| Titel: | Zur Kenntniß der Krapp-Pigmente; von Prof. Dr. P. Bolley. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XVIII., S. 45 | 
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                        XVIII.
                        Zur Kenntniß der Krapp-Pigmente; von Prof.
                           Dr. P. Bolley.Aus der
                                 „schweizerischen polytechnischen Zeitschrift“ (1866,
                                    Bd. XI S. 112) vom Verfasser mitgetheilt. A. d. Red.
                           
                        Bolley, über die Krapp-Pigmente.
                        
                     
                        
                           Im Jahre 1864 habe ich Mittheilung einiger Versuche gemachtPolytechn. Journal Bd. CLXXI S. 446., deren
                              Ziel die Feststellung des Aequivalentgewichtes des Purpurins und Alizarins war. Der
                              hiezu eingeschlagene Weg war die Bestimmung der Oxalsäure- und
                              Phtalsäuremengen, die sich bei Behandlung der beiden Pigmente mit Salpetersäure
                              ergaben; das zu den Versuchen angewandte Material war nicht Krapp selbst, sondern
                              die nach der Methode von E. Kopp dargestellten Präparate
                              Purpurin und grünes Alizarin, welche die große Mühe der unmittelbaren Extraction
                              ersparen. Ich erinnere, daß ich in der besagten Mittheilung zu zeigen bemüht war,
                              daß die Zahl der Kohlenstoffatome im Purpurin und Alizarin, die bisher nach dem
                              Vorschlag von Strecker zu 18 und zu 20 angenommen waren,
                              als gleich groß anzunehmen sey, weil die Mengen der durch Oxydation erhaltenen
                              Oxalsäure gleich groß ausfallen. Dieselbe Ansicht sprach Schützenberger
                              Sur les matières colorantes contenues dans la
                                       garance d'Alsace, par P.Schützenbergeret H.Schiffert, im Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse,
                                    Februar 1864, S. 70, und Bulletin de la
                                       Société chimique, Juli 1865, S. 12; im Auszug im
                                    polytechn. Journal Bd. CLXXVI S.
                                       48., wiewohl von verschiedenen Betrachtungen geleitet, aus.
                              Wenn Schützenberger in der sehr viel Neues und die Frage
                              Förderndes enthaltenden Arbeit im Uebrigen abweichende Ansichten über die
                              Zusammensetzung des Purpurins und Alizarins kundgibt, so wird nachfolgend
                              Gelegenheit gegeben seyn, diese Divergenzen zu besprechen. Ich halte es aber für ein
                              wichtiges Resultat, daß die beiden Pigmente auf gleiche Kohlenstoffatomzahl gebracht sind (ob diese 40
                              oder 20 sey, ist vorläufig gleichgültig), denn die unzweifelhaften
                              Verwandtschaftsbeziehungen, in welchen sie zu einander stehen, gewinnen durch diese
                              Annahme festeren Halt. Hr. Schützenberger hatte die
                              Freundlichkeit, mir eine Reihe der von ihm dargestellten reinen Pigmente
                              zuzuschicken, und verband den Wunsch damit, ich möge die Analysen derselben
                              wiederholen, um mich zu überzeugen, daß in dem Purpurin des Handels, nach E. Kopp'scher Methode aus Elsäßer Krapp dargestelltMan s. die Beschreibung dieses Verfahrens im
                                    polytechn. Journal Bd. CLXXII S.
                                       296., verschiedene Körper enthalten seyen, die sich daraus
                              durch rectificirtes Benzol bei einer Temperatur von 50–60° C., ferner
                              durch Alkohol von 86 Proc. bei 50° C., und endlich durch kochendes Benzol
                              ausziehen und durch kochenden Alkohol weiter trennen lassen. Hr. Rosa aus Pesth unterzog sich eifrigst mit mir dieser
                              Arbeit, die aber bald auf etwas erweiterte Gebiete führte.
                           Schützenberger und Schiffert
                              unterschieden durch Anwendung der genannten Scheidungsmittel:
                           
                              
                                 1) Purpurin (Oxyalizarin)
                                 C⁴⁰H¹²O¹⁴
                                 
                              
                                 2) Pseudopurpurin
                                 C⁴⁰H¹²O¹⁸
                                 
                              
                                 3) orangegelber Farbstoff
                                 C⁴⁰H¹⁶O¹⁸
                                 
                              
                                 4) gelber Farbstoff
                                 C⁴⁰H¹²O¹²
                                 
                              
                           Die Formel für letzteren Körper hält Schützenberger für
                              zweifelhaft, da nur zu einer einzigen Analyse Material zu Gebote stand.
                           In meiner früheren Arbeit habe ich zu den Oxydationsversuchen Purpurin genommen, das
                              aus dem Kopp'schen Präparate durch Ausziehen mit heißem
                              Weingeist und wiederholtes Umkrystallisiren erhalten, und an welchem constatirt
                              worden, daß es sich gegen Alaunlösung und Alkalien wie das von den verschiedenen
                              Autoren beschriebene Purpurin verhalte. Wenn seither durch die Schützenberger'schen Versuche dargethan ist, daß man aus diesem käuflichen
                              Körper Verschiedenartiges durch Anwendung von Benzol darstellen kann, so ist diese
                              Wahrnehmung ohne wesentlichen Einfluß auf meine damaligen Resultate, weil erstens
                              das eigentliche Purpurin die Hauptmasse des Kopp'schen
                              Rohpurpurins ist und sich in kochendem Alkohol gut löst, und weil ferner die etwa in
                              geringer Menge damit gemengt gewesenen Stoffe nach Schützenberger in ihrer Zusammensetzung nicht in so großem Maaße von
                              demselben abweichen, daß der von mir gezogene Schluß unsicher würde.
                           Ehe ich die vorgenommenen Untersuchungen beschreibe, habe ich die allgemeine
                              Bemerkung zu machen, daß ich mir erlaubt habe, die Rohformeln, die sich aus den analytischen
                              Resultaten ergaben, in einer Weise abzuleiten und neben die Procentgehalte zu
                              stellen, die von der gebräuchlichen Darstellung abweicht. Die Kohlenstoffatomzahl 20
                              oder 40 für das Alizarin ist eine nicht unwahrscheinliche, jedenfalls die
                              bekannteste, wenn auch nach meiner Meinung nicht eine sicher begründete. Ich finde
                              in fremden und eigenen Untersuchungen für jetzt keine Nöthigung, eine andere Anzahl
                              von Kohlenstoffatomen anzunehmen, und habe schon oben angegeben, daß ich die gleiche
                              Atomzahl mit Schützenberger für das Purpurin annehme. Der
                              von Schützenberger vorgeschlagenen Verdoppelung der
                              Kohlenstoffatomzahl 20 können wir uns vorderhand im Sinne einer Rohformulirung der
                              Analysen fügen; sie gewährt die übersichtlichere Anschauung der Zusammensetzung
                              einiger hierher gehörenden Verbindungen. Ich habe nun direct und ohne Abrundung die
                              Atome des Wasserstoffs und Sauerstoffs, auf 40 Kohlenstoffatome bezogen, aus den
                              Analysen berechnet und glaube, es wird bei dem Vielerlei ähnlicher Substanzen für
                              den Leser der Eindruck des Chaotischen durch diese Versinnlichungsweise
                              gemindert.
                           Hr. Rosa befolgte zur Darstellung der von Schützenberger hervorgehobenen Verbindungen wesentlich
                              das Verfahren, das von diesem Chemiker angegeben war.
                           Unsere Untersuchungsresultate sind folgende:
                           
                        
                           I. Purpurin.
                           Es ist analysirt worden: (1 und 2) Purpurin von Schützenberger, überschrieben „Purpurine
                                    crystallisée puis broyée“
                              C⁴⁰H¹²O¹⁴.
                           Ferner (3) eine andere Probe von Schützenberger,
                              bezeichnet „Autre échantillon de purpurine
                                    supposée pure mais non analysée.“ Diese beide
                              waren nicht sublimirte Substanz.
                           Endlich (4) Purpurin, das von Rosa dargestellt und von mir
                              sublimirt worden war.
                           1, 2 und 3 war von meinem Assistenten Dr. Brigel, 4 von mir analysirt worden.
                           Es lieferte:
                           
                              
                                 
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 IV.
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 62,47
                                 61,89
                                 60,76
                                 61,62
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                 3,64
                                 3,63
                                 3,94
                                 3,69
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 33,89
                                 34,48
                                 35,30
                                 34,69
                                 
                              
                           Schützenberger und Schiffert
                              erhielten im Mittel von 5 Analysen
                           
                              
                                 C
                                 =
                                 65,70 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                 3,30 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 31,00.
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Die Formel C⁴⁰H¹²O¹⁴
                                    bedarf
                                 C
                                 =
                                 65,93
                                 
                              
                                 
                                 H
                                 =
                                 3,29
                                 
                              
                                 
                                 O
                                 =
                                 30,78.
                                 
                              
                           Wird in obigen 4 Analysen die Anzahl der Kohlenstoffatome auf 40 angesetzt, so lassen
                              sich dieselben in folgender Weise darstellen:
                           
                              
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 IV.
                                 
                              
                                 C40H10,12O12.
                                 C40H10,29O12,13.
                                 C40H15,57O17,43.
                                 C40H11,54O13,65
                                 
                              
                           und es geht unzweideutig aus sämmtlichen Analysen hervor, daß
                              sich die analysirten Substanzen nur durch größeren oder geringeren Wassergehalt
                              unterscheiden, und daß man sie unter die allgemeine Formel C⁴⁰Hn On +
                              2 bringen kann. Es wäre
                           
                              
                                 α. Nr. 1 und 2
                                 =
                                 C40H10O12
                                 
                              
                                 β. Schützenberger's    Purpurin
                                 =
                                 C40H12O14
                                 
                              
                                 γ. Nr. 4
                                 =
                                 C40H11,5O13,5
                                 
                              
                                 δ. Nr. 3
                                 =
                                 C40H15,5O17,5.
                                 
                              
                           Die im hiesigen Laboratorium analysirten Substanzen hatten sämmtlich wenigstens 6 Stunden im Luftbade bei nahezu 100° C.
                              zugebracht.
                           Schützenberger und Schiffert
                              geben nicht an, bei welcher Temperatur ihr Purpurin getrocknet wurde. Ihre Formel
                              C⁴⁰H¹²O¹⁴ ist jedenfalls für die
                              wasserfreie Substanz umzuändern in
                              C⁴⁰H¹⁰O¹².
                           Es ist die Wahrnehmung, daß krystallisirte Farbstoffe das Wasser sehr hartnäckig
                              zurückhalten, durchaus nicht neu; Abweichungen wie die obigen haben sich z.B. beim
                              Quercitrin stets ergeben.
                           Daß das gereinigte Purpurin mehr Sauerstoffatome enthalte, als zur Wasserbildung
                              nöthig sind, kann ich nach diesen Resultaten nicht mehr für zweifelhaft halten und
                              die Abweichungen der Analysen von Debus
                              Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXVI S.
                                    351.,
                           
                              
                                 der im Mittel von dreien
                                 C
                                 =
                                 66,40
                                 
                                 
                              
                                 
                                 H
                                 =
                                 3,82
                                 
                                 
                              
                                 
                                 O
                                 =
                                 29,68
                                 erhielt und daraus
                                 
                              
                           die Formel C¹⁵H⁵O⁵ ableitete, die
                              später von Strecker in
                              C¹⁸H⁶O⁶ umgewandelt wurde und meiner eigenen früheren,
                              welche die Formel C²⁰H⁶O⁶ wahrscheinlich machten, lassen
                              sich nur auf Beimengungen wasserstoffreicher Körper zurückführen. Debus bediente sich zur Trennung seines Purpurins
                              (Oxylizarinsäure) von Alizarin (Lizarinsäure) der Alaunlösung, gegen die sich nach
                              unseren Beobachtungen andere im Kopp'schen käuflichen
                              Purpurin vorkommende Substanzen, wie das reine Purpurin verhalten.
                           
                        
                           
                           II. Reduction des Purpurins.
                           Es waren die unten zu beschreibenden Versuche, das Purpurin sowohl als das Alizarin
                              mit reducirenden Substanzen zu behandeln, schon eingeleitet, als die zweite
                              Abhandlung von Schützenberg er in der Uebersetzung in Erdmann's Journal für praktische Chemie (2. Decemberheft
                              1865) mir zu Gesicht kam.
                           Schützenberger erhielt durch Phosphorjodür sowohl mit
                              Purpurin als Pseudopurpurin den orangegelben Farbstoff, bei 180° C. in einer
                              verschlossenen Röhre einwirkend, oder durch eine alkalische Purpurinlösung mit
                              Zinnchlorür und nachherigen Zusatz von Salzsäure ein Reductionsproduct von gelber
                              Farbe, das durch Krystallisation und Sublimation gereinigt, bei 120° C.
                              getrocknet in zwei Analysen
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 1
                                 2
                                 
                              
                                 ergab
                                 C
                                 =
                                 69,00
                                 69,74
                                 
                              
                                 
                                 H
                                 =
                                 3,74
                                   3,91.
                                 
                              
                           Er leitet dafür die Formel C⁴⁰H¹²O¹² ab und
                              hält es für eine Isomerie des Alizarins. Nach mehreren in ähnlicher Absicht
                              angestellten Versuchen war Hr. Rosa auf meinen Rath bei
                              der Einwirkung von Aetzkalilauge, in welche Zink und Eisenspäne geworfen wurden, auf
                              das Purpurin stehen geblieben. Schon nach mehreren Stunden geht die rothe Lösung in
                              Orange über und wird nach 1–2 Tagen gelbbraun, ohne jede Spur von Roth. Die
                              Einwirkung geschieht bei gewöhnlicher Temperatur in einem Glasballon, der mit
                              durchbohrtem Kork versehen ist, durch welchen zwei rechtwinkelig gebogene Röhren
                              gesteckt sind. Die eine dient dazu, um Wasserstoffgas oder Kohlensäure in den Ballon
                              zu leiten, sie mündet unmittelbar unter dem Kork, während die andere bis an den
                              Boden des Ballons reicht und mit einem zweiten Ballon in Verbindung steht, worin
                              sich Salzsäure befindet, und in welchem durch den Druck des Wasserstoff- oder
                              kohlensauren Gases die alkalische Flüssigkeit gehoben wird. Sobald die Reduction für
                              beendigt angesehen werden kann, wird die Flüssigkeit durch Gasentwickelung in einem
                              angefügten Kolben in die Säureflasche gedrängt, wodurch der Farbstoff gefällt wird.
                              Man bringt die saure Flüssigkeit des zweiten Ballons, worin die braungelben Flocken
                              sich befinden, sofort auf ein Filter, das unter einer mit Wasserstoffgas gefüllten
                              Glocke steht, und wascht mit gekochtem Wasser aus, bis das Filtrat nicht mehr sauer
                              abläuft, und trocknet den Niederschlag bei mäßiger Temperatur. Er scheint, sobald er
                              einmal zusammengeballt ist, nicht stark durch den Sauerstoff der Luft verändert zu
                              werden, wenigstens bleibt die Farbe des trockenen Pulvers unverändert gelbbraun.
                           
                           Die Analyse dieses Körpers ergab Resultate, die von denjenigen Schützenberger's abweichen.
                           1 und 2 sind mit dem nicht sublimirten Körper von Hrn. Rosa, 3 mit dem sublimirten von mir erhalten.
                           
                              
                                 
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 70,58
                                 70,91
                                 71,01
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                 4,77
                                 4,89
                                 4,91
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 24,65
                                 24,20
                                 24,08 
                                 
                              
                           
                              
                                 Es erfordert die Formel
                                    C⁴⁰H¹⁶O¹⁰
                                 C
                                 =
                                 71,30
                                 
                              
                                 
                                 H
                                 =
                                 4,76
                                 
                              
                                 
                                 O
                                 =
                                 23,8
                                 
                              
                           Es ist möglich, daß die Reduction bei Schützenberger nicht
                              vollkommen war, oder daß sein Product Sauerstoff aufnahm. Das reducirte Purpurin ist
                              ein viel mehr Wasserstoff enthaltender Körper, als das Alizarin.
                           Dasselbe ist sehr leicht in langen goldgelben glänzenden Nadeln sublimirbar; stellt
                              man das Pulver mit Papier bedeckt nur bei 120° C. in den Trockenkasten, so
                              färbt sich die untere Seite des Papiers gelb und auf dem Pulver selbst sieht man
                              einen Anflug kleiner Kryställchen. Das reducirte Purpurin ist in Alkohol und Aether
                              mit hellgelber Farbe leicht löslich, weniger leicht in Wasser, auch wenig in Benzol;
                              die Lösungen halten sich an der Luft lange unverändert. In Alkalien löst es sich bei
                              Luftabschluß gelb, es wird aber die Lösung durch Luftberührung roth. Es löst sich
                              auch mit gelber Farbe in Alaunlösung.
                           
                        
                           III. Pseudopurpurin.
                           Es war von Hrn. Schützenberger mir etwas von dieser
                              Substanz übergeben worden, das überschrieben war „a
                                    donné C 61,06, H 2,95.“ Dieses Resultat ist unter den
                              vier Analysen, die er mittheilt, nicht angeführt, obschon es denselben sehr nahe
                              kommt. Hr. Dr. Brigel machte
                              zwei übereinstimmende Analysen von der überschickten Substanz; sie lieferten:
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 
                                 II.
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 63,01
                                 C
                                 =
                                 63,62
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                 3,69
                                 H
                                 =
                                 3,63
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 33,30
                                 O
                                 =
                                 32,75
                                 
                              
                           Dieselben entsprechen
                           
                              
                                 I.
                                 II.
                                 
                              
                                 C40H14,1O15,6
                                 C40H13,7O15,4.
                                 
                              
                           
                           Schützenberger leitet aus den vier Analysen, die er mit
                              Schiffert machte, die Formel
                              C⁴⁰H¹²O¹⁸ ab und nennt den Körper
                              Trioxylizarine.
                           Die hier erhaltenen ganz gut stimmenden Resultate lassen den Körper als von ähnlicher
                              Zusammensetzung wie das Purpurin erscheinen: es würde ihnen die allgemeine Formel
                              C⁴⁰Hn On + 2 zukommen, und es fielen beide zwischen γ und δ der
                              obigen Purpurine von ungleichem Wassergehalt mit den Formeln
                              C⁴⁰H¹³O¹⁵ und
                              C⁴⁰H¹⁴O¹⁶.
                           Von Hrn. Rosa wurde das Pseudopurpurin in einer zur
                              Analyse nicht ausreichenden Menge erhalten. Wenn das Gläschen, worin Herr Schützenberger sein Präparat schickte, vielleicht aus
                              Versehen eine unrichtige Ueberschrift bekam, so wäre der Widerspruch ziemlich
                              gelöst.
                           
                        
                           IV. Orangegelber Farbstoff.
                           Eine Analyse, die mit einem Theile des mir von Hrn. Schützenberg er zugesandten Orangefarbstoffes vorgenommen wurde, ergab die
                              Resultate I., eine andere, die Hr. Rosa mit der von ihm
                              dargestellten Substanz ausführte, die Resultate II.
                           
                              
                                 
                                 I.
                                 II.
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 62,66
                                 61,01
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                 4,41
                                 4,57
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 32,93
                                 34,42
                                 
                              
                           Dieser Procentgehalt entspricht
                           
                              
                                 I.
                                 II.
                                 
                              
                                 C40H16,9O15,7
                                 C40H17,97O16,91.
                                 
                              
                           Die Formeln ergeben ein Wasserstoffatom mehr als Sauerstoff (C⁴⁰Hn + 1
                              On), während Schützenberger diesem Orange auf Grundlage
                              von fünf Analysen die Formel C⁴⁰H¹⁶O¹⁸
                              gibt, wornach es ein Hydrat des Purpurins wäre. Nach unseren Analysen stellte es
                              sich eher als ein Alizarin mit 3 oder 4 Atomen Wasser dar,
                              C⁴⁰H¹³O¹² + 3 HO oder
                              C⁴⁰H¹³O¹² + 4 HO.
                           Das Orange löst sich in Kalilauge mit rother Farbe, die einen deutlichen Stich in's
                              Violette hat, d.h. carmoisinartig ist, ähnlich einer Fuchsinlösung in dünner
                              Schichte oder einer ammoniakalischen Carminlösung.
                           Der gelbe Farbstoff, den Schützenberger aus dem Kopp'schen Rohpurpurin
                              ausschied, und der nach seinen Angaben auch von Hrn. C. Lauth entdeckt wurde, war von Hrn. Rosa nicht
                              in einer zur Analyse ausreichenden Menge erhalten worden.
                           
                        
                           V. Alizarin.
                           In dem deutschen Auszug aus Schützenberger's zweiter
                              Abhandlung, der sich in Erdmann's Journal für praktische
                              Chemie a. a. O. findet,
                              heißt es: „Dem wichtigsten Farbstoff des Krapps, dem Alizarin, wird
                                 gewöhnlich die Formel C²⁰H⁶O⁶ zugelegt, und da Bolley an der Richtigkeit dieser Angaben neuerdings
                                 gezweifelt hat, so habe ich mit völlig reinem, schön krystallisirtem Alizarin
                                 wiederholte Analysen angestellt, die die obige Formel nur
                                 bestätigen.“ Ich habe in meiner früheren Abhandlung über die
                              Zusammensetzung der Krapp-Pigmente allerdings mich dem Proteste
                              angeschlossen, den Schunck gegen die Strecker'sche Formel aussprach, meine Ansicht aber nicht
                              auf eigene, sondern mehrere Analysen von Schunck und von
                              Debus gestützt.
                           Schunck ertheilt dem krystallisirten und sublimirten
                              Alizarin die Formel C¹⁴H⁵O⁴ + 3 HO, während Debus C³⁰H¹⁰O⁹ aus
                              seinen Analysen ableitet. Wolff und Strecker haben nur den Kohlenstoffgehalt des Alizarins bestimmt. Analysirt
                              wurde der Körper außer von Schunck und Debus noch von Robiquet, von
                              Schiel, seither von Schützenberger, und in Folge der Widersprüche neuerlichst von Rosa und mir.
                           Stellen wir alle diese Analysen zusammen und berechnen aus jeder derselben die sich
                              ergebenden Atome an Wasserstoff und Sauerstoff, wenn der Kohlenstoff zu 40 Atomen
                              angenommen wird, so werden wir am deutlichsten erkennen, daß mit einer einzigen
                              Ausnahme alle für einen Wasserstoffüberschuß sprechen,
                              der in der Mehrzahl der Fälle so bedeutend ist, daß er nicht als Beobachtungsfehler
                              angesehen werden kann. Wenn die älteren Analysen, da man noch gewohnt war, die
                              organische Substanz im Mörser mit dem hygroskopischen pulverigen Kupferoxyd zu
                              mengen, ein Hinzukommen von Wasser von Außen befürchten lassen, so trifft dieser
                              Zweifel nicht diejenigen von Schunck und Debus (1848), welche mit dem nicht hygroskopischen
                              chromsauren Bleioxyd ausgeführt wurden. Die unserigen wurden alle im Schiffchen mit
                              vollkommen trockenem Luft- und Sauerstoffstrom vorgenommen.
                           Es erhielt Schunck
                              Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXVI S.
                                    175.
                              
                           a. mit lufttrockenem Alizarin:
                           
                              
                                 I.Schunck schreibt den zu geringen
                                          Wasserstoffgehalt einem Wasserverlust beim Reiben im heißen Mörser
                                          mit heißem chromsaurem Bleioxyd zu.
                                 II.Schunck schreibt den zu geringen
                                          Wasserstoffgehalt einem Wasserverlust beim Reiben im heißen Mörser
                                          mit heißem chromsaurem Bleioxyd zu.
                                 III.
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 56,97
                                 56,94
                                 57,02
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                   4,19
                                   5,13
                                   5,87
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 38,84
                                 37,93
                                 37,11,
                                 dieß entspricht:
                                 
                              
                                 I.
                                 II.
                                 III.
                                 
                                 
                              
                                 C40H16,6O20,4
                                 C40H21,6O19,9
                                 C40H24,7O19,5.
                                 
                                 
                              
                           
                           b. mit bei 100° getrocknetem Alizarin:
                           
                              
                                 IV.
                                 V.
                                 VI.
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 69,09
                                 69,15
                                 69,14
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                   3,88
                                   4,04
                                   4,11
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 27,03
                                 26,81
                                 26,75,
                                 dieß entspricht:
                                 
                              
                                 IV.
                                 V.
                                 VI.
                                 
                                 
                              
                                 C40H13,4O11,7
                                 C40H14O11,5
                                 C40H14,2O11,8.
                                 
                                 
                              
                           c. mit sublimirtem Alizarin:
                           
                              
                                 VII.
                                 VIII.
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 69,48
                                 69,73
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                   3,75
                                   3,71
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 26,77
                                 26,56,
                                 welches entspricht:
                                 
                              
                                 VII.
                                 VIII.
                                 
                                 
                              
                                 C40H12,9O11,5
                                 C40H12,8O11,4.
                                 
                                 
                              
                           d. später erhielt SchunckAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXXXI S.
                                    336. (1852) mit Alizarin bei 100° getrocknet:
                           
                              
                                 IX.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 69,37 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                  4,07
                                 
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 26,56,
                                 entsprechend:
                                 C40H14,9O11,4.
                                 
                              
                           DebusAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXVI S.
                                    351. erhielt:
                           
                              
                                 X.
                                 XI.
                                 XII.
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 68,95
                                 68,98
                                 68,98
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                   3,79
                                   3,80
                                   3,78
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 27,26
                                 27,22
                                 27,22,
                                 dieß entspricht:
                                 
                              
                                 X.
                                 XI.
                                 XII.
                                 
                                 
                              
                                 C40H13,1O11,8
                                 C40H13,2O11,8
                                 C40H13,1O11,8.
                                 
                                 
                              
                           SchielAnnalen der Chemie und Pharmacie.
                              erhielt a. mit krystallisirtem Alizarin:
                           
                              
                                 XIII.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 76,20 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                  3,93
                                 
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 28,87,
                                 was entspricht:
                                 C40H14,0O12,8.
                                 
                              
                           b. mit sublimirtem Alizarin:
                           
                              
                                 XIV.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 67,71
                                 
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                   4,51
                                 
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 27,78,
                                 was entspricht:
                                 C40H16,0O12,4.
                                 
                              
                           
                           RobiquetAnnales de Chimie et
                                       Physique [2] t. XXXIV p. 225. erhielt:
                           
                              
                                 XV.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 69,72
                                 
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                   3,74
                                 
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 26,54,
                                 was entspricht:
                                 C40H12,8O11,4.
                                 
                              
                           SchützenbergerA. a.
                                    O erhielt:
                           
                              
                                 XVI.
                                 XVII.
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 68,70
                                 69,06
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                   3,48
                                   3,52
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 27,82
                                 27,42,
                                 welches entspricht:
                                 
                              
                                 XVI.
                                 XVII.
                                 
                                 
                              
                                 C40H12,1O12,1
                                 C40H12,2O11,9.
                                 
                                 
                              
                           Rosa erhielt:
                           
                              
                                 XVIII.
                                 XIX.
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 69,52
                                 69,57
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                   3,85
                                   3,65
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 26,63
                                 26,78,
                                 entsprechend:
                                 
                              
                                 XVIII.
                                       XIX.
                                 
                                 
                              
                                 C40H13,1O11,6
                                 C40H13,1O11,5.
                                 
                                 
                              
                           Ich selbst erhielt (von dieser Analyse wird unten nochmals die Rede seyn):
                           
                              
                                 XX.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 68,91
                                 
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                  3,92
                                 
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 27,17,
                                 was entspricht:
                                 C40H13,5O11,8.
                                 
                              
                           Wird die Analyse I beseitigt, was aus den von Schunck
                              angegebenen Gründen geschehen muß, und weil sie nicht einmal zu einer Formel
                              C⁴⁰H¹²O¹² verwendbar wäre, da sie zu wenig
                              Wasserstoff angibt, so bleibt von sämmtlichen übrigen 19 Analysen nur Nr. XVI von
                              Schützenberger, welche direct zu einem sogenannten
                              Kohlenhydrate führt, und XVII, die sich einem solchen nähert. In allen übrigen ist,
                              bei der Annahme, das Alizarin enthalte 40 Atome Kohlenstoff, der
                              Wasserstoffüberschuß über den Sauerstoff durch H¹² + 1
                              O¹² oder H¹² + 2 O¹², ja bei einigen
                              selbst durch H¹² + 3 O¹² und darüber ausdrückbar, in
                              welch letzteren Fällen (III. u. XIV.) ich geneigt bin, Wasserzutritt während der
                              Analyse anzunehmen. Wie ich in meiner früheren Abhandlung bemerkte, schließt sich
                              die Formel C⁴⁰H¹³O¹² am genauesten an die
                              große Mehrzahl der
                              Analysen an, und diejenige C²⁰H⁷O⁶ läßt sich aus
                              mehreren Analysen, wie V., VI., IX., XX., ohne Zwang ableiten.
                           Ich habe übrigens in meiner früheren Abhandlung, zu einer Zeit, da ich eigene
                              Analysen des Alizarins noch nicht gemacht hatte, auf die Aenderung der geltenden
                              Formel C²⁰H⁶O⁶ nicht großes Gewicht gelegt, und war nur
                              durch den Umstand dazu aufgefordert worden, auf ihre Schwächen aufmerksam zu machen,
                              weil ich an eine Isomerie von Alizarin und Purpurin nicht glauben konnte, für welch
                              letzteres, aus den Analysen von Debus und denjenigen, die
                              ich mit dem weingeistigen Extractrückstand des Kopp'schen
                              Purpurins anstellte, auch die Formel C²⁰H⁶O⁶ abgeleitet
                              worden war. Da nun die neuere Untersuchung des von Schützenberger und Schiffert weiter gereinigten
                              Purpurins zu einer von C²⁰H⁶O⁶ verschiedenen Formel
                              führte, fallen die genannten Bedenken weg. Aber auf dem Boden des Positiven stehend,
                              muß man an der Formel C²⁰H⁶O⁶ Zweifel aufrecht erhalten.
                              Um diese Zweifel vollkommen zu rechtfertigen, mußte ich den langen Weg der
                              Zusammenstellung und Zergliederung aller bekannten Analysen einschlagen.Stimmt der in der Phtalreihe so lange gesuchte
                                    und nun von Gries und Martius gefundene Körper C²⁰H⁶O⁶
                                    vielleicht deßhalb nicht mit Alizarin, weil dieses anders zusammengesetzt
                                    ist, und ist die Annahme einer Isomerie unnütz?
                              
                           
                        
                           VI. Reduction des Alizarins.
                           Wird Alizarin, so wie oben für das Purpurin angegeben wurde, mit Kalilauge, in der
                              sich Zink und Eisenstücke befinden, zusammengebracht, so ändert sich die Farbe der
                              Anfangs violetten Lösung in Braungelb. Die Umänderung geschieht aber etwas
                              langsamer, als beim Purpurin, und hinzutretende Luft stellt leicht an der Oberfläche
                              der Flüssigkeit das Blauroth her. Das angewandte Alizarin war aus dem E. Kopp'schen „Alizarine
                                    verte,“ welches bekanntlich durch Einwirkung von schwefliger
                              Säure auf Krapp dargestellt wird, durch Alkohol ausgezogen und durch Krystallisation
                              gewonnen worden. Weil die Möglichkeit vorlag, die schweflige Säure, eine
                              selbstreducirende Substanz, könne an der Reducirbarkeit dieses Alizarins durch eine
                              schon eingeleitete Veränderung Ursache seyn, hat Hr. Rosa
                              auf meinen Wunsch Alizarin nach der Schunck'schen, von
                              Wolff und Strecker etwas
                              modificirten Methode dargestellt. Aber auch dieses verhielt sich in dem
                              beschriebenen Reductionsverfahren ganz gleich. Es ist ganz und gar kein Zweifel, daß
                              das Alizarin reducirbar ist. Die durch Säure gefällte Substanz ist braungelb, und
                              bleibt es beim Trocknen, auf Papier gestrichen erscheint sie gelb. In Wasser ist es etwas
                              schwerer löslich als in Aether und Alkohol, die Lösungen sind gelb. Mit einer
                              alkalischen Lösung zusammengebracht, färbt es diese bald violett, wohl durch
                              Wiederverwandlung in Alizarin.
                           Obschon die weingeistige ätherische und wässerige Lösung des reducirten Körpers so
                              wie er selbst im trockenen Zustande gelb oder braungelb bleiben, kann diese
                              Erscheinung doch nicht wie beim Purpurin als ein Beweis seiner Unveränderlichkeit
                              durch Sauerstoffzutritt angesehen werden, denn wie bekannt, ist das Pulver gefällten
                              Alizarins häufig braungelb, und dessen Lösungen auch nicht entschieden roth, sondern
                              mehr gelb. Es ist im Gegentheil aus den Analysen des Körpers zu entnehmen, daß er
                              nur schwer vor einer Rückbildung in Alizarin bewahrt werden kann.
                           Herr Rosa erhielt mit nicht sublimirter, von ihm
                              dargestellter Substanz:
                           
                              
                                 I.
                                 II.
                                 
                                 
                              
                                 C
                                 =
                                 62,31
                                   C   =  
                                    63,30
                                 
                                 
                              
                                 H
                                 =
                                 4,44
                                   H  
                                    =     4,19
                                 
                                 
                              
                                 O
                                 =
                                 33,25
                                   O   =  
                                    32,41,
                                 was entspricht:
                                 
                              
                                 I.
                                 II.
                                 
                                 
                              
                                 C40H17,1O16,0
                                 C40H15,90O15,39.
                                 
                                 
                              
                           Der Wasserstoffüberschuß über den Sauerstoff ist, wie man sieht, jedenfalls nicht
                              größer als im Alizarin, es erscheint vielmehr der Körper als ein Alizarin mit 3
                              Atomen Wasser in II., mit 4 Atomen in I.
                           Dieß Ergebniß veranlaßte mich unter Anwendung möglichster Sorgfalt gegen Luftzutritt,
                              Alizarin zu reduciren und aus der Lösung zu fällen. Die frisch gefällte Substanz
                              wurde mit ausgekochtem Wasser rasch ausgewaschen und zwischen Papier ausgepreßt,
                              sodann schnell in frischem Papier getrocknet.
                           
                              
                                 Die Analyse ergab:
                                 C
                                 =
                                 61,97
                                 
                              
                                 
                                 H
                                 =
                                   4,89
                                 
                              
                                 
                                 O
                                 =
                                 33,14
                                 
                              
                           Dieß entspricht C40H18,9O16,0
                           was einen entschieden größeren Wasserstoffüberschuß bekundet,
                              als er im Alizarin vorkommt.
                           Wird das Alizarin als C⁴⁰H¹³O¹² angesehen,
                              so wäre dieser Körper C⁴⁰H¹³O¹² + H + 4
                              HO. Wenn man aber bei der Formel C²⁰H⁶O⁶ bleiben will,
                              so wäre er C²⁰H⁶O⁶ + 1 H + 2 HO, auf alle Fälle ein
                              Hydrür des Alizarins, das sich unter gleichzeitiger Aufnahme von HO bildet.
                           
                           Da wir beobachteten, daß die gelbe, durch das Reductionsmittel entstandene Substanz
                              in der Hitze zu langen gelbrothen Nadeln sublimirt, machte ich eine weitere Analyse
                              mit dem zwischen zwei Uhrgläsern sublimirten Körper. Die Ergebnisse derselben sind
                              aber von der Art, daß angenommen werden muß, es entstehe durch Sublimation Alizarin.
                              Ein ziemlich voluminöser kohliger Rückstand ist auch bei sorgfältigst geleiteter
                              Erhitzung nicht zu vermeiden, wodurch dargethan ist, daß Zersetzung stattfindet. Ob
                              vielleicht bei Erhitzung unter vollkommenem Sauerstoffabschluß, etwa in einer
                              Wasserstoff- oder Kohlensäure-Atmosphäre, die Sublimirbarkeit der
                              Substanz an sich ohne Zersetzung ausführbar wäre, konnte aus Mangel an Material
                              nicht entschieden werden. Die Analyse des Sublimates ist oben bei Alizarin sub Nr. XX angeführt.
                           Es ergeben sich aus diesen vergleichenden Untersuchungen mehrerlei Unterschiede,
                              deren Ursachen mir unklar sind. Einiges mag sich aus dem Umstande erklären lassen,
                              daß alle die angewandten Scheidungsmittel nicht absolute Scheidungen geben und daß
                              trotz der Unbestreitbarkeit der von Schützenberger
                              beobachteten Thatsache, daß sich aus dem Kopp'schen
                              Purpurin Mehrerlei ausziehen lasse, dennoch von der einen Substanz etwas der anderen
                              beigemengt seyn mag. Immer deutlicher tritt uns die Ueberzeugung entgegen, daß die
                              Chemie der Krapp-Pigmente von einem Abschluß noch sehr weit entfernt ist. Als
                              Hauptresultat geht aus den Untersuchungen Schützenberger's und dem Obigen hervor, daß das Purpurin ein Oxyd des Alizarins ist, über den Wassergehalt desselben
                              herrscht eine für diese Materien unwichtige Differenz. Die Anschauungen über die
                              Zusammensetzung des Alizarins, ob es ein Kohlenhydrat sey oder ein Atom H im
                              Ueberschuß habe (wenn 40 Atome Kohlenstoff darin angenommen werden, was in diesem
                              Falle geschehen muß), gründen sich auf laxere oder strengere Deutung der Analysen;
                              für die eine spricht Einfachheit, für die andere genauerer Anschluß an die Analysen.
                              Ueber diese Abweichungen wird man erst hinwegkommen, sobald Untersuchungen
                              auftreten, die über die Zusammensetzung des Pigmentes haltbare theoretische
                              Aufschlüsse geben, Spaltungen z.B. Wie die Sache in diesem Augenblick steht, ist die
                              Wahl der Formel ohne großen Einfluß auf andere Betrachtungen, wenn man nicht die
                              Formeln der spaltbaren Ruberythrinsäure Rochleder's (die
                              aber auf die Purpurinbildung ohnehin nicht paßt und darum als sehr zweifelhaft
                              gelten muß) hieher zählen will. Die Zusammensetzung des sogen. Pseudopurpurins und
                              des Orangefarbstoffes erscheinen als noch vollkommen unaufgeklärt.
                           
                        
                           
                           VII. Ueber die Möglichkeit der
                                 Umwandlung des Purpurins in Alizarin.
                           SchielA. a. O. führt an: „Indem
                                 ich einen Platintiegel von 3 Centimeter Höhe zu 1/4 mit Krapp-Purpur
                                 füllte, auf den Tiegel einen mit etwas Papier zugestopften kleinen Trichter
                                 setzte, und im Sandbad auf der Lampe vorsichtig erhitzte, erhielt ich eine Menge
                                 der schönsten Krystalle von kirschrother Farbe bis zu einer Länge von 2 1/2
                                 Centimetern. Diese Krystalle geben jedoch mit Kali nicht mehr eine rothe, sondern eine violette Lösung. Der in dem Tiegel zurückbleibende Theil gibt, wenn
                                 man nicht zu stark erhitzt hat, mit Kali dieselbe violette Farbe.“
                              
                           Wolff und Strecker
                              Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXXV S.
                                    1. sagen in einer Anmerkung zu ihrer Abhandlung über die rothen
                              Farbstoffe des Krapps: „Die Angabe Schiels, daß
                                 der sublimirte Krapp-Purpur (Purpurin) sich mit blauer Farbe in Kalilauge
                                 löse, können wir nicht bestätigen; wiederholt sublimirtes Purpurin wurde von
                                 Kalilauge mit rein hochrother Farbe aufgenommen.“ Ich habe schon
                              früher angegeben, daß ich die der Schiel'schen
                              widersprechende Erfahrung von Wolff und Strecker bestätigen müsse.
                           Auch jetzt noch steht fest, daß das sublimirte Purpurin die unveränderte Reaction des
                              unsublimirten hat. Herr Rosa hatte sich bei den
                              vielfachen vorgenommenen Sublimationsversuchen mit den verschiedenen erhaltenen
                              Producten überzeugt, daß im kohligen Rückstand stets noch Farbstoff vorhanden sey
                              und fand beim Uebergießen eines solchen Purpurinrückstandes mit Kalilauge, daß sich
                              dieser blauviolett färbte. Das brachte die Notiz Schiel's
                              in Erinnerung und gab Anlaß zu weiterer Verfolgung des Verhaltens. Man konnte aus
                              den bisherigen Beobachtungen schließen, daß zur Hervorbringung der dem Alizarin
                              eigenen Reaction eine Hitze erforderlich sey, welche etwas höher liegt, als die zur
                              Sublimation nöthige, weil das Sublimat nicht, wenigstens am häufigsten nicht, der in
                              dem Kohlenrückstand aber eingeschlossene Theil des Purpurins, welcher höhere Hitze
                              erfuhr, die Reaction gab.
                           Es wurden mehrere Portionen Purpurin in zugeschmolzenen Röhren in ein Oelbad gebracht
                              und auf 210–220° C. erhitzt, und es zeigte sich, daß der sublimirte an
                              dem oberen Röhrenende angesetzte Theil des Farbstoffes nach dem Herausnehmen und
                              Uebergießen mit Kalilauge die blaue Reaction sehr schön lieferte, ja die Lösung war
                              viel tiefer blau als die des gewöhnlichen sublimirten Alizarins. Auch der kohlige
                              Rückstand gab eine blaue, wenn auch trübe alkalische Lösung, die etwas verdünnt, filtrirt und mit
                              Salzsäure versetzt einen rothgelben Körper fallen ließ, der sublimirbar und in
                              Alkalien mit blauvioletter Farbe löslich war.
                           Fünf Röhren wurden mit Purpurin versehen und zugeschmolzen in einem Papinianischen
                              Topf auf 150° C. erhitzt, bei dieser Temperatur eine herausgenommen und mit
                              der Hitze allmählich gestiegen und eine Röhre um die andere Weggenommen, bis zuletzt
                              auf 220° C., bei welcher Temperatur die letzte Röhre entfernt wurde. Es
                              zeigte sich, daß die ersten Röhren nur schwach, die letzten aber stark die violette
                              Färbung mit Aetzkali gaben.
                           Ein Versuch, Purpurin in überhitztem Wasserdampf, dessen Temperatur zuletzt auf
                              185° C. gestiegen war, zu sublimiren, ergab, daß die anfänglich
                              übergegangenen Partien kaum verändert waren, während die letzten bei höherer
                              Temperatur sublimirten den violetten Stich in alkalischer Lösung deutlich
                              zeigten.
                           Da die blaurothe Färbung mit Alkalien die deutlichst charakterisirende Reaction des
                              Alizarins gegenüber dem Purpurin ist, mag es als zulässige Conjectur erscheinen, die
                              beschriebenen sehr deutlichen Wahrnehmungen einer Umwandlung des Purpurins in
                              Alizarin zuzuschreiben.
                           Diese Umwandelbarkeit im größeren Maaßstabe und ohne zu starke Verluste, wäre ein für
                              die gesammte Krappindustrie unberechenbarer Gewinn. Anzudeuten ist noch, daß
                              möglicherweise das Einschließen der türkischroth-gefärbten Garne und Stoffe
                              in Autoclaven, um sie einige Stunden lang einer höheren Temperatur, zum Behufe des
                              „Schönens“ oder „Avivirens“
                              auszusetzen, eine Umwandlung des Purpurins in Alizarin, beziehungsweise des
                              Purpurinlackes in Alizarinlack zum Erfolg hat. Freilich ist eine solche Annahme vor
                              der Hand nur mit allem Vorbehalt zu machen.
                           
                        
                           VIII. Färbeversuche.
                           Es wurden Zeugstücke, die für Roth, Violett, Braun (Puce)
                              und Schwarz gebeizt waren, mit destillirtem Wasser und gleichen Gewichtsmengen der
                              folgenden Farbstoffe zusammengebracht und zusammen auf einem Dampfbade, in der für
                              solche Versuche gebräuchlichen Weise, einer allmählichen Zunahme der Hitze
                              ausgesetzt: 1) Alizarin; 2) reducirtes Alizarin; 3) Purpurin; 4) reducirtes
                              Purpurin; 5) Orangefarbstoff; 6) Pseudopurpurin. Nachdem die Färbung tief genug
                              erschien, wurden die Zeugstückchen herausgenommen, in die Gläser auf einen
                              Centigramm Farbstoff 1 Centigramm Kreidepulver gegeben und mit neuen Stückchen Zeug
                              gefärbt. Der ganze hierbei bemerkbare Unterschied war, daß 1, 2, 3 und 6 nach dem
                              Kreidezusatz stärker in die ungeheizten Stellen einschlugen als vorher.
                           
                           Die erhaltenen Farben zeigten folgende Nüancen:
                           
                              
                                 
                                 Roth.
                                 Violett.
                                 Braun.
                                 Schwarz.
                                 
                              
                                 1) Alizarin.
                                 satt, gelblicherTon.
                                 etwas graulich.
                                 weniger sattals Purpurin.
                                 tief.
                                 
                              
                                 2) Reducirtes
                                        Alizarin.
                                 Durchweg dem Alizarin sehr ähnlich.
                                 
                              
                                 3) Purpurin.
                                 ziemlich feuriggelblich.
                                 mehr röthlicherStich.
                                 sehr tief.
                                 gut gesättigt.
                                 
                              
                                 4) Reducirtes
                                        Purpurin.
                                 schmutzig gelb,ohne allenrothen Ton.
                                 matt gelblich.
                                 fahlesRehbraun.
                                 höchstens braun.
                                 
                              
                                 5) Orange.
                                 Dem Alizarin ähnlich, aber weniger
                                    intensiv.
                                 
                              
                                 6) Pseudopurpurin.
                                 Alle Töne etwas tiefer als mit
                                    Purpurin.
                                 
                              
                                 
                                 Nach dem Kochen mit
                                       Seife.
                                 
                              
                                 1) Alizarin.
                                 feurig roth.
                                 bläulicherStich.
                                 tiefesRothbraun.
                                 sehr vollkommen.
                                 
                              
                                 2) Reducirtes
                                        Alizarin.
                                 Fast nicht verschieden von Alizarin.
                                 
                              
                                 3) Purpurin.
                                 etwas mehrgelblich als vonAlizarin.
                                 rötheres Violettals Alizarin.
                                 wie Alizarin.
                                 wie Alizarin.
                                 
                              
                                 4) Reducirtes
                                        Purpurin.
                                 rosa.
                                 matt.
                                 lederfarbentrüb.
                                 nur braun.
                                 
                              
                                 5) Orange.
                                 etwas gelblich.
                                 gräulicherStich.
                                 wenigerrothbraun alsAlizarin.
                                 nicht ganz tief.
                                 
                              
                                 6) Pseudopurpurin.
                                 Nicht von Purpurin zu unterscheiden
                                 
                              
                           Es geht mehrerlei Lehrreiches aus dieser Tabelle hervor:
                           
                              a) Daß das reducirte Alizarin sich
                                 beinahe ganz wie Alizarin verhält, wodurch die obige Beobachtung der leichten
                                 Zurückführbarkeit in Alizarin eine Bestätigung findet.
                              b) Daß dagegen das reducirte Purpurin
                                 auffallend verschiedene Resultate von Purpurin gibt, indem es wenig und in allen
                                 Beizen mit trübgelblichem Stiche färbt.
                              c) Daß dieser Körper sich am
                                 energischsten durch Seife verändert, indem das schmutzige Gelb auf der Rothbeize
                                 in schönes Rosa umgewandelt wird.
                              d) Daß das Pseudopurpurin sich ganz
                                 ähnlich wie Purpurin verhält, ja fast etwas besser als dieses; die
                                 Zusammensetzung beider ließ erwarten, daß sie sich auch beim Färben gleich
                                 verhalten.