| Titel: | Ueber die Darstellung des Butteräthers des Handels; von Dr. J. Stinde. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. CXII., S. 403 | 
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                        CXII.
                        Ueber die Darstellung des Butteräthers des
                           Handels; von Dr. J.
                              Stinde.
                        Aus dem Hamburger Gewerbeblatt, 1866, Nr. 41 u.
                              42.
                        Stinde, über die Darstellung des Butteräthers des
                           Handels.
                        
                     
                        
                           Der Butteräther des Handels dient wie der ebenfalls im strengen Sinne des Wortes
                              chemisch nicht reine Ameisenäther zur Darstellung von sogen. Essenzen. Wenn die
                              Anwendung des Butteräthers zur Fabrication von Rum-, Cognac- und
                              derartigen Essenzen nur eine theilweise genannt werden kann, so ist sie doch eine
                              ausgedehntere bei der Herstellung der Fruchtbonbons (Drops) und vieler käuflichen
                              Fruchtsäfte. Ananas und Erdbeerenextracte enthalten stets mehr oder weniger große
                              Mengen von Butteräther. Behufs der letztgenannten Anwendung muß der Butteräther
                              angenehm schmecken und von fremdartigem Beigeschmacke vollständig frei seyn und ist
                              dieß ein Punkt, der für die Verkäuflichkeit des Aethers und der mit demselben
                              bereiteten Essenzen maßgebend ist.
                           Um einen möglichst lieblich schmeckenden Aether zu erhalten, kommt es vorzüglich
                              darauf an, von einem Rohmateriale auszugehen, welches frei von allem üblen
                              Beigeschmacke ist; auch dürfen nicht zu viele Operationen nothwendig werden, um ein
                              reines Material, wie z.B. mehrmals krystallisirtes buttersaures Natron zu
                              erzielen.
                           Die Methode, aus Zucker, durch eine mit Milch und faulem Käse oder Fleisch
                              eingeleitete Gährung Buttersäure und gleichzeitig durch Hinzufügung von kohlensaurem
                              Kalk buttersauren Kalk zu erzeugen, ist im Großen aus mehreren Gründen zu verwerfen.
                              Die Bildung der Buttersäure ist ein langwieriger Proceß, es können häufig mehrere
                              Monate vergehen ehe die Gährung weit genug gediehen ist, um an das Verarbeiten des
                              Materiales gehen zu können, namentlich treten solche Verzögerungen ein, wenn während
                              der kälteren Jahreszeit die in Zersetzung begriffene Masse wiederholt abgekühlt und
                              einer unregelmäßigen Temperatur ausgesetzt ist. Die Reingewinnung des buttersauren
                              Kalkes, resp. die Umsetzung desselben in buttersaures Natron, oder gar die
                              Darstellung einer ziemlich reinen Säure aus dem buttersauren Kalk, und die
                              Verarbeitung dieser auf ein krystallisirbares Salz ist zu kostspielig als daß man
                              mit Vortheil fabriciren könnte, namentlich wenn die Darstellung des Butteräthers nur
                              eine periodische ist.
                           Die gewöhnliche Methode, ein Gemisch von Buttersäure, Weingeist und Schwefelsäure zu
                              destilliren, gibt einen Aether dem stets eine große Menge freier Buttersäure
                              beigemischt und man ist genöthigt denselben mit Magnesia zu behandeln, um die Säure
                              von dem fatalen ranzigen Beigeschmack zu entfernen, der sich namentlich dann zu
                              erkennen gibt, wenn man ein wenig Butteräther auf ein Stückchen Zucker tröpfelt und
                              dasselbe in sehr süßes Zuckerwasser wirft und nach erfolgter Auflösung die
                              Flüssigkeit probirt. Beim Waschen des Aethers, sowie bei allen diesen Operationen
                              finden nicht unerhebliche Verluste statt und man muß dieselben daher möglichst
                              umgehen. Die Methode, welche stets einen sehr wohlschmeckenden und begehrten Aether
                              liefert, ist folgende, jedoch bemerke ich im Voraus, daß die Beobachtung sämmtlicher
                              angegebenen Handgriffe zum Gelingen nothwendig ist.
                           Ein angenehm zu verarbeitendes und wohlschmeckenden Aether resp. weingeisthaltigen
                              Aether lieferndes Material ist die Schote der Ceratonia
                                 Siliqua, Lin. Fam. der Leguminosen. Diese Frucht, welche oft zu erstaunlich
                              billigen Preisen bezogen werden kann, enthält zum Theil schon fertig gebildete
                              Buttersäure. Das Destillat der in schwach mit Schwefelsäure angesäuertem Wasser
                              vertheilten, gepulverten Schoten (incl. Samen) ergab 2–3 Proc.
                              Buttersäurehydrat, welches Verhältniß durch einfaches Titriren des Destillates
                              erhalten wurde. Nach Reinsch sind ferner in demselben circa 41–42 Proc. Traubenzucker enthalten, also
                              ist gährungsfähiger Zucker in genügender Menge vorhanden. Durch eine längere Zeit
                              dauernde Gährung wird auch der Traubenzucker in Buttersäure zersetzt und ist das
                              hierzu nöthige Ferment schon in den Früchten selbst vorhanden.
                           An einen mäßig warmen Ort (zu empfehlen ist die Nähe des Dampfkessels oder ein
                              ähnlicher Platz) bringe man ein großes hölzernes Faß, schütte in dasselbe 100 Pfd.
                              der wohl zerkleinerten Schoten und gieße so viel Wasser von 28° C. darauf,
                              bis ein dünner Brei entsteht. Nach 4–5 Tagen fügt man noch 24 Pfd.
                              Schlämmkreide hinzu und wartet die Gährung ab. Von Zeit zu Zeit rührt man den dicker
                              werdenden Brei um und fügt, wenn es nothwendig wird, eine kleine Menge lauwarmen
                              Wassers hinzu. Nach 6 Wochen im Sommer ist die Gährung beendet und man schreitet zur
                              Darstellung des Aethers.
                           Zu diesem Zwecke füllt man den dicken Brei aus dem Fasse in eine kupferne
                              Destillirblase, welche doppelte Wandungen besitzt, in welche man Wasserdampf
                              hineinlassen kann. Am Abende vorher hat man sich eine Mischung von 36 Pfund
                              englischer Schwefelsäure und sechzig Pfd. Weingeist von 95° Tralles
                              hergestellt, welche mit Hülfe eines stumpfen Besens gut unter den Brei gemischt
                              wird. Man lutirt rasch und vollständig und gibt rasch Dampf.
                           
                           Die Destillation beginnt bald, wenn jedoch das Destillat in einem continuirlichen
                              Strahle zu laufen beginnt, so vermindert man den Dampfzutritt.
                           Das erste Pfund Destillat fängt man für sich auf, legt eine andere Vorlage vor und
                              destillirt so lange, bis bei etwas stärkerem Dampfe nur noch wenige Tropfen kommen.
                              Man erhält eine reichliche Ausbeute eines Destillates, welches mit
                              Chlorcalciumlösung geschüttelt, gegen die Hälfte reinen Butteräther absetzt.
                           Will man nun reinen Butteräther haben, so schüttelt man das Destillat mit dem
                              gleichen Volumen einer gesättigten Chlorcalciumlösung, hebt den ausgeschiedenen
                              Aether ab und destillirt ihn über ein wenig Magnesia aus einer Glasretorte. Auf den
                              in der Blase befindlichen Rückstand kann man noch 19 Pfd. Weingeist von 95°
                              Trlls. geben und abdestilliren; das Destillat ist dann zur Anfertigung von
                              Ananas-Essenz hinreichend ätherhaltig. Ebenso läßt sich die
                              Chlorcalciumlösung mit dem halben Gewichte Weingeist versetzen und destilliren,
                              wodurch man eine gleich verkäufliche Ananas-Essenz erhält. Zu achten ist
                              jedoch darauf, daß die Schoten der Ceratonia nicht voll
                              von Würmern sitzen, nicht wulsterig riechen, sondern von guter Qualität sind; eine
                              übelriechende Siliqua gibt stets einen Aether von
                              unangenehmem Beigeschmack.