| Titel: | Ueber die Absorption und dialytische Trennung der Gase mittelst colloidaler Diaphragmen; von Thomas Graham. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LXXXIV., S. 308 | 
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                        LXXXIV.
                        Ueber die Absorption und dialytische Trennung der
                           Gase mittelst colloidaler Diaphragmen; von Thomas Graham.
                        Aus der Chemical News, vol. XIV p. 88; August
                              1866.
                        Graham, über die dialytische Trennung der Gase.
                        
                     
                        
                           Es ist erwiesen, daß ein dünnes Kautschukhäutchen, wie es die gefirnißte Seide oder
                              die kleinen durchsichtigen Ballons von Kautschuk liefern, keine Porosität besitzt
                              und für die gasförmige Luft wirklich undurchdringlich ist. Aber ein solches Häutchen
                              besitzt die Eigenschaft, jedes der Gase, aus denen die Luft besteht, in flüssigen
                              Zustand zu versetzen, während der Sauerstoff und der Stickstoff in der flüssigen
                              Form fähig sind, die
                              Substanz der Membran zu durchdringen (nach Art des Aethers und der Naphta), dann im
                              Vacuum wieder zu verdampfen und als Gase zu erscheinen. Dieses
                              Durchdringungsvermögen der Luft hat noch mehr an Interesse gewonnen durch die
                              Thatsache, daß die genannten beiden Gase vom Kautschuk in ungleicher Weise absorbirt
                              und condensirt werden, der Sauerstoff nämlich in zwei und einhalbmal so großer
                              Menge, und daß sie in demselben Verhältnisse durch den Kautschuk dringen. Ein
                              solches Kautschukhäutchen kann daher als dialytisches Sieb für die atmosphärische
                              Luft benutzt werden und läßt sehr constant 41,6 Proc. Sauerstoff durchpassiren,
                              anstatt 21 Proc. (der Menge, welche die atmosphärische Luft gewöhnlich enthält). Das
                              Kautschukdiaphragma hält nämlich die Hälfte des Stickstoffes zurück und läßt die
                              andere Hälfte mit sämmtlichem Sauerstoff hindurch. Diese dialysirte Luft entflammt
                              ein glimmendes Hölzchen und hält in Bezug auf Verbrennung in der That das Mittel
                              zwischen, atmosphärischer Luft und reinem Sauerstoff.
                           Eine Seite (Wand) des elastischen Diaphragmas muß dem freien Zutritte der Luft
                              ausgesetzt seyn, während die andere mit dem Vacuum in Verbindung steht. Das Vacuum
                              kann man im Inneren eines Beutels aus gefirnißter Seide oder eines kleinen Ballons
                              herstellen und das Zusammenfallen der Wandungen kann man bei Anwendung des
                              Seidenbeutels durch Ausfüttern desselben mit einer Lage von Filzteppichzeug und bei
                              den: Ballon durch Ausfüllen mit gesiebten Holzsägespänen verhindern. Zur Herstellung
                              des Vacuums bei diesen Versuchen ist der Luft-Exhaustor von Hermann Sprengel
                              Journal of the Chemical Society, 1865, vol. III p.
                                    9. besonders geeignet; derselbe gewährt den Vortheil, daß man das
                              durch Einwirkung des Vacuums erhaltene Gas in einen über Wasser oder Quecksilber
                              stehenden Recipienten treten lassen kann, wozu man nur den unteren Theil des abwärts
                              führenden Rohres zu biegen braucht.
                           Die merkwürdige, von H. Sainte-Claire Deville und
                              Troost entdeckte Thatsache, daß Platin- und
                              Eisenröhren von Wasserstoffgas durchdrungen werden, beruht offenbar auf dem Vermögen
                              dieser und gewisser anderer Metalle, das Wasserstoffgas zu verflüssigen und zu
                              absorbiren. Platin in Form von Draht und Blech vermag 3,8
                              Volume Wasserstoff (bei gewöhnlicher Temperatur gemessen) bei Dunkelrothglühhitze zu
                              absorbiren und zurückzuhalten. Das Palladium scheint aber
                              diese Eigenschaft im höchsten Grade zu besitzen; ein aus geschmiedetem Palladium
                              gewalztes Blech condensirte sein 643faches Volum Wasserstoff, bei einer Temperatur unter 100° C.
                              Für Sauerstoff wie für Stickstoff zeigte das Palladium nicht das geringste
                              Absorptionsvermögen. Das Absorptionsvermögen des geschmolzenen Palladiums (wie auch
                              des geschmolzenen Platins) ist weit geringer als das des geschmiedeten; ein Blech
                              von geschmolzenem Palladium, welches ich Hrn. G. Matthey verdanke, absorbirte jedoch noch 68
                              Volume Gas. Man darf wohl annehmen, daß diese Metalle einen gewissen Grad von
                              Porosität besitzen, und im höchsten Grade in ihrem geschmiedeten Zustande. Man
                              glaubt, daß solche Metallporen, und im Allgemeinen alle feinen Poren, flüssigen
                              Körpern weit zugänglicher sind als gasförmigen, und insbesondere flüssigem
                              Wasserstoff. Es ist demnach wohl möglich, daß gewisse, zu Diaphragmen benutzte
                              Metalle, z.B. das Platinblech, eine besondere dialytische Wirkung besitzen, in Folge
                              deren sie den Wasserstoff von anderen Gasen zu trennen vermögen.
                           In Form von Schwamm absorbirt Platin sein 1,48faches,
                              Palladium sein 90faches Volum Wasserstoff. Bekanntlich absorbirt ersteres Metall in
                              dem eigenthümlichen Zustande des Platinmohrs mehrere
                              hundert Volume des genannten Gases. Die angenommene Verflüssigung des Wasserstoffes
                              unter diesen Umständen ist die wesentliche Bedingung seiner Oxydation bei niedriger
                              Temperatur. Die abstoßende Eigenschaft, welche die Gasmolecüle besitzen, widersteht
                              der chemischen Verbindung so gut, daß sie ihrem Vermögen in die feinsten Poren der
                              starren Körper einzudringen, eine Grenze setzt.
                           Kohlenoxydgas wird von weichem Eisen in größerer Menge
                              absorbirt als Wasserstoffgas. Diese Einschließung (Occlusion) des Kohlenoxyds durch
                              das Eisen bei Dunkelrothglühhitze ist offenbar der erste und nothwendige Schritt zum
                              Stahlbildungsproceß. Das Gas gibt die Hälfte seines
                              Kohlenstoffs an das Eisen ab, wenn die Temperatur nachher bedeutend gesteigert
                              wird.
                           Silber zeigt ein ähnliches Verhalten zum Sauerstoff; bei
                              einem Versuche wurde gefunden, daß gefritteter, aber noch nicht geschmolzener
                              Silberschwamm sein 7,49faches Volum Sauerstoffgas absorbirt hielt. Blech oder Draht
                              von geschmolzenem Silber besitzen dieselbe Eigenschaft, allein in weit geringerem
                              Grade, ebenso wie dieß bei Blechen aus geschmolzenem Platin und Palladium bezüglich
                              des Wasserstoffes der Fall ist.