| Titel: | Ueber den Bessemerproceß mit Rücksicht auf die bisher üblichen Stahlerzeugungsmethoden und den Puddelproceß; von Krieger. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XXXIV., S. 114 | 
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                        XXXIV.
                        Ueber den Bessemerproceß mit Rücksicht auf die
                           bisher üblichen Stahlerzeugungsmethoden und den Puddelproceß; von Krieger.
                        Vorgetragen in der Generalversammlung des
                              technischen Vereins für Eisenhüttenwesen vom 22. October 1865. – Aus der Zeitschrift des Vereines
                                 deutscher Ingenieure, 1866, Bd. X S. 309.
                        Krieger, über den Bessemerproceß mit Rücksicht auf die bisherigen
                           Stahlerzeugungsmethoden u. den Puddelproceß.
                        
                     
                        
                           Eine ausführliche Beschreibung der beim Bessemerverfahren gebräuchlichen
                              Einrichtungen, der dabei statthabenden chemischen Vorgänge, sowie der in einer
                              auffallenden, eigenthümlichen Weise auftretenden Flammenerscheinungen, wäre eine
                              Wiederholung dessen, was uns bereits in einigen umfassenden und gediegenen Aufsätzen
                              der neuesten Zeit bekannt geworden ist. Ich werde mich daher auch nur auf dasjenige
                              Wesentliche darüber beschränken, was erforderlich ist, darzuthun, in wie weit der
                              Bessemerproceß weniger dazu geeignet ist, die Tiegelschmelzerei, als vielmehr den
                              Puddelproceß zu ersetzen. Einestheils die beim
                              Herd- und Flammofenfrischen maßgebenden chemischen Vorgänge durchlaufend,
                              anderntheils den beim Gußstahlschmelzen zur Flüssighaltung der geschmolzenen Masse
                              erforderlichen hohen Hitzegrad mit sich führend, bildet er einen Zwischenproceß
                              zwischen beiden derart, daß einzelne Gegenstände, welche bis jetzt aus Schmiedeeisen
                              oder Puddelstahl, anderntheils aus Gußstahl angefertigt wurden, in Zukunft besser
                              als jene, billiger als diese, und doch ebenso zweckentsprechend aus
                              Bessemerproducten hergestellt werden können.
                           Wer die Gußstahlfabrication genau kennt, sich darin versucht und sie in allen Theilen
                              praktisch mit durchgemacht hat, wird unzweifelhaft meine Ansicht dahin theilen
                              müssen, daß sie (abgesehen von der Anfertigung sehr schwerer Gegenstände) in
                              Anbetracht der hohen Anforderungen, welche an die besseren Stahlsorten, wie
                              Geräthschaften-, Werkzeug-, Feder-, Feilenstahl etc. gestellt
                              werden, die geeignetste und sicherste Fabricationsweise abgibt. Zieht man hierzu in
                              Betracht, daß solche Artikel einem späteren Härten unterworfen werden, so muß bei
                              ihrer Herstellung, neben einer großen Zähigkeit und Härte, vorherrschend ihre
                              Gleichmäßigkeit in's Auge gefaßt und die Erlangung derselben stets mit Sicherheit im
                              Voraus bestimmt werden können.
                           Das Härten besteht bekanntlich darin, daß glühend
                              gemachter Stahl plötzlich abgekühlt wird und zwar mittelst kalten Wassers oder, wie
                              dieß bei Feilen, Sägen, schneidenden Instrumenten u.s.w. der Fall ist, mittelst Talg und Oel.
                              Von dem Temperaturunterschiede beider, dem Stahl und dem Härtemittel, hängt der
                              größere oder geringere Grad der Härte ab; bei einem zu großen Unterschiede indeß,
                              resp. einer zu großen, der Natur des Stahles nicht angemessenen Erhitzung und
                              nachheriger starker Abkühlung, nimmt die Festigkeit ab, die Härte und Sprödigkeit
                              aber in einem so überwiegenden Maaße zu, daß dem Stahle jede Festigkeit abgeht.
                              Umgekehrt bleibt bei einem zu geringen Unterschiede, einem zu schwachen Härten, der
                              Stahl zu weich. Da aber der vorzüglichste Stahl mit der
                                 größten zulässigen Härte die größte Elasticität verbindet, so ist es eine
                              unerläßliche Bedingung, den Härtegrad, mit Rücksicht auf die Natur und Bestimmung
                              des Stahles, innerhalb solcher Grenzen zu führen, welche mit Sicherheit die größte
                              Elasticität in sich schließen.
                           Obgleich es im Allgemeinen bekannt ist, daß weichere Sorten behufs des Härtens
                              stärker erhitzt werden müssen, als härtere, so bleibt die Bestimmung des für jeden
                              Fall angemessenen Hitzegrades doch immerhin eine äußerst schwierige, zumal jedes
                              zuverlässige und leicht ausführbare Mittel dazu fehlt. Das Maaß der Erhitzung bleibt
                              daher auch ausschließlich Sache der Erfahrung und somit dem Auge und der
                              Geschicklichkeit des Arbeiters anheimgestellt. Es gehört indeß ein sehr geübtes Auge
                              dazu, bei den feinen, rasch einander folgenden Uebergängen der Erhitzung das
                              richtige Maaß zu treffen und geschieht es leider zu häufig, daß dasselbe entweder
                              nicht erreicht oder überschritten wird; in dem ersten Falle tritt ein wiederholtes
                              Härten, im zweiten ein Ablassen ein. Muß solches mehreremale hintereinander
                              geschehen, so wird in beiden Fällen die Qualität beeinträchtigt. Um dieß zu
                              vermeiden und die beim Härten nöthige Sicherheit in der Beurtheilung der
                              erforderlichen Temperatur herbeizuführen, muß die Darstellung des Stahles für diese
                              Fälle eine überaus große Gleichmäßigkeit, sowie eine bis an's Empfindliche grenzende
                              Zuverlässigkeit, als die nothwendigste Bedingung mit sich führen.
                           Die Gußstahlfabrication resp. der Tiegelguß erfüllt diese Bedingung auf dem praktisch
                              sichersten Wege, auf dem des vorhergehenden Prüfens und Sortirens des dazu zu
                              verwendenden Materials. Ob man dabei den Stahl aus Schmiedeeisen und einem Zusatze
                              von Spiegeleisen oder Kohlenpulver, ob aus Puddelstahl allein, oder aus
                              Puddel- und Cementstahl, oder (wie es von Anfang an und durch eine lange
                              Reihe von Jahren ausschließlich geschah) aus Cementstahl und Rohstahl bereitet,
                              immerhin kann man die, nach Maaßgabe der zu erzielenden Sorte, erforderliche
                              Qualität und Härte, für kleinere wie für größere Partien, daraus so. zusammensetzen, daß
                              sich (wenn nicht Ungeschicklichkeit oder Unachtsamkeit der Arbeiter dazwischen
                              tritt) dieselbe mit Bestimmtheit daraus erwarten läßt.
                           Berücksichtigt man dabei noch den Umstand, daß sämmtliches Material, bis auf das
                              wenige Spiegeleisen, welches beim Einschmelzen von Schmiedeeisen gebraucht wird,
                              durch einen vorherigen Frischproceß entweder direct als ein fertig gebildeter Stahl
                              oder als ein sehr gereinigtes Stabeisen, dem durch die spätere Cementation der für
                              seine Stahlbildung erforderliche Gehalt an Kohlenstoff zugeführt wird, erzeugt
                              worden ist, und daß, wenn noch geringe Abweichungen in Bezug auf ihre
                              Gleichmäßigkeit in der Härte stattfinden sollten, dieselben durch das Umschmelzen
                              zur vollständigen Ausgleichung gebracht werden; und daß ferner, wenn noch einzelne
                              Schlackentheilchen und sonstige mechanisch beigemengte Unreinigkeiten darin
                              enthalten seyn sollten, denselben durch das langsame Einschmelzen bei hoher
                              Temperatur Zeit und Gelegenheit zur vollständigen Abscheidung geboten wird; und daß
                              schließlich diese hohe Temperatur, welche bis zum Ausgießen des Stahles in die
                              Formen beibehalten wird, sowie die fast absolute Reinigung der flüssigen Masse, eine
                              vollständige Homogenität veranlassen, und eine chemische Veränderung außer der
                              völligen Vertheilung und Ausgleichung des Kohlenstoffes nicht stattfindet, so sind
                              dadurch, meines Erachtens, die zur Erzeugung eines vorzüglichen Stahles
                              erforderlichen wesentlichen Bedingungen in so hohem Maaße erfüllt, wie sie keine
                              Fabricationsweise sonst mehr zu bieten im Stande ist.
                           Wer den Bessemerproceß von seiner Entstehung an bis auf den heutigen Tag verfolgt
                              hat, wird dem beipflichten müssen, daß auch dieser Proceß in jener Hinsicht kaum
                              mehr bietet, als daß er, gleich der Roh-, Cement- und
                              Puddelstahlfabrication, ein geeignetes Material für die Tiegelschmelzerei absetzen
                              wird.
                           Das Originelle, Ueberraschende und zugleich Vortheilhafte desselben indeß liegen
                              darin, daß innerhalb weniger Minuten, ohne besondere Anwendung von Brennmaterial und
                              große Arbeitskraft, allein nur durch die Zuführung eines stark gepreßten Windes, das
                              Roheisen in Stahl von weicher oder harter Beschaffenheit übergeführt wird. Der
                              Umwandlungsproceß bot jedoch in seiner praktischen Ausführung so mancherlei
                              Schwierigkeiten, daß es erst einer großen Reihe von Versuchen bedurfte, bevor er als
                              eine feststehende Fabricationsweise den bisher üblichen angereiht werden konnte.
                           In Bezug auf die Art seiner Ausführung sind zwei Wege maßgebend; entweder, daß man
                              die Entkohlung vollständig beendigt, und je nach dem Härtegrade des zu erzielenden
                              Productes mittelst Spiegeleisen im flüssigen Zustande wieder Kohlenstoff zugeführt wird,
                              oder daß man, wenn die für eine gewünschte Härte erforderliche Entkohlung erreicht
                              ist, den Proceß unterbricht. In beiden Fällen dienen die dabei auftretenden
                              Flammenerscheinungen als Erkennungszeichen für den allmählichen Verlauf sowohl als
                              auch die Beendigung des Processes. Nun beruht aber die Brauchbarkeit dieses
                              Verfahrens hauptsächlich darauf, daß man mit Sicherheit den jedesmaligen Grad der
                              Entkohlung anzugeben im Stande ist und es nicht dem Zufalle zu überlassen gezwungen
                              wird, die für die verschiedenen Zwecke geeigneten Härtegrade herbeizuführen. Und in
                              der That geben die Aenderungen, welche an den aus dem Ofen gestoßenen Flammen und
                              Funken, namentlich gegen Ende des Processes, sich zeigen, dann einen ziemlich
                              zuverlässigen (aber auch den einzigen) Anhaltspunkt, wenn die aus den dabei
                              erhaltenen Producten anzufertigenden Gegenstände in Bezug auf Härte und Qualität
                              einen möglichst weiten Spielraum zulassen. In dieser Beziehung stimmen sämmtliche
                              darüber eingegangene Berichte, sowohl aus Schweden, als aus Oesterreich und England,
                              mit einander überein und finden ihre volle Bestätigung durch die in unseren eigenen
                              Districten gewonnenen Resultate.
                           Allein sobald es sich darum handelt, einen mehr oder gar vollständig gleichmäßigen Stahl zu gewinnen, fehlt jeder sichere
                              Anhaltspunkt für die rechtzeitige Erkennung der Vollendung, resp. Einstellung des
                              Processes. Hätte man es in der Gewalt, mit Sicherheit jedesmal den für einen
                              bestimmten Entkohlungsgrad nöthigen Abschluß der Oxydation herbeizuführen, oder mit
                              anderen Worten: wäre man in der Lage, nur jedesmal genau so viel Sauerstoff
                              einblasen zu müssen, als die für die Bildung einer bestimmten Stahlsorte
                              ausreichende Entkohlung des Roheisens verlangt, so wäre dieser dem Processe
                              anklebende große Fehler bald beseitigt. Wenn Bessemer
                              vorgeschlagen und geglaubt hat, durch einen Nachzähler (eine Gasuhr etwa), welcher
                              das Volumen des benutzten Windes mißt, die nöthige Gleichmäßigkeit herbeiführen und
                              reguliren zu können, so hat er dabei gewiß nicht in Betracht gezogen, daß alsdann
                              einerseits ein gleicher Dichtigkeits- und Feuchtigkeitsgrad, sowie
                              gleichmäßige Pressung des Windes, andererseits die stets gleiche Zusammensetzung des
                              Roheisens vorausgesetzt werden müssen. Vorherrschend aber ist's Letzteres, ist's die
                              Empfindlichkeit des Processes für selbst geringe Abweichungen in der Beschaffenheit
                              des Roheisens, welche die Unsicherheit und Schwankungen in der Erzielung der
                              richtigen Härte und Qualität der auf diesem Wege gebildeten Stahlmassen bedingt.
                           Nun ist aber Roheisen, abgesehen von den leider nur zu häufigen Beimengungen von
                              Phosphor, Schwefel und Mangan, im Wesentlichen eine Vereinigung von Kohlenstoff, Silicium und Eisen. Das
                              Silicium verhält sich hinsichtlich seiner Abscheidung wie der Kohlenstoff, nur mit
                              dem Unterschiede, daß die Sauerstoffverbindungen des letzteren als Kohlenoxydgas
                              entweichen, während dessen die des ersteren als Kieselsäure zur Schlacke übergehen.
                              Es ist daher auch natürlich, daß die atmosphärische Luft den in dem flüssigen Eisen
                              enthaltenen Kohlenstoff nicht angreift, ohne zu gleicher Zeit das Silicium zu
                              oxydiren.
                           Bei einem genaueren Studium des Verlaufes des Processes findet man, daß aber auch
                              zugleich mit den beiden erstgenannten Bestandtheilen des Roheisens ein nicht
                              unbeträchtlicher Theil des dieselben umgebenden, in weit vorherrschender Menge
                              vorhandenen Eisens mit oxydirt wird, und daß somit (in Uebereinstimmung mit dem
                              Puddel- und Herdfrischen) alle die zur weiteren Entwickelung und Durchführung
                              des auf diese Weise eingeleiteten Processes erforderlichen Bedingungen einer
                              Schlackenfrischmethode gegeben sind, jedoch mit dem unläugbar sehr zu Gunsten dieser
                              Methode sprechenden Vortheil, daß (außer der früher schon angeführten
                              verhältnißmäßig kurzen Zeit) der ganze Verlauf des Processes unter einer rasch sich
                              immer mehr und mehr und schließlich so hoch steigernden Hitze stattfindet, daß das
                              daraus gewonnene, ob harte oder weiche Product nach der Abstellung des Windes und
                              nach einigen Minuten ruhigen Stehens, noch flüssig genug bleibt, um die ihm noch
                              eingemengten Schlackentheile vollständiger abscheiden und darnach im noch flüssigen
                              Zustande in die Formen gegossen werden zu können.
                           Es eignen sich daher auch, und zwar in Uebereinstimmung mit den allseitig gemachten
                              Erfahrungen, zu diesem Verfahren nur die reineren und zwar grauen, oder die
                              demselben sehr nahe stehenden ebenfalls sehr reinen halbirten Roheisensorten.
                           Treten aber Schwefel und Phosphor darin auf, so werden dieselben nicht ausgeschieden
                              oder doch sehr wenig, indem, sobald die Ausscheidung des Kohlenstoffes und Siliciums
                              begonnen hat, der Sauerstoff seine ganze Thätigkeit darauf wirft und somit innerhalb
                              der ohnedieß sehr kurzen Dauer des Processes keine Zeit mehr behält, noch andere
                              fremde Bestandtheile mit abscheiden zu können.
                           Silicium wird indeß nie vollständig abgeschieden, so lange das Product noch
                              Kohlenstoff enthält, und da letzterer ein wesentlicher Bestandtheil des Stahles ist,
                              so wird der Stahl auch immer mehr oder weniger Silicium mit sich führen. Dasselbe
                              wirkt aber nachtheilig auf den Stahl und zwar insofern, als es zu einer größeren
                              Härte beiträgt und, wenn es in einer zu großen Menge mit übergeht, unbedingt
                              Veranlassung zur Sprödigkeit gibt. Man muß daher für diesen Zweck ein mehr
                              kohlenstoffreiches und siliciumarmes Roheisen wählen.
                           Ist jedoch Mangan vorhanden, so wird es in gleicher Weise wie Silicium abgeschieden;
                              deßhalb ist es sogar bekanntermaßen für die Stahlbildung vortheilhaft, wenn Mangan
                              in nicht zu großer Menge vorhanden ist, und zwar dadurch, daß es eine leichte
                              Abscheidung des Kohlenstoffes und namentlich des Siliciums herbeiführt und daß es,
                              an Stelle des Siliciums in geringer Menge in den Stahl mit übergegangen, demselben
                              keinen Abbruch thut, sondern nur vortheilhaft auf dessen Güte wirkt.
                           Fasse ich demnach sämmtliche zur Umwandlung des Roheisens mittelst des
                              Bessemerprocesses wesentlich vorkommende chemische Vorgänge in's Auge, namentlich
                              unter der Berücksichtigung, daß dasselbe stets fremde Bestandtheile, vorherrschend
                              Silicium, in sehr variabler Weise mit sich führt, so erhellt daraus, daß die Menge
                              des dazu erforderlichen hauptsächlichsten Reagens, der zuzuführenden atmosphärischen
                              Luft, nicht nach dem Kohlenstoffe allein, sondern vielmehr sehr wesentlich nach dem
                              Grade der Beimengung dieser fremden Bestandtheile abgemessen werden muß; daß somit
                              die Zeitdauer des Processes eine bald kürzere, bald längere, und damit im engen
                              Zusammenhange stehend, die Sicherheit in der Führung und rechtzeitigen Beendigung
                              des Processes eine sehr schwankende seyn muß.
                           Als ferneren Beleg für meine Behauptung: daß der Bessemerstahl den Gußstahl in dem
                              Eingangs erwähnten Sinne nicht vertreten wird, muß ich
                              die große Porosität der daraus gewonnenen Rohblöcke in
                              Erwägung ziehen, und daß mit der Härte des Stahles deren Anzahl und Größe von Innen
                              nach Außen zunehmen, während weichere Sorten dagegen ein beinahe ganz vollständig
                              homogenes Gefüge zeigen. Wodurch diese Blasen entstehen, läßt sich wohl nicht
                              anders, als durch den Umstand erklären, daß die bei der plötzlichen Unterbrechung
                              des Processes in der weiteren Entwickelung begriffene Oxydation innerhalb der
                              wenigen Minuten Stillstandes vor dem Ausgießen in die Formen voranschreitet, und daß
                              das dabei fort und fort erzeugte Kohlenoxydgas, sowie freigewordener Stickstoff aus
                              der in den letzten Momenten des Blasens eingetriebenen und zersetzten
                              atmosphärischen Luft nicht mehr vollständig entweichen können und mehr oder weniger
                              von der sie umgebenden, zwar noch flüssigen, aber allmählich durch die von Außen
                              bewirkte Abkühlung consistenter gewordene Stahlmasse eingeschlossen werden.
                              Schlackentheile sind nicht darin enthalten; das gibt die Reinheit und die blaue Anlauffarbe der Wände zu
                              erkennen; mithin kann ihre Entstehung nur der Bildung von Gasen zugeschrieben
                              werden.
                           Es ist einleuchtend, daß diese große Porosität der Blöcke eine kräftige mechanische
                              Bearbeitung mittelst schwerer Geschläge verlangt, zumal es erforderlich ist, unter
                              solchen Umständen behufs der Erzielung größerer Dichtigkeit möglichst schwere Blöcke
                              zu verwenden; denn, wie immer beim Stahle oder jeder feinkörnigen Masse, wird mit
                              einer je größeren Abnahme des Querschnittes das Gefüge dichter, feinkörniger und
                              fester.
                           Auf diese Weise lassen sich zwar dem Anscheine nach so vollständig homogene Blöcke
                              erhalten, daß die durch die Poren entstandenen unganzen Stellen in der Bruchfläche
                              selbst mit bewaffnetem Auge nicht mehr zu erkennen sind. Allein berücksichtigt man
                              den geringen beim Wärmen von hartem Stahle zulässigen Temperaturgrad, so geht daraus
                              hervor, daß die beim Schmieden für's Auge verschwundenen Poren in Wirklichkeit noch
                              vorhanden, resp. ihre Wände in keine so innige Berührung getreten sind, wie solches
                              für eine vollständig zu erzielende Cohärenz durchaus beansprucht werden muß. Das
                              Härten löst allemal solche Stellen wieder auf, oft jedoch in so feiner Weise, daß
                              trotzdem die Trennung weder mit bloßem, noch mit dem bewaffneten Auge wahrgenommen
                              werden kann und sich erst dann zeigt, wenn dünn ausgewalzte, zu Meißeln und feinen
                              Schneidwerkzeugen ausgearbeitete Stückchen davon zerschlagen werden. Eine ähnliche
                              Erscheinung tritt sogar bei gewissen durch die Tiegelschmelzerei erzeugten
                              Stahlsorten auf und gibt dann immer die Veranlassung zu unganzen Stellen, Langrissen
                              etc., kurzum zur vollständigen Unbrauchbarkeit des Stahles.
                           Bei weicheren Sorten dagegen wird, wenn solche Poren darin auftreten, deren
                              Entfernung eher möglich durch die dabei zulässige höhere Temperatur; und wenn deren
                              noch etwaiges Vorhandenseyn nach einem kräftigen Schmieden nicht erkannt werden
                              sollte, hat das seinen Grund darin, daß solcher Stahl keinem späteren Härten
                              unterworfen wird; wenigstens hätte es keinen Zweck.
                           Daß derartige angeführte und durch zurückgebliebene Schlackentheile oder sonstige
                              Unreinigkeiten herbeigeführte Mängel die Festigkeit des Stahles beeinträchtigen
                              müssen, kann um so weniger befremden und bezweifelt werden, als es hinlänglich durch
                              die Erfahrung documentirt ist. Und daß der Bessemerstahl wirklich in der Hinsicht,
                              wenigstens was die absolute Festigkeit anlangt, hinter Gußstahl, sogar hinter
                              Puddelstahl zurücksteht, kann ich, nebst den bereits darüber bekannt gewordenen
                              Resultaten, durch die von unserem bedeutenden Brückenbauer Joh. Casp. 
                              Harkort auf Harkorten in sehr umfassender und
                              zuverlässiger Weise angestellten Festigkeitsversuche bestätigen.