| Titel: | Zymotechnische Miscellaneen; von Dr. J. C. Lermer, Brau-Techniker. | 
| Autor: | Johann Karl Lermer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XLVIII., S. 166 | 
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                        XLVIII.
                        Zymotechnische Miscellaneen; von Dr. J. C. Lermer,
                           Brau-Techniker.
                        Lermer, über den Bierstein aus Würzeleitungsröhren.
                        
                     
                        
                           VIII. Bierstein aus
                                 Würzeleitungsröhren.
                           Die Bier- und Bierwürzeleitungsröhren werden auf der Innenwandung im Laufe der
                              Brausaison mit einer bräunlichen, im lufttrockenen Zustande krümeligen, stellenweise
                              auch wohl ziemlich spröden Masse incrustirt, die so fest anhaftet, daß das übliche
                              Waschen mit Wasser nicht zu ihrer Beseitigung aus den Röhren hinreicht, und man für
                              diesen Zweck zu mechanischen Hülfsmitteln seine Zuflucht nehmen muß.
                           In größter Menge findet sich diese Ablagerung in den Würzeleitungsröhren zur Kühle,
                              indem hier zu deren Vermehrung wesentlich die vom Hopfenseiher nicht vollständig
                              zurückgehaltenen Partikelchen von Malz und Hopfen beitragen.
                           Die mikroskopische Prüfung ließ in einer solchen Incrustirung leicht klinorrhombische
                              Krystalle von schwefelsaurem Kalk und Quadratoctaeder von oxalsaurem Kalk erkennen,
                              außerdem formlose Massen stickstoffhaltiger Ausscheidungen und harzartiger Körper;
                              dann histologische Elemente der Gerste und des Hopfens, wie Gerstenhaare,
                              Stärkekörner, Lupulinkörperchen, Gewebstücke der Hopfendoldenblätter und des Malzes,
                              endlich auffallend viele Leptothrix-Körner und
                              Leptothrix-Fäden, Hefenzellen-Sporen
                              und Mycelien von Penicillum glaucum, Mucor Mucedo
                              u.s.w.
                           Gegen chemische Reagentien verhielt sich dieselbe in folgender Weise: Verdünnte und
                              concentrirte Mineralsäuren sind fast ohne Wirkung darauf. Kalilauge löst eine
                              beträchtliche Menge davon unter Annahme einer tiefbraunen Farbe und Lockerung der
                              Masse. Die kalische Lösung gibt mit Säuren eine voluminöse hellbräunliche
                              Ausscheidung.
                           Die Destillation des Untersuchungsmaterials mit schwefelsäurehaltigem Wasser gab eine
                              im Geruche an Fettsäuren und FuselölFuselöl habe
                                    ich neben Ammoniak auch in den beim Hopfensude abziehenden und wieder
                                    condensirten Dämpfen aufgefunden. erinnernde schwach geistige
                              Flüssigkeit, welche von Essigsäure schwach sauer reagirte. Chromsaures Kali und
                              Schwefelsäure, sowie essigsaures Natron und Schwefelsäure gaben die Alkoholreaction.
                              Der Alkohol müßte offenbar durch den in dem Material zurückgehaltenen Zucker
                              entstanden seyn, wenn man nicht geneigt ist ein äthersaures Salz in demselben
                              anzunehmen.
                           
                           Ein anderer Theil des Ueberzuges, mit kalihaltigem Wasser destillirt, lieferte eine
                              ammoniakhaltige, brenzlich schmeckende Flüssigkeit, deren Ammongehalt offenbar zum
                              großen Theile von der Zersetzung der Proteinsubstanz durch das Kali herstammte.
                           In dem Auszuge der Substanz mit verdünnter Schwefelsäure fanden sich, außer den
                              unorganischen Stoffen noch Essigsäure, eisengrünender Gerbstoff, Oxalsäure,
                              Bernsteinsäure und vornehmlich viel sog. Extractivstoff, dann Gummi, Zucker und
                              Proteinoide. Milchsäure konnte dagegen in demselben nicht nachgewiesen werden.
                           Im Laufe der Untersuchung erhielt ich noch mit Eisenchlorid eine schon violette
                              Färbung, die auf Salicylsäure zu deuten scheint.
                           Ich will bei dieser Gelegenheit anführen, daß man aus dem Verdampfungsrückstande des
                              Bieres, wenn man denselben längere Zeit bei 110° C., am besten im Luftstrom,
                              erhitzt, eine geringe Menge eines im Aether leichtlöslichen krystallinischen weißen
                              Sublimats erhält, welches gleichfalls mit Eisenchlorid die erwähnte für Salicylsäure
                              so charakteristische Reaction gibt. Da die Ausbeute an diesem Körper indeß
                              außerordentlich gering ist, so kann ich über dessen Natur noch nicht definitiv
                              entscheiden, bin aber mit der Darstellung desselben in größerer Menge beschäftigt
                              und hoffe bald das Resultat meiner weiteren Untersuchungen darüber mittheilen zu
                              können.
                           Die Stickstoffbestimmung in der Röhrenauskleidung lieferte in 100 Theilen bei
                              110° C. getrockneter Substanz 7,92 Theile Stickstoff, woraus sich auf
                              bekannte Weise durch Multiplication mit 6,4516 51 Procent Proteinoide ableiten, wenn
                              man die kaum bestimmbare Menge Ammoniak unberücksichtigt läßt.
                           Das bei 110° C. getrocknete Material hinterließ außerdem beim Einäschern 14,81
                              Proc. feuerfeste Bestandtheile, die in 100 Theilen folgende Zusammensetzung
                              auswiesen:
                           
                              
                                 Kali
                                     1,95
                                 
                              
                                 Natron
                                     0,17
                                 
                              
                                 Kalk
                                     8,74
                                 
                              
                                 Thonerde
                                     1,46
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                     9,36
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                     5,95
                                 
                              
                                 Chlor
                                     1,01
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                     4,24
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                     3,09
                                 
                              
                                 Kieselsäure, Sand, Zinnoxyd,
                                    Kupferoxyd      
                                   61,62
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                   98,10.
                                 
                              
                           
                           Zinn und Kupfer waren dem Untersuchungsmaterial durch die mechanische Entfernung aus
                              dem Rohre beigemengt.
                           Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit denen meiner früheren Untersuchung über den
                              Bierstein der KühlschiffePolytechn. Journal
                                    Bd. CLXXIX S. 236.
                              ergibt, daß zwischen diesen beiden, ihrer Entstehung nach verwandten Gebilden, doch
                              sehr wesentliche Unterschiede bestehen.
                           Wir fanden für den Ueberzug:
                           
                              
                                 
                                 a) der Würzeleitungsröhren.
                                 b) der Kühlschiffe.
                                 
                              
                                 stickstofffreie organische Substanzen
                                 34,09
                                 54,54
                                 
                              
                                 stickstoffhaltige organische Substanzen
                                 51,10
                                 14,02
                                 
                              
                                 unorganische Bestandtheile
                                 14,81
                                 31,44
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00  
                                 100,00. 
                                 
                              
                           Die Incrustirung der Würzeleitungsröhren unterscheidet sich also von derjenigen der
                              Kühlschiffe durch einen weit größeren Gehalt an proteinartigen Körpern und weit
                              geringeren Aschengehalt.