisen an, und
                              schließlich stellt sich das Lucas-Schwarz auch
                              noch als das billigste heraus. Was aber den entschiedensten Ausschlag zur
                              Bevorzugung unserer Farbe geben wird und bereits gegeben hat, ist, daß man dieselbe
                              auch zum Stück- und
                                 Strangfärben verwenden kann. Das Färben geschieht einfach, indem man 1 Thl.
                              Lucas-Schwarz in 10 Thln. Wasser so gut wie
                              möglich löst und von dieser. Lösung so viel nimmt als nöthig ist, um einen Strang
                              gehörig damit einzutränken, denselben ausringt und wieder etwas von der Auflösung
                              zusetzt etc. Die einzelnen Stränge werden alsdann 2–3 Tage an die Luft
                              gesetzt und nun durch ein Bad von Soda gezogen, gespült und getrocknet. Das Schwarz,
                              auf diese Weise gefärbt, kann dem Färber höchstens 25–30 Centimes zu stehen
                              kommen und er hat ein durchaus achtes Schwarz. Die Stückfärberei geschieht auf
                              ähnliche Weise. Gegenwärtig steht der Preis des Anilinschwarz von Lucas auf 20 Sgr. per Pfund
                              bei Abnahme größerer Quantitäten.
                           
                        
                           Billiges Anilinroth und dessen Anwendung zur Herstellung von
                              Modefarben, gelbbraunen und rothbraunen Farben.
                           Seit einiger Zeit kommt im Handel ein Anilinroth vor, welches zu dem höchst billigen
                              Preise von 25 bis 30 Sgr. per Zollpfund verkauft wird.
                              Die Form ist entweder Pulver oder Krystalle. Die Anilinfarbenfabrik von Joh. Rud.
                              Geigy in Basel, mit deren Fabricat wir am besten
                              gearbeitet, verkauft dasselbe in Krystallform unter dem Namen Cerise, und haben nachstehende Notizen Bezug auf eben dieses Präparat.
                           Auflösungsweise. – 1 Pfd. Cerise wird mit 6 Pfd.
                              Essigsäure angerieben und in einer Kruke resp. irgend einem steinernen Gefäße über
                              Nacht in eine warme Flotte eingehängt. Am anderen Morgen gibt man dieses Gemisch in
                              einen Kessel voll heißen Wassers, der ungefähr 15 bis 20 Handeimer faßt, läßt einige
                              Zeit gut aufkochen, schäumt sehr gut ab und decantirt oder filtrirt alsdann. Die so
                              gewonnene braunrothe Flüssigkeit kann nun direct zum Färben benutzt werden.
                           Das Färben mit der Auflösung von Cerise. – Färbt
                              man Wolle mit der obigen Auflösung, so erhält man direct eine Nüance, welche
                              zwischen Ponceau und Carmoisin liegt: Cerise. Diese Farbe läßt sich beliebig mittelst Fuchsin
                              (bläulich), Orseille oder Persio und Curcuma nüanciren.
                           Ungleich wichtiger, als die Benutzung der sich direct ergebenden Nüancen, ist die
                              Anwendung dieses Farbstoffes zur Herstellung von braunen Farben, den braunen
                              Ausläufern der Ponceau-, Carmoisin-, kurz aller rothen Schattirungen
                              sowohl, als auch von gewöhnlichem Dunkelbraun.
                           Die Farben haben das Feuer von Orseille-Braun, stellen sich jedoch noch um die
                              Hälfte billiger, als Rothholz-Braun.
                           Um 60 Pfd. Wollengarn dunkelbraun zu färben, wurden gebraucht:
                           2 1/2 Pfd. schwefelsaure Indigolösung (s. unten),
                           1 Pfd. Cerise,
                           6 Pfd. Essigsäure.
                           Schwefelsaure Indigolösung. – 2 Pfd. gepulverter
                              Indigo werden in 8 Pfd. rauchender Schwefelsäure gelöst und dann mit 14 Pfd. Wasser
                              verdünnt.
                           Das Färben an und für sich ist sehr einfach und geht sehr rasch von Statten, da sich
                              die Garne sehr egalisiren. Ein Uebelstand ist der, daß die braune Farbe einigermaßen
                              abfärbt, doch läßt sich auch dieß vermeiden, wenn man beim Ausfärben etwas Weinstein
                              mit verwendet.
                           Bei Modefarben und gelbbraunen Farben läßt sich das Cerise auf das Vortheilhafteste
                              als Ersatzmittel für Persio und Orseille verwenden; man gebraucht dabei als Sud
                              Weinstein und Alaun.
                           Das Cerise von J. R. Geigy in Basel hat sich als das
                              ergiebigste und die schönsten Nüancen liefernde Präparat herausgestellt, weßhalb wir
                              dasselbe mit vollem Recht empfehlen können. (Musterzeitung für Färberei, Druckerei
                              etc., 1866, Nr. 7.)
                           
                        
                           Perret's
                              Verfahren zur Darstellung von Citronensäure aus Citronensaft.
                           Die industriellen Hülfsquellen Siciliens und der Mangel an einem praktischen
                              Verfahren machen die Darstellung der Citronensäure an dem Productionsorte der
                              Früchte unmöglich. Die Schnelligkeit, mit der sich der an Ort und Stelle
                              dargestellte Saft, der citronensaure Kalk, sowie die Früchte selbst zersetzten, hat
                              den Fabrikanten, welche dieselben aus Sicilien bezogen, große Verluste verursacht.
                              Diese Nachtheile hat nun Perret dadurch beseitigt, daß er
                              ein dreibasisches Magnesiasalz darstellt und dieses in ein krystallisirbares
                              zweibasisches umwandelt. Der frische Citronensaft wird direct mit überschüssiger
                              Magnesia, die in Italien leicht zu erhalten ist, behandelt und so ein völlig
                              unlösliches dreibasisches Magnesiasalz der Citronensäure erhalten, das sich nicht
                              verändert und, wenn heiß gefällt, ein körniges, sehr dichtes, sich leicht vom Wasser
                              abscheidendes Pulver darstellt. Unter der Loupe läßt sich dieses Pulver als aus
                              einer Masse kleiner prismatischer Krystalle bestehend erkennen; von der Mutterlauge
                              durch Auswaschen gereinigt und getrocknet, widersteht es der Feuchtigkeit und Hitze
                              sehr lange. Dieses Salz könnte als solches versendet werden, besser aber stellt man
                              eine an Citronensäure reichere Verbindung dar. Dazu behandelt man das dreibasische
                              Salz mit einer gleichen Menge frischen Citronensaftes wie man zuerst angewendet hat,
                              wobei man es in kleinen Mengen in heißen Saft wirft, in welchem es sich sofort löst.
                              Die so erhaltene Lösung des zweibasischen Salzes läßt man absetzen, decantirt,
                              verdampft in flachen Gefäßen bis zu 23° Baumé und läßt dann
                              krystallisiren. (Bulletin de la Société
                                 chimique, Januar 1866; deutsche Industriezeitung, 1866, Nr. 16.)
                           
                        
                           Verwerthung von Pferdecadavern.
                           In der Scharsrichterei zu Leipzig wird das Blut der gestochenen Pferde entweder auf
                              Blutalbumin und eingetrocknetes Blut verarbeitet oder sofort zu sogenanntem
                              Blutdünger eingekocht. Die Häute (Werth durchschnittlich 3 1/2 Thlr.) werden in die
                              mit der Scharfrichtern verbundene Lohgerberei abgeliefert; das Lohgaarmachen
                              derselben nach der gewöhnlichen Methode erfordert circa
                              1/2 Jahr. Von den Roßhaaren werden die Schweifhaare mit 50–62 Thlrn., die
                              Kammhaare (zum Polstern) mit 20–25 Thlr., die ganz kurzen Haare (an
                              Teppichfabriken) zu 3–4 Thlr. per Ctr. verkauft.
                              Die Hufe, theils in Blutlaugenfabriken verarbeitet, theils zu ordinären Hornknöpfen
                              und im gemahlenen
                              Zustand zum Düngen verwendet, werden mit 3–5 Thlrn. per Centner bezahlt.
                           Das abgehäutete Thier wird nach Beseitigung der Excremente in 4 Theile zerlegt und
                              ohne Weiteres (also die Fleisch-, Fett- und Knochenmassen) in große
                              Papin'sche Cylinder gebracht. Es sind dieß sehr starke, große, eiserne Cylinder, mit
                              hermetisch schließendem Deckel und zwei Abflußhähnen, von welchen der eine am Boden
                              des Cylinders, der andere ungefähr in 1/4 seiner Höhe angebracht ist, sowie mit
                              Sicherheitsventil und Manometer versehen. In einen solchen Cylinder können auf
                              einmal die Viertheile von 3–4 Pferden eingefüllt werden. Ist der Cylinder
                              angefüllt, so wird er fest verschlossen und nun gespannter Wasserdampf von circa 2 Atmosphären Druck zugeleitet; der zuerst
                              zutretende Dampf verdrängt die Luft, die man durch Oeffnen eines Hahnes entweichen
                              läßt und verdichtet sich sofort zu Wasser, welches die anhaftenden Bluttheile und
                              Unreinigkeiten aufnimmt. Man läßt daher dieses Condensationswasser so lange aus dem
                              untersten Hahne abfließen, bis es ganz klar und rein ist. Nachdem der Inhalt auf
                              diese wirksame Weise vollständig gewaschen und die ganze Masse durch den Dampf
                              erhitzt ist, schließt man den Cylinder vollständig und läßt nun den Dampf ungefähr 8
                              Stunden lang mit vollem Druck vom Dampfkessel aus auf die Masse wirken. Während
                              dieser Zeit tritt in Folge der Wirkung des heißen Dampfes das Fett aus dem Gewebe
                              heraus, alle häutigen und sehnigen Theile verwandeln sich in Leim, auch die Knochen,
                              wenigstens die schwächeren, werden ganz erweicht und ihr Bindegewebe in Leim
                              übergeführt, der sich zugleich mit den aus dem Fleische ausgezogenen löslichen
                              Stoffen in dem Wasser auflöst, welches sich bei dieser Behandlung durch Verdichtung
                              des Dampfes bildet. Es sammeln sich daher in dem unteren, durch einen Siebboden von
                              den eingefüllten Thieren getrennten leeren Theile des Cylinders zwei scharf
                              getrennte Flüssigkeitsschichten an, nämlich eine untere, welche den Leim und die aus
                              dem Fleische extrahirten Stoffe in Wasser gelöst enthält und eine obere, welche aus
                              dem ausgeschmolzenen ganz klaren Fette besteht. Man sieht daher, daß diese Methode
                              des Ausschmelzens des Fettes und der Gewinnung der Leimsubstanz in jeder Hinsicht
                              ganz vorzüglich ist; denn sie liefert ein durchaus reines klares Fett und es
                              verbreitet sich während dieser Operation keinerlei Geruch, da die Cylinder
                              hermetisch verschlossen sind. Alle Uebelstände des gewöhnlichen Fettausschmelzens
                              sind also hier gründlich beseitigt und bei der Festigkeit der Cylinder sind
                              Explosionen in Folge des Dampfdrucks nicht möglich. Nach vollendeter Wirkung des
                              Dampfes in den Cylindern wird nun zunächst das Fett durch Oeffnen des oberen Hahnes
                              abgelassen und ohne Weiteres aufgesammelt und hierauf die Leimlösung aus dem unteren
                              Hahne. Das aus Pferden nach dieser Methode gewonnene Fett ist bei mittlerer
                              Temperatur flüssig, wird aber in der Kälte halbflüssig und starr. Es kommt unter dem
                              Namen Kammfett in den Handel und kostet per Ctr. circa. 14 Thlr. Dieses Kammfett eignet sich besonders
                              zum Schmieren von Maschinen, zum Einfetten der Wolle und wird auch zur Darstellung
                              der sogen. Elaïnseife oder Schmierseife (einer ganz weichen Kaliseife) für
                              die Tuchfabrication benutzt. Die aus dem Cylinder abgelassene Leimflüssigkeit ist
                              nicht zur Leimbereitung geeignet, da sie außer Leim zugleich die Extractivstoffe des
                              Fleisches enthält und da überdieß der Leim selbst durch die anhaltende Wirkung des
                              Dampfes etwas modificirt ist. Diese Flüssigkeit wird daher in einem besonderen, mit
                              Mantel versehenen und daher mit Dampf erhitzbaren Kessel eingedampft, bis sie sich
                              in eine zähe, fadenziehende syrupartige Masse verwandelt hat, das so gewonnene
                              Product aber unter dem Namen Bonesize (Knochenleim) in
                              den Handel gebracht und in der Tuchweberei zur Bereitung der Schlichte benutzt. Das
                              Bonesize bleibt immer flüssig, geht nicht in Fäulniß
                              über; der Centner davon kostet drei Thaler. Ist das ausgeschmolzene Fett und die
                              Leimflüssigkeit abgelassen worden, und sind die Cylinder etwas verkühlt, so werden
                              sie geöffnet, entleert und die ganze ausgekochte Masse auf einer Darre getrocknet.
                              Hierbei entwickelt sich kein fauliger, sondern ein eigenthümlich süßlicher Geruch,
                              der jedoch leicht durch passende Vorrichtungen beseitigt werden kann. Aus der
                              gedörrten Masse werden dann die Knochen ausgelesen und die ganz ausgekochten zu
                              Knochenmehl für landwirthschaftliche Zwecke gemahlen, die großen im Innern noch hart
                              gebliebenen Knochen dagegen zu Knochenkohle oder sogen. Klärkohle für die
                              Zuckerfabriken gebrannt. Auch das Fleisch wird gemahlen und das gewonnene
                              Fleischmehl als wirksames Düngmittel sehr geschätzt. (Blätter für Gewerbe, Technik
                              und Industrie.)