| Titel: | Der Bau von Schornsteinen ohne Gerüst. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LVIII., S. 204 | 
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                        LVIII.
                        Der Bau von Schornsteinen ohne
                           Gerüst.
                        Ueber den Bau von Schornsteinen ohne Gerüst.
                        
                     
                        
                           In Rittinger's
                                 „Erfahrungen im berg- und hüttenmännischen Maschinenbau-
                                    und Aufbereitungswesen,“ 1864 S. 82, gibt der Oberkunstmeister Nowak eine Beschreibung des bei der Herstellung eines
                              Schornsteines ohne Gerüst in Przibram befolgten Vorganges, welche wir hier
                              auszüglich mit Anwendung von Metermaaß mittheilen.
                           Nachdem das Fundament des Schornsteins abgeglichen ist, wird an dem Sockel aus
                              gewöhnliche Weise gearbeitet und derselbe bis zu seiner ganzen Höhe (ungefähr 5
                              Met.) aufgeführt, wobei man mit gewöhnlichen einfachen Gerüstböcken auskommt. In der
                              einen Sockelwand muß das Einsteigloch ausgespart, überwölbt und während des ganzen
                              Baues natürlich offen gelassen werden. Gleichzeitig mit der Mauerung des Sockels
                              wird die eiserne Schornsteinfahrt eingemauert. Diese besteht aus etwa 632 Millimet.
                              langen, runden, 26 Millimet. starken Eisenstäben, welche an beiden Enden 155
                              Millimet. in das Mauerwerk eingelagert sind, in Abständen von 260 Millimet. bis 300
                              Millimet. über einander stehen und zur Anfahrt der Maurer dienen.
                           Bei quadratischen Schornsteinen werden diese Stäbe in der einen Ecke des
                              Querschnittes angebracht, bei runden Schornsteinen bilden sie selbstverständlich die
                              Sehne.
                           Nach Vollendung des Sockels wird der Schornstein vom Gerüste aus noch 0,6 Met. bis
                              0,9 Met. ausgeführt, und zwar muß bei diesem Theile der Mauerung sowohl auf den
                              Querschnitt des Schornsteines, sey er nun rund, vier- oder achteckig, als
                              auch auf die Böschung desselben die größte Sorgfalt verwendet werden, weil dieser
                              Theil zur Richtschnur des ganzen Schornsteines dient.
                           Um die Böschung des Schornsteines genau einzuhalten, wendet man eine Art Senkwaage
                              an, welche aus einem trapezförmigen Brete besteht, dessen lange Seite etwa 1,3 Met.
                              lang gemacht wird, und dessen nicht rechtwinkelige Seite beim Einspielen des Lothes
                              genau die Böschung des Schornsteines angibt.
                           Für einen runden Schornstein braucht man nur eine solche Lehre; bei eckigen braucht
                              man aber deren zwei, eine für die Flächen und eine für die Ecken.
                           Sobald nun die Ausmauerung von ungefähr 0,9 Met. Schornsteinschaft mit der gehörigen
                              Sorgfalt erfolgt ist, werden die Gerüstböcke beseitigt, in der Einsteigöffnung eine Rolle befestigt,
                              vor derselben eine Winde aufgestellt, und nun die Mauerung des Schornsteines ohne
                              weiteres Gerüst begonnen. Hierbei können ein oder zwei Maurer verwendet werden, je
                              nach der Weite des Schornsteines; bei 0,8 Met. Querschnitt können schon ganz bequem
                              zwei Mann arbeiten.
                           An zwei gegenüber stehenden Punkten des Schornsteines wird von dem früheren Stande
                              der Maurer die Aufmauerung des Schornsteines auf 6 bis 8 Steinschichten in einer
                              Breite fortgesetzt, so daß diese Pfeiler gut abgetrappt werden können. Dieselben
                              dienen nun als Unterlagen für ein Holz von 150 × 200 Millimet. Stärke,
                              welches die Schornsteinwände nach beiden Seiten um ungefähr 1 Met. überragt und zum
                              Tragen der Rolle bestimmt ist, mittelst welcher das Mauermaterial in einem
                              gewöhnlichen Kübel hinauf gezogen wird. Darauf wird eine kleine, aus zwei kurzen
                              Riegeln bestehende Rüstung auf die fertige Gleiche es Schornsteines aufgelegt. Die
                              Riegel kommen 80–100 Millimet. auf das Mauerwerk aufzuliegen. Bei dieser
                              Arbeit sitzt der Maurer auf der Schornsteinmauer.
                           Die nun hinaufgewundenen Ziegel werden größtentheils auf der fertigen Mauer,
                              überhaupt wo Platz ist, aufgeschichtet, und nur so viel auf einmal hinauf gebracht,
                              daß für die Arbeit genug Raum bleibt. Das Mörtelgefäß darf auch nicht groß seyn,
                              etwa 0,03 bis 0,04 Kubikmeter, damit es leicht von Ort zu Ort verschoben werden
                              kann, und steht in der Regel auf der fertigen Mauer. Ist genug Material oben
                              vorhanden, so werden die zwei Riegel mit Bretern zugedeckt, welche als Stand für die
                              Maurer dienen.
                           Werden zwei Maurer verwendet, so mauert jeder den zwischen den beiden Pfeilern,
                              welche den Rollenbalken tragen, befindlichen Raum bis zur vollständigen Gleiche auf,
                              wobei er sich fleißig des Lothes und einer Wasserwaage bedienen muß. Bei eckigen
                              Schornsteinen ist dabei auf die Herstellung der Ecken besondere Sorgfalt zu
                              verwenden; denn sind die Eckziegel richtig gelegt, so kann jede Schicht zwischen
                              denselben bloß mit Hülfe des Richtscheites gelegt werden.
                           Ist auf diese Weise der Schornstein bis unter die Auflage des Rollenbalkens in eine
                              Gleiche gebracht, so werden noch die Fugen von außen und innen verstrichen und
                              abgerieben, und abermals die Pfeiler von sechs bis acht Schichten zur Aufnahme des
                              Rollenbalkens aufgeführt, wo dann der frühere Vorgang sich wiederholt.
                           Die Löcher für die zwei Gerüstriegel müssen etwas tiefer seyn, damit sich die Riegel
                              leicht heraus nehmen und höher wieder verwenden lassen. Die Löcher selbst werden
                              gleich von der nächst höheren Rüstung ausgefüllt. Die eiserne Fahrt wird natürlich
                              bei dieser Arbeit gleichmäßig eingemauert.
                           Dabei ist noch zu bemerken, daß, wenn zwei Maurer an dem Schornsteine arbeiten, es
                              gut ist, dieselben nach jeder Gleiche von 6 bis 8 Schichten ihren Stand wechseln zu
                              lassen, damit sich die Arbeit derselben auf beiden Seiten des Schornsteines
                              vertheilt. Denn die Maurer werden jedenfalls nicht ganz genau gleich arbeiten; der
                              eine drückt die Ziegel fester in den Mörtel als der andere u.s.w., und es könnte
                              leicht eine ungleiche Setzung des Schornsteines erfolgen, was unter Anwendung der
                              erwähnten Vorsicht vermieden wird.
                           Wie der Verfasser angibt, wurden zu diesen Schornsteinbauten in dergleichen Arbeit
                              ganz ungeübte Maurer verwendet und durch solche ein Schornstein von 28,5 Met. Höhe
                              in 76, ein solcher von 19 Met. in 57 Maurerschichten fertig gemacht, wobei die Leute
                              im Accord bezahlt wurden. R. Z. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
                                 1866, Bd. X S. 349.)