| Titel: | Einfluß der Reibung auf die mechanische Wirkung des Dampfes, nach Macquorn Rankine. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XCV., S. 355 | 
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                        XCV.
                        Einfluß der Reibung auf die mechanische Wirkung
                           des Dampfes, nach Macquorn Rankine.
                        Rankine, über den Einfluß der Reibung auf die mechan. Wirkung des
                           Dampfes.
                        
                     
                        
                           Im Engineer war darauf aufmerksam gemacht worden, daß die
                              Wärme, welche durch die Reibung der Kolben und Kolbenstangen von Dampfmaschinen
                              hervorgebracht wird, ganz oder theilweise dem Dampfe mitgetheilt werden und daher
                              auf die Arbeit des Dampfes und den Wärmeverbrauch desselben Einfluß haben muß. Auf
                              der kürzlich in Nottingham stattgehabten Versammlung der British Association gab Prof. Macquorn Rankine folgende theoretische Beleuchtung dieses
                              Einflusses:
                           Es bezeichne W die gesammte indicirte Arbeit des Dampfes
                              in einer gewissen Zeit, einschließlich der durch Reibung im Cylinder verloren
                              gehenden, F sey dieser verlorengehende Theil, so daß
                              also W – F die
                              nutzbare Arbeit, endlich sey H die in derselben Zeit von
                              dem Dampfe aufgenommene Wärme, in Arbeitseinheiten ausgedrückt; dann ist W/H der Wirkungsgrad des
                              Dampfes, ohne Rücksicht auf die Reibung. Berücksichtigt man den Arbeitsverlust, aber
                              nicht den Wärmegewinn durch die Reibung, so vermindert sich der Wirkungsgrad auf
                              (W – F)/H. Ist der Cylinder mit Dampfmantel versehen und gegen
                              Wärmeverlust geschützt, so muß die gesammte Wärme, welche durch die Kolbenreibung
                              hervorgebracht wird, dem Dampfe mitgetheilt werden, und da feuchter Dampf die Wärme
                              viel besser leitet als Luft, so ist es wahrscheinlich, daß auch von der durch die
                              Reibung der Kolbenstange hervorgebrachten Wärme nur ein kleiner Theil entweicht,
                              ohne ebenfalls von dem Dampfe aufgenommen zu werden. Wird also angenommen, daß alle
                              durch die Reibung im Cylinder erzeugte Wärme vom Dampfe aufgenommen wird, so wird
                              eine entsprechende Menge Wärme erspart und der Wirkungsgrad des Dampfes wird = (W – F)/(H – F), also kleiner
                              als W/F, d.h. als der
                              Wirkungsgrad bei Vernachlässigung der Reibung, aber größer als (W – F)/H, d.h. der Wirkungsgrad mit Rücksicht auf die Reibung,
                              aber bei Vernachlässigung der Wärmeersparniß. Bei einer Maschine z.B., bei welcher
                              der Dampf mit einem absoluten Druck von 40 Pfd. oder einem Ueberdruck von 25,3 Pfd.
                              per Quadrtz. engl. in den Cylinder tritt, der
                              Hinterdruck 4 Pfd. per Quadrtz. beträgt und die mit
                              5facher Expansion arbeitet, ist der Wirkungsgrad ohne Berücksichtigung der Reibung
                              W/H = circa 0,12. Absorbirt nun die Reibung im Cylinder 10
                              Proc. der indicirten Arbeit und wird die gesammte Reibungswärme vom Dampf
                              aufgenommen, so daß also F = 0,1 W = 0,012 H, so ist der Wirkungsgrad (W – F)/(H – F) = (0,12
                              – 0,012)/(1,000 – 0,012) = 0,108/0,988 = 0,1093, während er bei
                              Rücksicht auf die Arbeitsverluste durch die Reibung aber ohne Rücksicht auf die
                              Wärmeersparniß (W – F)/H = 0,108 seyn würde.
                           
                           Ist während eines kleinen Theiles der expansiven Wirkung des Dampfes dW die geleistete Arbeit einschließlich der
                              Reibungsarbeit, dF der durch die Reibung
                              verlorengehende Theil dieser Arbeit, t die absolute
                              Temperatur während der Arbeit dW und k die dynamische spec. Wärme der Substanz, so ist der
                              Wärmeverbrauch dieses kleinen Theiles der Arbeit nach dem zweiten thermodynamischen
                              Gesetze: dH = tdφ, wobei die
                              thermodynamische Function φ = k Log. nat. t + dW/dt. Wird alle Reibungswärme von der arbeitenden
                              Substanz aufgenommen, und ist dH' der verminderte
                              Wärmeverbrauch, so ist dH' = dH – dF =
                              tdφ – dF. Ist, wie häufig
                              angenommen werden kann, die Reibungsarbeit ein constanter Bruchtheil f der gesammten Arbeit, also dF = fdW, so ist
                              dH' = tdφ – fdW.
                           Die Wärmeersparniß durch Reibung in gewöhnlichen Dampfmaschinen besteht
                              wahrscheinlich in einer Verminderung der Wärme, welche der Dampf im Cylinder
                              erfordert, damit die Condensirung von Wasser in letzterem verhindert wird. Während
                              der Expansion des Dampfes verschwindet bekanntlich Wärme, und zwar bewirkt ein
                              Theil, 1/4–1/5, dieses Wärmeverlustes das Sinken der Dampftemperatur auf die
                              dem verminderten Drucke entsprechende, während der übrige Theil, 3/4 bis 4/5, ein
                              Flüssigwerden eines Theiles des Dampfes hervorruft. Dieses Flüssigwerden führt
                              indirect einen großen Wärmeverlust mit sich, indem das Condensationswasser in den
                              Condensator übergeht und dadurch dem Cylinder Wärme entzogen wird, die durch einen
                              vermehrten Verbrauch von Kesseldampf ersetzt werden muß. Es muß also der Dampf
                              während der Expansion fast trocken erhalten werden und dazu muß ihm Wärme zugeführt
                              werden, welche 3/4 bis 4/5 der während der Expansion verschwindenden Wärme gleich
                              ist. Diese Wärme kann von dem Kessel durch einen Dampfmantel oder durch Ueberhitzung
                              oder durch beide zusammen geliefert werden und dieser Wärmebedarf wird vermindert
                              durch die Wärme, welche in Folge der Reibung im Cylinder entsteht.
                           In vier von Rankine berechneten Fällen ist z.B., F = 1/10 W angenommen,
                           
                              
                                 anfänglicher Dampfdruck per
                                    Quadrtf. engl.
                                 16580
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                                 4854
                                 4854
                                 
                              
                                 Expansion
                                 3,67
                                 8,2
                                 4,46
                                 1,86
                                 
                              
                                 W in Fußpfund per Pfd. Dampf
                                 132972
                                 167050
                                 107140
                                 79500
                                 
                              
                                 H          
                                    „                  „
                                 921953
                                 959798
                                 910103
                                 869278
                                 
                              
                                 Wirkungsgrad W/H
                                   0,1442
                                   0,174
                                   0,1176
                                   0,0915
                                 
                              
                                 Wirkungsgrad (W – F)/(H – F)
                                   0,132
                                   0,1595
                                   0,1073
                                   0,083
                                 
                              
                           
                           Die durch Reibung im Cylinder erzeugte Wärme macht also nur einen kleinen Theil der
                              gesammten aufgewendeten Wärme aus – im Vergleich zu der, welche nöthig ist,
                              um die Condensirung von Dampf im Cylinder zu verhüten, aber oft einen bedeutenden.
                              (Deutsche Industriezeitung, 1866, Nr. 42.)