| Titel: | Ueber die blaue Färbung der Eisenhohofenschlacken; von E. Mène. | 
| Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. CXXIX., S. 469 | 
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                        CXXIX.
                        Ueber die blaue Färbung der
                           Eisenhohofenschlacken; von E.
                              Mène.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXIII p. 608; October
                              1866.
                        Mène, über die blaue Färbung der
                           Hohofenschlacken.
                        
                     
                        
                           Mehrere, vor längeren Jahren von Karsten ausgeführte
                              Analysen von blau gefärbten HohofenschlackenErdmann's Journal für
                                    praktische Chemie, Bd. XX S. 375. weisen als Ursache der Färbung
                              dieser Producte die Gegenwart von Titansäure nach.
                           BerzeliusJahresbericht, Bd. XX, 2. Th., S.
                                    97. erkannte die von Karsten synthetisch
                              zusammengesetzten Proben als Beweise für die Richtigkeit der von ihm gegebenen
                              Erklärung der Erscheinung an, bis Fournet
                              Annales de Chimie et de Physique, 3. série, t. IV p. 370. durch scharfsinnige Schlußfolgerungen
                              nachzuweisen suchte, daß das Eisenoxyd jene Färbung
                              hervorzurufen im Stande sey. Indessen wurde durch sämmtliche, von diesem
                              ausgezeichneten Geologen vorgebrachten Beweise doch nicht festgestellt, daß, vom
                              Gesichtspunkte der experimentellen Forschung aus, das Eisen allein diese Färbung der
                              Schlacken zu erzeugen vermöge; die Industrie vermochte nicht, eine analoge
                              Erscheinung zu reproduciren. Später gelang es Bontemps
                              Philosophical Magazine, t. XXX p. 539. bei seinen Untersuchungen
                              über die Modificationen des Glases – indem er durch Schlußfolgerungen zu
                              beweisen suchte, daß das Eisen für sich allein alle Farben des Spectrums
                              hervorzubringen im
                              Stande sey – ebenfalls durchaus nicht, die Lösung dieser Frage um einen
                              Schritt vorwärts zu bringen. Die Frage war demnach eine noch schwebende, als im
                              Jahre 1855 zu Creuzot meine Aufmerksamkeit auf einen ausgeblasenen Hohofen gerichtet
                              ward, welcher abgerissen wurde. Zwischen den Herdsteinen fand sich eine ziemlich
                              bedeutende Menge Stickstofftitan (– Cyanstickstofftitan? –) in
                              gelblichen, das Mauerwerk überziehenden Krystallkrusten. Beim Betriebe dieses Ofens
                              waren blaue Schlacken gefallen; bei den von mir und Anderen ausgeführten Analysen
                              derselben war niemals Titan gefunden, ja nicht einmal
                                 aufgesucht worden. Nichts hatte die Gegenwart dieses Metalls weder in den
                              Erzen, noch im Roheisen vermuthen lassen. Ich ließ es mir nun angelegen seyn, die
                              von diesem Hohofen herrührenden, sowie alle anderen blau gefärbten Schlacken, deren
                              ich habhaft werden konnte, sorgfältig zu sammeln, um sie auf einen Titangehalt näher
                              zu untersuchen. Später, in Lyon, wurde meine Sammlung durch die Exemplare vermehrt,
                              welche ich in den verschiedenen Hütten, auf denen ich als Chemiker arbeitete, finden
                              konnte. Im Jahre 1863 veröffentlichte ich in meinem Bulletin
                                 de Laboratoire (S. 59) die Analysen von sechs Proben solcher Schlacken, bei
                              denen ich auf Titansäure nicht speciell Rücksicht genommen hatte; durch einen
                              besonderen Umstand auf diesen Punkt wieder hingewiesen, theile ich nun der
                              (französischen) Akademie die Resultate der Analysen von neunzehn verschiedenen blauen Eisenschlacken mit, in denen ich der
                              Auffindung von Titansäure besondere Aufmerksamkeit widmete.
                           Damit andere Metallurgen und Chemiker meine Angaben leicht zu controliren im Stande
                              sind, gebe ich zunächst die bei der Untersuchung der in Rede stehenden Schlacken
                              befolgte Methode kurz an.
                           10 bis 15 Grm. der gepulverten und geschlämmten Schlacke wurden mit einem –
                              zur Vermeidung jeder Wärmeerzeugung – abgekühlten
                              Gemische von 1 Thl. Schwefelsäure und 10 Thln. Wasser behandelt. Die Masse
                              gelatinirte bald; ich verdünnte die Gallerte mit viel Wasser und rührte mit einem
                              Glasstabe um, so daß gewissermaßen die gesammte Kieselsäure ausgewaschen und die ihr
                              beigemengte Titansäure in Lösung gebracht wurde. Filtrirt man die Flüssigkeit ab
                              – was viel Zeit beansprucht –, wäscht aus und kocht etwa eine
                              Viertelstunde lang, so wird die Flüssigkeit nach und nach opalisirend, wie wenn
                              Thonerdehydrat in ihr suspendirt wäre, dann bildet sich allmählich ein weißer
                              Niederschlag, der zu Boden sinkt. Filtrirt man denselben ab, löst ihn nach dem
                              Auswaschen in Schwefelsäure und kocht die Lösung, so erhält man von Neuem einen
                              jetzt reinen Niederschlag, der die charakteristischen Reactionen des Titans
                              zeigt.
                           
                           Die bei meinen Analysen erhaltenen Resultate sind die nachstehenden:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 182, S. 471
                              Blaue Hohofenschlacke von Creuzot;
                                 Schlacke von Villebois (Ain-Dept.); Dunkelblau, durchscheinend;
                                 Dunkelblau, undurchsichtig; Hellblau, undurchsichtig; Dunkel schwärzlichblau,
                                 glasartig; Dunkelblau, halb glasartig; Dunkelblau, undurchsichtig mit weißem
                                 Strichpulver; Spec. Gewicht der Schlacke; Kieselsäure; Thonerde; Eisenoxydul;
                                 Kalk und Magnesia; Alkalien; Phosphor, Schwefel, Verlust; Titansäure in 10 Grm.
                                 Schlacke; Schwefel, besonders bestimmt
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 182, S. 471
                              Schlacke von Givors
                                 (Rhône-Dep.); Von Prenot und Comp.; Von Bodhuile und Comp.; Von
                                 Soyas (Ardèche-Dep.); Von La Voulte (Ardèche-Dep.);
                                 Dunkelblau, glasartig; Hellblau, undurchsichtig; Hellblau, porzellanartig;
                                 Zwischen hell- u. dunkelblau; Zwischen dunkel- u. hellblau, dicht;
                                 Spec. Gewicht der Schlacke; Kieselsäure; Thonerde; Eisenoxyd; Kalk und Magnesia;
                                 Alkalien; Phosphor, Schwefel, Verlust; Titansäure in 10 Grm. Schlacke; Schwefel,
                                 besond. bestimmt
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 182, S. 472
                              Von Maisonneuve (Dep.
                                 Côte-d'or); Von Terrenoire; Von Vienne (Isère-Dep.);
                                 Von Chasse (Rhône-Dep.); Von L'Herme (Loire-Dep.);
                                 Hellblau, steinartig; Dunkelblau, glasartig; Hellblau, dicht; Blau, dicht, mit
                                 weißem Strichpulver; Blau, dicht, steinartig; Schwarzblau, glasartig; Spec.
                                 Gewicht der Schlacke; Kieselsäure; Thonerde; Eisenoxyd; Kalk und Magnesia;
                                 Alkalien; Phosphor, Schwefel, Verlust; Titansäure in 10 Grm. Schlacke; Schwefel,
                                 besonders bestimmt
                              
                           Wie aus diesen Resultaten zu ersehen ist, liegt der blauen Färbung der Schlacken
                              nicht immer die Gegenwart von Titansäure zu Grunde; allein dennoch zeigt die
                              Schlacke in Folge ihres Gehaltes an dieser Säure eine charakteristische Farbe und
                              dient so als Zeichen eines besonderen Hohofenganges. Denn für den Ingenieur, welcher
                              den Betrieb eines Hohofens leitet, hat die intensiv blaue Farbe einer Schlacke nicht
                              dieselbe Bedeutung, wie die – durch Uebersetzen der Gichten mit Zuschlagskalk
                              entstandene – blaugraue Färbung und die Erzeugung dieser beiden Arten von
                              Schlacken ist nicht Symptom eines und desselben Vorganges im Hohofen. Auch neige ich
                              zu der Ansicht hin, daß die blaue Färbung der Schlacken durch Titansäure allein nur
                              dann stattfindet, wenn jene glasartig, nicht aber, wenn sie dicht sind.
                           Da ich glaubte, daß diese Färbung mit den bei der Darstellung des Ultramarins
                              auftretenden Erscheinungen zusammenhängen dürfte, so bestimmte ich den Schwefel und
                              die Alkalien besonders. Deßhalb findet man auch in meinen Analysen diese
                              Bestandtheile getrennt von dem Verluste angeführt.
                           In einer späteren Mittheilung werde ich viele Mineralien anführen, in denen
                              Titansäure vorkommt und die den Beweis liefern, daß diese Substanz im Mineralreiche
                              ziemlich verbreitet ist.
                           ––––––––––
                           Zu der vorstehenden Mittheilung bemerkt Chevreul, daß
                              Mène's
                              Untersuchungen über blaue, titanfreie, dagegen Eisen enthaltende Hohofenschlacken zu Gunsten Fournet's und Bontemps' Ansicht sprechen; denn, wenn er auch von der Annahme weit
                              entfernt sey, daß das Titan eine Schlacke nicht blau zu färben vermöge, so glaube er
                              doch, daß das Eisen unter sehr vielen Umständen diese Farbe zu verursachen im Stande
                              sey. Er erinnere an die Existenz zweier Cyaneisenverbindungen im Berlinerblau,
                              zweier Schwefelungsstufen des Eisens in einem blauen Eisensulfüre, zweier
                              Oxydationsstufen in dem blauen Eisenphosphate. Diesen und anderen Thatsachen
                              entsprechend, halte er die Existenz eines von Barreswil
                              angenommenen Eisenoxyds, welches blaue Verbindungen zu bilden vermöge, für
                              wahrscheinlich. Nach seiner Ansicht sey diese Verbindung durch Eisenoxydul und
                              Eisenoxyd repräsentirt.