| Titel: | Aetherischer Copal- und Dammarfirniß nach Violette. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XX., S. 65 | 
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                        XX.
                        Aetherischer Copal- und Dammarfirniß nach
                           Violette.
                        Violette's ätherischer Copal- und Dammarfirniß.
                        
                     
                        
                           Die mit Aether dargestellten Firnisse scheinen bisher in der Industrie keine
                              nennenswerthe Verwendung gefunden zu haben. Sie zeichnen sich durch ein überaus
                              rasches Trocknen aus, welches je nach der Anwendung bald ein Vortheil, bald ein
                              Nachtheil ist. Den Angaben von Tingry gegenüber, welcher
                              empfahl, den Copal ohne weiteres in Aether aufzulösen, bezweifelt Violette (Annales du Génie civil, 1866)
                              die Möglichkeit, auf diese Weise einen Firniß darzustellen, da Copal an und für sich
                              in Aether unlöslich ist. Nur Dammar ist in Aether löslich. Wenn man dagegen den
                              Copal vorher einer Schmelzung unterwirft, bis er circa
                              1/4–1/5 von seinem Gewicht verloren hat, so löst er sich in Aether auf. Violette empfiehlt folgende Verhältnisse für Copal und
                              Dammar:
                           
                              
                                 Copal, vorher durch Schmelzen löslich gemacht, oder
                                    Dammar    
                                   500 Grm.
                                 
                              
                                 Schwefeläther
                                 1000    „
                                 
                              
                           Die Harze werden gepulvert in eine gut verschließbare Flasche gebracht und der Aether
                              nach und nach unter tüchtigem Umschütteln zugegeben. Die Lösung erfolgt sehr rasch.
                              Man läßt den so bereiteten Firniß einige Zeit zum Klären stehen und filtrirt ihn vor
                              der Anwendung durch
                              Leinwand oder Papier. Um das allzu rasche Trocknen durch die schnelle Verflüchtigung
                              des Aethers zu vermeiden, soll man die zu lackirende Fläche vorher mit einem
                              ätherischen Oele, wie Terpenthinöl, Lavendelöl, Rosmarinöl etc. bestreichen, um zu
                              verhindern, daß sich der Lack im Pinsel verdickt und die Oberfläche eine
                              blasenförmige Beschaffenheit erhält. Der ätherische Copal- und Dammarfirniß,
                              welche beide einen brillanten Glanz besitzen sollen, werden zur Reparatur der Email
                              auf Galanterie-Waaren als besonders geeignet empfohlen.
                           
                        
                           Nachschriftliche Bemerkungen vonDr. Wiederhold.
                           Für Dammar besteht meiner Ansicht nach kein Bedürfniß, nach einem ätherischen
                              Lösungsmittel zu suchen. Die Auflösung des Dammar in Terpenthinöl gibt einen Lack,
                              der, wenn richtig, d.h. immer nur in dünner Schicht aufgetragen, alle
                              wünschenswerthen Vortheile eines schnell trocknenden Lackes besitzt und von den
                              Uebelständen frei ist, welche die Anwendung von sehr flüchtigen Lösungsmitteln, wie
                              Aether etc. stets mit sich bringt. Die beschränkte Anwendung dieses Lackes hat nicht
                              ihren Grund im Lösungsmittel, sondern in den Eigenschaften des Damnarharzes selbst,
                              welches nicht hart und dauerhaft genug ist. Für gewisse Anwendungen ist der Glanz
                              des reinen Dammarlackes vollkommen ausreichend. Wollte man sich etwa nach Analogie
                              des Lucanus'schen Gemäldefirnisses (einer Auflösung von 2
                              Theilen Dammar in 2 1/2 Theilen Terpenthinöl) des ätherischen Dammarlackes zum
                              Firnissen der Oelgemälde, oder, wie eine ältere mit der vorstehenden Violette'schen fast wörtlich übereinstimmende (!)
                              Vorschrift für eine Auflösung von Bernstein-Copal in Aether empfiehlt, zum
                              Ausbessern von solchen Gemälden die sehr aufgesprungen und gebrochen sind, bedienen,
                              so muß in Erinnerung gebracht werden, daß der Aether leicht die Lasurfarben angreift
                              und blind macht, weßhalb die ätherischen Lacke für diesen Zweck überhaupt nichts
                              weniger als eine Empfehlung verdienen. – Dagegen wäre es sehr wünschenswerth,
                              für Copal ein gutes und billiges, sich verhältnißmäßig leicht verflüchtigendes
                              Lösungsmittel zu besitzen. Die Auflöslichkeit des Copals in einem solchen braucht
                              gar keine große zu seyn; im Gegentheil, es ist weit besser, mit einer verdünnten
                              Lösung zu operiren, weil bei consistenten ätherischen Lacken die obere Schicht
                              leicht erhärtet und eine Decke bildet, unter welcher die tieferliegende nicht
                              austrocknen kann, wodurch, abgesehen von der schlechten dadurch entstehenden
                              Lackirung, der Vortheil des raschen Trocknens, welchen man doch hauptsächlich bei
                              der Anwendung von ätherischen Lacken sucht, völlig verloren geht. Auf gewisse sonst
                              gute Lösungsmittel muß man mit Rücksicht auf die Gesundheit des Arbeiters verzichten; dahin gehören
                              z.B. Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Schwefeläther, die mit diesen Lösungsmitteln
                              dargestellten Firnisse werden voraussichtlich niemals eine wirklich industrielle
                              Anwendung finden, es sey denn in solchen Fällen, wo die Lackirungen im Freien
                              vorgenommen werden können, weil in geschlossenen Räumen die Arbeiter sehr bald durch
                              Kopfschmerz und Uebelkeit gezwungen werden würden, ihre Arbeit einzustellen. Unter
                              allen Lösungsmitteln für Copal verdient das von mir vorgeschlagene Aceton immer noch
                              die meiste Empfehlung; leider ist aber der bis jetzt noch zu hohe Preis desselben
                              einer ausgebreiteten Verwendung hinderlich.Die
                                    Herren F. W. Breithaupt und Sohn in Cassel
                                    verwenden schon seit längerer Zeit den von mir mittelst Aceton dargestellten
                                    Copallack (polytechn. Journal Bd. CLXXII
                                       S. 460) zum Ueberziehen feiner Metallstücke und sind sowohl mit
                                    der Raschheit, womit die Arbeit von statten geht, wie auch mit der Güte des
                                    Lackes sehr zufrieden.
                              
                           Was nun den Violette'schen ätherischen Copalfirniß
                              anbetrifft, so ist die Löslichkeit des vorher bis zum Verluste von 1/4 seines
                              Gewichtes geschmolzenen Copals in Aether eine überraschend schnelle und große.
                              Allein bei der Darstellung einer nur einigermaßen beträchtlichen Menge wird der
                              Copal beim Schmelzen dunkelbraun und der Lack dadurch stark gefärbt. Bei kleinen
                              Stückchen Copal gelingt es wohl, wenn man dieselben in einer Glasröhre sehr
                              vorsichtig über der Spirituslampe erhitzt, 1/4 vom Gewichte des Copals
                              abzudestilliren, ohne daß eine merkliche Bräunung eintritt. Nimmt man aber nur eine
                              etwas größere Menge in Arbeit, so zweifle ich sehr, daß es gelingen dürfte, von
                              derselben ohne Bräunung das ätherische Oel abzudestilliren. Man beobachtet sogar
                              oftmals in der Masse ein Erglimmen, wie beim Erhitzen eines Gemenges von chlorsaurem
                              Kali mit Braunstein. – Der Glanz des so dargestellten Copallackes ist ein
                              sehr matter, wie überhaupt Copal an und für sich keinen brillanten Glanz besitzt;
                              durch den mehrerwähnten Schmelzproceß scheint derselbe aber noch weiterhin
                              beeinträchtigt zu seyn, so daß die Lackirung ganz unansehnlich ausfällt und sich
                              leicht abbröckelt. Will man nun schadhafte Stellen an lackirten Gegenständen mit dem
                              ätherischen Copallack repariren, so muß derselbe einen dem alten auf den
                              Gegenständen befindlichen Lack möglichst ähnlichen Glanz besitzen. Der Glanz wird
                              den Lacken hauptsächlich durch Zusatz von Leinölfirniß ertheilt. In dem Maaße, als
                              man den Zusatz des letzteren steigert, erhalten die Lacke größeren Glanz und größere
                              Elasticität, wohingegen die Trockenfähigkeit in gleichem Maaßstabe abnimmt. Soll
                              eine Reparatur genau ausfallen, so muß natürlich der nöthige Zusatz von Leinölfirniß
                              ermittelt werden. Bei Reparaturen von unbiegsamen Gegenständen wird man in den meisten Fällen
                              ausreichen, wenn man dem ätherischen Copallack 1/4 von der Menge des angewendeten
                              Copals guten Leinölfirniß, der mit der gleichen Menge Terpenthinöl verdünnt ist,
                              zusetzt. Bei biegsamen Gegenständen setzt man auf 3 Theile Copal 2 Thle. Firniß und
                              3 Thle. Terpenthinöl zu. Zusätze von Firniß über diese Grenze hinaus heben die
                              Vortheile des ätherischen Lösungsmittels selbstverständlich auf. Es ist praktischer,
                              das Terpenthinöl gleich dem Firniß zuzusetzen, als die zu lackirende Fläche damit zu
                              bestreichen. Ob diese Firnisse dauerhaft sind, wird von der Entscheidung der Frage
                              abhängen, ob die vorherige Schmelzung des Copals bis zu 1/4 Gewichtsverlust
                              überhaupt ein Vortheil für die Copallacke ist.
                           Violette hatte vor einigen Jahren in sehr ausführlichen
                              MittheilungenDurch dieses Journal
                                    Bd. CLXVII S. 371 und durch Wagner's Jahresbericht für 1863 dem deutschen
                                    Publicum bekannt. dieses Verfahren für Copal empfohlen. Die Sache
                              ist nicht neu. In der älteren Literatur über Lackfabrication werden zwei
                              Vorschriften für Copallack angegeben. Die eine Vorschrift lautet: man erhitze den
                              Copal so lange bis er geschmolzen ist, unter öfterem Umrühren mit einem Stabe. Die
                              Beendigung des Schmelzprocesses soll man daran erkennen, daß sich an dem zeitweilig
                              aus der Masse gezogenem Stabe keine Klümpchen mehr bemerken lassen. Wenn das Gefäß
                              nicht gar zu ungünstig construirt ist, destilliren in diesem Falle kaum 20 bis 25
                              Proc. ätherisches Oel über; man kann den Vorgang vielleicht passend damit
                              bezeichnen, daß man sagt, der Copal schmilzt hier in seinem ätherischen Oele. Die
                              zweite Vorschrift verlangt aber, daß man den Copal so lange erhitze, bis sich keine
                              Dämpfe mehr bilden. Wird diese Vorschrift genau befolgt, so tritt ein erheblicher
                              Gewichtsverlust ein, weil beim Zurückfließen von jedem Tropfen ätherischen Oeles an
                              der Wand in die geschmolzene Masse von Neuem Dämpfe entstehen, bis das ätherische
                              Oel abdestillirt ist, was nahezu 1/4–1/5 Gewichtsverlust entspricht. Der
                              Copal muß hierzu so stark erhitzt werden, daß er in der Regel braun wird, was wohl
                              von einer beginnenden Verkohlung herrührt; während im ersteren Falle die Farbe des
                              Lackes weit heller ausfällt. Es ist sehr schwer, über den Werth beider Methoden
                              bezüglich der Dauerhaftigkeit der Lacke ein Urtheil zu fällen, weil nur jahrelang
                              angestellte sorgfältige Versuche hierüber entscheiden können. In den Kreisen mir
                              bekannter Praktiker stellt man der Violette'schen Methode
                              kein günstiges Prognostikon. Ich werde bei anderer Gelegenheit noch einmal auf
                              diesen nicht unwichtigen Punkt zurückkommen.