| Titel: | Ueber das in der Republik Uruguay zur Conservirung des Rindfleisches übliche Verfahren; von Vavasseur. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. CXV., S. 408 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        CXV.
                        Ueber das in der Republik Uruguay zur
                           Conservirung des Rindfleisches übliche Verfahren; von Vavasseur.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXII p. 884; April
                              1866.
                        Vavasseur, über die Darstellung conservirten Rindfleisches in
                           Uruguay.
                        
                     
                        
                           Ich lege hiermit der (französischen) Akademie eine Probe conservirten Fleisches vor,
                              welches sehr leicht in jeder erforderlichen Quantität und zu außerordentlich
                              niedrigem Preise nach Frankreich importirt werden könnte.
                           Frankreichs Fleischproduction genügt ungeachtet aller Anstrengungen, sowohl von Seite
                              der Landwirthe als der Regierung, dem Bedarfe der Bevölkerung bei weitem nicht; auch
                              ist der Preis dieser für eine kräftige und gesunde Ernährung der Massen
                              unentbehrlichen Substanz schon seit langer Zeit sehr hoch.
                           Es drängt sich demnach die Frage auf, ob das von mir zur Prüfung vorgelegte
                              Nahrungsmittel dieser bedauerlichen Sachlage abzuhelfen vermag.
                           Dieses Fleisch rührt von den zahllosen Rindviehheerden her, welche in völlig freiem
                              Zustande auf den ausgedehnten und reichen natürlichen Weideplätzen umherschweifen,
                              die sich am Rio de la Plata, am Uruguay und am Parana hinstrecken – in dem
                              Lande, in welchem ich seit sechzehn Jahren wohne. Diese Thiere, welche von einigen
                              durch die spanischen Eroberer aus Europa nach Südamerika gebrachten Individuen
                              abstammen, werden jetzt nach Millionen gezählt und bilden den Hauptreichthum jener
                              Gegenden. Das von ihnen gewonnene Leder, Fett, Haar etc. wird schon seit langer Zeit
                              in bedeutenden Quantitäten nach Europa gebracht; allein das Fleisch dieser Thiere,
                              dessen Menge die Bedürfnisse der Bevölkerung weit übersteigt, gieng bisher, mit
                              Ausnahme einer sehr geringen Menge, welche auf eine besondere Weise zubereitet und
                              unter dem Namen Tasajo zur Ernährung der schwarzen
                              Sklaven nach Brasilien und Havana ausgeführt wurde, fast gänzlich verloren.
                           Der Verlust so bedeutender Mengen eines so sehr werthvollen Nahrungsstoffes hat seit
                              etwa zwölf Jahren die Aufmerksamkeit wohlgesinnter Männer jenes Landes auf sich
                              gezogen und es wurden daher zahlreiche Versuche zum Conserviren dieses Fleisches
                              angestellt, um es dadurch zur Nahrung civilisirter Völker geeignet zu machen. Man
                              probirte zu diesem Zwecke verschiedene Methoden: so das Verfahren von Appert; ferner die Anwendung verschiedener, mehr oder
                              weniger geheim gebliebener chemischer Präparate; das Einsalzen und Einpökeln nach
                              den gewöhnlichen Verfahrungsweisen etc.; allein bis jetzt wurde ein günstiger Erfolg
                              noch nicht erzielt
                              und die auf die europäischen Märkte gekommenen Producte wurden mit Recht
                              zurückgewiesen.
                           Erst neuerlich ist es zwei reichen Grundbesitzern, Cybils
                              und Jackson, Bürgern der Republik Uruguay, nach langen
                              und kostspieligen Versuchen gelungen, das Problem zu lösen und ein Product
                              darzustellen, welches fast alle Eigenschaften von frischem Fleische besitzt und eine
                              Conservirung des Fleisches auf beinahe unbegrenzte Zeit gestattet, ohne die
                              Anwendung irgendwelcher besonderer Vorsichtsmaßregeln zu erfordern. Das Stück,
                              welches ich der Akademie vorlege, ist vor etwa achtzehn
                                 Monaten präparirt und hat die 2500 Lieues betragende Reise von Montevideo
                              nach England durchgemacht.
                           Die von Cybils und Jackson
                              angewendete Conservirungsmethode ist sehr einfach; sie besteht im Folgenden:
                           Das in das Schlachthaus, den saladero, geführte Thier
                              wird geschlachtet, worauf man es auf das Sorgfältigste ausbluten läßt, was eine zur
                              guten Conservirung des Fleisches in jenen heißen Klimaten unumgängliche Bedingung
                              ist. Dann wird es sofort möglichst rasch abgehäutet, jedoch ohne daß man es, wie es
                              bei uns in Europa üblich ist, aufbläst, und dann in Viertel zertheilt, descuartizado. Das noch zuckende Fleisch wird recht
                              schnell in 5 bis 6 Centimeter dicke und dabei möglichst lange und breite Stücke, mantas, zerschnitten. Auf einen aus Fichtenbretern
                              angefertigten Boden oder eine derartige Bühne von mehreren Quadratmetern Fläche wird
                              eine dünne Schicht von Cadixer Salz in kleinen Krystallen ausgebreitet (diese Sorte
                              Salz, welche fast ebenso weiß und ebenso rein ist, wie unser feinstes raffinirtes
                              Tafelsalz, ist zum Gelingen des Verfahrens unumgänglich nothwendig). Die
                              Fleischscheiben (mantas) werden auf diese Salzschicht
                              dicht neben einander gelegt und auf ihrer oberen Fläche mit einer neuen Quantität
                              Salz bestreut, dann mit einer zweiten Fleischschicht bedeckt und in dieser Weise
                              wird fortgefahren, bis der Stoß eine gewisse Höhe erreicht hat, worauf derselbe etwa
                              zwanzig Stunden ruhig sich selbst überlassen, nach Verlauf dieser Zeit aus einander
                              genommen und auf einer anderen Bühne von Neuem, aber in umgekehrter Reihenfolge,
                              aufgeschichtet wird, so daß die Fleischscheiben, welche zuerst oben lagen, nun nach
                              unten hin zu liegen kommen. Nach Verlauf von wiederum zwölf bis fünfzehn Stunden
                              wird der Haufen von Neuem umgepackt und schließlich werden die Fleischstücke in
                              einer Ecke des Schlachthauses an freier Luft aufgeschichtet und nur mit getheerter
                              Leinwand bedeckt, um sie vor der directen Einwirkung des Regens, der Sonnenstrahlen
                              und des Staubes zu schützen. In diesem Zustande bleiben sie mehrere Monate und bis zu dem
                              Augenblicke, wo sie vom Verkäufer in Empfang genommen werden.
                           Bis hierher ist das Verfahren ganz dasselbe, wie bei der allgemein üblichen
                              Zubereitung des Tasajo, nur mit dem Unterschiede, daß
                              auf Reinlichkeit und sorgfältige Auswahl geeigneter Fleischstücke mehr Sorgfalt
                              verwendet wird als bei dieser. Erst im Augenblicke der Lieferung der verkauften
                              Waare kommt die von Cybils und Jackson angegebene Abänderung des Verfahrens zur Anwendung. Dieselbe
                              besteht einfach darin, daß das eingesalzene Fleisch durch möglichst kräftigen Druck
                              möglichst stark zusammengepreßt wird. Diese Pressung
                              wirkt nicht allein insofern vortheilhaft, als das Volum des zu transportirenden
                              Fleisches dadurch sehr bedeutend vermindert wird, sondern sie trägt auch sehr
                              bedeutend zur guten Conservirung desselben bei. Zahlreiche Versuche lassen in dieser
                              Beziehung keinen Zweifel übrig.
                           In dieser Weise wird das Fleisch mittelst der Presse zu kleinen Ballen von 60
                              Centimeter Länge, 30 Centim. Breite und 30 Centim. Dicke geformt, welche 100
                              spanische Pfund (= 46,638 Kilogrammen) wiegen und in starke Packleinwand fest
                              verpackt, vernäht und mit Bindfaden zugeschnürt werden.
                           Solches Fleisch kann nur sehr gesund und von ausgezeichneter Qualität seyn; denn die
                              Thiere, welche es liefern, stehen im passendsten Alter (von vier bis fünf Jahren),
                              sind vollkommen gesund (Epizootien sind dort zu Lande fast gänzlich unbekannt) und
                              besitzen die geeignete Körperfülle, welcher die künstliche Fettheit, die Mästung,
                              welche man bei uns in Europa dem Schlachtvieh zu geben sucht, nicht zu vergleichen
                              ist. Ueberdieß wird, wie wir gezeigt haben, zur Präparirung dieses comprimirten
                              Fleisches nur das reinste Salz und dieses auch nur in ziemlich geringer Menge
                              genommen.
                           Soll dieses Fleisch gebraucht werden, so legt man es etwa zwölf Stunden lang in
                              kaltes Wasser, wodurch das überschüssige Salz ausgezogen, das Fleisch selbst aber
                              aufgeweicht wird und beinahe ganz das Ansehen von frischem Fleische erhält. Beim
                              Kochen gibt es eine vortreffliche Bouillon und ein Suppenfleisch, welches dem in der
                              Marine gebräuchlichen eingepökelten Schweinefleisch, ja selbst dem eingesalzenen
                              Rindfleische, weit vorzuziehen ist. Als Ragout zubereitet, namentlich aber mit
                              Gemüse gekocht, gibt es ein sehr gutes Nahrungsmittel, wie dieß vielfache in meinem
                              Hause, sowie von verschiedenen meiner Bekannten gemachte Versuche gezeigt haben.
                           Ich bin daher zu der Hoffnung berechtigt, daß dieses Landesproduct mit großem
                              Vortheile zum allgemeinen Consum nach Frankreich eingeführt werden kann, und zwar nicht
                              allein wegen seiner guten Eigenschaften, sondern auch wegen des verhältnißmäßig
                              billigen Preises, zu welchem es dem Publicum geliefert werden könnte, nämlich zu 60
                              Cent. per Kilogramm (nach dem Entsalzen etwa 1,5 Kilogr.
                              entsprechend) im Abfuhrhafen gelegt, und zu 75 Centimen in Paris.
                           In England hat man mit diesem Fleische bereits Versuche im Großen gemacht und schon
                              sind mehrere tausend Ballen desselben in Liverpool und London abgesetzt worden.