| Titel: | Neues Verfahren zur Bleiweißfabrication; von Peter Spence. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LXII., S. 226 | 
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                        LXII.
                        Neues Verfahren zur Bleiweißfabrication; von
                           Peter
                              Spence.
                        Nach einem Vortrage in der Versammlung der British Association zu Nottingham. –
                           Aus dem Mechanics'
                                 Magazine, September 1866, S. 144.
                        Spence's Verfahren zur Bleiweißfabrication.
                        
                     
                        
                           Lange Zeit hindurch bildete das Bleiweiß die Basis beinahe aller in der Oelmalerei
                              angewendeten Farben, da nur wenige Farbenkörper – wenn überhaupt ein einziger
                              – die für die Oelmalerei erforderlichen Eigenschaften besitzen. Wenn nun auch
                              in Folge seiner Eigenschaft, bei der geringsten Berührung mit Schwefelwasserstoff
                              mißfarbig zu werden, sowie wegen seiner giftigen Wirkungen ein eifriges Streben,
                              einen Ersatz für dieses Präparat aufzufinden, sich geltend machte, so ist ein
                              solcher, von welchem das Bleiweiß übertroffen würde, bis jetzt doch noch nicht aufgefunden worden. So
                              hat sich z.B. das wasserfreie Zinkoxyd (Zinkweiß) innerhalb gewisser Grenzen als
                              Oelfarbe Bahn gebrochen, jedoch das Bleiweiß keineswegs verdrängt; denn einmal
                              besitzt es nicht die Deckkraft des letzteren, andererseits ist die aus ihm bereitete
                              Oelfarbe bei weitem nicht so dauerhaft. Bleiweiß bildet mit Oel eine beinahe
                              unzerstörbare Verbindung, Zinkweiß hingegen nur ein Gemenge.
                           Die verschiedenen, mehr oder weniger allgemein eingeführten Methoden zur Darstellung
                              des Bleiweißes gründen sich fast alle auf die Einwirkung von Essigsäure auf
                              metallisches Blei oder Bleioxyd, mit Ausnahme des dem bekannten Metallurgen Pattinson i. J. 1841 patentirten Verfahrens, welches auf
                              der Einwirkung von Salzsäure auf Bleiglanz, der Bildung von Bleichlorid und der
                              Zersetzung dieser Verbindung durch Alkalien oder alkalische Erden (Kalkerde oder
                              Magnesia) beruht. In der Praxis beschränkt sich diese Darstellungsweise jetzt auf
                              die Erzeugung von Bleioxychlorid, welches sich gegen Oel fast ganz so zu verhalten
                              scheint, wie Bleiweiß. Die älteste, vortheilhafteste und am Allgemeinsten
                              verbreitete Methode der Bleiweißfabrication ist das sogen. holländische Verfahren, bei welchem reines, zu passender Form (gewöhnlich
                              zu dünnen, spiralförmig gebogenen Platten) gegossenes Blei in irdene Gefäße gebracht
                              wird, auf deren Boden einige Zoll hoch Essig steht; die Töpfe werden leicht bedeckt,
                              übereinander geschichtet und mit ausgenutzter Gerberlohe, Mist oder einer anderen,
                              langsam gährenden Substanz bedeckt, welche eine gelinde, aber lange anhaltende Wärme
                              erzeugt. Durch diese Wärme wird die Essigsäure verdampft, wirkt dann auf das Blei,
                              oxydirt dasselbe, verwandelt das entstandene Oxyd theilweise in kohlensaures Salz,
                              und nach Verlauf von etwa acht Wochen ist der größte Theil des Bleies in sogen.
                              Bleiweiß umgewandelt, welches von dem Metall abgeklopft, gemahlen und geschlämmt
                              wird, worauf das Präparat fertige Marktwaare ist. Fast alles in England fabricirte
                              Bleiweiß wird jetzt nach dieser Methode dargestellt.Man s. Dr.
                                    Lunge's
                                    Beschreibung der Bleiweißfabrik von Walker,
                                       Perkers u. Comp. zu Chester, im
                                    polytechn. Journal Bd. CLXXX S. 46.
                                    A. d. Red. – Auch der deutschen, sowie der österreichischen Methode liegt
                              dasselbe Princip zu Grunde, wie dem holländischen Verfahren; die ersteren weichen
                              aber in den Einzelheiten der praktischen Ausführung von dem letzteren ab. Mehrfache
                              Versuche zur Fabrication von Bleiweiß wurden auf die Thatsache gegründet, daß
                              essigsaures Bleioxyd in wässeriger Lösung die Eigenschaft besitzt, Bleioxyd
                              aufzulösen und mit demselben eine basische Verbindung zu bilden.
                           
                           Der Grund, welcher mich veranlaßt, der chemischen Section der British Association ein Verfahren vorzulegen, welches auf den ersten Blick
                              zu jenen bedeutungs- und werthlosen Versuchen zur Verbesserung der so
                              allgemein eingeführten älteren Methode der Bleiweißfabrication gerechnet werden
                              könnte, ist ein zweifacher. Erstens ist nämlich dieses Verfahren neu, denn es weicht
                              von allen jenen Versuchen, die ich erwähnt finde, gänzlich ab, wenn es auch auf ein
                              bekanntes Gesetz sich gründet; da aber dieses Gesetz auf die Bleiweißfabrication
                              noch niemals angewendet worden ist, so bildet mein Verfahren in technologischer
                              Hinsicht eine neue Entdeckung. Zweitens besteht eine sehr wichtige Eigenthümlichkeit
                              meiner neuen Methode darin, daß mittelst derselben Bleiweiß aus bis jetzt nutzlosen
                              Materialien dargestellt werden kann. Bei allen anderen Methoden kann nur ganz reines
                              Blei oder ebenso reines Bleioxyd angewendet werden. Pattinson's Verfahren erfordert die Verarbeitung
                              des reinsten, von Eisen und Kupfer ganz freien Bleiglanzes, widrigenfalls das
                              erhaltene Bleichlorid von der Verunreinigung mit diesen Metallen vollständig befreit
                              werden muß, bevor es zur Darstellung des Oxychlorids verwendet werden kann. Mittelst
                              des von mir erfundenen Processes hingegen läßt sich jedes Erz oder Mineral, welches
                              im Centner 8 bis 10 Unzen Blei enthält, zur Bleiweißfabrication verwenden, und es
                              ist ganz gleichgültig, welche andere Metalle es enthält, indem durch dieses
                              Verfahren das Blei aus derartigen Erzen direct abgeschieden wird, ohne daß die
                              übrigen Bestandtheile derselben angegriffen werden; das auf diese Weise dargestellte
                              Bleiweiß ist vollkommen rein. Demnach lassen sich sogar Erze und Mineralien, welche
                              als zu arm zum Verhütten jetzt über die Halde gestürzt werden, mit Vortheil auf
                              Bleiweiß verarbeiten.
                           Das Verfahren gründet sich auf die Thatsache, daß Bleioxyd und kohlensaures Bleioxyd
                              in Lösungen von Aetzkali und Aetznatron löslich, in den kohlensauren Salzen dieser
                              Alkalien hingegen unlöslich sind. Die zu verarbeitenden Mineralien, welche Bleioxyd
                              oder kohlensaures Bleioxyd, oder Blei in einer solchen Form oder Verbindung
                              enthalten, daß dieses Metall durch Rösten oder auf sonst eine andere Weise in Oxyd
                              oder Carbonat sich verwandeln läßt, werden mit der Aetzlauge digerirt oder gekocht,
                              wodurch ihr ganzer Bleigehalt in Lösung gebracht und zu einer klaren, farblosen
                              Lösung extrahirt, hingegen vorhandenes Eisen-, Kupfer- und Zinkoxyd
                              nicht angegriffen wird. In die Bleilösung wird Kohlensäure geleitet, welche sich mit
                              dem Alkali verbindet, während Bleioxyd und Bleioxydcarbonat sich niederschlagen.
                              Dann wird gebrannter Kalk zugesetzt und dadurch die Alkalilösung wieder ätzend
                              gemacht, so daß sie wieder zur Extraction einer neuen Post von Bleierzen benutzt werden kann. Das
                              ausgefällte Bleiweiß wird von der kohlensauren Alkalilösung getrennt, gehörig
                              ausgewaschen und getrocknet. Ich lege hiermit der Versammlung eine Probe desselben
                              vor. Es wurde versuchsweise als Farbe benutzt; nach der Aussage des Malers, welcher
                              es durch seine Arbeiter in verschiedener Weise hatte anwenden lassen, leistete es
                              dasselbe, wie alle übrigen Bleiweißsorten, die er sich hatte verschaffen können.
                              Ebenso wurde es zur Anfertigung von Glasuren für Jodwaaren probirt und zeigte sich
                              auch zu diesem Zwecke ebenso gut geeignet, wie alle übrigen in der betreffenden
                              Fabrik angewendeten Sorten.
                           Das Verfahren führt sehr rasch zum Ziele; wenigstens läßt sich der Proceß im
                              Laboratorium binnen einer halben Stunde ganz bequem ausführen. Das Mineral, aus
                              welchem ich die vorgelegte Probe von ganz reinem Bleiweiß darstellte, zeigte vor dem
                              Rösten nachstehende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Zink
                                 30,656
                                 
                              
                                 Blei
                                 13,148
                                 
                              
                                 Eisen
                                 9,121
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 1,027
                                 
                              
                                 Silber
                                 0,022
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 0,216
                                 
                              
                                 Kieselsäure               
                                 19,154
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 26,483
                                 
                              
                                 Wasser
                                 0,122
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
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