| Titel: | Historische und praktische Untersuchungen über die Natur des Goldpurpurs; von J. C. Fischer. | 
| Autor: | J. C. Fischer | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XV., S. 31 | 
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                        XV.
                        Historische und praktische Untersuchungen über
                           die Natur des Goldpurpurs; von J. C.
                              Fischer.
                        Fischer, über die Natur des Goldpurpurs.
                        
                     
                        
                           A. Vorschriften zur Darstellung des Goldpurpurs.
                           Als Entdecker des Goldpurpurs wird gewöhnlich Cassius
                              genannt; aber schon lange vor ihm hatten Basilius
                                 Valentinus, dann Glauber und Kunkel beobachtet, daß durch Einwirkung des Zinns auf
                              Goldsalze ein purpurfarbiges Product entsteht, welchem sie die Namen purpurne
                              Goldseele, Königsmantel, rother Löwe etc. gaben, dessen Anfertigung sie aber geheim
                              hielten. Cassius war nur der erste, der ein Verfahren zu
                              seiner Darstellung, jedoch sehr unvollständig, beschrieb. Orschall bereitete den Purpur und wendete ihn mit Erfolg zur Färbung
                              künstlicher Steine und Gläser an. D'Arclais de Montamy
                              gibt mehrere Methoden zu seiner Darstellung an, und betont dabei besonders, daß man
                              die betreffenden Metalle rein anwenden, auch das Gefäß, worin das Zinn gelöst werde,
                              gut verstopfen müsse, damit das Phlogiston nicht entweiche.
                           Als unerläßliche Bedingung zur Bildung des Goldpurpurs hat sich herausgestellt, daß
                              die Zinnlösung, welche mit der Goldlösung zusammenkommt, Oxydul, resp. chlorürhaltig
                              seyn muß; denn solche, welche nur Oxyd, resp. Chlorid,
                              enthält, verhält sich gegen die Goldlösung ganz indifferent. Aber die Ansichten, ob
                              das Oxydul (Chlorür) allein zur Purpurbildung ausreiche oder ob dazu eine gewisse
                              Menge Oxyd (Chlorid) erforderlich sey, gehen weit auseinander. Hören wir zuerst, was
                              Buisson darüber sagt:
                           
                              „Von der gleichzeitigen Existenz dieser beiden Salze (Zinnchlorür und
                                 Zinnchlorid) innerhalb gewisser Grenzen hängt die Güte des Products ab, und der
                                 Wandelbarkeit ihres Verhältnisses darf man die beobachteten Anomalien
                                 größtentheils zuschreiben, denn
                              
                           
                              1) möglichst neutrales Zinnchlorür bringt, je nach seiner Menge und
                                 Concentration, in einer ebenfalls neutralen Goldlösung einen kastanienbraunen
                                 oder blauen, oder grünen oder metallischen Niederschlag hervor, der also niemals
                                 purpurn ist;
                              
                           
                              2) reines Zinnchlorid erzeugt in Goldlösung unter keinen Umständen eine
                                 Veränderung;
                              
                           
                              3) ein ziemlich neutrales Gemisch von 1 Zinnchlorür und 2 Zinnchlorid gibt mit 1
                                 Goldchlorid augenblicklich einen schönen purpurnen Niederschlag, dessen Farbe
                                 und Intensität sich gleich bleiben;
                              
                           
                           
                              4) Zinnchlorür im Ueberschuß nüancirt den Niederschlag in's Gelbe, im großen
                                 Ueberschuß in's Blaue, Grüne und Goldgelbe;
                              
                           
                              5) Zinnchlorid im Ueberschuß macht den Anfangs braunen Niederschlag roth, und bei
                                 größerem Ueberschuß violett;
                              
                           
                              6) ein Ueberschuß von Goldsalz hat wenig Einfluß, besonders in der Kälte, aber in
                                 der Wärme macht er den violetten oder kastanienbraunen Niederschlag nach und
                                 nach roth;
                              
                           
                              7) saures Zinnchlorür gibt in saurer Goldlösung einen rothen Niederschlag,
                                 welcher aber nach Oberkampf nicht durch das Chlorür,
                                 sondern durch das aus der Einwirkung der Säure auf das Chlorür erzeugte Chlorid
                                 entstehe.“
                              
                           Golfier-Besseyre bekam beim Zusammenbringen sehr
                              verdünnter Zinnchlorürlösung mit überschüssiger Goldlösung einen schönen Purpur, und
                              bei Wiederholung des Versuches mit der Abänderung, daß dießmal kein Gold gelöst
                              blieb, einen noch schöneren, der sich sogleich in großen Flocken abschied. Als die
                              Zinnlösung ein wenig vorherrschte, fiel der Niederschlag orangefarben, bei noch mehr
                              Zinnlösung korinthenfarben aus, bedurfte auch zum Absetzen mehrerer Tage, und
                              erschien erst nach gutem Auswaschen carmoisin- bis purpurroth. Wurde bei der
                              Fällung Salpetersäure zugesetzt und erhitzt, so erhielt man einen violetten
                              Niederschlag.
                           Nach Gay-Lussac gaben Gemenge von Zinnchlorür und
                              Zinnchlorid in gewissem Verhältniß, wenn in der Kälte operirt wurde, mit Goldlösung
                              blaue Fällungen, jedoch von sehr verschiedener Zusammensetzung. Aus seinen Versuchen
                              folgert er weiter:
                           1) will man gleichartige Producte erhalten, so muß man die Solutionen rasch
                              mischen;
                           2) der Grad der Verdünnung der Flüssigkeiten hat nur bis zu einer gewissen Grenze
                              Einfluß;
                           3) nur das Zinnchlorür besitzt die Eigenschaft, das Gold zu reduciren und Purpur zu
                              erzeugen, nicht aber das Zinnchlorid. Eine gewisse Menge Chlorür reducirt immer eine
                              entsprechende Menge Goldchlorid; setzt man ersteres im Ueberschuß zu, so wird die
                              vollständige Bildung des Purpurs in solchem Grade verzögert, daß man die freiwillige
                              Zersetzung des Ueberschusses abwarten muß, um allen Purpur sammeln zu können. Man
                              vermag zwar die Zersetzung des überschüssigen Zinnchlorürs zu beschleunigen, dann
                              aggregirt sich aber das nicht gefällte Gold auf eine eigenthümliche Weise und es
                              entsteht Blau, welches, mit dem schon gebildeten Purpur gemengt, Violett gibt;
                           4) Säuren, Kochsalz, schwefelsaures Kali verzögern ebenfalls die vollständige Bildung
                              des Purpurs.
                           
                           Lentin schreibt zur Bereitung des Goldpurpurs vor, das
                              Zinn in Salzsäure aufzulösen, und in die Lösung so lange Salpetersäure zu tröpfeln,
                              bis eine herausgenommene Probe mit Goldsolution einen schönen Purpur gibt. Sollte
                              man zu viel Salpetersäure angewandt haben, so fällt der Purpur erst dann, wenn man
                              ein Stückchen Zinn auf kurze Zeit in die Mischung legt.
                           Lampadius stellt den Purpur dar, indem er das Goldchlorid
                              in 5–600 Theilen Wasser löst und, je nachdem derselbe heller oder dunkler
                              werden soll, mit 1 bis 5 Proc. rauchender Salpetersäure versetzt und einen platten
                              Zinnstab hineinstellt.
                           Pelletier bereitet den Purpur durch Zusammenbringen von
                              Zinnspänen mit Goldsolution. Elsner verwirft jedoch diese
                              Vorschrift, mit dem Hinzufügen, daß der Purpur am besten und schönsten ausfalle,
                              wenn man in eine sehr verdünnte Goldlösung die stark verdünnte
                              Zinnchlorürchlorid-Lösung vorsichtig tröpfle.
                           Lüdersdorff behauptet, bei der
                              Goldpurpur-Bereitung müsse man jeden Ueberschuß sowohl an Säure, als auch an
                              Goldlösung vermeiden. Nach ihm verhindert arabisches Gummi die Fällung des Purpurs;
                              setze man aber dann Weingeist hinzu, so schlage sich mit dem Gummi auch der Purpur
                              nieder.
                           Nach Fuchs erhält man mit Goldlösung und reinem
                              Zinnchlorür niemals reinen Purpur, sondern ein Gemenge von Purpur und metallischem
                              Golde; dagegen den schönsten Purpur, wenn man Eisenchloridlösung so lange mit
                              Zinnchlorürlösung versetzt, bis die gelbe Farbe in eine blaßgrüne übergegangen ist,
                              und dann mit dieser Mischung die Goldsolution fällt. Das dabei nun gegenwärtige
                              Eisenchlorür sey ohne allen nachtheiligen Einfluß auf das Resultat.
                           Capaun erklärt diese Fuchs'sche Bereitungsmethode für weit besser als die Buisson'sche, fügt jedoch hinzu, daß das äußere schöne Ansehen des
                              Präparats noch keine Garantie seiner Brauchbarkeit zur Färbung der Glasflüsse in
                              sich schlösse.
                           Bolley erwärmt 10 Theile Pinksalz (Verbindung von
                              Ammoniumchlorid und Zinnchlorid) mit 1,07 Theilen Stanniol und 40 Thl. Wasser bis
                              zur Lösung des Metalls und setzt dann noch 140 Thle. Wasser hinzu. Man hat nun in
                              der Lösung Zinnsesquichlorid gemäß der Gleichung 3 (NH⁴Cl, SnCl²) + Sn
                              = 3 NH⁴Cl + 2 Sn²Cl³. Andererseits löst er 1,34 Theile Gold in
                              nicht überschüssigem Königswasser, verdünnt die Lösung auf 500 Theile, gießt in
                              letztere die Zinnlösung und erwärmt gelinde. Der bald sich absetzende Purpur wiegt
                              nach dem Trocknen bei 100° C. 4,92 Theile; das Filtrat ist blaßroth. –
                              Die Vorzüge des Pinksalzes zur Darstellung des Goldpurpurs sind: es ist von unveränderlicher
                              Zusammensetzung, daher geschickt zur Herstellung der zwischen Oxydul und Oxyd mitten
                              inne liegenden Oxydationsstufe Sn²O³, dabei wasserfrei, luftbeständig,
                              und somit selbst der Hand des Empirikers anzuvertrauen.
                           Alle oder fast alle Vorschriften stimmen, wie man sieht, darin miteinander überein,
                              daß zwar das Zinnchlorür schon allein mit dem Goldchloride einen Goldpurpur gibt,
                              derselbe jedoch schöner und reiner ausfallen soll, wenn das anzuwendende Zinnchlorür
                              noch eine gewisse Menge Chlorid enthält, d.h. wenn es das Sesquichlorid =
                              Sn²Cl³ ist.
                           
                        
                           B. Ansichten
                                 verschiedener Chemiker über die Natur des Goldpurpurs.
                           Buisson hält den Goldpurpur für ein bloßes Gemenge von
                              metallischem Golde mit basischem Zinnchlorid.
                           Sarzeau schließt sich dieser Ansicht Buisson's an.
                           Vauquelin sagt, der Purpur sey ein Gemenge von Goldoxyd,
                              Zinnoxyd und metallischem Golde.
                           Marcadieu schmolz Gold, Silber und Zinn zusammen und
                              behandelte diese Legirung mit Salpetersäure; in dem Augenblicke, als Blasen
                              aufzusteigen begannen, entstand Purpur, mit Salzsäure entstand kein solcher, und Marcadieu folgert nun hieraus, daß im Purpur metallisches
                              Gold enthalten sey.
                           Lentin erklärt die Bildung des Goldpurpurs nach seiner
                              oben mitgetheilten Vorschrift in nachstehender Weise: Das unvollkommen oxydirte Zinn
                              zieht einen Theil des Sauerstoffs des Goldes an sich, welches sich nun purpurfarbig
                              an die Theilchen des Zinnoxyds anlegt, das hier der Farbe eben bloß zur Basis dient,
                              wie beim Scharlachfärben der Cochenille. Daß dem Golde ein Theil des Sauerstoffs
                              entzogen werden müsse, den es durch seine Auflösung in salpetrigsaurer Salzsäure
                              aufgenommen hatte, wenn es eine Purpurfarbe hervorbringen soll, scheint sich ferner
                              dadurch zu bestätigen, daß verschiedene andere Substanzen dasselbe gleichfalls
                              purpurfarben niederschlagen können. Wenn man z.B. etwas Goldsolution auf die
                              Oberfläche der Haut trägt, so entsteht nach einiger Zeit an der Stelle eine Farbe,
                              welche der des Goldpurpurs ganz vollkommen gleich ist; hier entzieht nämlich der
                              Kohlenstoff, der einen Bestandtheil der Haut ausmacht, dem Golde einen Theil seines
                              Sauerstoffs, und nun schlägt es sich purpurfarben nieder.
                           Strecker reproducirt diese Ansicht über die Natur der
                              durch Goldlösung auf der thierischen Haut entstehenden purpurrothen Flecken in so
                              ferne, als er sie
                              wahrscheinlich für Goldoxyd erklärt, denn sie würden beim Reiben nicht
                              metallglänzend; dieß geschehe aber, wenn man sie in einer mit Wasserstoffgas
                              gefüllten Flasche in das Sonnenlicht bringe. (Siehe indessen weiter unten Knaffl.)
                           Proust untersuchte einen mit Goldchlorid und Zinnchlorür
                              bereiteten und gut getrockneten Niederschlag, und fand ihn aus 24 Proc. metallischem
                              Golde und 76 Proc. Zinnoxyd zusammengesetzt, welche er sich aber chemisch mit
                              einander vereinigt denkt.
                           Gay-Lussac nimmt ebenfalls eine Verbindung beider
                              durch Affinität oder wenigstens durch innige Adhäsion an.
                           Clarke schließt aus von ihm angestellten Versuchen, daß
                              der Purpur aus einer chemischen Verbindung von oxydirtem Zinn und oxydirtem Gold in
                              dem Gewichtsverhältniß von 3 Theilen Zinn und 1 Theil Gold besteht; doch schlage
                              sich bei seiner Bereitung immer mehr Zinn als Gold nieder. Die verschiedenen
                              Farben-Nüancen, welche die Purpure zeigen, sollen in den verschiedenen
                              Verhältnissen, in denen sich die Oxyde der beiden Metalle mit einander verbinden und
                              vielleicht auch in dem verschiedenen Grade ihrer Oxydation begründet seyn.
                           Buchner folgert aus seinen Versuchen „über
                                 einige Verbindungen des Goldes“ unter Anderem, daß das Gold,
                              ungeachtet seiner Beständigkeit für sich und gegen Säuren, durch seine Affinität zu
                              den elektropositiven Elementen mit diesen zugleich Sauerstoff aufnehmen oder den
                              damit bereits verbundenen theilen könne, so daß es in Berührung mit elektropositiven
                              Metallen oder mit basischen Oxyden bei einer schwachen Glühhitze, wobei es noch
                              nicht zum Schmelzen kommt, seine metallische Natur verliert und so eigene oxydirte
                              Verbindungen bildet. Die Verbindungen des Goldes mit basischen Oxyden scheinen nur
                              vermöge der Affinität zwischen dem elektronegativen Golde und dem elektropositiven
                              Metalle und zwar so zu Stande zu kommen, daß das Sauerstoffquantum, welches das
                              letztere anzieht oder schon besessen hatte, nun beiden Metallen gemeinschaftlich
                              wird und so ein einfaches Oxyd eines Doppelmetalles entsteht. Sobald aber das
                              elektropositive Metall durch erhöhte Temperatur oder durch Einwirkung einer Säure
                              das Gold verläßt, reißt es das ganze Sauerstoffquantum an sich, um wieder als
                              basisches Oxyd aufzutreten. Ein solches Doppeloxyd bilde nun das Gold mit dem Zinn,
                              und zwar in mehreren Verhältnissen; der Cassius'sche
                              Purpur sey eine solche Verbindung, d.h. Sauerstoff verbunden mit einem
                              Doppelmetalle.
                           Nach N. W. Fischer unterliegt es keinem Zweifel, daß der
                              Goldpurpur aus Goldsuboxyd und Zinnoxyd besteht.
                           Desmarest gibt zwar zu, die Unlöslichkeit des Goldpurpurs
                              in Salzsäure spreche
                              dafür, daß metallisches Gold darin sey; allein demungeachtet nimmt er doch an, daß
                              das Gold, wenn es mit Purpurfarbe auftritt, sich in einem Oxydationszustande
                              befinde. So blieben Marmorstücke, welche man mit Goldlösung getränkt habe, im
                              Dunkeln unverändert, würden aber am Lichte purpurn u.s.w.
                           Oberkampf untersuchte zwei Präparate; das eine war mit
                              überschüssiger Zinnlösung dargestellt, sah violett aus und enthielt 39,8 Proc. Gold;
                              das andere war mit überschüssiger Goldlösung dargestellt, sah purpurn aus und
                              enthielt 79,4 Proc., also doppelt so viel Gold. In beiden denkt er sich aber das
                              Gold nicht metallisch, sondern in einem Zustande der Oxydation zugegen.
                           Schweigger-Seidel betrachtet den Purpur als
                              zinnsaures Goldoxydul-Zinnoxydul = SnO + 3 SnO², AuO + 2 SnO²,
                              6 HO.
                           Berzelius nimmt in dem Goldpurpur eine zwischen dem
                              Oxydule und dem Oxyde stehende Oxydationsstufe des Goldes = AuO² an, welche
                              in dem Präparate mit Zinnsesquioxyd = Sn²O³ verbunden sey. Beim Glühen
                              des Purpurs entweicht kein Sauerstoff, weil der von dem Goldoxyde frei werdende
                              sofort an das Zinnsesquioxyd trete und dieses in vollständiges Oxyd überführe. Einen
                              Beweis, daß der Goldpurpur kein metallisches Gold enthalte, findet Berzelius besonders darin, weil er in Ammoniak löslich
                              sey und weil seine Farbe erst beim Erhitzen in die des feinzertheilten metallischen
                              Goldes übergehe. Die von Berzelius aufgestellte Formel
                              ist: AuO² + 2 Sn²O³ + 4 HO.
                           Fuchs theilt im Wesentlichen die Anschauungen von Berzelius über die Natur des Goldpurpurs, gelangt aber zu
                              der Formel:
                           2 (SnO + SnO²), AuO² + 2 SnO², 6 HO.
                           Figuier unterstützt seine Ansicht, daß der Goldpurpur
                              eine chemische Verbindung von Goldoxydul und Zinnoxyd sey, auf folgende Weise:
                              „Wenn man Goldoxydul und Zinnoxyd zusammenbringt, so bildet sich der
                                 Purpur unmittelbar. Um diesen Versuch anzustellen, braucht man nur Goldoxydul
                                 mit einer Auflösung von Zinnoxyd in Kalilauge (zinnsaurem Kali) zu kochen; es
                                 schlägt sich dann Purpur von der Zusammensetzung AuO + 3 SnO² + 4 HO
                                 nieder. Dieselbe Zusammensetzung hat der durch Eintauchen von Stanniol in
                                 Goldlösung sich bildende Purpur. Salzsäure, sowie Kalilauge, entziehen dem
                                 Goldpurpur Zinnoxyd ohne jede Spur von Zinnoxydul. Goldoxydul und Goldpurpur
                                 haben ein und dieselbe Farbe (?). Die nach den üblichen Methoden bereiteten
                                 Goldpurpur enthalten eine wandelbare Menge freies Zinnoxyd, das ihnen durch
                                 Kalilauge entzogen werden kann; die so gereinigten Präparate besitzen dann die
                                 durch obige Formel ausgedrückte Zusammensetzung.“
                              
                           Endlich habe ich noch über das, was Knaffl in Bezug auf
                              das in Rede stehende Präparat sagt, und zwar etwas ausführlicher zu referiren.
                              „Für die Ansicht, daß der Goldpurpur metallisches Gold und Zinnoxyd
                                 enthalte, spricht: daß er getrocknet so aussieht, als wäre feinzertheiltes Gold
                                 mit Zinnoxyd gemengt; daß er zum Rothglühen erhitzt ein wenig Wasser, aber
                                 keinen Sauerstoff abgibt; daß Königswasser dann aus demselben Gold löst; daß die
                                 Menge des Sauerstoffs derjenigen des Zinnoxyds entsprechend ist. Feuchtem Purpur
                                 entzieht Salzsäure nach längerer Digestion das Zinnoxyd und metallisches Gold
                                 bleibt zurück. Auch wurde die Solution des Purpurs in Ammoniakliquor, welche Berzelius als besonderen Grund angibt, daß
                                 metallisches Gold nicht darin sey, als keine solche erkannt, indem Mitscherlich unter dem Mikroskope deutlich Flocken
                                 wahrnehmen konnte, welche sich nach monatelangem Stehen in der Flüssigkeit
                                 absetzten und sich als Gold erwiesen. So auffallend auch diese Beispiele für die
                                 feine Vertheilung des Goldes sprechen, so nehmen doch andere Chemiker, besonders
                                 Berzelius und Fuchs,
                                 das Gold im Purpur im oxydirten Zustande an, nämlich als AuO². Die
                                 Ursachen, welche zu dieser Annahme führten, gründen sich hauptsächlich auf die
                                 Eigenschaften des Rubinglases; ferner auf die purpurne Färbung, welche Seide,
                                 Papier, Haut etc. annehmen, wenn man sie mit Goldlösung bestreicht, und darauf,
                                 daß Quecksilber aus dem Purpur bei gewöhnlicher Temperatur kein Gold aufnimmt,
                                 wie Robiquet angibt, und als Beweis für das
                                 Oxydirtseyn des Goldes im Purpur ansieht, welche Angabe aber von Buisson widerlegt wurde, da er durch Digestion mit
                                 Quecksilber bei 120–130° C. dem Purpur alles Gold entziehen
                                 konnte. Berzelius verwirft indessen letzteren Beweis
                                 als ungenügend, da auch Goldoxyd von Quecksilber aufgenommen wird. Die purpurne
                                 Färbung, welche Seide, Papier, Haut etc. annehmen, dürfte wohl nur von
                                 feinzertheiltem metallischem Golde herrühren, denn Seide, welche purpurn gefärbt
                                 und aus welcher die überschüssige Goldlösung gut weggewaschen ist, konnte ich
                                 nicht metallisch glänzend erhalten, wenn ich sie einer Atmosphäre von
                                 Wasserstoff aussetzte.
                              
                           
                              „Gold kann metallisch durch metallisches Gold aus seinen Lösungen selbst
                                 herausgefällt werden; wenn man nämlich mit Oxalsäure gefälltes Gold in einer
                                 Porzellanschale mit Wasser übergießt, vorsichtig Königswasser zusetzt bis es
                                 sich (bei gewöhnlicher Temperatur) aufgelöst hat, dann noch mit dem
                                 5–6fachen Volum Wasser verdünnt und mit Oxalsäure gefälltes Gold
                                 einträgt, so entstehen prachtvolle Dendriten.
                              
                           
                           
                              „Zur Bildung des Goldpurpurs ist Zinnchlorid durchaus nicht nöthig, es
                                 verzögert vielmehr, wie das Chlornatrium, dieselbe; wohl aber entsteht er, wenn
                                 man eine Legirung von Gold, Zinn und Silber in Salpetersäure bringt.
                              
                           
                              „So wahrscheinlich es durch die angeführten Umstände nun auch wird, daß
                                 der Purpur nur fein zertheiltes Gold und Zinnoxyd enthalte, so mangelt doch, so
                                 lange man die purpurne Modification des Goldes nicht kennt, jeder directe Beweis
                                 dafür. Buisson spricht zwar von einer solchen
                                 Modification, welche er erhielt, als er Oxalsäure mit Goldchloridlösung
                                 befeuchtete. Berzelius konnte aber bei aller
                                 angewandten Sorgfalt auf diese Weise kein befriedigendes Resultat erhalten.
                              
                           
                              „Auf folgendem Wege gelang es mir, eine purpurrothe Modification des
                                 Goldes zu erzielen. In eine salzsaure, von Salpetersäure freie, mit der
                                 10–12000fachen Menge destillirten Wassers verdünnte Goldchloridlösung
                                 trage ich eine ziemliche Quantität Oxalsäure ein und erwärme auf
                                 30–40° C. Es wird sich nun Gold ausscheiden. Ich füge noch einige
                                 Tropfen concentrirte Salzsäure hinzu, um die Abscheidung des Goldes noch mehr zu
                                 verzögern, und erhalte so stets die purpurne Modification des Metalls als ein
                                 höchst zartes, an die Wande der Porzellanschale sich anhängendes Pulver. Wird
                                 mit demselben frisch gefälltes Zinnoxyd vermengt, so erhält man ein dem
                                 Goldpurpur ganz gleiches Präparat.
                              
                           
                              „Ueber die Constitution des Goldpurpurs gibt die Existenz der purpurnen
                                 Modification entschieden Aufschluß, natürlich aber nicht über die Constitution
                                 des damit purpurroth gefärbten Glases.“
                              
                           Sehen wir von Vauquelin ab, welcher das Gold im Purpur als
                              Oxyd und Metall zugegen annimmt, so bleiben noch 18
                              Chemiker übrig, von denen nur 6 das Gold darin metallisch, die übrigen 12 dagegen
                              dasselbe darin oxydirt betrachten, nämlich das
                           
                              
                                 Gold metallisch:
                                         Gold oxydirt:
                                 
                              
                                       Buisson,
                                 Berzelius,
                                 Fuchs,
                                 
                              
                                       Gay-Lussac,
                                 Buchner,
                                 Lentin,
                                 
                              
                                       Knaffl,
                                 Clarke,
                                 Oberkampf,
                                 
                              
                                       Marcadieu,
                                 Desmarest,
                                 Robiquet,
                                 
                              
                                       Proust,
                                 Figuier,
                                 Schweigger-Seidel,
                                 
                              
                                       Sarzeau.
                                 Fischer,
                                 Strecker.
                                 
                              
                           
                        
                           
                           Literatur.
                           
                              d'Arclais de Montamy: Traité des couleurs pour la peinture en émail ou sur
                                    porcelaines 1765, p. 90.
                              Basilius Valentinus: De re
                                    metallica.
                              Berzelius: Annalen der Physik und Chemie, Bd. XXII S.
                                 306.
                              Bolley: Annalen der Pharmacie, Bd. XXXIX S. 244;
                                 polytechn. Journal Bd. LXXXIII S.
                                    51.
                              J. A. Buchner: Repertorium
                                 für die Pharmacie, Bd. XXIX S. 1.
                              Buisson: Journal de Pharmacie,
                                    t. XVI p. 629; polytechn. Journal Bd. XXXVIII S. 297.
                              Capaun: Journal für praktische Chemie, Bd. XXII S.
                                 152; polytechn. Journal Bd. LXXIX S.
                                    364.
                              Cassius: De Auro 1685,
                                 p. 165.
                              Clarke: Annals of
                                    philosophy, Mai 1821, S. 393; polytechn. Journal Bd. V S. 379.
                              Desmarest: Journal de
                                    Pharmacie, t. XVII p. 219.
                              Elsner: Chemisch-technische Mittheilungen
                                 1850–52, S. 77.
                              Figuier: Annales de Chimie et
                                    de Physique, Juli 1844, S. 336; polytechn. Journal Bd. XCIII S. 222.
                              N. W. Fischer: Schweigger's
                                 Journal, Bd. LVI S. 360.
                              Frick: Annalen der Physik und Chemie, Bd. XII S.
                                 358.
                              J. N. Fuchs: Kastner's
                                 Archiv, Bd. XXIII S. 368; Annalen der Physik und Chemie, Bd. XXV S. 630, Bd.
                                 XXVII S. 634; Schweigger's Journal, Bd. LXV S. 267; polytechn. Journal Bd. XLI S. 274, Bd. LVIII S. 176, Bd. LXXV S. 138.
                              Gay-Lussac: Annales de
                                    Chimie et de Physique, t. XXXIV p. 396;
                                 polytechn. Journal Bd. XLV S.
                                    292.
                              Glauber: De prosperitate
                                    Germaniae 1656–60, t. IV.
                              Golfier-Besseyre: Annales de Chimie et de Physique, t. LIV p. 40; polytechn. Journal Bd. LI S.
                                    375.
                              Guyton: Annales de Chimie,
                                    t. LXIX p. 261.
                              Knaffl: polytechn. Journal Bd. CLXVII S. 191.
                              Kunkel: Laboratorium
                                    chimicum 1716. cap. 26.
                              Lampadius: Journal für technische und ökonomische
                                 Chemie, Bd. XVI S. 347.
                              Lentin: Scherer's allgemeines Journal der Chemie, Bd.
                                 III S. 30.
                              Lüdersdorff: Verhandlungen des Vereins zur
                                 Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1833 S. 228.
                              Macquer: Dictionnaire de
                                    Chimie, article; Précipité.
                              Marcadieu: Annales de Chimie
                                    et de Physique, t. XXXIV p. 147; polytechn.
                                 Journal Bd. XXIV S. 437.
                              Milly: Mémoire sur la
                                    porcelaine de Saxe 1771, p. 42.
                              Oberkampf: Annales de Chimie,
                                    t. LXXX p. 140.
                              Orschall: Sol sine
                                    veste.
                              J. Pelletier: Annales de Chimie et de Physique, t. XV p. 5 et 113; Schweigger's Journal, Bd. XXXI S. 305.
                              Poggendorff: Annalen der Physik und Chemie, Bd. XXV
                                 S. 630.
                              Proust: Journal de Physique,
                                    t. LXII p. 131; Gehlen's neues Journal, Bd. I S.
                                    477.
                              Robiquet: Journal de
                                    Pharmacie, November 1830, S. 693.
                              Sarzeau: Journal de
                                    Pharmacie, 2. série, t. III p. 373.
                              Schweigger-Seidel: Schweigger's Journal, Bd. LXV S. 265.
                              Strecker: Lehrbuch der Chemie, 5. Auflage 1861, Bd. I
                                 S. 637.
                              Vauquelin: Annales de Chimie,
                                    t. LXXVII p. 321; Schweigger's Journal Bd. III S.
                                    323.
                              
                           
                              
                                 (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)