| Titel: | Ueber verschiedene billige und bewährte Metallcompositionen zur Anfertigung von Lagern für Dampf- und andere Maschinen; von H. Wagner, technischem Director der Ultramarinfabrik in Pfungstadt. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XCVI., S. 359 | 
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                        XCVI.
                        Ueber verschiedene billige und bewährte
                           Metallcompositionen zur Anfertigung von Lagern für Dampf- und andere Maschinen;
                           von H. Wagner, technischem
                           Director der Ultramarinfabrik in Pfungstadt.
                        Aus dem Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, 1866,
                              Nr. 36.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Wagner, über Metallcompositionen zur Anfertigung von Lagern für
                           Dampfmaschinen etc.
                        
                     
                        
                           Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Instandhaltung der Lager bei Maschinen oft
                              mit viel Mühe, Zeitverlust und Geldaufwand verbunden ist. In letzter Zeit hatte ich
                              vielfach Gelegenheit, mich gerade mit diesem Gegenstande eingehend zu beschäftigen,
                              und da die erzielten Resultate in jeder Hinsicht befriedigen, will ich dieselben
                              hier mittheilen. Wichtig hierbei ist, daß jeder Fabrikant in den Stand gesetzt wird,
                              sich seine Lager mit leichter Mühe und in kurzer Zeit selbst anzufertigen.
                           Je nach den Zwecken und Anforderungen, welche an ein Lager gemacht werden, verwende
                              ich verschiedene Compositionen. So hat sich bei den Lagern an der Dampfmaschine
                              (Kreuzkopflager, Hauptlager etc.), selbst bei allen Geschwindigkeiten und unter
                              manchen, oft sehr ungünstigen Verhältnissen, folgende Composition vortrefflich
                              bewährt.
                           18 Th. Zinn, 24 Th. Zink, 4,5 Th. Blei, 3 Th. Antimonmetall, 0,5 Th. verzinntes Eisen
                              (Weißblech) und 0,5 Th. Kupfer.
                           Das Zinn, Blei und Antimonmetall werden in einem Graphit- oder Eisentiegel
                              unter einer starken Decke von Holzkohlenpulver rasch eingeschmolzen, und alsdann das
                              Zink nach und nach zugesetzt. Wenn Alles vollständig geschmolzen und der Tiegel hell
                              kirschroth geworden, werden das verzinnte Eisenblech und Kupfer eingetragen und mit
                              einem eisernen Stabe gut umgerührt. – Während des Schmelzens muß der Tiegel
                              möglichst bedeckt bleiben, damit keine Oxydation eintritt, eine Ueberhitzung
                              desselben ist sorgfältig zu vermeiden.
                           Die alten ausgelaufenen Rothgußlager werden sorgfältig verzinnt, und nachdem an ihren 4 Seiten
                              und in der Mitte etwa 4''' breite Löcher gebohrt (welche aber nicht ganz
                              durchgehen), an ihre Lagerstelle zurückgebracht. Nachdem nun die Welle durch
                              Unterlegen in ihrer richtigen Lage ist, wird dieselbe, sammt altem Lager, mit
                              glühenden Holzkohlen umgeben und beide so lange erwärmt, bis das Lager ansängt
                              dunkelkirschroth zu werden. Nun werden die Kohlen rasch entfernt und die Seiten des
                              Lagers mit vorher gerichteten Pappdeckeln und plastischem Thone wohl verwahrt, und
                              der Raum zwischen Lager und Welle mit der Composition ausgegossen. Auch kann in
                              Ermangelung eines alten Lagers die Composition einfach in das handwarme Lagergestell
                              gegossen werden, nachdem man seine Innenfläche mit feingeschlämmtem Graphit
                              ausgerieben hat. Selbstredend muh Lagerbock und Welle auch in diesem Falle mit
                              Pappdeckel und Thon wohl verwahrt werden. Das erkaltete Lager wird herausgenommen
                              und etwa überstehende Theile werden mit der Säge und Feile entfernt. Bei
                              Papierholländern, welche bei ihrer Geschwindigkeit auch einen großen Druck
                              auszuhalten haben, bewährte sich diese Composition vortrefflich.
                           Wünscht man zu einzelnen Zwecken eine größere Härte, dann setzt man entweder noch 0,5
                              Th. Kupfer oder 1,5–2 Th. Antimonmetall zu, jedoch dürfte dieß nur in
                              einzelnen Fällen dienlich seyn. Bei einiger Uebung und Aufmerksamkeit ist Jeder im
                              Stande, diese Arbeiten auszuführen; wer mit dem Verzinnen nicht umgehen kann, läßt
                              sich dieß durch den Spengler besorgen.
                           Eine weit billigere Composition, welche aus 8 Th. Blei, 1 Th. Antimonmetall und 1 Th.
                              Kupfer besteht, bewährte sich besonders als Lager von Mahlgängen sehr gut und
                              während Messinglager sich hier in kurzer Zeit ausnützen, ist an ersteren kaum eine
                              merkliche Abnutzung wahrzunehmen.
                           Eine Composition, welche aus 5 Th. Zink, 5 Th. Blei, 1 Th. Antimonmetall und 1 Th.
                              Messing (alte abgängige Lager) besteht, hat sich ebenfalls sehr gut bewährt und
                              findet eine sehr vortheilhafte Anwendung als Naßmühlenlager, die in der Flüssigkeit
                              der Mühlchen gehen. Zu demselben Zweck eignet sich eine Composition von 10 Th. Zink,
                              2 Th. Blei, 1 Th. Antimonmetall und 2 Th. Messing.
                           Da, wo sehr zarte und weiche Lager in Anwendung kommen sollen, ist folgende
                              Composition anzuwenden: 3 Th. Zinn, 5 Th. Zink, 3 Th. Blei, 1 Th. Antimon und 1 Th.
                              Kupfer.
                           Eine Composition, welche aus 5 Th. Zink, 5 Th. Blei und 2 Th. Messing (alte Lager)
                              besteht, ist ebenfalls zu empfehlen.
                           Ein großer Vorzug aller Compositionslager besteht ferner darin, daß sie sehr wenig Schmieröl
                              verbrauchen und bei nur einiger Aufmerksamkeit stets kalt laufen.
                           Da, wo im größeren Betriebe die Anfertigung eines Lagers von bestimmter Größe und
                              Durchmesser häufiger vorkommt und es angezeigt erscheint, sich stets einen Vorrath
                              derselben zu erhalten, habe ich eine Lagerform construirt, welche diesen Zweck
                              vollständig erfüllt.
                           Fig. 15 zeigt
                              uns den Durchschnitt derselben. a ist ein runder Zapfen
                              (von der Stärke der Welle), welcher durch die Mutterschrauben b, b mit den beiden Formdeckeln c, c und den
                              Seitenstücken d, d fest verbunden und zugleich genau im
                              Mittel der Form erhalten wird.
                           Fig. 16 zeigt
                              uns die Seitenansicht der so zusammengeschraubten Form.
                           Fig. 17 ist
                              die obere Ansicht, ohne Deckel; aus derselben ist ersichtlich, daß zwischen den
                              beiden Seitenstücken d, d je ein Stück Eisenblech gelegt
                              wird, welches genau bis an den Zapfen a, a geht und dazu
                              bestimmt ist, das zu gießende Lager in zwei gleiche Theile (Unterlager und Deckel)
                              zu theilen.
                           Fig. 18 zeigt
                              uns die obere Ansicht mit Deckel; die großen Löcher h, h
                              dienen zum Eingießen der Composition, die kleinen k, k
                              zum Entweichen der Luft.
                           Beim Gießen des Lagers sind nun folgende Vorsichtsmaßregeln zu beobachten. Nachdem
                              die Form auseinandergenommen, gereinigt und gleichmäßig mit Oel ausgerieben, wird
                              sie, nachdem sie wieder zusammengestellt, über glühenden Kohlen handwarm gemacht und
                              mit der Composition ausgegossen. Nach dem Erkalten werden die Mutterschrauben b, b geöffnet und alsdann die Deckel c, c durch leichte Schläge entfernt; öffnet man nun die
                              seitlichen Mutterschrauben g, g, dann lassen sich die
                              beiden Seitenstücke d, d sammt fertigem Lager, leicht
                              von einander trennen. Jedoch muß bemerkt werden, daß sämmtliche inneren Ansätze der
                              Form conisch angedreht seyn müssen, damit die gegossenen Lager sich leicht aus der
                              Form nehmen lassen. Meine Lagerformen lasse ich bei Hrn. Mechanicus A. Spamer in Darmstadt anfertigen und
                              bin mit deren Ausführung sehr zufrieden.
                           Schließlich will ich nicht unerwähnt lassen, daß ich bei diesen Compositionslagern
                              mit Vortheil ein dickflüssiges Maschinenschmieröl anwende, welches dargestellt wird,
                              indem 3 Ctr. Rüböl so lange zum Kochen erhitzt werden, als sich noch Acrolein,
                              Kohlensäure und andere Zersetzungsproducte des Oeles entbinden, alsdann werden nach
                              und nach 3 Pfd. Mennige zugesetzt, die man zur gleichmäßigeren Vertheilung durch ein
                              feines Sieb auf die Oberfläche des Oeles fallen läßt. Nachdem das Aufschäumen
                              vollständig aufgehört hat, läßt man erkalten und gibt das klare Oel in Metallgefäße.
                              Das Rüböl ist durch diese Behandlung dick geworden und alle darin enthaltenen
                              eiweißhaltigen Stoffe sind zersetzt. Man bohrt nun durch das obere Compositionslager sowohl,
                              als auch durch den gußeisernen Lagerdeckel ein Loch von mindestens 5–6'''
                              Durchmesser, gibt durch beide ein wohlanliegendes Blechröhrchen, das da, wo es über
                              den gußeisernen Lagerdeckel herausragt, sich trichterförmig erweitert und füllt
                              dasselbe mit dem dickflüssigen Schmieröl. Je nachdem nun Lager und Welle beginnen
                              warm zu werden, sinkt eine entsprechende Menge durch die Wärme dünnflüssig
                              gewordenes Oel auf die Welle herunter; sind Lager und Welle wieder kalt, dann läßt
                              der Zufluß von Oel natürlich wieder nach. Diese selbstwirkende Schmiervorrichtung
                              kann ich nach allen Erfahrungen, die ich zu machen Gelegenheit hatte, nur
                              empfehlen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
