| Titel: | Pyrotechnische Rundschau; von C. Schinz. | 
| Autor: | C. Schinz | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LX., S. 216 | 
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                        LX.
                        Pyrotechnische Rundschau; von C. Schinz.
                        (Fortsetzung von Bd. CLXXVI S. 28.)
                        Schinz, über die Siemens'schen
                           Regenerativ-Oefen.
                        
                     
                        
                           XI. Zur Kritik der Siemens'schen
                                 Glas-Schmelzöfen mit Gasfeuerung und Regeneratoren.
                           Meine letzten Bemerkungen über die Siemens'schen
                              Regenerativ-Oefen, im März v. J., welche weniger in theoretischen und
                              wissenschaftlichen Erörterungen, als in der Mittheilung von Thatsachen bestanden,
                              die früher von mir gegen diese Oefen gemachte Einwendungen zu beweisen geeignet
                              sind, haben nun statt einer Widerlegung, eine Bestätigung durch den Civilingenieur
                              Hrn. Hermann Pütsch (Firma: H.
                              Pütsch und Ziebarth)
                              erfahren (man s. dessen Abhandlung in Bd. CLXXX S. 127 dieses Journals).
                           Nur die nutzbringende Wirkung der dem Siemens'schen
                              Ofensystem eigenthümlichen Regeneratoren wird von Hrn. Pütsch aufrecht erhalten und behauptet, daß die
                              Vortheile der Oefen nach diesem Princip bei richtiger Construction – welche
                              er aber nicht auseinandersetzt – sich klar herausstellen würden.
                           Als Beweis für diese Behauptung führt er einen für die HHrn. Schönemann und Itzinger in Neufriedrichsthal bei Uscz
                              construirten Regenerativ-Ofen an; dieser Ofen consumirt wöchentlich
                           
                              
                                     zum Schmelzen und Verarbeiten
                                    des Glases
                                 140,000 Stück Torf
                                 
                              
                                     und zum Calciniren des
                                    Gemenges täglich 5000
                                    Pfd.,        also
                                    wöchentlich
                                   
                                    35000    „      
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 175,000 Stück Torf
                                 
                              
                           à 3/4 Pfd. = 131250 Pfd. und producirt 31200 Pfd.
                              Flaschenglas, was nahezu 4 1/5 Pfd. Torf per 1 Pfd. Glas
                              ergibt.
                           Dieses Verhältniß zwischen Consum und Production ist aber kein Beleg für die
                              Richtigkeit des Princips der Regenerativ-Oefen, da diese Leistung nicht
                              größer, ja sogar geringer ist als diejenige, welche man in gut construirten alten
                              Oefen ohne Gasfeuerung erhält; denn grünes Flaschenglas consumirt weniger Wärme als
                              andere Glasarten, weil die Menge der aus der Mischung sich entwickelnden Gase eine
                              geringere ist.
                           Die Leistung dieses Ofens beweist vielmehr abermals, daß das Princip der
                              Regenerativ-Oefen ein unrichtiges ist und
                              bestätigt die Resultate, zu denen mich die Ermittelung der wahren
                              Ofen-Temperatur geführt hat, die einen gewichtigen neuen Beleg gegen dieses Princip geben.
                           Wenn (wie in der vorhergehenden Abhandlung von mir nachgewiesen wurde) die producirte
                              Wärme, selbst bei den besten Leistungen und bei der größtmöglichen Beschränkung der
                              Ausdehnung der Ofenwände 6,6 bis 8,6 Proc. Nutzeffect gibt, und 37,6 bis 46 Proc.
                              durch die Wände transmittirt werden, so daß nur noch 55,8 bis 45,4 Proc. evacuirt
                              werden, so wird sicherlich bei einer dreimal so großen Transmissionsfläche, welche
                              durch die Regeneratoren bedingt wird, diese Transmission noch größer, die Evacuation
                              kleiner werden und es findet mindestens Compensation statt, welche die nutzbringende
                              Wirkung der Regeneratoren illusorisch macht.
                           Allerdings ist bei der in Neufriedrichsthal ausgeführten neuen Construction der HHrn.
                              H. Pütsch und Ziebarth die Abkühlung der Gase
                              beseitigt und dadurch die sonst verloren gegebene Wärmemenge erhalten, aber die
                              Möglichkeit, die Gase mit ihrer ursprünglichen Temperatur durch die Regeneratoren zu
                              bringen, ist wahrscheinlich durch den Brennstoff (Torf) bedingt, welcher so viel
                              Wasser enthält, daß dadurch der Kohlenstoff wieder aufgenommen wird, der sonst in
                              den heißen Regeneratoren sich durch Zersetzung der Kohlenwasserstoffe ausscheidet
                              und dieselben verlegt, daher die Temperatur der Verbrennungsproducte bedeutend
                              vermindert.
                           Es geht daraus hervor, daß, trotz der Verbesserungen in der Construction der Oefen
                              der HHrn. Schönemann und
                              Itzinger, gerade durch die
                              Beibehaltung der Regeneratoren wenig oder nichts gewonnen wurde.
                           In den persönlichen Streit zwischen Hrn. Friedrich Siemens und Hrn. H. Pütsch (in diesem Journal Bd. CLXXX S. 322 und 489), mische ich mich natürlich nicht. Aus
                              den dabei gefallenen Aeußerungen ist jedoch hervorzuheben, daß Hr. Friedrich Siemens behauptet, der
                              Gang des Ofens in Neufriedrichsthal sey deßhalb nicht in Ordnung gekommen, weil
                              dieser Ofen, trotz er für englische Betriebsweise eingerichtet war, nach hiesiger
                              Weise betrieben wurde; welcher Sinn diesen Worten zu unterstellen ist, vermag ich
                              nicht zu errathen, denn die Betriebsweise beim Schmelzen des Glases kann nur darin
                              bestehen, daß man die Glasmischung in die Häfen einträgt und dieselben nachfüllt,
                              nachdem frühere Füllungen mehr oder weniger niedergeschmolzen sind.
                           Ebenso unbegreiflich ist mir folgende Bemerkung des Hrn. Fr. Siemens: „allerdings wird mit
                                 jeder besonderen Anwendung des Ofensystems eine andere Anordnung der Mischung
                                 von Gas und Luft nöthig.“
                              
                           Endlich ist aus der Construction der Siemens'schen Oefen,
                              wie sie in Bd. CLXVI
                              dieses Journals auf Tafel VI dargestellt ist, und auch aus den neueren
                              Constructionen mit aufrecht stehenden Regeneratoren nicht abzusehen, wie die
                              ausgezeichneten Physiker und Chemiker: Faraday, Percy,
                                 Scheerer, Heeren etc. zur Herstellung der vollkommenen Mischung von Gas und
                              Luft mitgewirkt haben sollen (was Hr. Friedrich Siemens behauptet), denn die zur Erzielung dieser Mischung
                              gewählten Mittel stellen im Vergleich mit denjenigen, welche Bischoff, der eigentliche Erfinder der Gasfeuerung, schon im Jahre 1838
                              angegeben hat, keinen Fortschritt heraus.
                           Im September 1863 behauptete Hr. Ziebarth, daß der alte Siemens'sche Ofen
                              in Dresden zum Schmelzen von 1 Pfd. Glas 0,423 Pfd. Lignit consumirt habe, und nun
                              im März 1866 werden die Vorzüge der neuen Construction in Neufriedrichsthal damit
                              dargethan, daß der Ofen per 1 Pfd. Glas 4 1/5 Pfd. Torf
                              consumire. Da in letzterem Falle Schmelzung und Arbeit zusammengeworfen sind, so
                              kann der Consum zum Schmelzen allein um 1/3 geringer, also 2,80 Pfd. angenommen
                              werden. Das Verhältniß von Lignit zu Torf ist ungefähr 1 : 1,2; wie reimt sich damit
                              das Verhältniß 0,423 : 2,80 = 1 : 6,6?